Prof. Dr. Stephan Lorenz
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,
Zivilprozeßrecht, Internationales
Privatrecht und Rechtsvergleichung
Universität Augsburg

 
 

 Veräußerung der streitbefangenen Sache
 - Rechtskrafterstreckung -
 (§§ 265, 325 ZPO)
 Übersicht

I. Veräußerung durch den Kläger
 

    1.) Konsequenzen für den Kläger

      a) Bei Rechtskrafterstreckung gegen den Rechtsnachfolger nach § 325 ZPO:

      Kläger behält die Prozeßführungsbefugnis (gesetzl. Prozeßstandschaft), § 265 II 1 ZPO, muß aber seinen Antrag auf Leistung an den Rechtsnachfolger umstellen, sonst ist die Klage unbegründet (sog. Relevanztheorie)

      b) Ohne Rechtskrafterstreckung (Rechtsnachfolger ist doppelt gutgl. i.S.v. § 325 II ZPO):

      Kläger hat keine Prozeßführungsbefugnis, § 265 III ZPO, Klage ist nach h.M. als unbegründet (mangels Aktivlegitimation), richtigerweise aber als unzulässig (fehlende Prozeßführungsbefugnis) abzuweisen, wenn nicht der Rechtsnachfolger zustimmt (dann gewillkürte Prozeßstandschaft).

    2.) Stellung des Rechtsnachfolgers

      a) Kann nach § 265 II 2 ZPO den Rechtsstreit nur bei Zustimmung aller Beteiligten übernehmen.

      b) Eigene Klage des Rechtsnachfolgers wäre wg. anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig, § 261 III Nr. 2 ZPO, wenn das Urteil gegen ihn wirkt. § 265 II ZPO gibt dem Veräußerer die alleinige Prozeßführungsbefugnis

      c) Wenn das Urteil nach § 325 ZPO nicht gegen ihn wirkt, ist er in prozessualer Hinsicht vollkommen frei.

    3.) Urteilswirkungen

      a) Rechtsvorgänger verliert (= Klage hat Erfolg)
       

         - bei Rechtskrafterstreckung nach § 325 ZPO ist Rechtsnachfolger gebunden, neue Klage ist wegen entgegenstehender materieller Rechtskraft unzulässig
        - ohne Rechtskrafterstreckung (§ 325 II ZPO): Rechtsnachfolger kann erneut klagen.

      b) Rechtsvorgänger gewinnt (= Klage hat keinen Erfolg):
       

        - Für den Rechtsnachfolger wirkt das Urteil immer!

II. Veräußerung durch den Beklagten
 

    1.) Möglichkeiten des Klägers
     

      - § 264 Nr. 3 ZPO: Klageumstellung auf Schadensersatz oder Surrogat
      - Hauptsacheerledigung
      - § 269 ZPO: Klagerücknahme und evtl. erneute Klage gegen den Rechtsnachfolger
      - Aufrechterhaltung der Klage (§ 265 II 1 ZPO "friert" die Passivlegitimation des Beklagten ein, § 265 III ZPO gilt nur für Veräußerung durch den Kläger!)
      - Rechtskrafterstreckung nach § 325 BGB, sofern keine gutgl. Rechtsnachfolge

    2.) Urteilswirkungen

      a) Rechtsvorgänger verliert (= Klage hat Erfolg):
      - Urteil wirkt unter den Voraussetzungen des § 325 I, II ZPO gegen den Rechtsnachfolger. Bei fehlender Rechtskrafterstreckung erneute Klage gegen Rechtsnachfolger zulässig.
      b) Rechtsvorgänger gewinnt (= Klage hat keinen Erfolg):
       - Für den Rechtsnachfolger wirkt das Urteil immer! Keine erneute Klage gegen ihn möglich.