Wolfgang Vogelsang, LL.M (London)
wissenschaftlicher Assistent
Lehrstuhl Prof. Dr. Stephan Lorenz 
 
 
Arbeitsgemeinschaft Zivilrecht IV

 ZPO-Erkenntnisverfahren

4. Arbeitsgemeinschaft

 Zulässigkeit der Klage III

 

Fall 5:          "Ein Fall für zwei"

K will den Gesellschafter B der Wolfgang Assi OHG gem. § 129 Abs. 1 HGB für eine Kaufpreisschuld der OHG in Anspruch nehmen? Er bittet die gerade bei ihm ein Praktikum absolvierenden Jurastudenten Susi Schlau und Ferdi Fleißig, zu klären, ob ein bereits gegen die OHG erstrittenes rechtskräftiges Urteil auch gegenüber A wirkt und er die Vollstreckungsklausel dieses Urteils gem. § 727 ZPO auf A umschreiben lassen kann.
 
 

Lösung:

  1. Voraussetzung einer Titelumschreibung gem. § 727 ZPO ist zunächst, daß das Urteil gegen die Assi OHG auch deren Gesellschafter bindet.
    1. Eine explizite Rechtskrafterstreckung durch Gesetz liegt nicht vor.
    2. Eine Rechtskrafterstreckung auf B könnte jedoch infolge materiell-rechtlicher Abhängigkeit des Anspruchs gegen den OHG-Gesellschafter vom Anspruch gegen die Gesellschaft geboten sein 

    3. Dies ist aufgrund von § 129 Abs. 1 HGB zu bejahen. Danach kann der Gesellschafter, Einwendungen, die nicht in seiner Person begründet sind, nur insoweit geltend machen als sie von der Gesellschaft erhoben werden können. Folglich können Einwendungen, die der Gesellschaft abgesprochen wurden, vom Gesellschafter nicht mehr geltend gemacht werden, so daß ein Urteil gegen die OHG auch deren Gesellschafter bindet.
  2. Da die Gesellschafter aber noch persönliche Einwendungen gegen den Gläubiger haben können (vgl. § 129 Abs. 1 HGB), findet aus einem gegen die Gesellschaft gerichteten Titel die Zwangsvollstreckung nicht statt (§ 129 Abs. 4 HGB).Folglich bedarf es zur Zwangsvollstreckung in das Privatvermögen der Gesellschaftereines Vollstreckungstitels gegen jeden einzelnen Gesellschafters,
  3. Die Vollstreckungsklausel des Urteils gegen die Gesellschaft kann daher nicht gem. § 727 ZPO auf B umgeschrieben werden. Vielmehr muß K gegen B erneut klagen, falls dieser sich nicht freiwillig der Vollstreckung unterwirft. Für diesen Prozeß ist dann aber das Urteil gegen die Gesellschaft präjudiziell.