Internationale Zuständigkeit, anwendbares Recht und Erfüllungsanspruch aus § 661a BGB bei "Gewinnmitteilungen"

LG Braunschweig v. 10.1.2002 - 10 O 2753/00


Fundstelle:

IPRax 2002, 213
s. auch OLG Dresden v. 19.12.2001, Az: 8 U 2256/01, EuGH Urteil v. 11.7.2002 Rs. C-96/00 "Gabriel", OLG Frankfurt/M., Urt. v. 19.2.2002, 8 U 228/01 sowie nunmehr BGH, Urteil vom 28. November 2002 - III ZR 102/02


(Eigene) Leitsätze:

1. Deutsche Gerichte sind für Klagen von Verbrauchern gegen im Ausland ansässige Unternehmen aus sog, "Gewinnmitteilungen" i.S.v. § 661a BGB nach Art. 14 Abs. 1 EuGVÜ international zuständig.
2. Ansprüche aus Gewinnmitteilungen unterliegen nach Art. 29 Abs. 2 EGBGB dem Recht des Staates, in welchem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
3. Zur Bedeutung versteckter "Auszahlungsbedingungen".


Zentrale Probleme (-> direkt zum Urteilstext):

(Auszüge aus der in IPRax 2002, 192 abgedruckten Urteilsanmerkung):

Es ist eine offenbar nicht ausrottbare Plage: Seit Jahren werden Verbraucher von unseriösen Versandhandelsunternehmen mit sog. "Gewinnmitteilungen" beglückt. Ohne jemals an einem Gewinnspiel oder dergleichen teilgenommen zu haben, erhält der Adressat gleichsam aus dem Nichts die Mitteilung, er habe - wie in der vorliegend zu besprechenden Entscheidung des LG Braunschweig - einen bestimmten Geldbetrag oder irgendein hochwertiges Konsumgut wie etwa einen Pkw oder eine Urlaubsreise gewonnen und müsse den Gewinn nur noch durch Einsendung bestimmter Unterlagen "abrufen". Die Mitteilung selbst versucht dabei - in für den Kenner meist lächerlicher Weise - durch ihre äußere Gestaltung und ihre Formulierung den Anschein eines "amtlichen" Dokuments hervorzurufen, indem etwa die äußere Form eines für amtliche Zustellungen benutzten Umschlags nachgeahmt oder durch sog. "offizielle Zertifikate" oder "Prüfzertifikate" mit Phantasiestempeln, Siegeln und Bescheinigungen die Seriosität nachgewiesen werden soll. Reagiert der Adressat auf derartige Schreiben nicht, bekommt er häufig einige Zeit später eine weitere mahnende Anfrage mit der Setzung einer Frist, innerhalb derer der vermeintliche Gewinn "abgerufen" werden soll. Zweck dieser Mitteilungen ist es stets, den Adressaten zu einer Bestellung aus einem mit der Mitteilung versandten Warenkatalog zu veranlassen. Nicht selten wird die "Abrufung" des Gewinns auch obligatorisch mit einer solchen Bestellung verknüpft ("Leider nur gültig mit Probebestellung"). Den Gewinn erhält der Adressat freilich nie. Wenn er auf Nachfrage überhaupt eine Antwort erhält, wird meist auf mangelnden Zugang der "Gewinnanforderung" oder auf sog. "Spielregeln" verwiesen, die an verborgener Stelle darauf hinweisen, daß ein Gewinn etwa "nach Ermessen des Veranstalters" vergeben oder - wie vorliegend - unter "allen Einsendern verteilt" wird. Der dergestalt enttäuschte Adressat erhält nichts oder nur ein wertloses Werbegeschenk.
Bis zum 30.6.2000 bestand nach deutschem Recht bei diesen "Gratisverlosungen" auch in der Tat kein Erfüllungsanspruch des Verbrauchers: Eine öffentliche Auslobung i.S.v. § 657 BGB liegt wegen der individuellen Adressierung nicht vor, für § 661 BGB (Preisausschreiben) fehlt es an einer wirklichen Leistung des Beworbenen. Damit handelte es sich - je nach Ausgestaltung - um unverbindliche Ausspielungen (§ 762 BGB) oder um formnichtige Schenkungsversprechen. Die - vollkommen unbestrittene - wettbewerbsrechtliche Unzulässigkeit solchen Verhaltens konnte aber solche Praktiken nicht in zuverlässiger Weise unterbinden. Dies hat den deutschen Gesetzgeber - österreichischem Vorbild folgend - dazu veranlaßt, bei Gelegenheit der Umsetzung der sog. "Fernabsatzrichtlinie" in Gestalt von § 661a BGB mit Wirkung vom 30.6.2000 einen Anspruch des Verbrauchers auf Auskehrung des Gewinns bei sog. "Gewinnmitteilungen" einzuführen. Danach ist ein "Unternehmer, der Gewinnzusagen oder vergleichbare Mitteilungen an Verbraucher sendet und durch die Gestaltung dieser Zusendungen den Eindruck erweckt, daß der Verbraucher einen Preis gewonnen hat" verpflichtet, dem Verbraucher diesen Preis zu leisten. Zweck dieser Norm ist es, die geschilderten Praktiken durch zivilrechtliche Sanktionen zu unterbinden und dadurch einen effektiveren Verbraucherschutz zu gewährleisten, als dies durch § 1 UWG möglich war (zum Verstoß gegen § 1 UWG durch Gewinnversprechen s. etwa BGH NJW-RR 2001, 1574)
Die Branche des unseriösen Versandhandels hat natürlich sofort reagiert: Während erste ungeschickte Versuche, bei inländischem Unternehmenssitz lediglich den Versand der Gewinnmitteilung aus dem Ausland vorzunehmen, noch nicht für die "Flucht aus dem deutschen Recht" ausreichten, ist man nun dazu übergegangen, durch Verlagerung des Unternehmens ins Ausland die deutsche Regelung zu umgehen. Gewinnmitteilungen der beschriebenen Art kommen nun - wie auch im vorliegenden Fall - besonders häufig von Unternehmen mit Sitz in den Niederlanden und Belgien. Dies zieht die Frage nach der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte sowie des anwendbaren Rechts nach sich: Wenn ein Verbraucher überhaupt eine realistische Chance zur Realisierung eines Gewinns haben will, so bedarf er eines inländischen Gerichtsstands sowie - angesichts des singulären Charakters von § 661a BGB - der Anwendbarkeit deutschen Rechts.

Internationale Zuständigkeit

Deutsche Gerichte waren bisher mit der Bejahung der internationalen Zuständigkeit bei Gewinnmitteilungen aus dem Ausland äußerst zurückhaltend. Unstreitiger Ausgangspunkt ist, daß ein Rechtstreit um die Auskehrung eines Gewinns i.S.v. § 661a BGB in den sachlichen Anwendungsbereich des Brüsseler Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommens (EuGVÜ) bzw. seit dem 1.3.2002 in den Anwendungsbereich der das EuGVÜ ablösenden EG-Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO, sog. "Brüssel I - Verordnung") fällt. Beide Regelwerke gehen in ihrem jeweiligen Art. 2 vom Grundsatz des Beklagtengerichtsstands aus: Gerichtsstand ist grundsätzlich der Wohnsitz- bzw. Niederlassungsstaat des Beklagten ("actor sequitur forum rei"). Für die Begründung eines inländischen Gerichtsstandes in den hier interessierenden Fallgestaltungen bleiben damit folgende Möglichkeiten: Der Gerichtsstand des Erfüllungsorts (Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ bzw. nunmehr Art. 5 Nr. 1 EuGVVO), der Gerichtsstand für Verbrauchersachen (Art. 14 Abs. 1 EuGVÜ bzw. nunmehr Art. 16 Abs. 1 EuGVVO) oder der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung (Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ bzw. nunmehr Art. 5 Nr. 3 EuGVVO). Der österreichische OGH hat diese Frage (im Zusammenhang mit § 5j öKonsumentenschutzG) mittlerweile dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt (s. www.curia.eu.int/common/recdoc/convention/fr/2000/10-2000.htm, dort ist auch der OGH-Beschluß als pdf-Datei abrufbar) der die Sache mittlerweile entschieden hat (s. EuGH Urteil v. 11.7.2002 Rs. C-96/00 "Gabriel").
Die Entscheidung hierüber setzt, wie das LG Braunschweig zutreffend darlegt, eine Qualifikation des Anspruchs aus § 661a BGB voraus, die im Interesse einer einheitlichen Anwendung sowohl im Rahmen des EuGVÜ als auch nunmehr im Rahmen der EuGVVO autonom, d.h. nicht nach den Systembegriffen der jeweiligen lex fori, sondern nach dem Begriffssystem des EuGVÜ bzw. der EuGVVO zu erfolgen hat. Nach deutschen Systemvorstellungen ist § 661a BGB als ein spezialgesetzlicher Tatbestand der Haftung für typisiertes Vertrauen zu verstehen (objektive Rechtsscheinhaftung). Dogmatisch handelt es sich um eine geschäftsähnliche Handlung, auf die nach ganz h.M. die Vorschriften über Willenserklärungen grundsätzlich entsprechende Anwendung finden: Die Norm knüpft gesetzliche Rechtsfolgen an einen autonomen Erklärungstatbestand, ohne daß aber der Eintritt der Rechtsfolge vom Willen des Erklärenden umfaßt sein muß. Sie begründet damit ein gesetzliches Schuldverhältnis. Der dennoch vorhandene rechtsgeschäftsähnliche Hintergrund sowie der offensichtliche Zweck der Norm, den bewußt gesetzten Rechtschein eines Versprechens bindend zu machen, spräche bei autonomer Qualifikation für eine rechtsgeschäftliche Qualifikation des Anspruchs i.S. eines einseitigen Rechtsgeschäfts.
Betont man hingegen die Zwecksetzung der Norm, unlautere Maßnahmen der Vertragsanbahnung zu sanktionieren, kommt je nachdem, ob man die Mittel, mit welchen die Norm vorgeht (Erfüllungsanspruch für den Verbraucher) oder aber den generalpräventiven Zweck (Verhinderung wettbewerbswidrigen Verhaltens) in den Vordergrund stellt, eine Anlehnung an die für die culpa in contrahendo entwickelten Grundsätze der internationalen Zuständigkeit oder aber eine wettbewerbsrechtliche und damit deliktische Qualifikation in Betracht.
Qualifiziert man den aus der Gewinnmitteilung resultierenden Anspruch im Sinne des EuGVÜ bzw. der EuGVVO als ein einseitiges Rechtsgeschäft, führt dies in einem weiteren Schritt zur Anwendung der für vertragliche Verpflichtungen geltenden Zuständigkeitsnormen. Zutreffender Weise werden nämlich einseitige Rechtsgeschäfte in diesem Zusammenhang wie Verträge behandelt, kann es doch nicht darauf ankommen, ob ein und derselbe Lebenssachverhalt nach der jeweiligen lex causae als einseitiges Rechtsgeschäft oder als Vertrag konstruiert wird (man denke etwa an die Rechtsfigur der Auslobung). Maßgeblich ist allein, ob es sich bei dem anspruchsbegründenden Tatbestand um einen "Akt autonomer Selbstbindung des in Anspruch genommenen Subjekts" handelt. Eine - m.E. zu befürwortende - Qualifikation des Anspruchs aus § 661a BGB als vertraglicher Anspruch würde unter der Geltung des EuGVÜ nach dessen Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ zur Zuständigkeit der Gerichte am Erfüllungsort der Verpflichtung und damit zumindest i.d.R. gerade nicht zu einem Gerichtsstand im Wohnsitzstaat des Verbrauchers führen. Anders als bisher Artt. 14 Abs. 1, 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ erlauben nunmehr freilich Artt. 16 Abs. 1, 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO die Begründung eines Verbrauchergerichtsstands: Nach Artt. 16 Abs. 1, 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO genügt jetzt nämlich für die Zuständigkeit der Gerichte am Wohnsitz des Verbrauchers bereits, daß der Unternehmer in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt oder eine solche auf irgendeinem Weg u.a. auf diesen Mitgliedstaat ausrichtet und der "Vertrag" (d.h. im vorliegenden Zusammenhang die als vertraglich zu qualifizierende die Gewinnmitteilung) in den Bereich dieser Tätigkeit fällt. Dies bedeutet eine erhebliche Erweiterung des Verbrauchergerichtsstandes sowohl in sachlicher als auch in situativer Hinsicht: Die Regelung erfaßt anders als noch das Art. 13 I Nr. 3 EuGVÜ nicht nur Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen oder die Lieferung beweglicher Sachen, sondern jede Art von Vertrag oder jeden Anspruch aus einem Vertrag, den der Vertragspartner des Verbrauchers in Ausübung einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit abschließt. Die situative Erweiterung auf die bloße "Ausrichtung" der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit u.a. auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers verlangt anders als noch Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ keine rechtsgeschäftlichen Handlungen bzw. eine Vertragsanbahnung im Wohnsitzstaat des Verbrauchers.
Unter dem vom LG Braunschweig zugrundezulegenden Regime der Artt. 14 Abs. 1, 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ hätte man zur Begründung eines Verbrauchergerichtsstands die Gewinnmitteilung selbst als einen Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen oder die Lieferung beweglicher Sachen qualifizieren müssen, was schwerlich möglich gewesen wäre. Denkbar gewesen wäre allenfalls, in einer Art Vorwirkung des vom Unternehmer intendierten Vertragsschlusses mit dem Verbraucher, der zweifellos ein solcher über die Lieferung von Waren gewesen wäre, an den angebahnten Vertrag anzuknüpfen. Das neue Zuständigkeitsrecht der EuGVVO eröffnet hingegen die Möglichkeit, Fallkonstellationen wie die vorliegende unter den Verbrauchergerichtsstand zu subsumieren. Dies entspricht auch ganz zweifellos der der Neuregelung des Verbrauchergerichtsstands in der EuGVVO klar zu entnehmenden Ansatz zur Ausweitung des Verbrauchergerichtsstands. Dieser (begrüßenswerten) Tendenz im Bereich des Verbraucherschutzes sollte auch in Qualifikationsfragen gefolgt werden.
Damit erübrigt sich in Zukunft die dann zu keinen anderen Ergebnissen führende Qualifikation von § 661a BGB als Fall der culpa in contrahendo, wie sie vorliegend auch das LG Braunschweig vornimmt: Sieht man in der Sanktionierung der Gewinnmitteilung mit einem Erfüllungsanspruch des Verbrauchers primär einen gesetzlich geregelten Fall der culpa in contrahendo, weil sie nie isoliert, sondern stets zu dem Zweck erfolgt, den Adressaten zu einer Bestellung, d.h. einem Vertragsschluß zu veranlassen, und folgt man weiter der vorherrschenden Auffassung, Ansprüche aus c.i.c. zumindest dann als vertragliche Ansprüche i.S.v. Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ/EuGVVO zu qualifizieren, wenn es sich - wie vorliegend - um die Verletzung mit dem Vertragsschluß zusammenhängenden Aufklärungs- und Beratungspflichten handelt, so ergeben sich zwei Alternativen, die beide zu einem Gerichtsstand im Wohnsitzstaat des Verbrauchers führen: Entweder man bejaht unter Anwendung von Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ/EuGVVO eine internationale Zuständigkeit der Gerichte der Gerichte des Orts, an welchem die vorvertragliche Verhaltenspflicht zu Erbringen ist, oder aber man knüpft - wie vorliegend das LG Braunschweig - im Rahmen einer akzessorischen Anknüpfung an den vom Unternehmer angebahnten Vertrag an, was nach Artt. 13, 14 EuGVÜ bzw. Artt. 15, 16 EuGVVO zu einem Gerichtsstand im Wohnsitzstaat des Verbrauchers führt.
Nicht in Erwägung gezogen hat das LG Braunschweig eine deliktsrechtliche Qualifikation. Gem. Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ (übereinstimmend damit Art. 5 Nr. 3 EuGVVO) sind die Gerichte des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, zuständig, "wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden." Wie der Begriff des "Vertrages" i.S.v. Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ, so ist auch der Begriff der "unerlaubten Handlung" autonom auszulegen. Nach der Rechtsprechung des EuGH umfaßt im Rahmen von Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ der Deliktsbegriff alle Klagen, mit denen eine Schadenshaftung des Beklagten geltend gemacht wird, die nicht an einen "Vertrag" i.S.v. Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ anknüpft. Vertritt man sowohl unter der Geltung des EuGVÜ als auch unter dem Regime der EuGVVO eine vertrags- bzw. verbrauchervertragliche Qualifikation, so ist eine deliktsrechtliche Qualifikation nach Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ/EuGVVO damit ausgeschlossen. In der Literatur wurde hingehen jüngst im Hinblick auf dessen generalpräventive wettbewerbsrechtliche Zwecksetzung eine deliktische Qualifikation des Anspruchs aus § 661a BGB befürwortet: Unstreitig unterliegen Streitigkeiten aus Wettbewerbsverstößen dem deliktischen Gerichtsstand des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ/EuGVVO. Der Sache nach handele es sich um die Unterbindung wettbewerbswidrigen Verhaltens mit den Mitteln des Zivilrechts, der Verbraucher werde vom Gesetzgeber lediglich "als Verfolgungsorgan für Wettbewerbsverstöße eingespannt". Im Ergebnis könne es aber keinen Unterschied machen, ob der Gesetzgeber die Behebung einer Marktstörung in die Hand des Verbrauchers oder in diejenige eines Wettbewerbers lege. Der Erfüllungsanspruch aus § 661a BGB wird dabei zum bloßen "Anreiz", der den Verbraucher motivieren soll, sich den mit der Verfolgung des Wettbewerbsverstoßes verbundenen Mühen zu unterziehen, d.h. eine Art des Strafschadensersatzes (punitive damages).

Anwendbares Recht

Ebenso wie für die Frage der Herleitung eines inländischen Gerichtsstandes gibt es auch für die Frage des anwendbaren Rechts mehrere denkbare Wege zum deutschen Recht, dessen Anwendbarkeit anders als in anderen Bereichen des zivilrechtlichen Verbraucherschutzes wegen des singulären Charakters von § 661a BGB von entscheidender Bedeutung ist.

Die vom LG Braunschweig vorgenommene Qualifikation von § 661a BGB als ein Fall vorvertraglichen Verschuldens führt - unabhängig davon, ob ein solcher Vertrag zustandekommt - zu einer akzessorischen Anknüpfung an den vom Unternehmer intendierten Vertrag mit dem Verbraucher. Da es sich bei diesem stets um einen Vertrag über die Lieferung beweglicher Sachen handelt und auch die situativen Voraussetzungen des Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 - 3 EGBGB gegeben wären, also ein Verbrauchervertrag i.S.v. Art. 29 Abs. 1 EGBGB vorläge, findet in Abwesenheit einer Rechtswahl nach Art. 29 Abs. 2 EGBGB deutsches Recht Anwendung. Eine nach Art. 27 EGBGB mögliche Rechtswahl wäre nur dann relevant, wenn es tatsächlich zum Abschluß eines Vertrages kommen würde. Selbst wenn man diese spätere Rechtswahl noch auf eine vorher geschehene vorvertragliche Pflichtverletzung rückbeziehen würde, könnte sie gem. Art. 29 Abs. 1 EGBGB an der Anwendbarkeit von § 661a BGB nichts ändern.
Eine deliktische Qualifikation der Norm unter Betonung ihres wettbewerbsrechtlichen Charakters würde nach Art. 40 Abs. 1 S. 1 EGBGB zur Anwendung des Rechts des Handlungsortes führen. Da Handlungsort in diesem Fall der Ort wäre, an welchem das marktstörende Handeln stattfindet, würde auch eine solche Anknüpfung zur Anwendung des Rechts des Wohnsitzstaates des Verbrauchers führen.
In Anbetracht der von Art. 36 EGBGB vorgeschriebenen einheitlichen Auslegung der Art. 27 ff EGBGB vor dem Hintergrund des Europäischen Schuldvertragsrechtsübereinkommens (EVÜ) ist in Parallelität zu den Überlegungen im Zusammenhang mit der internationalen Zuständigkeit eine schuldvertragsrechtliche Qualifikation von § 661a BGB auch für das anwendbare Recht zu befürworten. Zwar handelt es sich - wie oben dargelegt - bei § 661a BGB um ein gesetzliches Schuldverhältnis. Die Regelung bewirkt aber sachlich nichts anderes, als eine Verpflichtung zu statuieren, deren vertragliche Begründung bisher an § 125 S. 1 BGB scheiterte. Dasselbe Ergebnis hätte der Gesetzgeber dadurch erreichen können, indem er dieses vom Formzwang des § 518 Abs. 1 BGB ausgenommen hätte. Dies spricht unter Berücksichtigung von Art. 36 EGBGB für eine schuldvertragsrechtliche Qualifikation von § 661a BGB i.S. der Artt. 27 ff EGBGB. Dieses Ergebnis wird dadurch erhärtet, daß nach h.M. einseitige Leistungsversprechen wie etwa die Auslobung, Preisausschreiben oder die Patronatserklärung den Art. 27 ff EGBGB unterstellt werden.
Gegenstand der Anknüpfung ist dann allerdings - anders als bei einer Qualifikation als Tatbestand der culpa in contrahendo - nicht das vom Unternehmer intendierte Vertragsverhältnis über den Kauf beweglicher Sachen, sondern unmittelbar das durch die Gewinnmitteilung in Frage stehende Schuldverhältnis selbst. Dieses (einseitige) Schuldverhältnis aber ist i.d.R. kein Verbrauchervertrag i.S.v. Art. 29 Abs. 1 EGBGB, weil es sich - bei Geldpreisen - bei der aus § 661a BGB resultierenden Verpflichtung nicht um eine Verpflichtung zur Lieferung beweglicher Sachen oder zur Erbringung von Dienstleistungen handelt. Eine analoge Anwendung der Regelung auf andere Verträge als Verbraucherverträge kommt nicht in Betracht. Damit wäre bereits kraft objektiver Anknüpfung (Art. 28 Abs. 1 S. 1, 2 S. 1 EGBGB) das Recht des Ortes anwendbar, an welchem der Unternehmer seinen gewöhnlichen Aufenthalt bzw. seine Hauptverwaltung hat, eine Anwendung deutschen Rechts bei Gewinnmitteilungen aus dem Ausland also ausgeschlossen. Eine Sonderanknüpfung von § 661a BGB über Art. 29a EGBGB ist nicht möglich, weil die Regelung nicht auf einer EG-Richtlinie beruht.
Damit bleibt die Frage, ob § 661a BGB als Eingriffsnorm i.S.v. Art. 34 EGBGB gewertet werden kann. Dazu müßte es sich um eine Norm handeln, die einen Sachverhalt ohne Rücksicht auf das anwendbare Recht zwingend regelt. Es ist anerkannt, daß unter Art. 34 EGBGB auch Normen des Verbraucherschutzes fallen können, soweit nicht Art. 29 EGBGB eine geschlossene Sonderregelung enthält, sondern sich als "lückenhaft erweist". Dies gilt auch und gerade für von Art. 29 EGBGB nicht erfaßte Vertragstypen. Ob es sich bei einer Norm um eine Eingriffsnorm i.S.v. Art. 34 EGBGB handelt, ist ihr - sofern sie keine ausdrückliche Regelung ihres internationalen Anwendungsbereiches enthält - im Wege der Auslegung zu entnehmen, wobei die bloße Unabdingbarkeit der Vorschrift im internen Recht hierfür allenfalls ein Indiz darstellen kann. Von entscheidender Bedeutung ist auch, ob die jeweilige Regelung zumindest auch dem Schutz öffentlicher Interessen zu dienen bestimmt ist. Nach seiner Zwecksetzung kann § 661a BGB unproblematisch als eine solche Eingriffsnorm betrachtet werden. Der von der Vorschrift intendierte Schutz des inländischen Verbrauchers sowie des inländischen Marktes vor den geschilderten Praktiken würde nicht erreicht werden, wenn er durch einen Auslandsbezug umgangen werden könnte. Auch an einem Art. 29 Abs. 1 EGBGB vergleichbaren Inlandsbezug fehlt es in den hier interessierenden Fallgestaltungen nicht.

Zum materiellen Recht

In jeder Hinsicht beifallswürdig sind die Ausführungen des LG Braunschweig zu den materiellen Voraussetzungen des Anspruch s aus § 661a BGB. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die vom Beklagten bestrittenen, in der Gewinnmitteilung verlangten formalen Voraussetzungen für den "Abruf" des Preises (Zugang des "Gewinnanforderungsscheins") sowie für die auf der Innenseite (!) des Umschlags "in zarter Schrift" abgedruckten "Auszahlungsbedingungen". All dies ist im Rahmen von § 661a BGB irrelevant, weil die Norm tatbestandlich allein darauf abstellt, daß die Mitteilung insgesamt den Eindruck eines bereits gewonnenen Preises erweckt. Ist dies der Fall, so hat der Unternehmer nach § 661a BGB dem Verbraucher diesen Preis zu leisten, ohne daß er daran weitere Voraussetzungen wie etwa die Verwendung eines bestimmten "Anforderungsscheins", dessen Zugang oder gar eine Warenbestellung stellen könnte. Damit ist es auch nicht einmal erforderlich, "Auszahlungsbedingungen" und dergleichen einer Einbeziehungskontrolle nach AGB-Regeln (bisher §§ 2, 3 AGBG, nunmehr § 305 Abs. 2, 305c BGB) wie es das LG vorliegend getan hat, oder einer Inhaltskontrolle zu unterziehen. Maßgeblich ist alleine, ob solche "Bedingungen" nach dem Empfängerhorizont den Eindruck eines gewonnenen Preises verhindern können, was in der Regel gerade nicht der Fall ist.

"Alle Wege führen nach Rom":

Zumindest nach Inkrafttreten der EuGVVO am 1.3.2002 besteht für Streitigkeiten aus Gewinnmitteilungen i.S.v. § 661a BGB unter jedem denkbaren Ansatzpunkt eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte am Wohnsitz des Verbrauchers. Die schwierigen Qualifikationsfragen sind nach der Erweiterung, welche der Verbrauchergerichtsstand durch Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO im Vergleich zu Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ erfahren hat, nicht mehr entscheidungserheblich.

Die Regelungen der EuGVVO gelten allerdings nach deren Art. 66 Abs. 1 nicht für vor ihrem Inkrafttreten bereits erhobene Klagen. Im Falle einer Klageabweisung als unzulässig steht freilich einer erneuten Klage unter Geltung der EuGVVO keine Rechtskraft entgegen. Bei bereits anhängigen Verfahren würde sich, wenn man nach bisherigem Recht die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte verneint, eine Klagerücknahme (§ 269 ZPO) mit anschließender erneuter Klage empfehlen.

Gleiches gilt für das anwendbare Recht: Unter jedem denkbaren Gesichtspunkt unterliegen Gewinnmitteilungen, die ein Verbraucher mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland erhält, der Regelung des § 661a BGB. Richtigerweise ergibt sich dies unter Zugrundelegung einer schuldvertraglichen Qualifikation aus dem Charakter dieser Regelung als Eingriffsnorm i.S.v. Art. 34 EGBGB.

© sl 2002


Tatbestand:

Die Klägerin begehrt im Wege der Teilklage von der holländischen Beklagten die Auszahlung eines Teils eines versprochenen Gewinnes.

Die Klägerin reichte bei der Beklagten, die einen Versandhandel betreibt, zusammen mit einer Warenbestellung einen „Gewinnschein" ein. Im Juli 2000 erhielt sie ein nicht datiertes „Gewinndokument", in welchem ihr in großem Fettdruck mitgeteilt wurde:

„Unser Geldbote bringt 20.000,- DM in bar direkt nach Braunschweig, xxxxxxxx x!
Ihnen, Frau xxxxxxxxx, wird er die 20.000,- DM überreichen!"

Ferner enthielt das Schreiben Anweisungen, wie der Gewinn unter Verwendung von Gewinn-Coupon und Gewinn-Abruf-Schein bis zum 15.09.2000 abzurufen sei, ferner einen Fotobericht über eine zuvor erfolgte Gewinnübergabe. Das Schreiben enthielt weiter die Aufforderung:

„Vergessen Sie aber nicht, auch das beiliegende Warenangebot sorgfältig zu studieren. Unsere Einkäufer haben wieder alles darangesetzt, Ihnen nur die besten Produkte zu äußerst niedrigen Preisen anzubieten. Da können Sie heute wieder viel Geld sparen!"

Ebenfalls im Juli 2000 erhielt die Klägerin ein im Namen der Beklagten verfasstes Schreiben vom 17.07.2000 mit der Bezeichnung „letztmalige Aufforderung", in dem ihr mitgeteilt wurde, ihr seien am 03. Juli 2000 die offiziellen Auszahlungsdokumente für den deponierten 20.000,- DM-Gewinn zugestellt worden, eine Anforderung des Gewinns sei jedoch noch nicht eingegangen. Für die Anforderung wurde nunmehr eine Frist zum 28.07.2000 gesetzt. Die Klägerin forderte die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 01.08.2000 zur Zahlung auf. Im August 2000 erhielt die Klägerin eine weitere, auf den 09.08.2000 datierte „letztmalige Aufforderung", mit der sie zur Anforderung des Gewinns von 20.000,00 DM bis zum 25.08.2000 aufgefordert wurde. Ihr wurde mitgeteilt, ihr seien am 17.07.2000 die offiziellen Auszahlungsdokumente des deponierten Gewinns zugestellt worden, ein Posteingang ihrerseits sei nicht zu verzeichnen. Anfang August 2000 erhielt die Klägerin ferner eine weitere Gewinnbenachrichtigung über einen Betrag von 9.850,00 DM. Mit anwaltlichem Schreiben vom 15.08.2000 forderte die Klägerin die Beklagte zur Zahlung beider Beträge auf.

Die Klägerin behauptet, die von der Beklagten vorgesehenen Unterlagen zur Gewinnanforderung verwendet zu haben.

Sie verlangt im Wege der Teilklage Zahlung eines Teilbetrages von 11.990,00 DM aus der Gewinn-Zusage über 20.000,00 DM.

Sie beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin DM 11.990,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 1 des Diskont-Überleitungs-Gesetzes seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.

Die Beklagte beantragt

Klagabweisung.

Sie rügt die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts. Außerdem hält sie die Teilklage für unzulässig. Die Beklagte behauptet ferner, die Unterlagen der Klägerin seien nicht vollständig, ein Nachweis für die Anforderung von 20.000,00 DM liege nicht vor. Aus der Gewinn-Zusage ergebe sich auch nicht, dass der Gewinn-Betrag von 20.000,00 DM der Klägerin allein zustehe. Vielmehr habe die Klägerin die Spielregeln zur Kenntnis genommen, nach denen der Gewinn-Betrag unter allen Einsendern zu gleichen Teilen aufgeteilt werde. Die Beklagte legt hierzu die Kopie der Innenseite eines aufgerissenen Briefumschlages vor, auf der sich „Auszahlungsbedingungen" dieses Inhalts befinden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und eingereichten Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Das Landgericht Braunschweig ist für die Entscheidung des Rechtsstreits international und örtlich zuständig. Die Zuständigkeit richtet sich nach Art. 14 Abs. 1 EuGVÜ (Zuständigkeit für Verbrauchersachen), und zwar aus folgenden Erwägungen: § 661a BGB, auf den die Klägerin ihren Anspruch stützt, stellt einen gesetzlich normierten Fall des Verschuldens beim Vertragsschluss (culpa in contrahendo) dar. Die Zuständigkeit für Ansprüche aus culpa in contrahendo folgt der Zuständigkeit für den angebahnten Vertrag, der in diesem Fall ein Verbrauchervertrag ist.

Zur Begründung ist hierzu im einzelnen auszuführen:

Sowohl die internationale als auch die örtliche (siehe Zöller-Vollkommer ZPO 21. Auflage § 12, Rn 5) Zuständigkeit richtet sich nach den Vorschriften des Brüsseler Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ). Nach Artikel 2 Abs. 1 EuGVÜ sind Personen grundsätzlich vor den Gerichten des Staates zu verklagen, in denen sie ihren Wohn- oder Firmensitz haben, sofern nicht Sonderzuständigkeiten nach dem EuGVÜ eingreifen, etwa für vertragliche Ansprüche, unerlaubte Handlungen, Mietsachen, Verbrauchersachen, etc. Die Zuständigkeit deutscher Gerichte ergibt sich vorliegend aus Artikel 14 Abs. 1 EuGVÜ. Danach kann in Verbrauchersachen der Verbraucher den anderen Vertragspartner wahlweise vor Gerichten des Staates seines Wohnsitzes oder des anderen Vertragspartners verklagen. Die Klägerin ist nach Artikel 13 Abs. 1 EuGVÜ Verbraucherin, da der geschäftliche Kontakt mit der Beklagten nicht ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zuzurechnen ist. Sie hat ihren Wohnsitz im Bezirk des Landgerichts Braunschweig.

Um Verbraucherverträge handelt es sich nach Artikel 13 Abs. 1 Ziffer 3 EuGVÜ bei Verträgen, wenn sie die Erbringung einer Dienstleistung oder die Lieferung beweglicher Sachen zum Gegenstand haben, sofern

a) dem Vertragsabschluss in dem Staat des Wohnsitzes des Verbrauchers ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung vorausgegangen ist und

b) der Verbraucher in diesem Staat die zum Abschluss des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen hat.

Der Begriff der Verbrauchersache ist konventionsimmanent zu interpretieren (vergleiche Zöller-Geimer Artikel 13 bis 15 EuGVÜ, Rn 2).
Es kann dahinstehen, ob zwischen den Parteien durch Angebot und Annahme ein Vertrag über die Auszahlung eines Betrages von 20.000,00 DM zustande gekommen ist. Ein solcher Vertrag würde bei wörtlicher Auslegung des Artikel 13 Abs. 1 EuGVÜ nicht als Verbrauchervertrag zu qualifizieren sein, da als Gegenstände von Verbraucherverträgen der Kauf beweglicher Sachen, Ratenkredite und der Erbringung von Dienstleistungen genannt sind. Ob ein solcher Vertrag im Wege der erweiternden oder ergänzenden Auslegung in den Anwendungsbereich der Artikel 13ff. EuGVO einzubeziehen wäre, kann hier jedoch ebenfalls dahinstehen. Nach deutschem Recht wäre ein solcher Vertrag nicht wirksam. Ein solcher Vertrag wäre seinem Inhalt nach ein Schenkungsversprechen, das nach § 518 Abs. 1 BGB der - nicht eingehaltenen - notariellen Form bedürfte. Ob ein solcher Vertrag nach einem anderen, möglicherweise anwendbarem Recht wirksam wäre, hat die Klägerin nicht vorgetragen; sie trägt insoweit die Darlegungslast.

Die Klägerin stützt ihren Zahlungsanspruch auf § 661 a BGB. Für die Frage, ob sich für einen aus dieser Norm abgeleiteten Anspruch - die Anwendbarkeit deutschen Rechtes vorausgesetzt - eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergibt, bedarf es zunächst der Bestimmung der Rechtsnatur dieser Vorschrift, die, da es sich um einen gesetzlichen Anspruch des deutschen Rechts handelt, nur nach deutschem Recht erfolgen kann. Der Anspruch aus § 661 a BGB ist als gesetzliches Schuldverhältnis zu qualifizieren (vergleiche Lorenz, NJW 2000, 3305, 3307). Da das EuGVÜ einen besonderen Gerichtsstand für gesetzliche Schuldverhältnisse nicht vorsieht, könnte es, wie die Beklagte meint, bei der allgemeinen Zuständigkeit des Artikel 2 Abs. 1 EuGVO bleiben. Dies ist jedoch zu kurz gegriffen. Die Feststellung, dass es sich um ein gesetzliches Schuldverhältnis handelt, sagt noch nichts über die Rechtsnatur des Anspruchs, da es höchst unterschiedliche gesetzliche Schuldverhältnisse gibt, unter anderem aus Bereicherungsrecht, unerlaubter Handlung und Geschäftsführung ohne Auftrag. Bei der Frage des anwendbaren Rechts, zu der es keine dem Artikel 2 Abs. 1 EuGVÜ vergleichbare Auffangnormen gibt, also eine Anknüpfung auf jeden Fall gefunden werden muss, sind für die einzelnen gesetzlichen Schuldverhältnisse selbständige Anknüpfungsgrundsätze entwickelt worden. Für die erst mit Wirkung vom 29.06.2000 eingeführte Vorschrift des § 661 a BGB wird eine Anknüpfung entsprechend verschiedener bereits entwickelter Grundsätze diskutiert, unter anderem eine Anknüpfung nach den für culpa in contrahendo entwickelten Grundsätzen, nach denen für die Anknüpfung einseitiger Rechtsgeschäfte oder für Vertrauens- und Rechtsscheinstatbestände (vergleiche Lorenz NJW 2000, 3305 ff.). Auch für die Frage der internationalen Zuständigkeit ist nicht in jedem Fall, in dem keine der Spezialnormen des EuGVO wörtlich Anwendung findet, die allgemeine Vorschrift des Artikel 2 Abs. 1 EuGVÜ anzuwenden. Vielmehr ist auch insoweit zu prüfen, ob nicht im Wege der Analogie oder der Fassung des Anwendungsbereichs einer Norm eine von Artikel 2 Abs. 1 EuGVÜ abweichende Zuständigkeit gegeben ist. So wird für Ansprüche aus culpa in contrahendo überwiegend eine Anwendung von Artikel 5 Nr. 1 EuGVÜ vertreten, soweit es um die Frage des Verschuldens am Zustandekommen oder Nichtzustandekommen eines Vertrages geht, eine Anwendung des Artikel 5 Nr. 3 EuGVÜ, soweit deliktsähnliche Elemente im Vordergrund stehen (vergleiche Zöller-Geimer, Artikel 5 EuGVÜ, Rn 7; OLG Frankfurt IPrax 1986, 37; Müko-Gottwald 3. Auflage Artikel 5 GVÜ, Rn 5; Schlosser, IPRax 1984, 66; Wieczorek/SchützeHansmann, 3. Auflage 1994, Artikel 5 EuGVÜ, Rn 8).

Der Anspruch aus § 661 a BGB stellt einen gesetzlich normierten, pauschalierten Anspruch auf Schadensersatz aus culpa in contrahendo dar. Hierfür spricht, dass es bei den Fällen, die für eine Anwendung des § 661 a BGB in Betracht kommen, stets um Vertragsanbahnung geht. Da dieser Umstand nicht zum Tatbestandsmerkmal von § 661 a BGB gemacht wurde, muss dies nicht im Einzelfall nachgewiesen werden. Der Gesetzgeber wollte jedoch genau die Praxis sanktionieren, dass Unternehmer Verbrauchern Mitteilungen über angebliche Gewinne zusenden, die sie auf Nachfrage nicht aushändigen, sondern statt dessen versuchen, die Verbraucher zur Abnahme von Waren zu bewegen (Bundestagsdrucksache 14/2658, Seite 48). So hat auch im vorliegenden Fall die Klägerin ihren Gewinn-Schein im Zusammenhang mit einer Warenbestellung eingesandt. In der Gewinnmitteilung wurde sie ausdrücklich darauf hingewiesen, auch den beiliegenden Prospekt zu beachten. Für eine Einordnung als Anspruch aus culpa in contrahendo spricht auch, dass es nach § 661 a BGB nicht notwendig darauf ankommt, dass derjenige, der den Eindruck eines Gewinns erweckt, auch derjenige ist, der die zu bestellenden Waren anbietet. Ansprüche aus culpa in contrahendo können grundsätzlich auch gegen vertragsfremde Dritte entstehen, die im Rahmen der Vertragsverhandlungen aktiv werden und dabei Pflichten verletzen. Gegen eine Bewertung als Anspruch aus culpa in contrahendo spricht nicht, dass § 661 a BGB einen Anspruch auf Erfüllung gewährt, während Ansprüche aus culpa in contrahendo grundsätzlich auf Ersatz des Vertrauensschadens gehen. Auch bei Ansprüchen aus culpa in contrahendo kann der Vertrauensschaden im Einzelfall an das Erfüllungsinteresse heranreichen. Im Fall der Gewinnzusagen besteht - abgesehen von der Belästigung - die Gefahr für den Verbraucher darin, dass er den Eindruck hat, über den angekündigten Gewinn verfügen zu können und im Hinblick darauf bereits Verpflichtungen eingeht, unter anderem auch durch Bestellung der beworbenen Waren. Eine Vermögensgefährdung des Verbrauchers besteht daher bis zur Höhe des angekündigten Gewinns, so dass es nur konsequent ist, den möglichen Vertrauensschaden auf das Erfüllungsinteresse zu pauschalieren.

Aus der Qualifizierung des § 661 a BGB als gesetzlicher Normierung eines Anspruchs aus culpa in contrahendo folgt für die internationale Zuständigkeit, dass sie der internationalen Zuständigkeit für den angebahnten Vertrag folgt (so LG Frankfurt IPRax 1986, 373, 377, Mansel, IPRax 1989, 84; Zöller-Geimer, Artikel 5 EuGVÜ, Rn 7; MükoGottwald, Artikel 5 GVÜ, Rn 5; Wieczorek/Schütze/Hansmann Artikel 5 EuGVÜ Randnummer 8; Schlosser, IPrax 1984, 66; Lorenz, NJW 2000, 3305, 3309). Dies ist keine Frage einer Analogie, deren Zulässigkeit zweifelhaft ist, sondern eine Frage des Anwendungsbereichs der Zuständigkeitsnorm. So ist für Artikel 5 Nr. 1 EuGVÜ der Begriff der vertraglichen Ansprüche weit auszulegen (vgl. OLG Oldenburg NJW 1976, 1044; Müko-Gottwald Artikel 5 EuGVÜ Rn 4; Wieczorek/Schütze/Hausmann Artikel 5 EuGVÜ, Rn 6) und umfasst beispielsweise auch vertragliche Rückabwicklungsverhältnisse, die Fragen eines Schadensersatzes wegen Nichterfüllung (Wieczorek/Schütze/Hausmann Artikel 5 EuGVÜ, Rn 6) und vorbereitende Hilfsansprüche auf Auskunft (BGH IPrax 1989, 98; Mansel, IPrax 1989, 84). Wenn man davon ausgeht, dass die Zuständigkeit für Ansprüche aus culpa in contrahendo der Zuständigkeit für den angebahnten Vertrag folgt, so ergibt sich vorliegend die internationale Zuständigkeit aus Artikel 14 Abs. 1 EuGVÜ, da es sich bei dem angebahnten Vertrag um einen Verbrauchervertrag handelt, nämlich um einen Vertrag betreffend die Lieferung von beweglichen Sachen. Für diese wurde am Wohnsitz der Klägerin geworben, die Klägerin hat die erforderlichen Rechtshandlungen an ihrem Wohnsitz vorgenommen.

Die Erörterung zeigt, dass es unzutreffend wäre, sich mit der Feststellung, dass § 661 a BGB ein gesetzliches Schuldverhältnis begründet, zu begnügen und auf die allgemeine Zuständigkeitsnorm des Artikel 2 Abs. 1 EuGVÜ zu rekurrieren. Dies hätte zur Folge, dass ein Verbraucher, dessen Vertragspartner eine gesetzlich nicht normierte Pflichtverletzung im Rahmen der Vertragsverhandlungen begeht, an seinem eigenen Wohnsitz klagen könnte, ein Verbraucher, dem ein gesetzlich normierter Anspruch aus culpa in contrahendo zusteht, jedoch nicht.

Eine Zuständigkeit am Wohnsitz des Verbrauchers steht auch im Übrigen mit den Wertungen des EuGVÜ im Einklang. Es wird allgemein hervorgehoben, grundsätzlich solle niemand außerhalb seines eigenen Wohnsitzstaates verklagt werden können, Ausnahmen hiervon bedürften einer besonderen Rechtfertigung. Für vertragliche Ansprüche, für die nach Artikel 5 Nr. 1 EuGVÜ eine Sonderzuständigkeit besteht, wird die rechtfertigende Ausnahme darin gesehen, dass sich die betreffende Partei durch den Vertragsschluss freiwillig einer fremden Gerichtsbarkeit unterstellt habe. Der selbe Gedanke trifft auch für Ansprüche aus culpa in contrahendo zu. Gerade wer sich in pflichtwidriger Weise an der Anbahnung eines Vertrages beteiligt, begibt sich freiwillig in den Rechtskreis der dafür zuständigen Gerichtsbarkeit.

Das Landgericht Braunschweig ist auch örtlich zuständig. Die Zuständigkeit wird insoweit durch die Vorschriften des EuGVÜ mitbestimmt (Zöller-Geimer Artikel 13 bis 15 EuGVÜ, Rn 2; Zöller-Vollkommer § 29 ZPO, Rn 3). Danach ist das Landgericht Braunschweig als für den Wohnsitz der Klägerin zuständiges Gericht zuständig. Zuständig wäre das Landgericht Braunschweig jedoch auch als Gericht des Erfüllungsortes nach § 29 ZPO. Bei sogenannten „Fernkäufen" gilt generell die Niederlassung des Käufers als Erfüllungsort (OLG Celle AIW 1985, 571; Zöller/Vollkommer § 29, Rn 25). Hier ergibt sich der Erfüllungsort für den zugesagten Gewinn auch aus der Ankündigung der Beklagten, ihr Geldbote werde die 20.000,00 DM in bar direkt nach Braunschweig, xxxxxxxx bringen.

Die Teilklage ist zulässig. Da die Klägerin klargestellt hat, dass der eingeklagte Teilbetrag der Gewinnzusage über 20.000,00 DM entnommen ist, ist hinreichend erkennbar, welcher Teil des Gesamtanspruchs Gegenstand der Klage sein soll.

Die zulässige Klage ist auch begründet.

Auf den geltend gemachten Anspruch ist deutsches Recht anwendbar. Nach Art. 29 Abs. 2 EGBGB unterliegen Verbraucherverträge dem Recht des Staates, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Da es sich bei § 661a BGB um einen gesetzlich normierten Anspruch aus culpa in contrahendo handelt, richtet sich das für hier anwendbare Recht nach dem Statut des angebahnten Vertrages (BGH NJW 1987, 1141; Palandt/Heldrich 60. Auflage, Artikel 32 EGBGB Randziffer 8 mit weiteren Nachweisen).

Ein Anspruch der Klägerin aus § 661a BGB besteht. Unstreitig hat die Beklagte der Klägerin Anfang Juli 2000 ein Schreiben übersandt, in dem ihr mitgeteilt wurde:

„Unser Geldbote bringt 20.000,- DM in bar direkt nach Braunschweig, xxxxxxxx x!
Ihnen, Frau xxxxxxxxx, wird er die 20.000,- DM überreichen!"

Ausweislich des Schreibens der im Namen der Beklagten handelnden General-Advokatur xxxxxx, xxxxxxxxxxx & Partner vom 17.07.2000 wurden die Gewinndokumente der Klägerin am 03. Juli 2000 übersandt. Der Sachverhalt ist damit nach Inkrafttreten des § 661a BGB am 29.06.00 entstanden. Die Beklagte ist Unternehmerin, sie betreibt einen Versandhandel; die Klägerin hat bei ihr Waren bestellt. Die Klägerin ist Verbraucherin, da sie bei den Warenbestellungen und bei Entgegennahme der Gewinnzusage nicht im Rahmen ihrer gewerblichen und selbständigen beruflichen Tätigkeit handelte. Das Anfang Juli übersandte Schreiben vermittelt durch seinen Wortlaut den Eindruck, die Klägerin habe 20.000,00 DM gewonnen. Denselben Eindruck vermitteln die letztmaligen Aufforderungen vom 17.07.2000 und 09.08.2000. Diese Erklärungen erwecken den Eindruck, die Klägerin stehe als Gewinnerin des Betrages von 20.000,00 DM bereits fest und müsse diesen Betrag lediglich noch anfordern. Die Anweisungen zur Anforderung des Betrages sind nicht dahin zu verstehen, die Klägerin habe lediglich eine Chance auf einen möglichen Gewinn und müsse noch weitere Leistungen erbringen. Der Gesamteindruck ist vielmehr der, die Klägerin stehe bereits als Gewinnerin fest und müsse lediglich mitteilen, dass sie das Schreiben erhalten habe und empfangsbereit sei. Keinesfalls erweckt das Schreiben den Eindruck, die Klägerin müsse sich den Gewinn mit anderen Gewinnspielteilnehmern teilen. Dem widerspricht schon die Ankündigung, der Geldbote werde ihr persönlich 20.000,00 DM überreichen. Dass der Gewinn unter mehreren Einsendern aufgeteilt werde, ergibt sich lediglich aus den auf der Innenseite eines Briefumschlages in zarter Schrift abgedruckten Auszahlungsbedingungen. Diese für eine Vielzahl von Fällen formulierten Bedingungen halten einer Überprüfung nach dem AGBG nicht stand. Zum einen hätte auf sie nach § 2 AGBG ausdrücklich hingewiesen werden müssen, zum anderen sind die Bedingungen ungewöhnlich im Sinne des § 3 AGBG, da sie der Hauptaussage des Schreibens, nämlich der Geldbote werde der Klägerin 20.000,00 DM bringen, zuwiderlaufen. Die Auszahlungsbedingungen entfalten zwischen den Parteien daher keine Wirkung.

Damit ist der Anspruch der Klägerin nach § 661 a BGB enstanden. Ob die Klägerin bei der Anforderung des Gewinns die von der Beklagten vorgeschriebenen Form (Verwendung des Gewinncoupons) eingehalten hat, ist für den Anspruch nach § 661 a BGB unerheblich. Dem § 661a BGB ein solches zusätzliches Tatbestandsmerkmal hinzuzufügen, würde der Intention des Gesetzgebers zuwiderlaufen, dem Verbraucher einen möglichst unkomplizierten Anspruch an die Hand zu geben. Müssten die Verbraucher nachweisen, die Anforderungsunterlagen richtig ausgefüllt und abgesandt zu haben, kämen sie regelmäßig in Beweisschwierigkeiten, da sie diese Dokumente gerade absenden und nicht behalten.

Im Übrigen ist das diesbezügliche Bestreiten der Beklagten unerheblich, da es offensichtlich ins Blaue hinein abgegeben werde. Obwohl die Klägerin unstreitig mit anwaltlichen Schreiben vom 01.08.2000 die Beklagte zur Zahlung aufgefordert hatte, wurde ihr mit Schreiben vom 09.08.2000 nochmals mitgeteilt, ein Posteingang ihrerseits sei nicht zu verzeichnen. Dies spricht dafür, dass die Beklagte über ihren Schriftverkehr keinen Oberblick hat.

Der Anspruch besteht mindestens in Höhe der geltend gemachten Teilforderung. Ob er darüber hinaus in Höhe von 20.000,00 DM besteht, oder ob Depotkosten abzuziehen sind, kann dahinstehen.

Die Zinsforderung ist aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB begründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 Satz 1 ZPO.