Anfechtung der "elektronischen Willenserklärung" (alter Datenbestand)


AG Frankfurt/Main, Urteil v. 13.6.1989


Fundstellen:

NJW-RR 1990, 116 f



Zentralproblem des Falles:

Abgrenzung des Erklärungsirrtums vom (unbeachtlichen) Motivirrtum. Richtigerweise darf es keinen Unterschied machen, ob ein sich ein Verkäufer einer veralteten Preisliste bedient (Motivirrtum, vgl. nur LG Bremen NJW 1992,  915 mit Rezensionsaufsatz Habersack JuS 1992, 548), oder ob dieser Fehler einem Computer "unterläuft".
S. dazu auch Übungsfall Nr. 6 zu §§ 10 - 13 des Grundkurs BGB I.


Zum Sachverhalt:

Der Kl. erhielt von dem bekl. Reiseveranstalter eine Bestätigung seiner Buchung für ein Ferienhaus zu einem wöchentlichen Mietpreis von 777 DM, wie er auch im Katalog angegeben war. Eine Woche später übersandte die Bekl. eine Reisebestätigung mit einem wöchentlichen Mietpreis von 1554 DM. Der Kl. hat Klage auf Feststellung erhoben, daß der Vertrag mit einem Mietpreis, wie zunächst bestätigt, zustande gekommen sei und hatte Erfolg.

Aus den Gründen:

Der Kl. hat einen Anspruch auf Feststellung, daß die ursprüngliche Reisebestätigung vom 21. 11. 1988 wirksam ist.
Nach Ansicht des Gerichts handelt es sich bei der Angabe des wöchentlichen Mietpreises von 777 DM in der Reisebestätigung/Rechnung vom 21. 11. 1988 nicht um einen Erklärungsirrtum, sondern unbeachtlichen Motivirrtum in Form des Kalkulationsirrtums. Hierbei geht das Gericht zunächst einmal davon aus, daß die Reisebestätigung/Rechnung vom 21. 11. 1988 von der Bekl. im automatisierten Verfahren erstellt wurde, der Computer also anhand der eingegebenen Nummer des gebuchten Objekts - hier 60432 - und des Reisezeitraums den jeweiligen Reisepreis selbständig ermittelt und ausdruckt. Die im Einklang mit den Preisangaben des Katalogs der Bekl. stehende Bestätigung eines wöchentlichen Mietpreises von 777 DM konnte daher nicht auf einer Fehlbedienung des Computers oder einer fehlerhaften Eingabe der Buchungsdaten, sondern allein auf der Verwendung fehlerhaften Datenmaterials beruhen. Dies stellt aber lediglich einen unbeachtlichen Motivirrtum dar (vgl. auch Palandt-Heinrichs, BGB, 48. Aufl. (1989), § 119 Anm. 4). Die Bestätigung des Mietpreises durch den Computer erfolgt aufgrund des seinem Berechnungsprogramm zugrundeliegenden Datenmaterials. Anhand dieses Datenmaterials errechnet der Computer den jeweiligen Preis, teilt dem Kunden - mittels der ausgedruckten Reisebestätigung - aber nur das Ergebnis seiner Berechnung mit. Werden den - internen - Berechnungen des Computers daher falsche Preise zugrunde gelegt, stellen die entsprechenden Fehler der Berechnungen nur einen Motivirrtum dar, der grundsätzlich unbeachtlich ist und zu einer Anfechtung der Reisebestätigung nicht berechtigt.
Im vorliegenden Fall handelt es sich nach Ansicht des Gerichts auch nicht um einen sogenannten externen oder offenen Kalkulationsirrtum. (Wird ausgeführt.)



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