Berufung gegen 2. Versäumnisurteil bei vorangegangenem Mahnverfahren

BGH, Urteil v. 25.10.1990  - IX ZR 62/90 (Celle)


Fundstellen:

BGHZ 112, 367
NJW 1991, 43
LM § 513 ZPO Nr. 10
MDR 1991, 146
JZ 1991, 826 mit Anm. Vollkommer
WM 1991, 340
FamRZ 1991, 683
LM H. 31/1991 § 513 ZPO Nr. 10
ZZP 105 (1992) S. 79 ff mit Anm. Schreiber



Amtl. Leitsatz:

Die Berufung gegen ein nach Erlaß eines Vollstreckungsbescheids ergangenes zweites Versäumnisurteil kann auch darauf gestützt werden, daß die Klage im Zeitpunkt der Entscheidung über den Einspruch unzulässig oder unschlüssig gewesen sei.



Zum Sachverhalt:

Die Parteien sind getrennt lebende Eheleute. Die Kl. hat gegen den Bekl. einen Mahnbescheid, gegen den er Widerspruch nicht eingelegt hat, und einen Vollstreckungsbescheid über einen wie folgt umschriebenen Anspruch erwirkt: "Teilbetrag in Höhe von DM 90000 für folgende von der Ast. geleisteten und vom Ag. zu erstattenden Zahlungen: 1) Reduzierung des Soll-Saldos des Ag. bei der D-Bank; 2) Instandsetzung des Pkw des Ag.; 3) Rentenversicherung des Ag. bei der BfA von April 1982 bis Juni 1987; 4) Krankenversicherung des Ag. von April 1982 bis Juli 1987; 5) für Familienunterhalt April 1982 bis Dezember 1987 gem. Anwaltsschreiben vom 25. 3. 1988." Gegen den Vollstreckungsbescheid hat der Bekl. rechtzeitig Einspruch eingelegt. Nach Abgabe der Sache an das LG hat die Kl. die Klageforderung mit Schriftsatz vom 28. 11. 1988 wie folgt begründet: Seit Jahren unterhalte der Bekl. ein Girokonto, für das sie sich gegenüber der Bank verbürgt habe. In ihrer Eigenschaft als Bürgin habe sie im Jahre 1982 40000 DM, im Jahre 1987 13000 DM und im Jahre 1988 zum Ausgleich des Sollsaldos per 18. 2. 1988 einen Betrag von 118854 DM für den Bekl. gezahlt. Das Soll des Bekl. sei unter anderem aus Überweisungen beziehungsweise Abbuchungen  entstanden, die allein ihn betroffen hätten. Das gelte etwa für Rentenversicherungsbeiträge für die Zeit von April 1982 bis Juni 1987 in Höhe von 23460 DM, für Krankenversicherungsbeiträge von April 1982 bis Oktober 1986 in Höhe von 16578 DM und für Krankenversicherungsbeiträge von November 1986 bis Juli 1987 in Höhe von 1808 DM, insgesamt 41846 DM. Diese und die Hälfte des restlichen von ihr gezahlten Betrages von (171854 DM - 41846 DM = ) 130008 DM habe der Bekl. zu erstatten, so daß sich ihre Gesamtforderung auf mindestens (65004 DM + 41846 DM =) 106850 DM stelle. Davon mache sie gegenwärtig nur 90000 DM geltend.
In der mündlichen Verhandlung war der ordnungsgemäß geladene und erschienene Bekl. anwaltlich nicht vertreten. Auf Antrag der Kl. hat das LG den Einspruch des Bekl. durch "Zweites Versäumnisurteil" verworfen. Die Berufung hat das OLG als unzulässig verworfen. Die Revision des Bekl., mit der er Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LG begehrt, blieb ohne Erfolg.

Aus den Gründen:

I. Das OLG hat die Berufung für unzulässig gehalten. Es fehle an dem Vortrag, ein Fall der Säumnis habe nicht vorgelegen.
Der ordnungsgemäß geladene und über den Anwaltszwang belehrte Bekl. sei in der mündlichen Verhandlung aus ihm anzulastenden Gründen anwaltlich nicht vertreten gewesen. Der Erlaß des Vollstreckungsbescheids sei ohne Verfahrensverstoß erfolgt, weil der Bekl. Widerspruch gegen den Mahnbescheid nicht eingelegt habe. Der Erlaß eines zweiten Versäumnisurteils sei auch nicht wegen einer nach Erlaß des Vollstreckungsbescheids eingetretenen Klageänderung unzulässig. Das LG habe der Kl. nicht einen anderen prozessualen Anspruch zuerkannt. Daß das zweite Versäumnisurteil mangels Schlüssigkeit nicht hätte ergehen dürfen, könne mit der Berufung nach § 513 II ZPO nicht geltend gemacht werden. Im übrigen sei das Klagevorbringen schlüssig.
II. Die Berufung ist entgegen der Auffassung des OLG zulässig. Nach § 513 II 1 ZPO unterliegt ein Versäumnisurteil, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, der Berufung insoweit, als sie darauf gestützt wird, daß der Fall der Versäumung nicht vorgelegen habe. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.
1. Dem Bekl. stand gegen das mit der Berufung angegriffene "Zweite Versäumnisurteil", durch das der Einspruch des Bekl. gegen den Vollstreckungsbescheid verworfen wurde, gem. §§ 700 I, 345 ZPO der Einspruch nicht zu. Das Urteil ist entsprechend seiner Bezeichnung als zweites Versäumnisurteil anzusehen, gegen das nur das Rechtsmittel der Berufung in Betracht kam. Insbesondere ist das Vorbringen der Kl. nach Abgabe der Sache an das LG gegenüber der Umschreibung ihres Anspruchs im Mahn- und im Vollstreckungsbescheid nicht als Klageänderung oder Klageerweiterung zu werten mit der Folge, daß es sich bei dem Urteil trotz seiner Bezeichnung in Wahrheit ganz (Klageänderung) oder teilweise (Klageerweiterung) um ein erstes Versäumnisurteil handelte (vgl. dazu Baumbach-Lauterbach-Hartmann, ZPO, 48. Aufl., § 345 Anm. 1A; Stein-Jonas-Schumann, ZPO, 20. Aufl., § 345 Rdnr. 7 Fußn. 7a; Zöller-Stephan, ZPO, 15. Aufl., § 345 Rdnr. 6; auch OLG Köln, NJW-RR 1988, 701). In dem Antrag auf Erlaß eines Mahn- und eines Vollstreckungsbescheids war der Teilanspruch von 90000 DM bei isolierter Betrachtung der unter Nr. 1 zu seiner Individualisierung angegebenen Begründung - "Reduzierung des Sollsaldos des Antragsgegners bei der Dresdner Bank" - hinreichend bezeichnet (§ 690 I Nr. 3 ZPO). Aus der Begründung war zu entnehmen, daß die Kl. Forderungen der Bank gegen den Bekl. aus dessen Sollsaldo beglichen habe und nunmehr einen Erstattungsanspruch gegen den Bekl. in einer bestimmten Höhe geltend mache. Eine nähere Angabe des Rechtsgrundes, aus dem der Erstattungsanspruch  hergeleitet wurde - etwa Auftrag, Geschäftsführung ohne Auftrag, Bürgschaft -, war zu seiner Individualisierung nicht geboten. Der Anspruch konnte "über einen Vollstreckungsbescheid Grundlage eines Vollstreckungstitels werden" (BT-Dr 7/5250, S. 13). Sämtliche Rechtsgründe wären von der materiellen Rechtskraft eines Vollstreckungsbescheids erfaßt worden. Freilich hat die Kl. den Antrag auf vier weitere Ansprüche aus unterschiedlichen Lebenssachverhalten gestützt, ohne eine Aufteilung der Teilforderung auf diese Ansprüche vorzunehmen. Eine daraus folgende Unzulässigkeit der Anträge auf Erlaß von Mahnbescheid und Vollstreckungsbescheid (vgl. BGHZ 11, 192 (194) = NJW 1954, 757 = LM § 253 ZPO Nr. 8; BGH, LM § 253 ZPO Nr. 24; NJW 1984, 2346 (2347) = LM § 209 BGB Nr. 49) änderte jedoch an der hinreichenden Individualisierung nichts. Mahn- und Vollstreckungsbescheid ließen die Möglichkeit offen, die gesamte Teilforderung solle in Eventualstellung auf jeden der angeführten fünf Ansprüche gestützt werden (vgl. BGH, LM § 253 ZPO Nr. 7; BGHZ 11, 192 (194) = NJW 1954, 757 = LM § 253 ZPO Nr. 8). Deshalb ist jeder  dieser Ansprüche, namentlich der in Nr. 1 angeführte, in Höhe der geltend gemachten Teilforderung zum Gegenstand des Verfahrens geworden (vgl. Zöller-Stephan, § 260 Rdnr. 4), auch wenn im Mahnverfahren die hilfsweise Geltendmachung von Ansprüchen unzulässig sein sollte (vgl. Thomas-Putzo, ZPO, 15. Aufl., § 690 Anm. 2c). Die nähere Begründung im Schriftsatz vom 28. 11. 1988 machte klar, daß die Teilforderung jedenfalls in erster Linie auf den Anspruch zu Nr. 1 (Reduzierung des Sollsaldos) gestützt werden sollte. Ein neuer Streitstoff, der das Klagebegehren auf eine von der bisherigen verschiedene Grundlage gestellt und deshalb den Erlaß eines zweiten Versäumnisurteils verhindert hätte, wurde damit nicht unterbreitet, so daß - weil ein Widerspruch gegen den Mahnbescheid anders als in den Fällen BGHZ 73, 87 = NJW 1979, 658 = LM § 345 ZPO Nr. 3 und BGH, NJW 1982, 888 = LM § 694 ZPO Nr. 1 = WM 1982, 601 nicht eingelegt worden war - grundsätzlich ein zweites Versäumnisurteil ergehen konnte.
2. Mit der Berufung gegen dieses zweite Versäumnisurteil konnte der Bekl. geltend machen, das Klagebegehren sei im Zeitpunkt der Entscheidung über den Einspruch prozessual unzulässig oder nicht schlüssig gewesen. Auch dann hätte "der Fall der Versäumung" nicht vorgelegen. Diese weite Auslegung des § 513 II 1 ZPO ergibt sich aus dem dieser Norm zugrundeliegenden Rechtsgedanken eines Gleichlaufs von Prüfungsumfang und -pflicht des Einspruchsrichters einerseits und Berufungsfähigkeit eines zweiten Versäumnisurteils andererseits.
a) Der Richter, der über den Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid entscheidet, muß auch bei einem vom Bekl. zu vertretenden Nichterscheinen oder Nichtverhandeln sämtliche prozessualen und sachlichen Voraussetzungen eines Versäumnisurteils prüfen. Dies folgt aus § 700 III 3 Halbs. 1 ZPO. Danach darf der Einspruch nach § 345 ZPO nur verworfen werden, soweit die Voraussetzungen des § 331 I, II Halbs. 1 ZPO für ein Versäumnisurteil vorliegen. Nach diesen Vorschriften setzt der Erlaß eines (ersten) Versäumnisurteils außer einem darauf gerichteten - hier ausweislich des Terminsprotokolls gestellten - Antrag und dem Nichterscheinen oder Nichtverhandeln (§ 333 ZPO) des Bekl. die Schlüssigkeit der Klage und weiter voraus, daß sämtliche Prozeßvoraussetzungen für eine Sachentscheidung gegeben sind (BGHZ 73, 87 (90) = NJW 1979, 658 = LM § 345 ZPO Nr. 3; BGH, NJW-RR 1986, 1041 = LM § 13 UWG Nr. 42 = GRUR  1986, 678; Baur, ZPR, 6. Aufl., Rdnr. 157; Baumbach-Lauterbach-Hartmann, § 331 Anm. 3 B a; Stein-Jonas-Schumann, § 331 Rdnr. 13; Thomas-Putzo, § 331 Anm. 1).
b) § 513 II 1 ZPO ist ungeachtet seines Wortlauts dahin zu verstehen, daß er die Überprüfung eines zweiten Versäumnisurteils auf das Vorhandensein sämtlicher Umstände ermöglicht, die der Einspruchsrichter zu prüfen hat. Danach liegt "der Fall der Versäumung" nicht vor, wenn das zweite Versäumnisurteil - aus welchen Gründen auch immer - nicht (oder nicht so) ergehen durfte. Auf dieser Vorstellung einer Parallelität von Prüfungspflicht und Rechtsmittelfähigkeit beruhen auch die Entscheidungen des III. Zivilsenats in BGHZ 73, 87 (92 f.) = NJW 1979, 658 = LM § 345 ZPO Nr. 3 und vom 19. 11. 1981, NJW 1982, 888 = LM § 694 ZPO Nr. 1 - freilich für den Sonderfall, daß ein Vollstreckungsbescheid trotz rechtzeitig eingelegten Widerspruchs ergangen ist. § 513 II 1 ZPO ist aufs engste mit § 345 ZPO verknüpft. Dieser Vorschrift lag ursprünglich die vielfach noch heute vertretene Auffassung zugrunde, vor Erlaß eines beantragten zweiten Versäumnisurteils sei lediglich das Nichterscheinen oder Nichtverhandeln des Beklagten im Termin über den Einspruch zu prüfen (vgl. Begründung zu § 300 des Entwurfs  einer Zivilprozeßordnung bei Hahn, Die Materialien zu den Reichsjustizgesetzen II, S. 298; v. Wilmowski-Levy, Civilprozeßordnung, 6. Aufl. (1892), § 310 Anm. 3; Seuffert-Walsmann, ZPO, 12. Aufl. (1932), § 345 Anm. 1a; Rosenberg-Schwab, ZPR, 14. Aufl., S. 664 und die weiteren Nachw. in BAGE 23, 92 (95) = NJW 1971, 1198; BAGE 25, 475 (478) = NJW 1974, 1103 sowie bei Hoyer, Das technisch zweite Versäumnisurteil, S. 124; Vollkommer, Anm. in AP § 345 ZPO Nr. 3; Grunsky, Anm. in AP § 345 ZPO Nr. 4). Bei einem so verstandenen Prüfungsumfang des Einspruchsrichters erscheint es folgerichtig, auch die Möglichkeit der Berufung auf die Frage zu beschränken, ob der von dem Einspruchsrichter allein zu prüfende Fall der mit dem Nichterscheinen und Nichtverhandeln gleichzusetzenden "Versäumung" von ihm zu Recht angenommen wurde. Dementsprechend heißt es in der Begründung zu § 479 des Entwurfs einer Zivilprozeßordnung, die Berufung gegen ein Versäumnisurteil könne nur dessen Zulässigkeit betreffen; wenn das Urteil des BerGer. sich auch auf andere Streitpunkte als die in erster Instanz entschiedenen erstreckte, würde der Gegenstand des Rechtsstreits in zweiter Instanz ein ganz anderer sein als in erster  Instanz (vgl. Hahn, S. 359).
Weil das Gesetz bei vorausgegangenem Vollstreckungsbescheid die Prüfungspflicht erweitert hat, verliert die Beschränkung der Berufung auf die Überprüfung von Nichterscheinen und Nichtverhandeln die innere Berechtigung. Die Beibehaltung der Beschränkung würde zu einer Rechtsschutzdivergenz führen, die vom Gesetzgeber der Zivilprozeßordnung nicht gesehen und nicht gewollt wurde. Bei der Neufassung des § 700 III 3 ZPO durch die Vereinfachungsnovelle vom 3. 12. 1976 (BGBl I, S. 3281) wurde dieser Problematik keine Beachtung geschenkt. Um ein Auseinanderfallen von Prüfungspflicht und Überprüfung des Einspruchsrichters zu vermeiden, erscheint eine erweiternde Auslegung des § 513 II 1 ZPO unausweichlich. Zutreffend ist darauf hingewiesen worden, daß eine gegenüber früherem Verständnis erweiternde Auslegung des Begriffs der Versäumung zur Vermeidung einer derartigen Divergenz bereits bei der Entwicklung des Säumnisbegriffs zu beobachten ist (vgl. Braun, ZZP 93 (1980), 443 (449 ff.)). Nur bei einem Gleichlauf von Prüfungsbefugnis des Einspruchsrichters und Berufungsmöglichkeit läßt sich auch die teilweise vertretene Auffassung rechtfertigen, die ordnungsgemäße Stellung des Antrags auf Erlaß eines (zweiten) Versäumnisurteils sei in die Überprüfung durch das BerGer. einzubeziehen (vgl. Thomas-Putzo, § 513 Anm. 2c; auch Hoyer, S. 156 ff. zum Standesrechtsverstoß). Der Wortlaut des § 513 II 1 ZPO steht  einer Aufrechterhaltung des Gleichlaufs nicht zwingend entgegen. Er hindert nicht, die Norm entsprechend ihrem Grundgedanken dahin zu verstehen, daß "der Fall der Versäumung" nur dann gegeben ist, wenn wegen der Säumnis des Einspruchsführers ein zweites Versäumnisurteil ergehen durfte, daß er aber auch dann nicht vorliegt, wenn dem Erlaß eines zweiten Versäumnisurteils entgegenstand, daß eine Prozeßvoraussetzung oder die Schlüssigkeit der Klage fehlte (ähnlich bereits BGHZ 73, 87 (92 f.) = NJW 1979, 658 = LM § 345 ZPO Nr. 3 für die dort gegebene Fallgestaltung). Das Anliegen des § 513 II 1 ZPO, die Nachprüfung anders als bei Berufungen gegen streitige Urteile darauf zu beschränken, ob die Voraussetzungen für den Erlaß eines zweiten Versäumnisurteils gegeben waren (vgl. Bericht der Kommission zur Vorbereitung einer Reform der Zivilgerichtsbarkeit 1961, S. 262), wird dadurch nicht in Frage gestellt, sondern bestätigt. Dieses Ergebnis, das in der Rechtsprechung bislang nur vereinzelt vertreten wird (vgl. LAG Hamm, BB 1975, 745 f.; NJW 1981, 887; a. A. OLG Düsseldorf, MDR 1987, 769 f. m. w. Nachw.), entspricht einer breiten  Meinung des Schrifttums (vgl. Ankermann, in: AKZPO, § 513 Rdnr. 6; Braun, ZZP 93, 443 (466 f., 471); Fuchs, NJW 1979, 1306; Hoyer, S. 172 f.; Orlich, NJW 1973, 1349 (1351); 1980, 1782  (1783); E. Peters, JZ 1986, 859 (860); E. Schneider, MDR 1985, 375 (378); Schumann, ZZP 96 (1983), 137 (210 m. Fußn. 273); Zöller-Schneider, § 513 Rdnr. 6).
Die hier vertretene Auffassung steht zu dem Urteil des VIII. Zivilsenats in BGHZ 97, 341 = NJW 1986, 2113 = LM § 345 ZPO Nr. 4 nicht in Widerspruch. Gegenstand dieser Entscheidung war die (verneinte) Frage, ob die Berufung gegen ein zweites Versäumnisurteil, das nach § 345 ZPO in einem Klageverfahren ergangen war, auch darauf gestützt werden könne, daß der Berufungskl. vor Erlaß des ersten Versäumnisurteils nicht säumig gewesen sei. Im Streitfall handelt es sich um die davon verschiedene Frage, ob mit der Berufung gegen ein zweites Versäumnisurteil, das nach vorangegangenem Mahnverfahren erlassen wurde, auch geltend gemacht werden kann, die prozessualen und materiellen Voraussetzungen für ein Versäumnisurteil hätten nicht vorgelegen. Darüber hat der VIII. Zivilsenat nicht befunden. Vielmehr hat er den Meinungsstreit, ob mit der Berufung gem. § 513 II ZPO geltend gemacht werden könne, erstinstanzliche Versäumnisurteile hätten mangels Schlüssigkeit des Klagevorbringens nicht ergehen dürfen, ausdrücklich nicht entschieden. Soweit in dem Beschluß des 2. Senats des BAG vom 30. 1. 1975 in AP § 513 ZPO Nr. 6 m. Anm. Vollkommer eine von der hier vertretenen abweichende Meinung geäußert wird, nötigt dies nicht zur Anrufung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes. Gegenstand der Entscheidung des BAG war ebenfalls nicht die Berufung  gegen ein zweites Versäumnisurteil nach vorangegangenem Mahnverfahren. Entscheidungserheblich war ersichtlich auch hier nur die im Streitfall nicht zur Beurteilung stehende Frage, ob die Berufung gegen ein zweites Versäumnisurteil darauf gestützt werden könne, daß der Fall der Versäumung bei Erlaß des ersten Versäumnisurteils nicht vorgelegen habe.
III. Die Zulässigkeit der Berufung macht das angefochtene Urteil, durch das die Berufung als unzulässig verworfen wurde, unrichtig. Es kann deshalb keinen Bestand haben (§ 564 ZPO). Von einer Zurückverweisung ist abzusehen, weil die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 565 III Nr. 1 ZPO; vgl. BGHZ 46, 281 (284) = NJW 1967, 773 = LM Art. 182 EGBGB Nr. 1; BGH, NJW 1990, 990 = LM EGÜbK Nr. 27 = ZIP 1990, 246 (248)).
Das LG hat den Einspruch mit Recht verworfen. Der Begründung im Schriftsatz vom 18. 11. 1988 ist zu entnehmen, daß die Klage jedenfalls in erster Linie - wenn nicht ausschließlich - auf den Gesichtspunkt der "Reduzierung des Sollsaldos" gestützt werde. Damit wurde die Klage in bezug auf diesen Anspruch zulässig. Dies durfte und mußte das LG bei der Entscheidung über den Einspruch berücksichtigen. Verfahrensfehler bei Erlaß des Mahn- und/oder des Vollstreckungsbescheids stehen einer materiellen Entscheidung über den Anspruch nicht entgegen, wenn sie zwischenzeitlich behoben wurden (vgl. § 335 I 1 ZPO). Auf derart behobene Verfahrensfehler kann die Berufung gegen ein zweites Versäumnisurteil nicht mit Erfolg gestützt werden. Das Vorbringen der Kl. im Schriftsatz vom 28. 11. 1988 läßt den Schluß darauf zu, daß ihr ein Anspruch in der geltend gemachten Höhe gegen den Bekl. zustehe. Dies hat bereits das BerGer. in einer Hilfserwägung zutreffend ausgeführt. Auch die Revision zieht es nicht in Zweifel.


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