BGHZ 115, 32
NJW 1991, 2418
Vgl. auch BGH NJW 1993,
923 sowie BGHZ 133, 155.
Zur Neuregelung vgl. die Anmerkung zu
BGH NJW 2002, 816.
Werden bei einem Einbruchsdiebstahl infolge Mangelhaftigkeit der Überwachungsanlage Gegenstände aus dem gesicherten Raum entwendet, so handelt es sich um einen »weiteren« Mangelfolgeschaden, der nicht der kurzen Verjährung nach § 638 BGB unterliegt.
Aus den Gründen:
I.
1. Nach den tatrichterlichen Feststellungen des
Berufungsgerichts schuldete die Beklagte im Rahmen des mit der K. oHG abgeschlossenen
Werkvertrages die Planung und Installierung einer Anlage zur Absicherung
der in den beiden Schaufenstern liegenden Wertgegenstände. Nach den
weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts wies die von der Beklagten
erbrachte Leistung jedoch zwei wesentliche Mängel auf, die auch für
die Entstehung des Einbruchsschadens ursächlich waren. So hätte
in der beweglichen Vitrine nur der Sender und nicht der Empfänger
der Ultronenschranke installiert werden dürfen; dann wäre es
schon bei geringer Verschiebung der Vitrine zu einer Auslösung des
Alarms gekommen. Und ferner sei es fehlerhaft gewesen, daß die Schiebetür
mit einfachen mechanischen Mitteln zu einem ausreichenden Durchschlupf
geöffnet werden konnte. Das Berufungsgericht nimmt an, daß sich
hieraus an sich ein Schadensersatzanspruch gegenüber der Beklagten
ergebe. Es hält die Klageforderung jedoch wegen Ablaufs der Fünf-Jahres-
Frist nach § 638 BGB für verjährt und führt dazu unter
Berufung auf eine in NJW-RR 1988,85 veröffentlichte Entscheidung eines
anderen Senats desselben Gerichts im wesentlichen aus: Die Mangelhaftigkeit
der Einbruchsicherung sei Verletzung einer Hauptpflicht. Der in Streit
stehende Schaden sei unmittelbar durch die Mängel des Werks verursacht
worden und hänge mit ihnen zusammen. Es handele sich daher nicht um
Schadenersatzansprüche aus positiver Vertragsverletzung, sondern um
Mängelansprüche im Sinne der §§ 635 ff. BGB, die der
kurzen Verjährung des § 638 BGB unterlägen.
2. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts
werden von der Revision zu Recht als fehlerhaft angegriffen. Die Voraussetzungen
für eine Anwendung der Verjährungsregelung des § 638 BGB
sind nicht gegeben.
Nach der insbesondere vom VII. Zivilsenat vertretenen
ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die sich auch der
erkennende Senat zu eigen macht (vgl. bereits Senatsentscheidung vom 13.
Mai 1986 - BGHZ 98,45), ist im Rahmen der §§ 635,638 BGB von
einem engen Schadensbegriff auszugehen. Es ist hier im Prinzip nur der
sogenannte Mangelschaden geregelt, der dem hergestellten Werk »unmittelbar«
anhaftet, nicht aber der sogenannte Mangelfolgeschaden, der zwar auch kausal
durch einen Mangel bedingt ist, aber erst durch Hinzutritt eines weiteren
Ereignisses und an weiteren Rechtsgütern realisiert wird. Letzterer
ist grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln der positiven Vertragsverletzung
zu behandeln; der entsprechende Ersatzanspruch unterliegt der regelmäßigen
Verjährungsfrist von 30 Jahren (§ 195 BGB). Die Abgrenzung zwischen
Mangelschaden und Mangelfolgeschaden kann nicht nach der - in beiden Fällen
erforderlichen - Kausalität, sondern nur nach dem »lokalen«
Zusammenhang erfolgen; es ist vor allem danach zu fragen, wo sich der Schaden
verwirklicht hat, ob am Werk selbst oder an anderen Rechtsgütern (BGH,
Urteil vom 20. Januar 1972 - BGHZ 58,85 -; Anmerkung von Doerry bei LM
BGB § 638 Nr. 30).
Das ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
stets berücksichtigt worden, wenn es darum ging, von den »normalen«
oder sogenannten »weiteren« Mangelfolgeschäden solche
»nahen« oder »nächsten« Mangelfolgeschäden
abzugrenzen, die, ebenso wie unmittelbare Mangelschäden, der kurzen
Verjährung des § 638 BGB unterworfen werden. Eine über ihren
eigentlichen Regelungsbereich hinausgehende Anwendung des § 638 BGB
auf bestimmte nahe Folgeschäden kommt nur ausnahmsweise und nur insoweit
in Betracht, wie es nach dem auf eine angemessene Risikoverteilung zielenden
Gesetzeszweck erforderlich erscheint. Dabei ist ein enger Zusammenhang
zwischen Mangel und Schaden erforderlich, der jedoch - wie bei der Abgrenzung
gegenüber reinen Mangelschäden - wiederum in erster Linie nicht
nach kausalen, sondern nach »lokalen« Kriterien zu ermitteln
ist. Dabei ist im Interesse der Rechtssicherheit zur leichteren Abgrenzung
eine gewisse Typenbildung geboten (BGH, Urteile vom 10. Juni 1976 - BGHZ
67,1 -; vom 5. Mai 1983 - BGHZ 87,239; und vom 13. Mai 1986 - BGHZ 98,45
-; Doerry aaO).
Zur Einordnung der durch ein mangelhaftes Sicherheitssystem
bedingten Schäden hat die höchstrichterliche Rechtsprechung bisher
noch nicht Stellung genommen. Eine Prüfung nach den vorstehend dargestellten
Kriterien ergibt, daß es nicht gerechtfertigt ist, auch solche Schäden
wie unmittelbare Mangelschäden zu behandeln und der kurzen Verjährungsfrist
des § 638 BGB zu unterwerfen.
Einen unter § 638 BGB fallenden nahen Folgeschaden
hat die Rechtsprechung vor allem bei Planungs- und Prüfungsfehlern
angenommen, wenn sich die Planung oder Prüfung bestimmungsgemäß
in einem bestimmten weiteren Werk verkörpern sollte und die Mängel
der Planung oder Prüfung erst in diesem weiteren Werk in Erscheinung
traten. Das gilt für Planungsfehler eines Architekten (BGHZ 37,344),
Berechnungsfehler eines Statikers (BGHZ 48,257 und 58,85), mangelhafte
Baugrunduntersuchungen (BGHZ 72,257) und Mängel eines für eine
Gebäudesanierung erstellten Gutachtens (BGH JR 1988, 197). Mit solchen
Fällen ist der vorliegende Fall jedoch nicht vergleichbar. Die Planung
und Einrichtung der Sicherungsanlage fand ihre Verkörperung in dem
Ladenlokal selbst, nicht aber in den dort jeweils gelagerten Wertgegenständen.
Es fehlt daher an dem von der Rechtsprechung geforderten »engen«
Zusammenhang zwischen Werkmangel und Folgeschaden. Auch unter dem Gesichtspunkt
einer angemessenen Risikoverteilung wäre die Anwendung der kurzen
Verjährungsfrist des § 638 BGB nicht gerechtfertigt, da der Auftraggeber
die Mängel einer Sicherungsanlage typischerweise erst dann erkennen
kann, wenn einmal ausnahmsweise und meist erst nach vielen Jahren der Fall
eintritt, daß sich ein Dieb Zutritt zu dem gesicherten Objekt verschafft
und daß es diesem gelingt, die Schwachstellen des Sicherungssystems
auszunutzen.
Entgegen der von der Beklagten vertretenen Ansicht
ist der vorstehende Fall auch nicht mit dem im Urteil des Senats vom 13.
Mai 1986 - BGHZ 98,45 - behandelten Fall eines auf mangelhaften Ölwechsel
zurückzuführenden Motorschadens zu vergleichen. Ein Ölwechsel
hat von vornherein eine - auch »lokale« - eindeutige Zuordnung
zu einem ganz bestimmten Motor. Ein mangelhafter Ölwechsel muß
sich fast zwangsläufig und in kurzer Zeit auch in einem Schaden des
Motors auswirken. Solche Umstände sind in Fällen der hier zu
entscheidenden Art gerade nicht gegeben.
In Fällen fehlerhafter Gutachten und Schätzungen
hat es der Bundesgerichtshof grundsätzlich abgelehnt, die kurze Verjährungsfrist
des § 638 BGB auch auf die durch Mängel des Gutachtens bedingten
Vermögensschäden anzuwenden. Er hat insoweit den erforderlichen
engen Zusammenhang verneint und dem Umstand keine entscheidenden Bedeutung
beigemessen, daß das Gutachten gerade dazu dienen sollte, einen durch
unrichtige Wertschätzung bedingten späteren Vermögensschaden
zu vermeiden, und daß die Gutachter mit ihrer Fehlbeurteilung eine
Hauptpflicht verletzen. Andererseits hat der Bundesgerichtshof im Sinne
sachgerechter Interessenabwägung berücksichtigt, daß in
solchen Fällen die durch Werkmängel bedingten Schäden regelmäßig
erst nach langer Zeit in Erscheinung treten und daß daher auch der
Gutachter billigerweise damit rechnen muß, noch lange Zeit nach Ablauf
der für solche Fälle nicht gedachten kurzen Verjährungsfrist
des § 638 BGB in Anspruch genommen zu werden (Urteile vom 10. Juni
1976 - BGHZ 67,1 - und vom 5. Mai 1983 - BGHZ 87,239). In der letztgenannten
Entscheidung hat der Bundesgerichtshof zusätzlich darauf hingewiesen,
daß das Gutachten (dort: Tierärztliche Ankaufsuntersuchung)
nicht nur einer ganz bestimmten Vermögensdisposition zugeordnet war,
sondern auch für weitere Fälle verwendet werden konnte, so daß
schon aus diesem Grunde der erforderliche enge Zusammenhang zu verneinen
war.
Alle diese Gesichtspunkte sind in gleicher Weise
auch für die vorliegende Fallgestaltung eines durch mangelhafte Sicherungsmaßnahmen
bedingten Einbruchsschadens zu berücksichtigen und zu bewerten mit
dem Ergebnis, daß auch hier die - bei Mangelfolgeschäden nur
ausnahmsweise in Betracht kommende - kurze Verjährung des § 638
BGB nicht gilt.
II.
Das angefochtene Urteil kann auch nicht aus anderen
Gründen Bestand haben ...