Recht
zum Besitz als "sonstiges Recht" i.S.v. § 823 I BGB, Haftung für
Vorenthaltung der Gebrauchsmöglichkeit, Rechtswidrigkeit von Demonstrationsblockaden
BGH, Urteil v. 04.11.1997 - VI ZR 348/96
(Dresden)
1. Eine - nicht nur kurzfristige (hier:
zweitägige) - Blockade des Einsatzes von Baumaschinen durch eine Protestdemonstration
kann einen rechtswidrigen und schuldhaften Eingriff in den berechtigten
Besitz der Bauunternehmen darstellen und zum Ersatz des durch den Ausfall
der Nutzung der Baumaschinen entstandenen Schadens verpflichten. 2. Derartige Blockademaßnahmen
sind nicht vom Grundrecht der Versammlungsfreiheit gedeckt und daher rechtswidrig,
wenn sie durch zielgerichtete Anwendung unmittelbaren, sei es auch nur
psychischen Zwangs den bestimmungsgemäßen Einsatz der Baumaschinen
verhindern sollen. 3. Für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit
solchen Vorgehens können grundsätzlich auch dann keine Besonderheiten
gelten, wenn es um Ereignisse geht, die wenige Monate nach der Wiedervereinigung
Deutschlands in den neuen Bundesländern stattgefunden haben. 4. Zu den Voraussetzungen einer haftungsrechtlich
verantwortlichen Beteiligung von Teilnehmern einer Protestdemonstration
an rechtswidrigen Eingriffen in Rechtsgüter Dritter gem. § 830I1
und II BGB. 5. Auf der Grundlage der DDR-Kommunalverfassung
1990 konnte der Bürgermeister als Vertreter der Gemeinde in zulässiger
Weise eine Schadensersatzklage gegen Dritte erheben, ohne daß es
auf die gesetzliche Aufgabenverteilung zwischen Gemeindevertretung und
Bürgermeister ankam.
Sachverhalt:
Die Kl., eine im Freistaat Sachsen gelegene Gemeinde,
nimmt die Bekl. auf Ersatz von Schäden in Anspruch, die durch rechtswidrige
Behinderung von Erschließungsarbeiten entstanden seien. Die Kl. plante
kurz nach der Wiedervereinigung Deutschlands die Errichtung eines Gewerbeparks
auf von ihr erworbenen Grundstücken im Gemeindegebiet. Gegen dieses
Vorhaben wandte sich eine Bürgerinitiative. Die Kl. schloß hinsichtlich
der für den Gewerbepark vorgesehenen Grundstücke einen Erschließungsvertrag
mit dem Architekten H, der seinerseits die S-Bauunternehmung GmbH &
Co KG sowie die A-GmbH & Co KG (künftig: Bauunternehmen) mit der
Durchführung der Erschließungsarbeiten beauftragte. Nachdem
seitens des zuständigen Regierungspräsidiums und des Sächsischen
Staatsministeriums für Wirtschaft und Arbeit die vorzeitige Herstellung
der Erschließungsanlagen und der Baubeginn genehmigt worden waren,
sollten am Morgen des 22.4. 1991 Mitarbeiter der Bauunternehmen die Erschließungsmaßnahmen
in Angriff nehmen. Jedenfalls am 22.4., nach der Behauptung der Kl. auch
am 23.4. 1991 kam es hierbei zu Behinderungen durch Demonstranten aus dem
Kreis der Bürgerinitiative. Die Kl. wirft den Bekl. vor, sie seien
an den Demonstrationen beteiligt gewesen und hätten zusammen mit weiteren
Anwesenden aufgrund vorgefaßter Absicht die Durchführung der
geplanten Erschließungsarbeiten an beiden Tagen verhindert. Die Bauunternehmen
hätten einen hierdurch entstandenen Schaden in Höhe von 62909,66DM
in Rechnung gestellt, der seitens der Kl. beglichen worden sei. Die Bekl.
seien zum Ersatz dieses Betrages verpflichtet; vorsorglich habe sich die
Kl. diesbezügliche Ansprüche der Bauunternehmen abtreten lassen.
Das KreisG hat die - neben dem Zahlungsanspruch
noch ein Unterlassungsbegehren umfassende - Klage abgewiesen. Mit ihrer
- gegenüber dem Bekl. zu 4 zurückgenommenen - Berufung hat die
Kl. nur noch ihre Zahlungsklage weiterverfolgt. Diese hat das BerGer. im
angefochtenen Teil- und Grundurteil in Höhe von 7725,74DM abgewiesen
und im übrigen gegen die Bekl. zu 1-3 und zu 5 dem Grunde nach für
gerechtfertigt erklärt. Mit ihrer (zugelassenen) Revision begehren
die Bekl. Klageabweisung in vollem Umfang. Die Revision führte zur
Aufhebung und zur Zurückverweisung der Sache an das BerGer.
Aus den Gründen:
I. Das BerGer. ist der Auffassung, daß der
Kl. - soweit die Klage nicht im Berufungsrechtszug abgewiesen worden ist
- der geltend gemachte Ersatzanspruch gegen die Bekl. zu 1-3 und zu 5 dem
Grunde nach entweder aus unerlaubter Handlung oder aus ungerechtfertigter
Bereicherung zustehe. Es könne offenbleiben, ob die Kl. den von den
Bauunternehmen in Rechnung gestellten Betrag beglichen habe. Sei dies der
Fall, könne sie, da sie dann gem. § 267 I BGB als Dritte auf
eine gegen die Bekl. gerichtete Schadensersatzforderung eine Leistung erbracht
habe, diese bei den Bekl. kondizieren. Habe die Kl. hingegen die Zahlung
nicht erbracht, könne sie die Klageforderung jedenfalls auf die ihr
seitens der Bauunternehmen rechtswirksam abgetretenen deliktischen Schadensersatzansprüche
gegen die Bekl. stützen.
Die Bekl. zu 1-3 und zu 5 hätten in rechtswidriger
und schuldhafter Weise in ein geschütztes Rechtsgut der Bauunternehmen,
nämlich deren berechtigten Besitz an den Baumaschinen eingegriffen;
auch die Gebrauchsverhinderung stelle insoweit eine relevante Beeinträchtigung
des durch § 823 I BGB geschützten Rechtsgutes dar. Ziel der von
den Mitgliedern der Bürgerinitiative am Morgen des 22.4. 1991 begonnenen
Versammlung sei die Verhinderung der Bauarbeiten gewesen. Dieses Vorgehen
sei bis in den Nachmittag des 23.4. 1991 fortgesetzt und erst beendet worden,
als der Bürgerinitiative anläßlich eines Gesprächs
um 16 Uhr im Bürgermeisteramt Einsicht in die Genehmigungsunterlagen
gewährt worden sei. Die Versammlung habe zu einer zweitägigen
Blockade der Baumaschinen geführt, da sich Teilnehmer ständig
so in deren Nähe aufgehalten hätten, daß eine gefahrlose
Inbetriebnahme nicht möglich gewesen sei. Diese Blockademaßnahmen
seien rechtswidrig, insbesondere nicht durch die Grundrechtsausübung
der Beteiligten aus Art.5I GG und aus Art.8 GG gedeckt gewesen. Für
die aus der Rechtsgutverletzung resultierenden Schäden seien die Bekl.
zu 1-3 und zu 5 als Mittäter oder Gehilfen verantwortlich. Alle diese
Bekl. seien mindestens zeitweilig anwesend gewesen und hätten die
Blockademaßnahmen gebilligt und unterstützt. Sie müßten
sich daher die gesamte Behinderung an beiden Tagen zurechnen lassen. Die
Bekl. zu 3 sei darüber hinaus auch Sprecherin der Versammlungsteilnehmer
gewesen, die Bekl. zu 1 habe sich durch organisatorische Maßnahmen
wie Telefongespräche mit Behörden etc. für die Ziele der
Versammlung eingesetzt; der Bekl. zu 2 habe durch den Aufenthalt in einer
Baggerschaufel der Presse die Aufnahme eines mit spektakulärer
Aussage versehenen Fotos ermöglicht.
Der Schadensersatzanspruch der Bauunternehmen
erfasse den Nutzungsverlust der Geräte und Baufahrzeuge, dessen Ermittlung
im einzelnen noch weiterer Aufklärung bedürfe; lediglich soweit
von der Kl. zu Unrecht Mehrwertsteuer auf die Schadensbeträge verlangt
werde, sei die Klage abweisungsreif. Ein Mitverschulden an der Schadensentstehung
könne weder den Mitarbeitern der Bauunternehmen noch der Kl. selbst
zur Last gelegt werden.
II. Das Berufungsurteil hält den Angriffen
der Revision der Bekl. zu 1-3 und zu 5 nicht in allem stand. Die Verurteilung
der Bekl. dem Grunde nach wird von den bisherigen, teilweise nicht verfahrensfehlerfrei
getroffenen Feststellungen des BerGer. nicht in rechtlich ausreichender
Weise getragen.
1. Ohne Erfolg rügt die Revision allerdings,
das BerGer. sei in der mündlichen Verhandlung am 28.9. 1994 und am
7.12. 1994 i.S. des § 551 Nr.1 ZPO nicht vorschriftsmäßig
besetzt gewesen, weil in unzulässiger Weise abgeordnete Richter sowie
ein Proberichter mitgewirkt hätten.
a) Zum einen kommt es für die Frage der vorschriftsmäßigen
Besetzung des Gerichts allein auf die letzte mündliche Verhandlung
an, auf welche das Urteil ergangen ist (vgl. BGHZ 10, 130 [132] = NJW 1953,
1392 = LM § 115 GVG Nr.2; BGH, LM § 551 Ziff.1 ZPO Nr.48); die
Besetzung des Gerichts im Rahmen früherer mündlicher Verhandlungen
ist ebensowenig entscheidend wie diejenige bei der Beweisaufnahme oder
der Urteilsverkündung (vgl. Zöller/Gummer, § 551 ZPO Rdnr.2).
Im vorliegenden Fall fand die letzte mündliche Verhandlung des BerGer.,
auf welche das Urteil erging, jedoch erst am 7.8. 1996 statt; für
diesen Zeitpunkt beanstandet auch die Revision die Besetzung des Gerichts
nicht. Dann aber ist im Hinblick auf § 551 Nr.1 ZPO nicht erheblich,
in welcher Weise das BerGer. in der mündlichen Verhandlung (jeweils
mit Beweisaufnahme) am 28.9. 1994 und am 7.12. 1994 besetzt war.
b) Zum anderen widersprach die Besetzung des BerGer.
in den beanstandeten Terminen entgegen der Auffassung der Revision nicht
den hierfür maßgeblichen Vorschriften. Gem. § 3 des Rechtspflege-Anpassungsgesetzes
(seinerzeit i.d.F. vom 26.6. 1992, BGBlI, 1147) waren Vorschriften, welche
die Tätigkeit von Richtern, die nicht Richter auf Lebenszeit mit einem
Amt bei dem Gericht sind, bei dem sie tätig werden, ausschließen
oder beschränken oder Richtern auf Lebenszeit bestimmte Aufgaben vorbehalten,
in den neuen Bundesländern nicht anzuwenden. Daher haben beim BerGer.
keine Beschränkungen für den Einsatz von abgeordneten Richtern
(auch in der Funktion eines Vorsitzenden) oder von Proberichtern bestanden
(vgl. BGH, DTZ 1997, 66 [67] = LM H.2/1997 RpflAnpG Nr.7 m.w. Nachw.).
Das BVerfG hat die Besetzung eines Senats bei den Oberlandesgerichten der
neuen Bundesländer mit zwei abgeordneten Lebenszeitrichtern und einem
Proberichter auch verfassungsrechtlich nicht beanstandet (vgl. BVerfG,
DTZ 1996, 175).
2. Fehl geht auch die Rüge der Revision,
die im vorliegenden Rechtsstreit erhobene Klage sei wegen Verstoßes
gegen § 51I ZPO unzulässig, weil dem Bürgermeister der Kl.
die hierfür erforderliche Vertretungsmacht gefehlt habe.
a) Es bedarf keiner Entscheidung der Frage, ob
die Klageerhebung hier nach den seinerzeit maßgeblichen Regelungen
der §§ 21, 27 der DDR-Kommunalverfassung vom 17.5. 1990 (GBl
DDRI, 255) einen entsprechenden Beschluß der Gemeindevertretung voraussetzte
oder gemeinderechtlich vom Bürgermeister allein vorgenommen werden
durfte. Es kann des weiteren auch offenbleiben, ob der Klageerhebung im
vorliegenden Fall ein entsprechender Beschluß der Gemeindevertretung
der Kl. zugrunde gelegen oder ob diese nachträglich die Klageerhebung
in rechtswirksamer Weise genehmigt hat.
b) Auch wenn die Klageerhebung im Rahmen der gesetzlichen
Aufgabenverteilung zwischen Bürgermeister und Gemeindevertretung in
die Zuständigkeit der letzteren fallen sollte und es hier an der erforderlichen
innergemeindlichen Willensbildung gefehlt haben sollte, würde dies
nicht zur Unzulässigkeit der allein vom Bürgermeister erhobenen
Klage im Hinblick auf § 51 I ZPO führen. Denn dieser war - auf
der Grundlage des § 27 I der DDR-Kommunalverfassung - unabhängig
von der internen Aufgabenverteilung nach außen mit unbeschränkter
Vertretungsmacht für die Gemeinde ausgestattet; eine Überschreitung
der internen Zuständigkeit nimmt den Rechtshandlungen des für
die Gemeinde vertretungsberechtigten Bürgermeisters nicht die Rechtswirksamkeit
im Außenverhältnis. Unter Anknüpfung an Entscheidungen
zum baden-württembergischen Gemeinderecht (BGH, LM BadWürtt.
GemeindeO Nr.1 = MDR 1966, 669) und zur Rheinland-Pfälzischen Gemeindeordnung
(BGH, NJW 1980, 117 [118]) hat der BGH neuerdings (BGH, DTZ 1997, 358)
auch für die vorliegend einschlägige DDR-Kommunalverfassung ausdrücklich
entschieden, daß rechtsgeschäftliche Erklärungen, die der
Bürgermeister als Vertreter der Gemeinde abgegeben hat, regelmäßig
auch dann für die Gemeinde verbindlich sind, wenn sie der internen
gesetzlichen Aufgabenverteilung zwischen Gemeindevertretung und Bürgermeister
oder der innergemeindlichen Willensbildung widersprachen; der BGH hat sich
hierbei an der im Kommunalrecht anerkannten strikten Unterscheidung
zwischen interner Willensbildung und externer Vertretungsbefugnis orientiert.
Diese Grundsätze gelten nicht nur für rechtsgeschäftliches
Handeln des Bürgermeisters, sondern in gleicher Weise auch für
durch ihn vorgenommene Prozeßhandlungen wie die Klageerhebung; dies
ergibt sich bereits aus der in §§ 51 I, 52 ZPO niedergelegten
Anknüpfung der Prozeßfähigkeit an die Geschäftsfähigkeit
und der prozeßrechtlichen Vertretung nicht prozeßfähiger
Parteien an deren Vertretung im rechtsgeschäftlichen Bereich gemäß
den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts.
3. Erfolglos beanstandet die Revision weiter,
das BerGer. hätte nicht dahinstehen lassen dürfen, ob der Kl.
gegen die Bekl. zu 1-3 und zu 5 ein deliktischer Schadensersatzanspruch
(aus abgeleitetem Recht der Bauunternehmen) oder ein Anspruch aus ungerechtfertigter
Bereicherung (aus eigenem Recht) zustehe, und es hätte daher nicht
offenlassen dürfen, ob die Kl. die von den Bauunternehmen in Rechnung
gestellten Beträge, wie sie behauptet, bezahlt hat. Die Überlegungen
des BerGer. sind insoweit im Ergebnis nicht rechtsfehlerhaft.
a) Das BerGer. geht zutreffend davon aus, daß
der Kl., sollte sie Schadensersatzansprüche der Bauunternehmen gegen
die Bekl. durch Leistung als Dritte i.S. des § 267I BGB erfüllt
haben, gegen die Bekl. als Schuldner dieser Schadensersatzforderungen ein
Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gem. § 812 I 1 Alt.1
BGB zustehen kann, ohne daß dem § 814 BGB entgegengehalten werden
könnte (vgl. z.B. BGHZ 70, 389 [396f.] = NJW 1978, 1375 = LM §
633 BGB Nr.30; BGHZ 75, 299 [303] = NJW 1980, 452 = LM ArbeitnehmerüberlassungsG
Nr.2; BGH, NJW 1976, 144 L = LM § 814 BGB Nr.5 = MDR 1976, 220). Eine
derartige Leistung eines Dritten mit Erfüllungswirkung setzt allerdings
voraus, daß der Dritte mit dem Willen leistet, die Verpflichtung
des Schuldners zu tilgen, und daß er dies auch zum Ausdruck bringt;
maßgeblich ist, als wessen Leistung sich die Zuwendung bei
objektiver Betrachtungsweise aus der Sicht des Zuwendungsempfängers
darstellt (vgl. etwa BGHZ 46, 319 [325] = NJW 1967, 559 = LM § 644
ZPO Nr.8; BGHZ 75, 299 [303] = NJW 1980, 452 = LM ArbeitnehmerüberlassungsG
Nr.2; BGH, NJW 1995, 128 [129] = LM H.3/1995 § 267 BGB Nr.10). Diesem
Erfordernis kann auch genügt sein, wenn der Dritte die Leistung mindestens
auch für den wahren Schuldner, im übrigen aber auch für
sich selbst erbringen wollte (vgl. BGHZ 70, 389 [397] = NJW 1978, 1375
= LM § 633 BGB Nr.30; BGHZ 72, 246 [249] = NJW 1979, 157 = LM §
415 BGB Nr.5; BGH, NJW 1986, 2700 = LM § 812 BGB Nr.183; BGH, NJW
1995, 128 [129] = LM H.3/1995 § 267 BGB Nr.10).
Der Revision ist zuzugeben, daß im Berufungsurteil
zu diesem Erfordernis eines "Fremdtilgungswillens" der Kl. i.S. des §
267I BGB keine hinreichenden Feststellungen getroffen worden sind. Indessen
kann die Frage, ob im Zeitpunkt der Zahlung diese Voraussetzungen einer
Leistung nach § 267 I BGB vorgelegen haben, im vorliegenden Fall ebenso
dahinstehen wie die weitere Frage, ob die Kl. eine zunächst fehlende
Tilgungsbestimmung später (gegebenenfalls auch durch ihren Vortrag
im vorliegenden Rechtsstreit) nachholen konnte und nachgeholt hat (vgl.
hierzu Senat, NJW 1964, 1898 [1899] = LM § 17 StVG Nr.8; BGH, NJW
1986, 2700 = LM § 812 BGB Nr.183 m.w. Nachw.). Denn sollte die Kl.
die in Rechnung gestellten Beträge zwar an die Bauunternehmen bezahlt
haben, jedoch ohne daß die Voraussetzungen einer wirksamen Leistung
durch einen Dritten i.S. des § 267 I BGB vorliegen, so trat durch
diese Zahlung keine Erfüllungswirkung gem. § 362 I BGB ein (vgl.
BGHZ 75, 299 [303] = NJW 1980, 452 = LM ArbeitnehmerüberlassungsG
Nr.2; Palandt/Heinrichs, BGB, § 267 Rdnr.4). In diesem Fall könnte
die Kl. ihre Leistung nicht gegenüber den Bekl., sondern gegebenenfalls
höchstens gegenüber den Bauunternehmen kondizieren. Eine Schadensersatzforderung
der Bauunternehmen gegen die Bekl. würde jedoch trotz der (ohne Erfüllungswirkung)
erfolgten Zahlung weiterbestehen und würde von der seitens der Bauunternehmen
an die Kl. vorgenommenen Forderungsabtretung in gleicher Weise erfaßt
wie in dem Fall, daß überhaupt keine Zahlung geleistet worden
ist.
b) Gegen die Wirksamkeit der Abtretung der Schadensersatzforderungen
der Bauunternehmen gegenüber den Bekl. zu 1-3 und zu 5, sofern solche
im Zessionszeitpunkt am 17.2. 1993 (noch) bestanden haben sollten, greifen
entgegen der Auffassung der Revision keine rechtlichen Bedenken durch,
insbesondere auch nicht im Hinblick darauf, daß das BerGer. eine
Erklärung der Annahme der Abtretung durch die Kl. nach § 151
BGB für entbehrlich erachtet hat. Zwar ist der Revision einzuräumen,
daß auch in einem derartigen Falle eine eindeutige Betätigung
des Annahmewillens erforderlich ist (vgl. BGHZ 74, 352 [356] = NJW 1979,
2143 = LM § 662 BGB Nr.21 L); davon geht jedoch auch das BerGer. aus,
das in beanstandungsfreier Weise eine solche Betätigung des Annahmewillens
der Kl. hinsichtlich der Zessionen feststellt. Für entbehrlich erachtet
das BerGer. lediglich - in Übereinstimmung mit der gesetzlichen Regelung
- eine Erklärung der Annahme gegenüber dem Zedenten.
c) Soweit den Bauunternehmen Schadensersatzforderungen
gegen die Bekl. zugestanden haben sollten, konnte das BerGer. daher ohne
Rechtsfehler davon ausgehen, daß die Klageforderung dem Grunde nach
unabhängig davon gerechtfertigt sein kann, ob die Kl. die von den
Bauunternehmen in Rechnung gestellten Ersatzbeträge bezahlt hat oder
nicht. Der Klageanspruch gründet sich - in gleicher Höhe - entweder
auf die abgetretenen Schadensersatzforderungen oder - sollte die Kl. diese
mit Tilgungswirkung gem. § 267 I BGB erfüllt haben - auf ungerechtfertigte
Bereicherung. Eine Entscheidung zwischen diesen beiden Alternativen mußte
nicht getroffen werden, da sich die der Kl. in beiden Fällen erwachsenen
Zahlungsansprüche, soweit sie im vorliegenden Rechtsstreit geltend
gemacht werden, inhaltlich decken.
d) Die dargestellte Alternative in den Anspruchsgrundlagen
stand als solche auch dem Erlaß eines (uneingeschränkten) Grundurteils
nach § 304 I ZPO verfahrensrechtlich nicht entgegen. Dieses hat zur
Voraussetzung, daß beide denkbare Anspruchsgrundlagen den geltend
gemachten Zahlungsbetrag voll rechtfertigen können und inhaltlich
dieselben (und alle) Schadenspositionen betreffen (vgl. hierzu Senat, BGHZ
89, 383 [388f.] = NJW 1984, 1226 = LM § 830 BGB Nr.24). Dies ist -
wie sich aus den bereits angestellten Überlegungen ergibt - hier der
Fall.
4. Ohne Rechtsfehler geht das BerGer. im Ansatz
ferner davon aus, daß eine zweitägige Blockade des Einsatzes
von Baumaschinen in der Art, wie sie im Berufungsurteil den Bekl. zu 1-3
und zu 5 zur Last gelegt wird, eine rechtswidrige und schuldhafte Rechtsgutverletzung
i.S. des § 823 I BGB darstellen und demgemäß grundsätzlich
einen deliktsrechtlichen Schadensersatzanspruch der Bauunternehmen begründen
kann, und zwar auch unter Berücksichtigung der Verhältnisse,
wie sie in den neuen Bundesländern kurz nach der Wiedervereinigung
Deutschlands herrschten.
a) Es kann offen bleiben, ob und unter welchen
Umständen Verhaltensweisen, wie sie hier im Berufungsurteil zugrunde
gelegt werden, als rechtswidriger Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten
Gewerbebetrieb eines Bauunternehmers anzusehen sind (vgl. zu diesem Problemkreis
z.B. BGHZ 59, 30 [34] = NJW 1972, 1366 = LM § 823 [Ai] BGB Nr.43).
Denn es ist rechtlich nicht zu beanstanden, daß das BerGer. eine
durch die den Bekl. vorgeworfene Blockadeaktion herbeigeführte Rechtsgutbeeinträchtigung
i.S. des § 823 I BGB in einer Verletzung des berechtigten Besitzes
der Bauunternehmen an den eingesetzten Baumaschinen erblickt hat.
aa) In der Rechtsprechung ist anerkannt, daß
eine Eigentumsverletzung auch darin bestehen kann, daß der Berechtigte
an der Benutzung der Sache gehindert und diese ihrem bestimmungsgemäßen
Gebrauch entzogen wird (vgl. BGHZ 55, 153
[159] = NJW 1971, 886 = LM § 28 WasserhaushaltsG Nr.1; Senat, NJW-RR
1990, 1172 [1173] = LM § 823 [Ac] BGB Nr.51 m.w. Nachw.)
bb) Entsprechendes muß auch für die
Beeinträchtigung des berechtigten Besitzes an einer Sache gelten:
Soll der berechtigte Besitz gerade dazu dienen, eine bestimmte Nutzung
der Sache zu ermöglichen, so stellt es eine Rechtsgutverletzung i.S.
des § 823 I BGB dar, wenn der Besitzer an eben dieser Nutzung durch
einen rechtswidrigen Eingriff in relevanter Weise gehindert wird. Der bestimmungsgemäße
Gebrauch von Baumaschinen, wie sie seitens der Bauunternehmen am Morgen
des 22.4. 1991 auf das für den Gewerbepark vorgesehene Gelände
verbracht wurden, bestand im Einsatz für Bau- und Erschließungsarbeiten,
die seinerzeit in Angriff genommen werden sollten. Verhaltensweisen, wie
sie das BerGer. zugrunde legt, die dazu führen, daß die Maschinen
auf dem Gelände vollständig blockiert werden und zwei volle Arbeitstage
lang nicht eingesetzt werden können, sind geeignet, in den berechtigten
Besitz an den Maschinen im Sinne einer deliktischen Rechtsgutverletzung
einzugreifen; einer derartigen Blockade käme auch von ihrer zeitlichen
Dauer her ein hinreichendes Gewicht zu, da es sich nicht nur um eine irrelevante
kurzfristige Störung handeln würde (vgl. zu dieser Frage Senat,
NJW 1977, 2264 [2265] = LM § 823 [Ai] BGB Nr.50). Ob die Bauunternehmen
seinerzeit Eigentümer des Baugeräts waren, kann unter diesen
Umständen offenbleiben; ihren berechtigten Besitz an den Baumaschinen
stellt auch die Revision nicht in Frage.
b) Legt man demgemäß die Beurteilung
des BerGer. zugrunde, daß den Bekl. zu 1-3 und zu 5 eine zweitägige
Blockade der Baumaschinen und damit ein tatbestandsmäßiger Eingriff
i.S. des § 823 I BGB in den berechtigten Besitz der Bauunternehmen
anzulasten ist, so ist - entgegen der Auffassung der Revision - auch die
Bewertung dieser Rechtsgutverletzung als rechtswidrig aus Rechtsgründen
nicht zu beanstanden.
aa) Der Revision ist allerdings zuzugeben, daß
die in Rede stehenden Blockademaßnahmen nicht als "Gewalt" im Sinne
einer strafrechtlich relevanten Nötigung nach § 240 I StGB angesehen
werden könnten. Darin, daß Demonstranten durch bloßen
Aufenthalt unmittelbar im Einsatzbereich von Fahrzeugen, Maschinen etc.
nicht durch physische, sondern nur durch psychische Einwirkung auf das
Bedienungspersonal die Inbetriebnahme der Geräte verhindern, liegt
grundsätzlich keine Gewaltanwendung im Sinne der genannten strafrechtlichen
Regelung (vgl. hierzu im einzelnen BVerfGE 92, 1 = NJW 1995, 1141). Dies
schließt jedoch nicht aus, daß das Vorgehen dennoch als rechtswidrige
Rechtsgutverletzung im Sinne der zivilrechtlichen Deliktsregeln zu bewerten
ist.
bb) Allerdings wäre trotz der tatbestandlichen
Verwirklichung eines Eingriffs in ein durch § 823 I BGB geschütztes
Rechtsgut die Rechtswidrigkeit dann ausgeschlossen, wenn das beanstandete
Verhalten durch grundrechtlich geschützte Positionen, hier insbesondere
durch die Ausübung des Rechts auf Versammlungsfreiheit i.S. von Art.8
GG, gedeckt wäre. Dies ist bei Blockademaßnahmen des Umfangs
und der Art, wie sie im Berufungsurteil den Bekl. angelastet werden, jedoch
nicht der Fall. Für eine zielbewußte Anwendung unmittelbaren
Zwanges gegenüber einem bestimmten Rechtsgut eines Dritten kann sich
der Schädiger in der Regel nicht auf das Grundrecht der Versammlungsfreiheit
berufen (vgl. BGHZ 59, 30 [35f.] = NJW 1972, 1366 = LM § 823 [Ai]
BGB Nr.42; Senat, NJW 1972, 1571 = LM § 823 [Ai] BGB Nr.43 = VersR
1972, 935 [937]). Dieses Grundrecht ist - ebenso wie die in Art.5I1 GG
geschützte Meinungsfreiheit - darauf angelegt, die (kollektive) Kundgabe
von Standpunkten in dem der demokratischen Gesellschaft immanenten Kampf
der Meinungen mit geistigen Mitteln zu gewährleisten (vgl. BGHZ 59,
30 [36] = NJW 1972, 1366 = LM § 823 [Ai] BGB Nr.42; BGHZ 63, 124 [127]
= NJW 1975, 49 = LM § 830 BGB Nr.19; BGHZ 89, 383 [384] = NJW 1984,
1226 = LM § 830 BGB Nr.24).
cc) Zwar kann die Ausübung des Grundrechts
aus Art.8 GG, auch wenn sie sich im verfassungsrechtlich vorgegebenen Rahmen
hält, zu Rechtsbeeinträchtigungen Dritter führen, die dann
hingenommen werden müssen. Dies kann bei unbeabsichtigten, aber zwangsläufigen
Nebenfolgen von Demonstrationen (etwa Verkehrs- und Zugangsbehinderungen
im Hinblick auf die durch die Demonstranten in Anspruch genommenen Straßen,
Plätze und Grundstücke etc.) ebenso der Fall sein wie dort, wo
zwar gezielt, aber nur kurzfristig und ohne relevante Behinderungen Rechtsgüter
Dritter miteinbezogen werden, was z.B. im vorliegenden Fall in Betracht
kommt, soweit es lediglich um die Aufstellung von Demonstranten im Bereich
der Baumaschinen zwecks Anfertigung von Pressefotos geht. Der Rahmen der
verfassungsrechtlich geschützten Versammlungsfreiheit wird aber dort
verlassen, wo nicht mehr die geistige Auseinandersetzung, die Artikulierung
der gegensätzlichen Standpunkte im Meinungskampf und die Kundbarmachung
des Protests als solche durchgeführt wird, sondern wo die Aktionen
darauf angelegt sind, daß durch zielgerichtete Ausübung von
Zwang Dritte in rechtlich erheblicher Weise darin behindert werden sollen,
ihre geschützten Rechtsgüter zu nutzen. Das Recht der Versammlungsfreiheit
deckt grundsätzlich nicht Maßnahmen, die nicht zur Überzeugung
der Gegenseite im Meinungskampf, sondern dazu führen sollen, daß
sich die Gegenseite ohne Möglichkeit zu eigener Willensentscheidung
einem auf sie ausgeübten Zwang beugt. Letzteres ist aber der Fall,
wenn, wovon das Berufungsurteil ausgeht, zwei Arbeitstage lang mit voller
Absicht der Einsatz der Baumaschinen dadurch verhindert wird, daß
sich Demonstranten im unmittelbaren Bereich dieser Geräte aufhalten,
eben um für diesen Zeitraum den Verzicht auf die Durchführung
der Arbeiten zu erzwingen.
dd) An dieser Beurteilung der Rechtswidrigkeit
ändert es im Gegensatz zur Auffassung der Revision auch nichts, daß
es hier um Ereignisse geht, die wenige Monate nach der Wiedervereinigung
Deutschlands in einem der neuen Bundesländer stattgefunden haben.
Gewiß dürfen bei der Rechtsgüterabwägung und bei der
in jedem Einzelfall vorzunehmenden Gewichtung der in Rede stehenden verfassungsrechtlich
geschützten Positionen der Beteiligten auch die besonderen Umstände
nicht außer acht gelassen werden, denen sich die Bürger in den
neuen Bundesländern in jener Zeit eines erheblichen Umbruchs auf allen
Gebieten gegenübersahen. Die Revision will jedoch insoweit auf die
eigene "Streitkultur" abstellen, welche die Wende in der ehemaligen DDR
erst herbeigeführt habe; sie will ersichtlich auf die besondere Bedeutung
einer groß angelegten und intensiven Ausübung des Demonstrationsrechts
durch die früheren DDR-Bürger im Rahmen des Kampfes gegen die
SED-Herrschaft hinweisen. Daraus kann die Revision aber letztlich nichts
für den vorliegenden Sachverhalt herleiten. Die rechtsstaatlichen
Verhältnisse, die in den neuen Bundesländern im hier maßgeblichen
Zeitraum bereits gegeben waren, lassen es nicht zu, für die Bestimmung
der Rechtswidrigkeit eines Vorgehens an Verhaltensmaßstäbe anzuknüpfen,
wie sie in der Auseinandersetzung mit dem Regime der DDR anzulegen waren.
Im Rahmen der verfassungsrechtlichen Ordnung des Grundgesetzes, das zum
Zeitpunkt der hier streitigen Ereignisse in vollem Umfang in den neuen
Bundesländern in Kraft war, können die Rechtmäßigkeit
einer Grundrechtsausübung und die Rechtswidrigkeit eines Eingriffs
in gesetzlich geschützte Rechtsgüter Dritter grundsätzlich
nicht durch Erwägungen darüber beeinflußt werden, welche
Verhaltensweisen im Rahmen der Ereignisse, die die Wende herbeigeführt
haben, in der DDR rechtlich angemessen und geboten sein konnten.
c) Soweit - wofür sich in den getroffenen
Feststellungen jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte finden - ein auf
Erfahrungen der Beteiligten im Umgang mit früheren staatlichen Verhältnissen
in der DDR beruhendes Fehlen des Bewußtseins der Rechtswidrigkeit
ihrer Aktionen in Betracht käme, könnte dies nur im Bereich des
Verschuldens von rechtlicher Relevanz sein (vgl. BGHZ 59, 30 [39f.] = NJW
1972, 1366 = LM § 823 [Ai] BGB Nr.42). Im Berufungsurteil wird insoweit
darauf abgestellt, daß die Demonstranten ihr Vorgehen möglicherweise
deshalb für berechtigt gehalten haben könnten, weil die Polizei
nicht eingegriffen hat. Ein derartiger Mangel des Bewußtseins der
Rechtswidrigkeit vermag jedoch, wovon auch das BerGer. zutreffend ausgeht,
unter den hier gegebenen Umständen den Vorwurf eines schuldhaften
Verhaltens nicht entfallen zu lassen, da ein derartiger Rechtsirrtum, sollte
er vorgelegen haben, nicht unvermeidbar gewesen wäre (vgl. BGHZ 59,
30 [39f.] = NJW 1972, 1366 = LM § 823 [Ai] BGB Nr.42; BGHZ 118, 201
[208] = NJW 1992, 2014 = LM H.11/1992 § 823 [Ac] BGB Nr.56). Ohne
jegliche Erkundigung über die Rechtslage hätten die Bekl. das
ihnen im Berufungsurteil angelastete Vorgehen keinesfalls für
rechtmäßig erachten dürfen; insoweit wäre ihnen jedenfalls
fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen.
5. Die Revision beanstandet jedoch zu Recht die
Feststellungen des BerGer. zu Ausmaß und Umfang der rechtsgutverletzenden
Handlungen, aus denen im Berufungsurteil eine Haftung der Bekl. zu 1-3
und zu 5 hergeleitet wird. Das BerGer. stützt seine Entscheidung zu
einer den Klageanspruch dem Grunde nach rechtfertigenden deliktsrechtlichen
Beeinträchtigung des berechtigten Besitzes der Bauunternehmen auf
die Beurteilung, am 22. und 23.4. 1991 hätten ganztägige, die
beabsichtigten Baumaßnahmen behindernde Versammlungen stattgefunden,
die - was auch beabsichtigt gewesen sei - dazu geführt hätten,
daß während zweier Arbeitstage der bestimmungsgemäße
Einsatz der Baumaschinen vollen Umfangs unmöglich gewesen sei. Die
dieser Beurteilung zugrundeliegenden Feststellungen sind nicht verfahrensfehlerfrei
getroffen worden.
a) Soweit die Revision allerdings die Beurteilung
des BerGer. angreift, am 22.4. 1991 seien die betreffenden Baugeräte
infolge zielgerichteten Verhaltens von Versammlungsteilnehmern den ganzen
Tag über blockiert gewesen, vermag sie keine revisionsrechtlich letztlich
durchgreifenden Rügen zu erheben. Zwar ist der Revision zuzugeben,
daß die Überlegungen des BerGer. auch insoweit nur auf einer
sehr schmalen Grundlage tatsächlicher Feststellungen beruhen; die
Beweiswürdigung hält sich jedoch hier noch im Rahmen einer verfahrensrechtlich
zulässigen tatrichterlichen Beurteilung. Es stellt auch - entgegen
der Auffassung der Revision - keinen Verfahrensfehler dar, daß die
an der Urteilsfällung beteiligten Richter des BerGer. die Aussagen
des Zeugen M gewürdigt haben, obwohl keiner von ihnen dem Spruchkörper
im Zeitpunkt der Vernehmung dieses Zeugen angehört hatte; dies könnte
nur dort Bedeutung haben, wo Umstände eine Rolle spielen, die in der
Vernehmungsniederschrift nicht festgehalten waren (vgl. hierzu BGH, NJW
1991, 1302), was vorliegend jedoch nicht der Fall war.
b) Hingegen ist die Beurteilung im Berufungsurteil,
auch am 23.4. 1991 hätten Versammlungsteilnehmer durch Blockademaßnahmen
die Baumaschinen ganztägig stillgelegt, von Verfahrensfehlern beeinflußt.
aa) Zum einen rügt die Revision mit Erfolg,
daß das BerGer. in diesem Zusammenhang den Antrag der Bekl., den
Zeugen Z zu vernehmen, unzulässig übergangen hat. Die Bekl. hatten
diesen Zeugen zum Beweis dafür benannt, "daß es am 23.4. 1991
weder zu einer Demonstration noch zu Störungen der Bauarbeiten gekommen"
sei; sie hatten vorgetragen, der Zeuge Z habe sich als Journalist seinerzeit
ständig mit den streitigen Vorgängen befaßt. Das BerGer.
hätte, bevor es für den 23.4. 1991 ganztägige Blockademaßnahmen
festgestellt und damit das Gegenteil der unter Beweis gestellten Behauptung
als bewiesen angesehen hat, diesem Beweisantrag der Bekl. stattgeben und
den Zeugen Z hören müssen; dies erforderte der prozeßrechtliche
Grundsatz der Erschöpfung der Beweismittel. Einen Grund, warum es
von dieser Beweisaufnahme abgesehen hat, hat das BerGer. nicht dargelegt;
ein solcher Grund, der eine Ablehnung des Beweisantrags zu rechtfertigen
vermöchte, ist auch nicht ersichtlich.
bb) Der Ladung und Vernehmung des Zeugen Z war
das BerGer. auch nicht deshalb enthoben, weil es seine Beurteilung, daß
auch am 23.4. 1991 eine ganztägige "baubehindernde" Versammlung stattgefunden
habe, ausschließlich auf eine von ihm gezogene Schlußfolgerung
daraus gründen zu können glaubte, daß die Demonstration
erst nach Einsichtnahme in die Baugenehmigungsunterlagen habe beendet werden
sollen, wobei es auf Zeugenaussagen zu eventuellen Vorgängen am 23.4.
1991 nicht eingegangen ist. Denn hierin ist - worauf die Revision zutreffend
hinweist - ein weiterer Verfahrensfehler zu sehen:
Das Berufungsurteil läßt in keiner
Weise erkennen, daß sich das BerGer. zu diesem Streitpunkt, nämlich
einer Versammlung, ihres Ausmaßes und ihrer Dauer am 23.45. 1991,
mit den diesbezüglichen, den Bekl. zum Teil günstigen Aussagen
der Zeugen B, M und Prof. Dr.R in prozeßrechtlich gebotener Weise
auseinandergesetzt hat; mit Bekundungen dieser Zeugen befaßt sich
das Berufungsurteil nur in anderem Zusammenhang. Zwar muß im Urteil
keineswegs auf jede einzelne Zeugenaussage ausdrücklich eingegangen
werden (vgl. BGHZ 3, 162 [175] = NJW 1952, 23 = LM § 282 BGB Nr.1).
Der Tatrichter hat jedoch die wesentlichen Gesichtspunkte für seine
Überzeugungsbildung nachvollziehbar darzulegen und dabei deutlich
zu machen, daß er alle maßgeblichen Umstände, insbesondere
alle erhobenen Beweise, vollständig berücksichtigt hat (vgl.
hierzu Senat, NJW-RR 1987, 1019 = LM § 286 [A] ZPO Nr.52 = VersR 1987,
765 [767]; NJW 1991, 1894 = LM § 286 [B] ZPO Nr.80 = VersR 1991, 566;
s. auch BGHZ 82, 299 = NJW 1982, 1154 [1155] = LM § 322 ZPO Nr.92
L). Im vorliegenden Fall lassen die beweiswürdigenden Überlegungen
dazu, daß "auch am 23.4. 1991 eine ganztägige baubehindernde
Versammlung stattgefunden" habe, nichts dazu ersehen, ob das BerGer. die
diesen Streitpunkt betreffenden Aussagen der Zeugen B, M und Prof. Dr.R
in verfahrensrechtlich einwandfreier Weise in seine Erwägungen miteinbezogen
hat.
cc) Das Berufungsurteil beruht auf diesen Verfahrensfehlern.
Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß das BerGer., hätte
es den Zeugen Z prozeßordnungsgemäß vernommen und sich
mit den Bekundungen der anderen Zeugen wie geboten umfassend auseinandergesetzt,
bezüglich der Frage, ob und in welchem Umfang am 23.4. 1991 überhaupt
eine Versammlung mit Demonstrations- und Blockadehandlungen stattgefunden
hat, zu einem anderen, den Bekl. günstigeren Ergebnis gelangt wäre.
Das Berufungsurteil kann daher bereits aus diesem Grunde gegenüber
allen verurteilten Bekl. keinen Bestand haben.
dd) Hingegen vermag der Senat in der - in diesem
Zusammenhang von der Revision ebenfalls gerügten - Unterlassung der
Beeidigung des Zeugen B trotz entsprechenden Parteiantrags unter den hier
gegebenen Umständen keinen durchgreifenden Verfahrensfehler zu erkennen.
6. Die Revision rügt des weiteren mit Erfolg,
daß die bisher getroffenen Feststellungen eine haftungsrechtlich
verantwortliche Teilnahme der Bekl. zu 1, 2 und zu 5 an den im Berufungsurteil
zugrunde gelegten Blockademaßnahmen nicht zu tragen vermögen.
Die Voraussetzungen einer Mittäterschaft oder Gehilfeneigenschaft
dieser Bekl. i.S. des § 830 I 1 und II BGB ergeben sich aus den Feststellungen
nicht in beanstandungsfreier Weise.
a) Zutreffend geht das BerGer. im Ansatz davon
aus, daß sich die Beurteilung, ob sich jemand als Mittäter oder
Gehilfe im Sinne der genannten Bestimmungen an einer die zivilrechtliche
Haftung begründenden deliktischen Verhaltensweise beteiligt hat, nach
den für das Strafrecht entwickelten Rechtsgrundsätzen richtet
(vgl. BGHZ 63, 124 [126] = NJW 1975, 49 = LM § 830 BGB Nr.19; BGHZ
89, 383 [389] = NJW 1984, 1226 = LM § 830 BGB Nr.24). Die Teilnahme
verlangt demgemäß neben der Kenntnis der Tatumstände wenigstens
in groben Zügen den jeweiligen Willen der einzelnen Beteiligten, die
Tat gemeinschaftlich mit anderen auszuführen oder sie als fremde Tat
zu fördern; objektiv muß eine Beteiligung an der Ausführung
der Tat hinzukommen, die in irgendeiner Form deren Begehung fördert
und für diese relevant ist. Eine haftungsrechtliche Verantwortlichkeit
trifft demgemäß einen Demonstrationsteilnehmer etwa dann, wenn
er sich an einer rechtsgutverletzenden und schadenstiftenden Blockade in
Kenntnis dieses ihres Ziels beteiligt hat (vgl. BGHZ 59, 30 [42] = NJW
1972, 1366 = LM § 823 [Ai] BGB Nr.42).
Da Mittäter und Gehilfen gem. § 830
II BGB deliktsrechtlich gleich zu behandeln sind, kommt es auf diese rechtliche
Unterscheidung der Beteiligungsform nicht an. Beihilfe kann gegebenenfalls
auch psychisch geleistet werden und setzt keine physische Mitwirkung bei
der Tat voraus (vgl. BGHZ 63, 124 [130] = NJW 1975, 49 = LM § 830
BGB Nr.19 m.w. Nachw.). Jedenfalls aber muß für den einzelnen
Teilnehmer ein Verhalten festgestellt werden können, das den rechtswidrigen
Eingriff in das fremde Rechtsgut unterstützt hat und das (gemäß
den im Rahmen des § 830 I 1 und II BGB maßgeblichen strafrechtlichen
Grundsätzen) von der Kenntnis der Tatumstände und dem auf die
Rechtsgutverletzung gerichteten Willen getragen war.
b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze
ist bisher lediglich für eine haftungsrechtlich relevante Beteiligung
der Bekl. zu 3 am Blockadegeschehen, wie es das BerGer. seiner Beurteilung
zugrunde legen will, eine tragfähige Grundlage festgestellt. Da sich
die Bekl. zu 3 als Sprecherin der Versammlungsteilnehmer betätigt
hat, konnte das BerGer. rechtsfehlerfrei davon ausgehen, daß sie
nicht nur objektiv das gesamte Demonstrationsgeschehen in seiner konkreten
Ausgestaltung maßgeblich beeinflußt hat, sondern daß
auch subjektiv das schadenstiftende Verhalten von ihrem Willen mit umfaßt
war. Insoweit kann es für die Beurteilung der inneren Tatseite von
Bedeutung sein, welche Rolle und welche Funktionen der Betroffene innerhalb
der Demonstration für sich in Anspruch genommen hat (vgl. BGHZ 63,
124 [128] = NJW 1975, 49 = LM § 830 BGB Nr.19); an einer gerade den
Ablauf der Versammlung betreffenden führenden Rolle der Bekl. zu 3
konnte das BerGer. hier seine Beurteilung ausrichten.
c) Hingegen rechtfertigen die bisherigen Feststellungen
im Berufungsurteil nicht die Annahme einer haftungsrechtlichen Verantwortlichkeit
der anderen Bekl. für die im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachten
Schäden.
aa) Besonders deutlich wird dies hinsichtlich
der Bekl. zu 5. Das BerGer. hat insoweit lediglich - aufgrund einer gänzlich
pauschalen Aussage des Zeugen S - festgestellt, daß diese am 22.4.
1991 Versammlungsteilnehmerin gewesen sei, ohne daß insoweit zu Art,
Umfang und Dauer der Beteiligung etwas dargelegt wird. Die bloße
(zeitweilige) Anwesenheit am Demonstrationsort und die nicht näher
bestimmte Teilnahme an der Versammlung als solche reicht aber nicht aus,
um eine Mittäterschaft oder Beihilfe der Bekl. zu 5 an den hier in
Rede stehenden deliktischen Rechtsgutverletzungen zu begründen. Denn
die schlichte "Versammlungsteilnahme" kann auch lediglich (erlaubte) Kundgabe
der eigenen Meinung zu dem sachlichen Anliegen der Demonstration in der
Öffentlichkeit darstellen und insoweit von den verfassungsrechtlichen
Positionen aus Art.5I und Art.8I GG gedeckt sein (vgl. hierzu BGHZ 89,
383 [395] = NJW 1984, 1226 = LM § 830 BGB Nr.24). Das gilt nicht nur
für die Teilnahme an einer Großdemonstration, sondern auch für
die Beteiligung an einer kleineren und überschaubaren Versammlung,
solange die Teilnahme nicht über die Ausübung der genannten Grundrechte
hinausgeht und nicht festgestellt werden kann, daß der Betreffende
an einer auf die Rechtsgutverletzung zielenden Abrede beteiligt war, das
schadenstiftende Verhalten anderer Teilnehmer in seinen eigenen Willen
mitaufgenommen oder sich an der Versammlung gerade in Kenntnis des Blockadeziels
zu dessen Unterstützung beteiligt hat (vgl. hierzu BGHZ 63,
124 [128f.] = NJW 1975, 49 = LM § 830 BGB Nr.19). Vorliegend fehlt
es bezüglich der Bekl. zu 5 nicht nur an der hinreichenden Feststellung
einer rechtlich relevanten objektiven (sei es auch nur psychischen) Förderung
der Rechtsgutverletzung, sondern vor allem an jeglichen Feststellungen
zur inneren Tatseite.
bb) Aber auch die vom BerGer. bejahte deliktsrechtliche
Einstandspflicht der Bekl. zu 1 entbehrt bisher einer ausreichend tragfähigen
Grundlage.
Das Berufungsurteil stützt die Verantwortlichkeit
dieser Bekl. im wesentlichen auf die Bekundungen des Zeugen S. Dieser habe
mit ihr "auf der Straße ein Gespräch geführt, bei dem sie
sich als zu den Demonstranten gehörig darstellte"; allein hierin sieht
das BerGer. eine vorsätzliche Unterstützung der Blockade und
einen ausreichenden Tatbeitrag der Bekl. zu 1. Dem kann aus Rechtsgründen
nicht gefolgt werden.
Auch hier geht die Feststellung im Berufungsurteil
letztlich nicht über eine (kurzzeitige) Anwesenheit der Bekl. zu 1
bei der Demonstration (noch dazu nicht auf der Baustelle, sondern "auf
der Straße", an der in unmittelbarer Nähe das Wohnhaus dieser
Bekl. gelegen ist) hinaus. Es fehlt jegliche nachvollziehbare Darlegung
dazu, weshalb in diesem Verhalten - über die zulässige Ausübung
der Grundrechte aus Art.5I und Art.8I GG hinaus - eine von ihrem Willen
getragene Unterstützung rechtswidriger Blockademaßnahmen zu
sehen sei. Insoweit ist auch nicht ausreichend, daß die Bekl. zu
1 Telefongespräche mit leitenden Mitarbeitern von Kommunal- und Landeseinrichtungen
geführt hat; zu welchem Zweck dies geschehen ist, ob dies wirklich
der Unterstützung rechtswidriger Blockademaßnahmen oder vielmehr
dem Versuch gegolten hat, hier gerade eine "friedliche" Lösung zu
fördern, hat das BerGer. nicht geprüft. Angesichts der hier in
Rede stehenden verfassungsrechtlichen Positionen der Bekl. zu 1 durfte
es jedoch nicht ohne weiteres bei ihr die subjektiven Voraussetzungen,
die eine schuldhafte deliktsrechtliche Rechtsgutverletzung begründen,
unterstellen.
cc) Schließlich reichen auch die im Berufungsurteil
zu Lasten des Bekl. zu 2 getroffenen Feststellungen nicht aus, um eine
haftungsrechtlich relevante Beteiligung dieses Bekl. an der Rechtsgutverletzung
zu Lasten der Bauunternehmen zu begründen. Hier stellt das BerGer.
vor allem darauf ab, der Zeuge R habe den Bekl. zu 2 am 22.4. 1991 gegen
16.30 Uhr als Versammlungsteilnehmer gesehen. Auch bezüglich dieses
Bekl. entbehrt die Schlußfolgerung von der bloßen (kurzzeitigen)
Anwesenheit bei der Demonstration am späteren Nachmittag darauf, der
Bekl. zu 2 habe rechtswidrige Blockadehandlungen gebilligt, in seinen Willen
aufgenommen und gefördert, der hinreichenden rechtlichen Grundlage.
Diese muß sich auch nicht schon daraus ergeben, daß sich dieser
Bekl. zum Zwecke der Anfertigung von Pressefotos kurzzeitig in einer Baggerschaufel
aufgehalten habe; ein derartiges Verhalten konnte, worauf bereits in anderem
Zusammenhang (vgl. o. 4b cc) hingewiesen wurde, noch vom Grundrecht aus
Art.8I GG gedeckt sein und mußte keinen relevanten rechtswidrigen
Eingriff in geschützte Rechtsgüter der Bauunternehmen darstellen.
7. Schließlich enthält das Berufungsurteil
keine hinreichenden Feststellungen dazu, daß den Bauunternehmen mit
der für ein Grundurteil erforderlichen Wahrscheinlichkeit irgendein
Schaden entstanden ist.
III. Das Berufungsurteil war daher aufzuheben
und die Sache zur weiteren Aufklärung an das BerGer. zurückzuverweisen.
Im erneuten Berufungsrechtszug werden die Bekl. Gelegenheit haben, auch
zu ihren weiteren Einwendungen gegen die bisherigen Überlegungen des
BerGer. noch vorzutragen.