BGH, Urteil v. 22.02.1956 - IV ZR 164/55
Amtlicher Leitsatz
1. Ist eine Sache unter aufschiebender Bedingung (Eigentumsvorbehalt) übereignet, so kann der Anwärter die Anwartschaft an einen Dritten veräußern. Die Veräußerung hat zur Folge, daß der Erwerber das Eigentum bei Eintritt der Bedingung unmittelbar, ohne Durchgang durch das Vermögen seines Rechtsvorgängers, erwirbt, auch wenn der Inhaber des Vollrechts der Übertragung nicht zugestimmt hat (abw RGZ 140, 223). § 185 BGB ist auf diesen Fall nicht anzuwenden.
2. Ist die Sache in der Zwischenzeit durch einen Gläubiger des ersten Anwartschaftsberechtigten gepfändet worden, so wird die Pfändung bei Eintritt der Bedingung nicht wirksam, dem Eigentumserwerber steht die Widerspruchsklage nach § 771 ZPO zu.
Fundstellen:
BGHZ 20 , 88
NJW 1956, 665
LM § 455 BGB Nr. 7
MDR 1956, 593
JZ 1956, 413
BB 1956, 320
DB 1956, 324
WM 1956, 454
Zum Sachverhalt:
Der Kaufmann H. (im folgenden der Vollstreckungsschuldner genannt), hatte einen Dittmann-Zweiachsenanhänger käuflich erworben. Der Verkäufer hatte sich bis zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises das Eigentum vorbehalten. Die letzte Kaufpreisrate ist nach dem 10. Februar 1954 bezahlt worden.
Zuvor hatten der Vollstreckungsschuldner und der Kläger folgende Erklärung vom 1. Juli 1953 unterzeichnet:
"Als Ausgleich für das im Jahre 1952 von Herrn K. (Kläger) erhaltene bare Darlehn von DM 5 000,- übereigne ich heute an den Genannten meinen Dittmann-Zweiachsanhänger, Fahrgestellnummer 2624, Baujahr 1952. Herrn K. ist bekannt, daß ich auf den Hänger noch einen Kaufpreisrest zu bezahlen habe.
Das Eigentum wird daher erst mit Bezahlung des Restbetrages für Herrn K. voll wirksam. Es wird vereinbart, daß der vorläufig in meinem Besitz bleibende Hänger von mir für Geschäftszwecke weiter benutzt wird."
Die Beklagten haben in der Zeit zwischen dem 1. Juli 1953 und dem Tag der Zahlung der letzten Rate die Zwangsvollstreckung in den oben genannten Anhänger, der sich im unmittelbaren Besitz des Vollstreckungsschuldners befand, betrieben. Der Kläger hat Widerspruchsklage erhoben und vorgetragen,
der Anhänger sei ihm als Sicherheit für eine Forderung von dem Vollstreckungsschuldner übereignet worden. Er habe durch die Zahlung der letzten Kaufpreisrate das Eigentum erlangt. Die Pfändungen für die Beklagten seien nicht wirksam geworden und hätten seinen Eigentumserwerb nicht berühren
können. Das Landgericht hat die Klage gegen die Beklagten abgewiesen. Die Berufung des Klägers wurde zurückgewiesen. Die Revision des Klägers führte zur Aufhebung und zur Zurückverweisung der Sache.
Aus den Gründen:
1. Der Berufungsrichter läßt dahingestellt, ob der Sicherungseigentümer im Falle der Zwangsvollstreckung in die zur Sicherheit übereignete Sache ein Widerspruchsrecht aus § 771 ZPO oder ein Recht auf Vorzugsbefriedigung aus § 805 aaO erwerbe. In beiden Fällen sei die Klage unbegründet. Der Kläger
könne diese Rechte nur haben, wenn er das Sicherungseigentum frei von den Pfändungspfandrechten der Beklagten erworben habe. Dies sei aber nicht der Fall; die Voraussetzungen, unter denen das Eigentum des Vorbehaltsverkäufers unmittelbar auf ihn, den Kläger, habe übergehen können, seien nicht erfüllt.
Der Vollstreckungsschuldner habe vielmehr zunächst das Eigentum erlangt, als die letzte Rate des Kaufpreises gezahlt worden sei, dadurch seien die bis dahin unwirksamen Pfändungen voll wirksam geworden. Auf den Kläger sei nur dieses mit den Pfändungspfandrechten der Beklagten belastete Eigentum
übergegangen. Im einzelnen erwägt der Berufungsrichter hierzu folgendes:
a) Auf Grund des unbedingt abgeschlossenen Kaufvertrages sei der Vorbehaltsverkäufer des Anhängers verpflichtet gewesen, auf den Vollstreckungsschuldner das Eigentum an dem Anhäger zu übertragen und ihm den Besitz an der verkauften Sache zu verschaffen. Diese beiden Verpflichtungen bestünden
getrennt nebeneinander. Sie seien nicht schon mit der Übergabe des Fahrzeuges an den Vollstreckungsschuldner erfüllt worden. Die Verpflichtung, das Eigentum zu übertragen, sei durch die Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts bis zur Zahlung des Kaufpreises hinausgeschoben worden. Deshalb habe ihm
die Übergabe nicht die volle rechtliche Herrschaft über den Kaufgegenstand verschafft, sie habe ihn nicht zum Eigenbesitzer gemacht, er sei nur Verwalter und Verwahrer für den Vorbehaltsverkäufer geworden. Demnach sei der Vorbehaltsverkäufer auch noch nach der Übergabe der Sache dem Vollstreckungsschuldner
gegenüber verpflichtet geblieben, ihm das Eigentum und den Eigenbesitz zu verschaffen. Somit habe der Wille des Vorbehaltsverkäufers, das Eigentum auf den Vollstreckungsschuldner zu übertragen, auch noch in dem Zeitpunkt der Entrichtung der letzten Kaufpreisrate, des Eintritts der Bedingung vorhanden sein
müssen. Erst in diesem Zeitpunkt sei der dingliche Vertrag geschlossen worden. Das sei herrschende, auch vom Reichsgericht in den Entscheidungen RGZ 64, 334 [336]; 66, 344, 95, 105 und 133, 40 [46] vertretene, in der Entscheidung RGZ 140, 223 [226] allerdings offengelassene Meinung. Immer bleibe der
Vorbehaltsverkäufer bis zum Eintritt der Bedingung Eigentümer. Auch wenn man dieser Ansicht aber nicht folge, habe der Kläger auf Grund der Umstände des vorliegenden Falls nicht ohne Mitwirkung des Vorbehaltsverkäufers das Eigentum erwerben können. Durch den Vertrag vom 1. Juli 1953 habe sich der Vollstreckungsschuldner
der Möglichkeit, Eigentümer des Wagens zu werden, zugunsten des Klägers entäußert. Sollte aber die auf Grund des Gesetzes eintretende Rechtsfolge daß der Vollstreckungsschuldner bei der vollständigen Kaufpreiszahlung das Eigentum erwerbe, ausgeschlossen werden, dann müsse der Vorbehaltsverkäufer auch noch bei der
Zahlung der letzten Kaufpreisrate bereit gewesen sein zu erfüllen und noch den Willen gehabt haben, das Eigentum unter Umgehung des Vollstreckungsschuldners auf einen von diesen bezeichneten Dritten unmittelbar übergehen zu lassen.
b) Durch die Zahlung des Kaufpreisrestes nach dem 10. Februar 1954, so führt das Kammergericht weiter aus, sei zunächst der Vollstreckungsschuldner Eigentümer geworden. Damit seien aber auch die Pfändungspfandrechte der Beklagten zur Entstehung gelangt. Erst anschließend habe das mit den Pfändungsrechten belastete
Eigentum auf den Kläger übergehen können. Dabei brauche die Frage nicht entschieden zu werden, ob das Eigentum dadurch erworben worden sei, daß der Vollstreckungsschuldner die Anwartschaft auf den Erwerb des Eigentums mit dinglicher Wirkung übertragen gehabt habe (so ein überwiegender Teil der Rechtslehre) oder ob
ein Erwerb von seiten eines Nichtberechtigten mit heilender Wirkung gemäß § 185 Abs 2 BGB stattgefunden habe. In beiden Fällen hätte der Kläger ohne den Willen des Vorbehaltsverkäufers nicht unmittelbar Eigentum erwerben können. Dies wäre nur dann geschehen, wenn eine den Eigentumserwerb des Klägers vollendende
Willenseinigung vorgelegen habe, wonach der Vorbehaltsverkäufer alsbald nach der Sicherungsübereignung zwischen dem Vollstreckungsschuldner und dem Kläger von dieser Rechtshandlung benachrichtigt worden sei und er zu dieser seine ausdrückliche oder stillschweigende Zustimmung gegeben oder diese Maßnahme durch sein
Verhalten gebilligt habe, oder wenn alle Beteiligten durch ein einverständliches Zusammenwirken den unmittelbaren Eigentumsübergang herbeigeführt hätten. Keine dieser Möglichkeiten habe der Kläger dargetan. Der Kläger habe nicht behauptet, daß der Vorbehaltsverkäufer vom Vollstreckungsschuldner von der Übertragung
der Anwartschaft benachrichtigt worden sei. Auch habe es an einem geeigneten Sachvortrag sowie an der Darlegung geeigneter Beweismittel dahin gefehlt, daß Vorbehaltskäufer, Vorbehaltsverkäufer und Sicherungserwerber bei Zahlung der letzten Kaufpreisrate entweder schriftlich oder mündlich zusammen erklärt hätten, der
Sicherungserwerber solle unmittelbar Eigentümer des Fahrzeugs werden, daß also der Vorbehaltskäufer dem Vorbehaltsverkäufer gegenüber oder sonstwie in erkennbarer Weise zum Ausdruck gebracht hätte, daß er, der Vollstreckungsschuldner, auf Grund einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Ermächtigung von seiten des
Verkäufers das Eigentum an dem Wagen in dessen Namen unmittelbar auf den Kläger übertragen wolle bzw daß der Kläger von seiten des Vollstreckungsschuldners im Wege der stillen oder verdeckten Stellvertretung unmittelbar das Eigentum an dem Fahrzeug erworben habe. Die Voraussetzungen für das Vorliegen einer
sogenannten verdeckten Stellvertretung seien weder zur Zeit des Abschlusses des Kaufvertrages noch im Zeitpunkt der Sicherungsübereignung dargetan. Schließlich habe es auch daran gefehlt, daß der Übergang des Eigentums (auf den Kläger) nach außen erkennbar hervorgetreten sei. Dies sei aber schon deshalb erforderlich
gewesen, weil im vorliegenden Fall einander widerstreitende dingliche Rechte, wie Eigentum und Pfändungspfandrecht zusammengestoßen seien. Die Pfändungspfandrechte seien daher wirksam von den Beklagten erworben.
2. Diese Ausführungen des Berufungsrichter beruhen weitgehend auf Erwägungen, die das Reichsgericht in der in RGZ 140, 223 abgedruckten und im Berufungsurteil wiederholt angezogenen Entscheidung darüber angestellt hat, ob der Vorbehaltskäufer (§ 455 BGB), dem das Eigentum unter der aufschiebende Bedingung der Zahlung
des Kaufpreises übertragen worden ist, vor dem Eintritt der Bedingung über die verkaufte und ihm übergebene Sache mit der Maßgabe verfügen kann, daß der durch die Verfügung Begünstigte beim Eintritt der Bedingung durch Zahlung des Kaufpreises das Eigentum frei von Rechten erwirbt, die ;ich auf Verfügungen stützen, die
entweder der Vorbehaltskäufer in der Zeit zwischen der Übertragung des "Anwartschaftsrechts" und der Erfüllung der Bedingung vorgenommen hat oder die gegen ihn als Vollstreckungsschuldner im Wege der Zwangsvollstreckung in den betreffenden Gegenstand durchgeführt worden sind. Diese Frage würde im vorliegenden Fall
ebenso zu beantworten sein, wie es der Berufungsrichter getan hat, wenn dem Standpunkt des Reichsgerichts in dieser Entscheidung beizutreten wäre. Die Entscheidung beruht ihrerseits wieder auf einer Reihe früherer Entscheidungen, die sich mit einschlägigen Rechtsfragen befassen. Das in RGZ 140, 223 abgedruckte Erkenntnis
des VII. Zivilsenats des Reichsgerichts hat im Schrifttum nicht so sehr wegen des Ergebnisses als vor allem wegen der diesem gegebenen Begründung starken Widerspruch erfahren, auch die Rechtsprechung der neuesten Zeit hat sich den Bedenken der Rechtslehre nicht verschlossen (LG Köln in NJW 1954, 1773 und OLG Celle in
NJW 1955, 671 [673] und eine vom Reichsgericht abweichende Ansicht vertreten. Dies macht es erforderlich, die erwähnte Rechtsfrage erneut von Grund auf zu prüfen, zumal da das Reichsgericht selbst, und zwar auch durch den VII. Zivilsenat in einem Urteil vom 23. April 1937 (SeuffArch 91 Nr 115 [S 261] = WarnRspr 1937 Nr
110) in wesentlichen Punkten von dem früheren Urteil abgewichen ist.
3. Die Vorfrage ist, ob derjenige, der ein Recht unter einer aufschiebenden Bedingung erwirbt, bis zum Eintritt der Bedingung
schon ein subjektives Recht besitzt, und ob er über diese "Rechtsposition" verfügen kann. Die Frage wird in der Rechtslehre einhellig bejaht. Den gleichen Standpunkt hat das Reichsgericht in RGZ 101, 185 [187] vertreten. In RGZ 140, 223 ist die Frage dahingestellt gelassen, ob der übertragbaren Anwartschaft der Charakter
eines subjektiven Rechts zukomme und welchen Inhalt diese "Rechtsposition" habe. Der Bundesgerichtshof hat in der in BGHZ 10, 69 abgedruckten Entscheidung und auch in einem weiteren Urteil vom 24. Mai 1954 (LindMöhr Nr 2 ZPO § 857 = NJW 1954, 1325) ausgesprochen, daß die Anwartschaft ein subjektives Recht sei. Aus dem zweiten
Urteil ergibt sich als Standpunkt des Bundesgerichtshofs, daß über dieses Recht auch von dem Anwartschaftsberechtigten verfügt werden kann. Nicht entschieden ist aber in beiden Urteilen die Frage, welche Rechtsfolgen sich aus einer rechtswirksamen Verfügung für die Gültigkeit von Rechtsgeschäften des Veräußerers oder von gegen
diesen gerichteten Zwangsvollstreckungsakten in die veräußerte Sache ergeben, die in der Zeit bis zum Eintritt der Bedingung vorgenommen werden.
4. Für die Entscheidung dieser Frage ergibt sich aus den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches unmittelbar nichts. Dieses beschränkt sich darauf, in den Bestimmungen der §§ 160, 161 den Erwerb des ersten Anwartschaftsberechtigten gegen Maßnahmen des bedingt Verfügenden oder gegen ihn gerichtete Eingriffe dritter Personen zu
schützen. Aufgabe der Rechtsprechung und der Rechtslehre ist es daher, die für die rechtliche Bewertung der Übertragung des Anwartschaftsrechts maßgebenden Rechtssätze zu finden. Dabei sind die allgemeinen Gesichtspunkte, die sich aus der Natur der Sache ergeben, zu beachten und ferner die berechtigten Interessen der von einem solchen
Rechtsübergang Betroffenen zu berücksichtigen. Und zwar müssen die so zu ermittelnden Rechtssätze im Einklang mit den im geltenden Recht durchgeführten Rechtskonstruktionen (RGZ 101, 185 [189]) stehen. Bei der Lösung dieser Aufgabe bieten sich zwei Wege. Man kann davon ausgehen, daß der Endzweck der bedingten Verfügung und der "Übertragung
des Anwartschaftsrechts" doch nur der Erwerb des Vollrechts ist. Tut man dies (Brandis JW 1931, 505; Siebert JW 1933, 2440; Becker JW 1934, 678), so führt dies dazu, in der Verfügung des Anwartschaftsberechtigten, der zur Zeit der Übertragung des Anwartschaftsrechts noch nicht Inhaber des Vollrechts ist, die Verfügung eines Nichtberechtigten
zu sehen und die hier zu entscheidenden Fragen entweder aus der Vorschrift des § 185 BGB oder doch ihrer entsprechenden Anwendung zu lösen. Der andere Weg ist der, an das Problem so heranzugehen, daß man in den Mittelpunkt der vorzunehmenden Erwägungen das Recht des Anwartschaftsberechtigten stellt. Dieser verfügt, wie auch das Reichsgericht
in RGZ 140, 223 [225] nicht verkennt, bei der Übertragung des Anwartschaftsrechts selbst nicht als Nichtberechtigter. Folgerichtig wird man dann geneigt sein, auch soweit er mittelbar (v. Tuhr, AllgTlBGB II, 2 S 306) über das Vollrecht verfügt, nicht die Verfügung eines Nichtberechtigten zu sehen und § 185 BGB überhaupt nicht für anwendbar zu
erklären. Den ersten Weg hat das Reichsgericht in den hier maßgebenden Urteilen in RGZ 64, 204 und 344, 95, 205 und auch in RGZ 140, 223 eingeschlagen. Für den zweiten Weg hat sich die in der Rechtslehre überwiegende Meinung (Rühl, Eigentumsvorbehalt und Abzahlungsgeschäft S 97; Letzgus, Die Anwartschaft des Verkäufers unter Eigentumsvorbehalt
S 97; G. Reinicke, Gesetzliche Pfandrechte und Hypotheken an Anwartschaftsrechten aus bedingter Übereignung S 21 ff; Boehner, Grundlagen der Bürgerlichen Rechtsordnung II, 2 S 151; Schwister in JW 1933, 1762, 1857 und 2574; RGRK BGB 10 Aufl § 929 Anm 1b S 261; Staudinger-Berg 11. Aufl § 929 Anm 28c S 621; Westermann, Sachenrecht 2. Aufl; § 5
III 3 S 31, § 44, 2 und 3 S 217) sowie in der neuesten Zeit ein Teil der Rechtsprechung entschieden. Der Standpunkt des Reichsgerichts ist klar und folgerichtig aus der ersten der erwähnten Entscheidungen in RGZ 64, 204 ersichtlich. Wie dort ausgesprochen wird, muß der Wille des Verkäufers, Eigentum zu übertragen, in dem Augenblick vorhanden
sein, in welchem die Bedingung eintritt. Daher finde, so meint das Reichsgericht, nach dem Vertrag die Eigentumsübertragung vorher überhaupt nicht statt. Der dingliche Vertrag werde erst dann geschlossen, wenn die Bedingung eintrete. Bis zu diesem Augenblick bestehe die obligatorische Verpflichtung des bedingt verfügenden Vorbehaltsverkäufers,
das Eigentum zu verschaffen, aus dem Kaufvertrag als noch nicht erfüllt fort. Derselbe Grundsatz wird vom VII. Zivilsenat des Reichsgerichts in RGZ 95, 105 ausgesprochen. Dieser Rechtssatz hat eine sachenrechtliche und eine schuldrechtliche Bedeutung, was in späteren Entscheidungen des Reichsgerichts nicht immer deutlich auseinandergehalten worden
ist (Siebert JW 1933, 2440 f). Die sachenrechtliche Bedeutung ist die: Die als zulässig vorausgesetzte Übertragung des Anwartschaftsrechts kann für sich allein noch nicht beim Eintritt der Bedingung (der Zahlung des Kaufpreises) den unmittelbaren Übergang des Vollrechts von dem bedingt Verfügenden (Vorbehaltsverkäufer) auf den Anwartschaftsbewerber
herbeiführen, dazu bedarf es noch der Mitwirkung des Vollrechtsinhabers, des Vorbehaltsverkäufers. Daneben steht die schuldrechtliche Folgerung: Bis zum Bedingungseintritt ist der Kaufvertrag noch nicht erfüllt. Dies ist folgerichtig, wenn man annimmt, die Einigung müsse auch noch in diesem Augenblick des Bedingungseintritts (der Zahlung des
Kaufpreises) noch vorhanden sein, sei es daß man eine neue ausdrückliche Einigung oder nur das Fortbestehen der früher erklärten Einigung verlangt. Von dem in diesen Entscheidungen eingenommenen Standpunkt aus kann es gerechtfertigt sein, wenn das Reichsgericht in der in RGZ 140, 223 abgedruckten Entscheidung auch zur Weiterübertragung des
Anwartschaftsrechts durch den ersten Anwartschaftsberechtigten (Vorbehaltskäufer) die Mitwirkung des bis zur Erfüllung der Bedingung vollberechtigten Vorbehaltsverkäufers in irgendeiner Form verlangt, sei es in der Gestalt des Einverständnisses aller Beteiligten über den unmittelbaren Rechtsübergang vom Vollrechtsinhaber auf den Erwerber des
Anwartschaftsrechts unter Umgehung des aus der bedingten Verfügung berechtigten Vorbehaltskäufers, sei es in der Gestalt der Zustimmung des Vorbehaltsverkäufers einer von dem Anwartschaftsberechtigten (Vorbehaltskäufer) vorgenommenen Verfügung über das Vollrecht nach § 185 BGB. Dabei treten aber die in der Entscheidung hervortretenden
Schwierigkeiten deutlich zu Tage, die vorhanden sind, wenn eine ausdrückliche Erklärung des Vorbehaltsverkäufers nicht vorliegt und untersucht werden muß, ob der Vorbehaltsverkäufer nicht wenigstens stillschweigend sein Einverständnis erklärt hat. Mit Recht konnte das Reichsgericht, wenn seine Ansicht überhaupt richtig ist, sagen, die
Umstände, unter denen es diese Mitwirkung für vorhanden erkläre, bedeuteten "ein weitgehendes Entgegenkommen gegenüber den Bedürfnissen des Verkehrs" (RGZ 140, 223 [229]). Die in dieser und den früheren Entscheidungen gemachten Voraussetzungen lassen sich aber nicht aufrechterhalten, sie finden nicht nur im Gesetz keine Grundlage, sie stehen
teilweise auch mit anderen Entscheidungen desselben Gerichtshofs in Widerspruch.
5. Vor allem kann dem Reichsgericht nicht darin gefolgt wer den, daß die Willensübereinstimmung über den Übergang des Vollrechts noch beim Eintritt der Bedingung, im Rechtsverkehr also meist der gänzlichen Zahlung des Kaufpreises, vorhanden sein müsse. Diese Ansicht ist schon mit dem Wortlaut des § 158 BGB nicht vereinbar. Aus ihm ergibt
sich, daß bei Bedingungseintritt automatisch die Rechtsfolgen eintreten, die die Parteien an den Eintritt geknüpft haben. Das muß auch von einer bedingten Verfügung über ein bestehendes Recht gelten. Das ist auch in RGZ 66, 344 (349) klar erkannt, wenn dort gesagt wird, es bedürfe beim Eintritt der Bedingung keiner weiteren Willenseinigung.
So hat der IV. Zivilsenat des Reichsgerichts in einer in JW 1925, 353 Nr 6 wiedergegebenen Entscheidung ausgesprochen, der Eigentumsübergang vollziehe sich bei Eintritt der Bedingung ohne weiteres, eine neue Einigung sei nicht nötig. Dieser Ansicht hat sich der VII. Zivilsenat in dem erwähnten Urteil vom 27. April 1937 (SeuffArch 91 Nr 115)
angeschlossen. Auch der Bundesgerichtshof vertritt sie in BGHZ 10, 69.
6. Die Entscheidung vom 27. April 1937 bedeutet in fast allen wesentlichen Punkten eine Annäherung an die oben bereits erwähnte, in der Rechtslehre mit überwiegender Mehrheit vertretene Ansicht, daß die Übertragung der Anwartschaft beim Eintritt der Bedingung unmittelbar den Übergang des Volleigentums
auf den Erwerber der Anwartschaft unter Umgehung des ersten Anwartschaftsberechtigten (Vorbehaltskäufers) zur Folge habe. Wie das Reichsgericht dort ausführt, ist der Inhalt der Anwartschaft der unmittelbare Erwerb des Vollrechts, wenn die Bedingung eintritt, unter der die Anwartschaft zum Vollrecht erstarkt. Durch die Bezahlung des
Kaufpreises gehe das Eigentum an der unter Eigentumsvorbehalt verkauften Sache unmittelbar von dem Vorbehaltsverkäufer auf den Sicherungsnehmer über, das Vermögen des Vorbehaltskäufers sei nicht Durchgangspunkt des Eigentums bei diesem Übergang. Allerdings läßt es diese Entscheidung dahingestellt, ob ein solcher unmittelbarer
Eigentumsübergang auch dann stattfindet, wenn der Vorbehaltsverkäufer der Übertragung der Anwartschaft nicht zugestimmt hat. Diese Frage brauchte nicht beantwortet zu werden, weil in dem genannten Fall die ausdrückliche Zustimmung des Verkäufers vorlag. Immerhin hat das Reichsgericht nicht wie früher im Falle des Nichtvorliegens
den unmittelbaren Übergang schlechthin verneint, sondern enthält sich jetzt "einer abschließenden Stellungnahme" zu dieser Frage. Das zeigt, daß bei dem Gerichtshof Bedenken aufgetreten waren, ob man nach der in dieser Entscheidung erfolgten Abweichung von den früher ausgesprochenen Grundsätzen diese Zustimmung überhaupt verlangen
könne. Die Notwendigkeit eines solchen Einverständnisses des Vorbehaltsverkäufers oder jedes anderen Vollberechtigten, der sein Recht unter einer (noch nicht eingetretenen) Bedingung veräußert hat, muß aber nach richtiger Ansicht verneint werden.
7. Bejaht man die Zulässigkeit der Übertragung einer Anwartschaft auf den Erwerb eines unter einer aufschiebenden Bedingung veräußerten Rechts - auch das Reichsgericht hat sie in den früheren Erkenntnissen nicht in Abrede gestellt -, dann räumt man damit dem Anwärter die Möglichkeit ein, den Wert, der in der Chance des Erwerbs des
Vollrechts liegt, bereits in der Gegenwart zu Kredit- oder anderen Zwecken für sich auszunutzen (Schantz JW 1931, 503). Die dem Anwärter durch das Gesetz verliehene Befugnis bedeutet einen gegenwärtigen Vermögenswert (RGZ 101, 185 [187]). Es kann nicht verkannt werden, daß der Wert der eingeräumten Befugnis stark vermindert würde,
wenn man die Übertragbarkeit an die Zustimmung des Inhabers des Vollrechts knüpfte. Mit Recht haben Geßler-Hefermehl (HGB 2. Aufl Anh zu § 368 Anm 13 S 1301) ausgeführt, daß, wer diese Folgerung zieht, auf halbem Wege stehen bleibe und in Wahrheit die Übertragung der Anwartschaft nicht zulasse. Nur wenn sich gewichtige Bedenken aus
entgegenstehenden überwiegenden Interessen der durch eine solche Verfügung Betroffenen oder dem Widerspruch gegen anerkannte Grundsätze des Bürgerlichen Gesetzbuchs herleiten ließen, könnte die erwähnte Einschränkung des Verfügungsrechts des Anwärters zu rechtfertigen sein. Solche Bedenken sind aber nicht ersichtlich. Als an dem
Rechtsvorgang beteiligte Personen kommen außer dem Zweiterwerber der Anwartschaft der Inhaber des Vollrechts (Vorbehaltsverkäufer) oder der Ersterwerber der Anwartschaft (Vorbehaltskäufer) in Frage. Dieser hat durch seine Übertragung den Willen zum Ausdruck gebracht, daß der Übertragungsempfänger bei Eintritt der Bedingung an seine
Stelle treten und das Vollrecht erwerben soll. Der Vorbehaltsverkäufer hat kein Interesse an der Person des Erwerbers des Vollrechts, wenn die Bedingung eingetreten ist. Auch die dem geltenden bürgerlichen Recht zugrundeliegenden Grundsätze erfordern keine abweichende "Konstruktion" des Vorgangs. Anwartschaften auf den Erwerb eines
Rechts, die selbst wieder den Charakter eines dem Vollrecht ähnlichen Rechtes haben, sind auch sonst im bestehenden Recht ausdrücklich anerkannt oder als bestehend in Rechtsvorschriften vorausgesetzt (v. Tuhr AllgTl BGB I, 180 ff; Enneccerus-Nipperdey 14. Auflage Allgemeiner Teil §§ 73 I 3a [S 281], 82 II 4 [S 310]). Sie sind
veräußerlich, sofern das Vollrecht, auf dessen Entstehung oder Erwerb sie ihrem Inhalt nach gerichtet sind, veräußerlich ist (RGZ 101, 185 [187]). Die Verfügung über sie ist nicht die Verfügung eines Nichtberechtigten im Sinne des § 185 BGB, soweit eine Verfügung des Anwärters unmittelbar die Anwartschaft zum Gegenstand hat
(Schantz, JW 1931, 507). § 185 BGB kann aber auch insoweit keine Anwendung finden, als mittelbar auch über das Vollrecht verfügt wird. Die Verfügung des Anwärters kann mit der Verfügung des Nichtberechtigten nicht auf eine Stufe gestellt werden, wie Brandis (JW 1931, 507) und Becker (JW 1934, 678) zu Unrecht annehmen. Wer auf
Grund eines Rechtes mittelbar über ein fremdes Recht verfügen darf und verfügt, muß demjenigen gleichgestellt werden, der im Einverständnis des Vollberechtigten handelt (so ua im Ergebnis auch Schantz aaO; Letzgus, Die Anwartschaft des Käufers unter Vorbehalt S 16; G. Reinicke, Gesetzliche Pfandrechte und Hypotheken an
Anwartschaftsrecht aus bedingter Übereignung S 21 ff und Reinicke NJW 1951, 547; Boehmer, Grundlagen der Bürgerlichen Rechtsordnung Bd II, 2 S 151; RGRK BGB § 929 Anm 1b S 261). Wollte man das Gegenteil annehmen, so wäre der Anwärter schlechter gestellt als derjenige Käufer, dem das Eigentum überhaupt noch nicht übertragen
worden ist, der aber eine Forderung auf Übertragung des Eigentums besitzt (§ 433 BGB). Dieser Käufer hat die Möglichkeit, über die Forderung zu verfügen und sie in seinem Interesse zu verwerten. Diese Möglichkeit besteht nicht, wenn dem Käufer die Sache unter Vorbehalt übereignet und übergeben ist. Dann ist die Forderung gegen
den Verkäufer auf Eigentumsverschaffung erloschen, da der Verkäufer alles getan hat, was seinerseits hierzu erforderlich ist (BGH Lind-Möhr Nr 6 zu § 18 Abs 1 S 2 UmstG, NJW 1951, 437 und NJW 1954, 1325; RGRK BGB aaO). Der Käufer, der keine Anwartschaft hat, könnte dann die schwächere Chance schon in der Gegenwart ausnutzen, während
der Inhaber des stärkeren Rechts, als welches sich die Anwartschaft auf Erwerb des Vollrechts gegenüber der bloßen Forderung auf Verschaffung des Vollrechts darstellt, dazu nicht in der Lage wäre. Das kann nicht Rechtens sein. Der Senat tritt daher der in der Rechtslehre herrschenden Ansicht, der sich in neuester Zeit auch das
Landgericht Köln(NJW 1954, 1773) das Landgericht Bückeburg (NJW 1955, 1156) und das Oberlandesgericht Celle (NJW 1955, 671 [673]) (anderer Ansicht OLG Stuttgart NJW 1951, 445 mit Anm von Lange) angeschlossen haben, bei, daß der Anwartschaftsberechtigte aus bedingter Übereignung über seine Anwartschaft ohne Zustimmung des Eigentümers
mit der Maßgabe verfügen kann, daß der Erwerber der Anwartschaft mit dem Eintritt der Bedingung das Vollrecht ohne weiteres erwirbt.
8. Daraus ergibt sich im vorliegenden Fall, daß die Beklagten sich auf die von ihnen in den Anhänger ausgebrachte Pfändung gegenüber dem auf § 771 ZPO beruhenden Klaganspruch nicht berufen können, wenn der Kläger die Anwartschaft aus bedingter Übereignung von dem Vollstreckungsschuldner erworben hat. Diese Pfändungen sind dann bei
Eintritt der Bedingung ihm gegenüber nicht wirksam geworden. Der Berufungsrichter hat aber offengelassen, ob eine Verfügung über die Anwartschaft stattgefunden hat. Nach dem oben Ausgeführten kann aber diese Frage nicht offen bleiben. Es ist zu prüfen, ob die Beteiligten, der Vollstreckungsschuldner und der Kläger den einen oder den
anderen Weg gegangen sind. Daß der Anwärter die Anwartschaft übertragen und so dem Erwerber bei Eintritt der Bedingung das Vollrecht verschaffen kann, bedeutet nicht, daß er in dieser Weise vorgehen muß. Er kann grundsätzlich auch, ohne über die Anwartschaft zu verfügen, das Vollrecht wie ein Nichtberechtigter übertragen
(Geßler-Hefermehl aaO Anm 10 und Letzgus aaO Seite 6 ff). In dem letzten Fall erhält der Erwerber das Vollrecht nur unter den in § 185 BGB angegebenen Voraussetzungen. Das würde im vorliegenden Fall zur Folge haben, daß der Kläger nur den mit den wirksam gewordenen Pfändungsrechten belasteten Anhänger zu Eigentum erworben
hätte (RGZ 60, 73; Enneccerus-Nipperdey aaO § 204 V 3 S 892). Ob die Beteiligten das eine oder das andere gewollt haben, hängt von der Auslegung der getroffenen Verfügung ab (Becker JW 1934, 678). Dabei ist nicht so sehr an dem Wortlaut der mit den einschlägigen Rechtsfragen nicht vertrauten Beteiligten zu haften als an dem
Sinn und Zweck der Abrede. In der Regel wird anzunehmen sein, daß nicht nur das künftige Vollrecht, sondern schon die gegenwärtige Anwartschaft auf den Erwerber übergehen soll, der ja meist nach der Rechtsstellung strebt, die ihm die beste Sicherheit gegen widersprechende zukünftige Verfügungen des veräußernden Anwärters verschafft.
Außerdem bedarf es noch der Entscheidung der vom Berufungsrichter von seinem Standpunkt aus offengelassenen Frage, ob die Einwendungen der Beklagten, eine wirksame Sicherungsübereignung habe überhaupt nicht vorgelegen, begründet sind.
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