(Kein) gutgläubiger Erwerb des gesetzlichen Werkunternehmerpfandrechts und Verwendungsersatzanspruch des Werkunternehmers aus EBV

BGH, Urt. vom 21. Dezember 1960


Fundstelle:

BGHZ 34,122
s. auch BGH NJW 2002, 2875
Vgl. weiter BGHZ 68, 323 : Gutgläubiger Erwerb eines rechtsgeschäftlichen Pfandrechts (§§ 1207, 932 BGB) an Kraftfahrzeugen: Anforderungen an den Guten Glauben (Rolle des Kfz-Briefs)


Amtl. Leitsätze:

1. Besteht ein schuldrechtlicher Herausgabeanspruch des Eigentümers gegen den Besitzer einer Sache, so wird dadurch der dingliche Eigentumsherausgabeanspruch gegen ihn nicht ausgeschlossen. Vielmehr bestehen beide Herausgabeansprüche nebeneinander.
2. Der Unternehmer erwirbt an von ihm reparierten Sachen, die dem Besteller nicht gehören, regelmäßig auch dann kein gesetzliches Unternehmerpfandrecht, wenn der Eigentümer den Besteller, dem er den Besitz an der Sache überlassen hat, ermächtigt, erforderlich werdende Reparaturen an der Sache ausführen zu lassen.
3. Dem Unternehmer, der eine dem Besteller nicht gehörende Sache repariert hat, können gegen den Eigentümer, wenn dieser berechtigt ist, von dem Unternehmer Herausgabe der Sache zu verlangen, unter dem Gesichtspunkt des Verwendungsersatzes Ansprüche zustehen, die dem Unternehmer ein Zurückbehaltungs- und, sofern die Voraussetzungen des § 1003 BGB gegeben sind, ein Befriedigungsrecht an dem reparierten Gegenstand gewähren.



Sachverhalt:

Der Transportunternehmer B. kaufte bei der Beklagten einen gebrauchten Kleinbus gegen Hingabe von Wechseln. Der Beklagte behielt sich das Eigentum an dem Wagen vor und händigte deshalb den Kraftfahrzeugbrief nicht an B. aus. Dem Kauf lagen die Geschäftsbedingungen für den Verkauf von gebrauchten Kraftfahrzeugen und Anhängern zugrunde, deren Nr. III 8 lautet:
 »Der Käufer hat die Pflicht, während der Dauer des Eigentumsvorbehalts den Kaufgegenstand in ordnungsmäßigem Zustand zu halten und erforderlich werdende Reparaturen sofort ausführen zu lassen.«
Die Wechsel wurden von B. nicht eingelöst. Dieser verunglückte mit dem Wagen, ließ ihn von der Klägerin abschleppen und gab ihn ihr zur Reparatur. Die Rechnung der Klägerin wurde von B. nicht beglichen. Nachdem B. in Konkurs gefallen war, verlangte die Klägerin von der Beklagten die Herausgabe des Kraftfahrzeugbriefes, um sich aus dem Wagen zu befriedigen. Die Beklagte lehnte dies ab.
Die Klägerin hat darauf gegen die Beklagte Klage auf Herausgabe des Kraftfahrzeugbriefes erhoben. Die Beklagte hat mit der Widerklage Herausgabe des Busses begehrt.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Berufung und Revision der Beklagten sind ohne Erfolg geblieben.

Aus den Gründen:

A. Zur Widerklage.
1. Die auf Herausgabe des Kraftwagens an die Beklagte gerichtete Widerklage wird auf deren Eigentum an dem Kraftwagen gestützt. Es handelt sich mithin um einen Anspruch des Eigentümers auf Herausgabe einer Sache gegen deren Besitzer gemäß § 985 BGB. Ein solcher Anspruch steht der Beklagten zu, obgleich sie den Kraftwagen an B. freiwillig aus der Hand gegeben hat und der Wagen von diesem mit seinem Willen in unmittelbaren Besitz der Klägerin gelangt ist. Der Ansicht von Raiser (Festschrift für M. Wolff, 1952 S. 123 ff; Wolff/Raiser, Sachenrecht 10. Bearb. § 84 I 2 S. 320; JZ 1958, 681, 683 1. Sp.), der Eigentumsanspruch trete hinter Rückgabeansprüchen aus vertraglichen oder gesetzlichen Schuldverhältnissen zurück, durch die der Besitzer gegenüber dem Eigentümer ein Recht zum Besitz erworben hatte, vermag der erkennende Senat nicht zu folgen. Vielmehr ergibt sich aus der Vorschrift des § 986 BGB, die dem aus § 985 BGB in Anspruch genommenen Besitzer dieselbe Rechtsstellung gewährt, in der er sich befindet, wenn der Herausgabeanspruch auf Vertrag gestützt wird, mit aller Deutlichkeit, daß nach dem Willen des Gesetzgebers die beiden Herausgabeansprüche sich nicht ausschließen, sondern nebeneinander bestehen (Staudinger, BGB 11. Aufl. § 985 Nr. 1 a; BGB-RGRK 11. Aufl. § 985 Anm. 3; Westermann, Sachenrecht 4. Aufl. § 30 I 4 S. 138; vgl. auch BGHZ 9, 22, 28). Entgegen der von dem erkennenden Senat abgelehnten Ansicht von Raiser braucht sich die Beklagte, um gegen die Klägerin vorgehen zu können, daher nicht den Herausgabeanspruch des B. aus dem Werkvertrag gegen die Klägerin abtreten zu lassen, dem die Klägerin auch dann, wenn die Beklagte als Abtretungsempfängerin ihn erhebt, ihre Einwendungen an dem Werkvertrag mit B. entgegenhalten könnte, sondern der Beklagten steht der sachenrechtliche Herausgabeanspruch aus § 985 BGB unmittelbar gegen die Klägerin zu.
Da feststeht, daß B. seinen Verpflichtungen gegenüber der Beklagten nicht nachgekommen ist und diese daher von ihm den Kraftwagen herausverlangen kann, hängt die Entscheidung über die Widerklage davon ab, ob die Klägerin der Beklagten gegenüber zum Besitz berechtigt ist, obgleich B. als mittelbarem Besitzer ein solches Recht nicht mehr zusteht.
2. Das Berufungsgericht hat diese Frage deshalb bejaht, weil die Klägerin, ohne daß es darauf ankomme, ob sie bei Erwerb des Reparaturbesitzes an dem Kraftfahrzeug in gutem Glauben an das Eigentum des Bestellers gewesen sei, ein gesetzliches Unternehmerpfandrecht erworben habe. Diese Ansicht findet im Gesetz keine Stütze. Gemäß § 647 BGB erwirbt der Unternehmer für seine Forderungen aus dem Vertrage mit dem Besteller ein gesetzliches Pfandrecht an dessen von ihm ausgebesserten beweglichen Sachen, wenn sie zum Zwecke der Ausbesserung in seinen Besitz gelangt sind. Der von der Klägerin ausgebesserte Kraftwagen ist aber niemals Eigentum des Bestellers B., also niemals dessen Sache gewesen.
Allerdings hatte B. als Vorbehaltskäufer die Anwartschaft auf das Eigentum an dem Kraftfahrzeug erworben. Dieses Anwartschaftsrecht ist zwar kein Sachenrecht und kein gegen jedermann wirkendes dingliches Recht an fremder Sache, jedoch kommt es nach Wirkung und Bedeutung einem echten beschränkten dinglichen Recht nahe (BGHZ 30, 374, 377), es ist gewissermaßen die Vorstufe des Eigentums (BGHZ 28, 16, 21). Ob die Klägerin ein Unternehmerpfandrecht an dem Anwartschaftsrecht hat erwerben können und ob sie ein solches Recht erworben hat (verneinend BGB RGRK aaO § 455 Anm. 27), kann indes dahinstehen, denn ein solches Pfandrecht würde sie angesichts der hier gegebenen Fallgestaltung schon deshalb nicht zur Verweigerung der Herausgabe der Sache an den Eigentümer berechtigen, weil der Besteller seinen Verpflichtungen gegenüber dem Eigentümer nicht nachgekommen ist und der Beklagten deshalb der Anspruch auf Herausgabe der Sache ohne Rücksicht auf ein etwa an dem Anwartschaftsrecht begründetes gesetzliches Pfandrecht zusteht.
Eine von dem Eigentümer dem Besitzer erteilte Ermächtigung, die Sache, falls dies erforderlich wird, reparieren zu lassen, auf die das Berufungsgericht abstellt, ist entgegen seiner Auffassung im allgemeinen nicht geeignet, ein gesetzliches Unternehmerpfandrecht an einer dem Besteller nicht gehörenden Sache entstehen zu lassen. Die Rechtseinrichtung der Verpflichtungsermächtigung in dem Sinne, daß der Ermächtigte durch rechtsgeschäftliches Handeln im eigenen Namen auf den Rechtskreis des Ermächtigenden einwirken dürfe, ist dem deutschen Recht im wesentlichen fremd (vgl. Staudinger aaO Nr. 63a - 63d vor § 164; aA Bettermann, JZ 1951, 321). Nur im Rahmen des § 185 BGB ist die Ermächtigung zu Verfügungsgeschäften anerkannt. Würde von einer Verpflichtungsermächtigung ausgegangen werden, so würde eine solche allerdings dazu führen können, daß der Eigentümer neben der eigentlichen Vertragspartei als Mitbesteller erschiene und demgemäß der Unternehmer ein gesetzliches Pfandrecht erwürbe. Eine solche Ermächtigung würde indes den Willen des Eigentümers voraussetzen, sich entsprechend zu verpflichten. Der Bestimmung in Nr. III 8 der Geschäftsbedingungen, auf die das Berufungsgericht abstellt, läßt sich aber ein solcher Wille keinesfalls entnehmen. Die bloße Ermächtigung des Eigentümers an den Vorbehaltskäufer, den Wagen reparieren zu lassen, kann deshalb für sich allein nicht dazu führen, daß ein gesetzliches Pfandrecht an dem nicht dem Vorbehaltskäufer gehörenden Wagen entsteht, denn ein solches wird, wie ausgeführt, nach Wortlaut und Sinn des Gesetzes nur an Sachen des Bestellers begründet, nicht aber an Sachen, die diesem nicht gehören. Daran vermag die Zustimmung des Eigentümers zur Reparatur nichts zu ändern, weil eben das gesetzliche Pfandrecht Sachen eines Dritten nicht ergreift (Siber, Fischers Abhandlungen 5, 29). Vielmehr widerspricht es der Eigenart gesetzlicher Pfandrechte, wie Raiser (JZ 1958, 681, 682) mit Recht hervorhebt, ihre Entstehung, die nicht auf einem Verfügungsakt beruht, in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung des § 185 BGB von der Zustimmung eines Verfügungsberechtigten abhängig zu machen.
Daß der Wortlaut des § 647 BGB der vom Berufungsgericht gegebenen Lösung entgegensteht, verkennt auch Stöber (NJW 1958, 821) nicht, der ebenfalls dem Unternehmer an ihm zugeführten bestellerfremden Sachen ein gesetzliches Pfandrecht gewähren will, wenn sich ein Einverständnis des Eigentümers mit der Vornahme der Reparaturarbeiten feststellen läßt, was nach seiner Auffassung im Regelfall wird angenommen werden können. Seiner Ansicht, die Interessen der Beteiligten geböten es, trotz der im Gesetz zum Ausdruck gekommenen Regelung, angesichts der seit Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches völlig veränderten Verhältnisse den Begriff »Sachen des Bestellers« weit auszulegen, läßt außer acht, daß die von ihm befürwortete Auslegung mit Wortlaut und Sinn der Vorschrift des § 647 BGB nicht in Einklang steht, denn nach dem Sprachgebrauch des Gesetzes können unter »Sachen des Bestellers«, wie ausgeführt, nur solche Sachen verstanden werden, die Eigentum des Bestellers sind, nicht aber Gegenstände, die ihm niemals gehört haben. Der Wortlaut des Gesetzes entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, denn er hat die gesetzlichen Pfandrechte als reine Sicherung der schuldrechtlichen Forderung gedacht, so daß sie nur gegen den Schuldner der Forderung wirken können (vgl. Motive II, 404, 405; Münzel, MDR 1952, 643). Die gesetzlichen Pfandrechte sollen ihre Entstehung keinem Willensakt verdanken, vielmehr müssen die Voraussetzungen ihrer Begründung ausschließlich den dies regelnden Gesetzen entnommen werden; diese haben lediglich solche Entstehungsgründe bestimmt, denen ein rechtsgeschäftlicher Charakter nicht beigemessen werden kann (Motive III, 797). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts gibt auch die Interessenlage keinen Anlaß, über den im Gesetz zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers hinwegzugehen, denn der Unternehmer ist, wie noch darzulegen sein wird, in seinen berechtigten Belangen auch dann ausreichend geschützt, wenn die Entstehung eines gesetzlichen Unternehmerpfandrechts an dem Besteller nicht gehörenden Sachen verneint wird.
3. Eine Ermächtigung oder Einwilligung des Eigentümers, die entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht die Entstehung eines gesetzlichen Unternehmerpfandrechts an einer dem Besteller nicht gehörenden Sache zur Folge hat, würde höchstens dazu führen können, daß der Besteller dem Unternehmer ein vertragliches Pfandrecht an der zur Reparatur gegebenen Sache des Eigentümers wirksam einzuräumen in der Lage ist, wenn die Ermächtigung oder Einwilligung sich hierauf erstreckt. Daß hier eine Ermächtigung dieses Umfanges vorgelegen hat, ist aber von dem Berufungsgericht nicht festgestellt worden.
4. Das Urteil läßt sich auch nicht aus dem von der Revisionserwiderung herangezogenen Gesichtspunkt des gutgläubigen Erwerbes des Unternehmerpfandrechts aufrecht erhalten, weil, wie der erkennende Senat in seinem gleichzeitig verkündeten Urteil VIII ZR 146/59 (unten S. 134) ausdrücklich entschieden hat, der gutgläubige Erwerb eines gesetzlichen Unternehmerpfandrechts nicht möglich ist.
5. Das angefochtene Urteil erweist sich jedoch im Ergebnis aus einem anderen Grunde als richtig. Der Klägerin steht nämlich gegen die Beklagte wegen der von ihr ausgeführten Reparaturen ein Anspruch aus dem Gesichtspunkt des Verwendungsersatzes gemäß §§ 994 ff BGB zu, und sie ist aus diesem Grunde nicht verpflichtet, das Kraftfahrzeug an die Beklagte herauszugeben.
a) Unter dem Begriff »Verwendungen« sind die auf eine Sache aufgewendeten vermögenswerten Leistungen zu verstehen (Staudinger aaO § 994 Nr. 3; vgl. auch BGH Urt. v. 14. Dezember 1954 - I ZR 134/53 - NJW 1955, 340), und hierunter fallen jedenfalls Arbeit und Stoffe, die an der Sache selbst geleistet oder angewendet werden (BGB-RGRK aaO § 994 Anm. 12), also auch Reparaturen, die zur Wiederherstellung eines beschädigten Kraftfahrzeuges erforderlich sind.
b) Zu der Frage, ob der Unternehmer unter dem Gesichtspunkt des Verwendungsersatzes von dem Eigentümer Bezahlung der Reparaturkosten verlangen kann, hat der erkennende Senat bereits in BGHZ 27, 317 Stellung genommen. Er hat in diesem Urteil ausgesprochen, daß einem sowohl dem Eigentümer als auch dem Besteller gegenüber zum Besitz berechtigten Unternehmer, der auf Grund eines Werkvertrages Verwendungen vorgenommen hat, kein sachenrechtlicher Anspruch auf ihren Ersatz gegen den Eigentümer zusteht, wenn er die Sache dem Besteller freiwillig ohne Zahlung des Werklohnes herausgegeben hat. In diesem Urteil ist also die hier zu entscheidende Frage offen geblieben, ob dem Unternehmer ein solcher Anspruch dann zusteht, wenn er die reparierte Sache noch in seinem unmittelbaren Besitz hat und der Eigentümer sie von ihm herausverlangt.
c) Der entscheidende Gesichtspunkt, der den erkennenden Senat zu der erwähnten Entscheidung veranlaßt hat, ist der in ihr eingehend begründete Gedanke, daß die Vorschriften der §§ 987 bis 1003 BGB grundsätzlich nur Anwendung auf das Verhältnis zwischen Eigentümer und unrechtmäßigem Besitzer finden dürfen. Der Unternehmer, der auf Grund einer Bestellung des dem Eigentümer gegenüber zur Bewirkung von Reparaturen und Begleichung der dadurch entstehenden Aufwendungen verpflichteten Benutzers - hier des Vorbehaltskäufers B. - eine Sache zur Ausbesserung oder Wiederherstellung erhält, ist aber, was die frühere Rechtsprechung verkannt hatte, nicht nur im Verhältnis zum Besteller, sondern auch im Verhältnis zum Eigentümer rechtmäßiger Fremdbesitzer der Sache. In dem von dem erkennenden Senat entschiedenen Falle war der Unternehmer auch noch im Zeitpunkt der Rückgabe des reparierten Gegenstandes an den Besteller rechtmäßiger Fremdbesitzer, denn dieser war zu der Zeit, als er die Sache zurückerhielt, gegenüber dem Eigentümer noch zum Besitz berechtigt, und der Unternehmer war auf Grund des Reparaturvertrages daher bis zur Rückgabe rechtmäßiger Besitzer nicht nur gegenüber dem Besteller, sondern auch gegenüber dem Eigentümer (§ 986 Satz 1 BGB). Es hatte also in der ganzen Zeit, als der Unternehmer die Sache im Besitz hatte, bis zur Rückgabe der Sache an den Besteller niemals eine »Vindikationslage« bestanden (Raiser, JZ 1956, 681, 683, 1. Sp.), als deren Nebenfolge die Ansprüche aus §§ 987 ff BGB anzusehen sind.
d) Hier liegt der Sachverhalt dagegen anders. B. ist während der Besitzzeit der Klägerin in Konkurs gefallen und zur Erfüllung seiner Verpflichtungen gegenüber den Parteien daher nicht in der Lage, so daß die Beklagte von ihrem Eigentumsvorbehalt nunmehr Gebrauch machen darf und auch Gebrauch macht. Hat aber B. als Käufer infolgedessen kein Recht mehr zum Besitz gegenüber der Beklagten, so steht auch der Klägerin dieser gegenüber ein solches Recht nicht mehr zu. Sie ist also jetzt gegenüber der Beklagten als Eigentümerin unrechtmäßiger Besitzer und der Eigentumsherausgabeklage der Beklagten ausgesetzt. Es ist mithin inzwischen eine Vindikationslage eingetreten, und deshalb stellt sich die Frage, ob die Klägerin als nunmehr unrechtmäßige Fremdbesitzerin berechtigt ist, gemäß §§ 994 ff BGB Ersatz der von ihr auf das Kraftfahrzeug gemachten Verwendungen zu verlangen.
e) Ein solcher Anspruch ist nicht etwa deswegen ausgeschlossen, weil die Klägerin aus dem Werkvertrag einen Anspruch auf Bezahlung ihrer Reparaturkosten gegen B. hat. Der insbesondere von Münzel (MDR 1952, 643, 643) vertretenen Gegenmeinung, die den Eigentümer unter gar keinen Umständen auf Bezahlung der Reparaturkosten haften lassen will, wenn der Besitzer als Unternehmer einen Anspruch gegen einen Dritten hat, vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen. Die hier abgelehnte Ansicht geht von der Annahme aus, daß der Besitzer Ersatz seiner Verwendungen vom Eigentümer nur dann verlangen könne, wenn lediglich das gesetzliche Schuldverhältnis zwischen Besitzer und Eigentümer vorliege, und meint, ein Anspruch des Unternehmers gegen den Eigentümer unter dem erwähnten Gesichtspunkt entfalle immer dann, wenn der Unternehmer in Erfüllung einer gegenüber einem anderen bestehenden Schuldverpflichtung die Arbeiten ausgeführt habe. Diese Auffassung steht indes mit Wortlaut und Sinn der einschlägigen Gesetzesregelung nicht in Einklang.
Zwar hat der erkennende Senat in BGHZ 27, 317, 319 darauf hingewiesen, daß er bereits in dem insoweit nicht veröffentlichten Urteil vom 10. Dezember 1957 - VIII ZR 276/56 - ausgesprochen hat, dem Besitzer, der einen vertraglichen Anspruch auf Ersatz seiner Verwendungen gegen einen Dritten habe, ständen keine Ansprüche aus §§ 994 ff BGB gegen den Eigentümer zu, und hat betont, daß er nach erneuter Prüfung an dieser Ansicht festhalte. Diese Bemerkung steht jedoch trotz ihrer den damaligen Gedankengang des erkennenden Senats nicht scharf genug wiedergebenden Fassung in Wahrheit nicht in Widerspruch zu der hier getroffenen Entscheidung. In den beiden angeführten Urteilen des erkennenden Senats handelte es sich nämlich nur um die Frage, ob der rechtmäßige Besitzer außer den vertraglichen Ansprüchen gegen den Dritten auch noch Verwendungsersatzansprüche gegen den Eigentümer geltend machen könne. Diese Frage hat der erkennende Senat verneint, denn Ansprüche des rechtmäßigen Besitzers gegen den Eigentümer entfallen, wie bereits ausgeführt, schon deshalb, weil er einer Vindikation während der ganzen Dauer seines Besitzes nicht ausgesetzt gewesen ist. Dagegen ist in beiden Urteilen nicht entschieden worden, ob dem unrechtmäßigen Besitzer solche Ansprüche zustehen. Dies ist aus den in RGZ 142, 417, 422 dargelegten Gedankengängen zu bejahen. Wie das Reichsgericht in diesem Urteil zutreffend ausgeführt hat, dürfen die Vorschriften der §§ 994 ff BGB allerdings dann nicht angewandt werden, wenn die Verwendungen auf die Sache von dem Besitzer auf Grund eines mit dem Eigentümer abgeschlossenen Vertrages gemacht worden sind, denn in einem solchen Falle ist das nach den erwähnten sachenrechtlichen Vorschriften sonst zustandekommende Rechtsverhältnis ohne weiteres ersetzt durch die zwischen Besitzer und Eigentümer besonders vereinbarte schuldrechtliche Regelung. Dagegen kann ein zwischen dem Besitzer und einem Dritten abgeschlossener schuld rechtlicher Vertrag seiner Natur nach das rein sachenrechtliche Verhältnis zwischen Besitzer und Eigentümer nicht berühren und dem Besitzer kraft Gesetzes gegebene sachenrechtliche Ansprüche gegen den Eigentümer nicht nehmen. Dem unrechtmäßigen Besitzer, der einer Vindikation des Eigentümers ausgesetzt ist, sind aber vom Gesetz, um ihn nicht in unbilliger Weise zu benachteiligen, die im einzelnen geregelten sachenrechtlichen Ansprüche auf Ersatz seiner Verwendungen auf die Sache zugebilligt worden; und diese Ansprüche stehen ihm nach der Regelung des Gesetzes immer dann zu, wenn er vom Eigentümer auf Herausgabe in Anspruch genommen werden kann, ohne daß darauf abgestellt wird, ob er berechtigt ist, auch von einem Dritten auf Grund schuldrechtlicher Beziehungen Ersatz dieser Verwendungen unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt zu verlangen. Nur der rechtmäßige Besitzer, bei dem Ansprüche auf Verwendungsersatz gegen den Eigentümer mangels Vorhandenseins einer Vindikationslage ausscheiden, ist mithin auf seine Ansprüche gegen den Dritten, für den er die Arbeiten vorgenommen hat, beschränkt, dagegen ist der unrechtmäßige Besitzer nicht deswegen gehindert, von dem Eigentümer Ersatz von Verwendungen auf die Sache zu verlangen, weil er den Anspruch aus dem Werkvertrag mit dem Besteller auf Bezahlung der Reparaturkosten hat.
f) Der Anspruch des unrechtmäßigen Besitzers auf Verwendungsersatz scheitert entgegen Schönfeld (JZ 1959, 301, 304 l. Sp.) auch nicht daran, daß die Verwendungen bereits zu einer Zeit gemacht worden sind, als die Klägerin noch zum Besitze des Kraftwagens berechtigt, mithin nicht unrechtmäßiger Besitzer und einer Vindikation nicht ausgesetzt war. Der Wortlaut der Bestimmungen der §§ 994 Abs. 2, 996 BGB, auf den Schönfeld sich beruft, gibt zu einer solchen einschränkenden Auslegung keinen Anlaß. Ebenso geht sein Hinweis auf BGB RGRK 10. Aufl. § 994 Anm. 4 fehl, da an dieser Stelle eine seiner Auffassung entsprechende Ansicht nicht vertreten wird.
Nach Wortlaut und Sinn des Gesetzes kann es vielmehr nur darauf ankommen, daß tatsächlich Verwendungen auf den vom Eigentümer herausverlangten Gegenstand seitens des auf Herausgabe in Anspruch genommenen Besitzers vorgenommen worden sind. Ohne Bedeutung ist es dagegen, wann die Verwendungen erfolgt sind, ob also der Besitzer die Verwendungen bereits zu einer Zeit gemacht hat, als er noch rechtmäßiger Besitzer war, oder erst nach Eintritt der Vindikationslage. Wie BGB-RGRK 11. Aufl. § 994 Anm. 4 und 10 unter Hinweis auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14. Dezember 1954 - I ZR 134/53 - NJW 1955, 340 (vgl. auch Westermann, Sachenrecht 4. Aufl. § 33 I 3b S. 166, 167) zutreffend dargelegt hat, kann ein zum Besitz berechtigter Fremdbesitzer nicht schlechter gestellt werden als ein gutgläubiger, zum Besitz nicht berechtigter Fremdbesitzer in entsprechender Lage. Ein solcher Fremdbesitzer ist aber nach §§ 994, 996 BGB berechtigt, Ersatz notwendiger und nützlicher Verwendungen von dem Eigentümer zu verlangen. Mithin ist allein darauf abzustellen, daß Verwendungen von dem Besitzer vorgenommen worden sind und daß er einer Vindikation seitens des Eigentümers ausgesetzt ist. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so kommen die Bestimmungen der §§ 994 ff BGB zur Anwendung, und dem jedenfalls nunmehr zum Besitz nicht mehr berechtigten Besitzer erwächst ein sachenrechtlicher Anspruch gegen den Eigentümer auch dann, wenn er die Verwendungen zu einer Zeit gemacht hatte, als er auch dem Eigentümer gegenüber noch zum Besitze der Sache berechtigt war. Die innere Rechtfertigung für die gesetzliche Regelung über den Verwendungsersatz beruht darauf, daß der Eigentümer, wenn er die Sache herauserhält, in den Genuß der Verwendungen gelangt, die der Besitzer während seiner Besitzzeit gemacht hat. Nach dem Sinn der §§ 994 ff BGB soll aber der Eigentümer zum Ersatz derartiger letzten Endes ihm zugutekommender notwendiger und nützlicher Verwendungen dann verpflichtet sein, wenn der Besitzer ihm gegenüber unrechtmäßig besitzt und deshalb die Sache an den Eigentümer herausgeben muß. Der Besitzer, der dem Eigentümer gegenüber zwar früher zum Besitze berechtigt gewesen ist, dessen Berechtigung aber fortgefallen ist, ist daher nicht gehindert, wenn er mit der Vindikation belangt wird, Ansprüche gemäß §§ 994 ff BGB gegen den Eigentümer auch wegen solcher Verwendungen geltend zu machen, die zu einer Zeit bewirkt worden sind, als der Besitzer noch zum Besitze berechtigt war. Entscheidend ist lediglich, daß zur Zeit der Geltendmachung der Verwendungsansprüche durch den Besitzer eine Vindikationslage besteht.
g) Der Umfang der von der Klägerin auf das Kraftfahrzeug gemachten Verwendungen und der dafür in Anrechnung gebrachte Betrag ist von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen worden. Ebensowenig hat die Beklagte in Abrede gestellt, daß es sich um notwendige Verwendungen handelt, für die die Klägerin gemäß § 994 Abs. 1 BGB Ersatz verlangen kann, da sie die Aufwendungen vor dem Eintritt der Rechtshängigkeit und vor dem Beginne der im § 990 BGB bestimmten Haftung gemacht hat. Die Klägerin ist daher gemäß § 1000 BGB berechtigt, die Herausgabe des Kraftfahrzeuges an die Beklagte zu verweigern, bis sie wegen der ihr zu ersetzenden Verwendungen von der Beklagten befriedigt worden ist.
h) Allerdings führt die Einrede des Zurückbehaltungsrechts, die in dem Vorbringen der Klägerin zu erblicken ist, grundsätzlich nicht zur Abweisung einer Klage auf Herausgabe (hier der Widerklage), sondern zur Verurteilung Zug um Zug gegen Empfang der dem Schuldner gebührenden Leistung (§ 274 BGB). Angesichts der hier gegebenen Fallgestaltung ist jedoch dem Antrage auf Abweisung der Widerklage mit Recht entsprochen worden. Aus dem Vorbringen der Beklagten ergibt sich nämlich mit aller Deutlichkeit, daß sie die Verwendungen auf das Kraftfahrzeug darstellenden Reparaturarbeiten der Klägerin nicht genehmigen will. Außerdem läßt der Vortrag der Beklagten erkennen, daß sie irgendwelche schlüssigen Einwendungen gegen den Anspruch der Klägerin auf Verwendungsersatz weder dem Grunde noch der Höhe nach zu erheben vermag, sondern sich lediglich infolge unrichtiger Beurteilung der Rechtslage nicht für verpflichtet hält, die der Klägerin unter dem Gesichtspunkt des Ersatzes für notwendige Verwendungen geschuldeten Reparaturkosten zu erstatten. Unter diesen Umständen kann aber die Klägerin von ihrem Befriedigungsrecht aus § 1003 BGB Gebrauch machen, ohne der Beklagten noch eine weitere Erklärungsfrist setzen oder auf Feststellung klagen zu müssen (RGZ 137, 98, 100; Staudinger aaO § 1003 Nr. 2 a. Ende). Da dieses Befriedigungsrecht der Klägerin die Stellung eines Pfandgläubigers und damit ein Recht zum Besitz im Sinne des § 986 BGB verschafft, kann sie die Herausgabe des Kraftfahrzeuges verweigern, so daß das die Widerklage abweisende Urteil des Berufungsgerichts der Rechtslage entspricht und keine Zug um Zug-Verurteilung der Klägerin zu erfolgen hat.
B. Zur Klage.
Wie vorstehend ausgeführt, hat die Klägerin ein sich nach den Vorschriften über den Pfandverkauf richtendes Befriedigungsrecht aus dem Kraftwagen gemäß § 1003 BGB wegen ihres Anspruchs auf Verwendungsersatz erworben. Da mithin die Klägerin einem Pfandgläubiger gleichsteht und zur Verwertung der Sache berechtigt ist, auf die sie die Verwendungen gemacht hat, kann sie die Herausgabe des Kraftfahrzeugbriefes, der als Urkunde im Sinne des § 952 BGB anzusehen ist (BGB-RGRK 11. Aufl. § 952 Amn. 7; Staudinger aaO § 952 Nr. 15; Soergel/ Siebert, BGB 9. Aufl. § 952 Nr. 1; OLG Hamburg MDR 1957, 164), von der Beklagten verlangen (Staudinger aaO § 952 Nr. 12 m. weit. Nachw.).