Außerprozessuales Klagerücknahmeversprechen, Geltendmachung im Prozeß

BGH, Beschluß vom 18.12.1963

Fundstelle:

BGHZ 41, 3 ff



Amtl. Leitsatz:

Die Revision, die die Beklagte gegen ein Urteil eingelegt hat, durch das die Ehe geschieden worden ist und gegen das die Revision nach §§ 546, 547 ZPO nicht statthaft ist, ist auch dann zu verwerfen, wenn die Beklagte geltend macht, die Ehegatten hatten sich nach der Verkündung des angefochtenen Urteils ausgesöhnt, der Kläger sei aber bisher seiner Verpflichtung, die Klage zurückzunehmen, nicht nachgekommen.


Aus den Gründen:

Durch das angefochtene Urteil ist die Ehe der Parteien nach § 43 EheG aus gleicher Schuld beider Parteien geschieden worden. Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Die Beklagte hat Revision eingelegt mit der Behauptung, die Parteien hätten sich nach der Verkündung des angefochtenen Urteils ausgesöhnt, der Kläger habe aber die von ihm übernommene Verpflichtung, die Klage zurückzunehmen, nicht erfüllt. Die Revision solle deshalb der Versuch sein, den Eintritt der Rechtskraft zu verhindern, bis der Kläger sich entschließe, diese Verpflichtung zu erfüllen.
Die Revision ist unzulässig. Nach § 546 ZPO findet die Revision in nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten nur statt, wenn das Oberlandesgericht sie in dem Urteil zugelassen hat. Einer der in § 547 ZPO genannten Ausnahmefälle, in denen die Revision auch ohne Zulassung stattfindet, ist hier nicht gegeben. Die Revision ist nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts wie die Berufung auch dann statthaft, wenn sie von dem die Scheidung begehrenden Kläger gegen ein Urteil eingelegt wird, obwohl in der Vorinstanz seinem Antrag entsprochen worden und er nicht beschwert ist, um ihm zu ermöglichen, die Klage zurückzunehmen oder auf sein Scheidungsrecht zu verzichten. Damit soll dem Interesse an der Aufrechterhaltung von Ehen Rechnung getragen werden. Dieses Interesse an der Aufrechterhaltung der Ehe ist von solcher Bedeutung, daß es durch die Bestimmungen der Zivilprozeßordnung über die Zulässigkeit der Revision nicht beeinträchtigt werden darf. Denn in einem solchen Fall folgt unmittelbar aus der vom Revisionskläger spätestens innerhalb der Revisionsbegründungsfrist abzugebenden Erklärung, daß das angefochtene Urteil gegenstandslos geworden und die Ehe aufrecht erhalten wird.
Die Revision kann dagegen, wenn sie in dem angefochtenen Urteil nicht zugelassen worden ist, nicht von dem Beklagten, dessen Ehe geschieden worden ist, eingelegt werden, um den Eintritt der Rechtskraft des Urteils hinauszuzögern, damit er auf den Gegner einwirken kann, die Ehescheidungsklage zurückzunehmen. Im Interesse des Rechtsfriedens sollen Urteile, gegen die die Revision nicht zulässig ist, grundsätzlich nach Ablauf der Revisionsfrist und der Revisionsbegründungsfrist Rechtskraft erlangen. Wird gegen ein solches Urteil Revision eingelegt, dann hat das Revisionsgericht spätestens nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist alsbald über die Zulässigkeit dieses Rechtsmittels zu entscheiden, damit der Eintritt der Rechtskraft nicht ungebührlich hinausgezögert wird. Der Revisionskläger hat keinen Anspruch darauf, daß diese Entscheidung aus irgendwelchen Gründen hinausgeschoben wird. Allerdings kann auch noch in der Revisionsinstanz die Klage gemäß § 271 ZPO zurückgenommen werden. Eine dahingehende Erklärung ist bisher nicht abgegeben worden. Nach dem Vorbringen der Beklagten haben die Parteien allein eine schuldrechtliche Vereinbarung getroffen, kraft deren der Kläger sich verpflichtet hat, seine Klage zurückzunehmen. Eine solche Vereinbarung ist vom Reichsgericht entgegen einer im Schrifttum vertretenen Ansicht für zulässig gehalten worden. Sie führt aber nicht dazu, daß die Klage als zurückgenommen gilt. Der Beklagte kann allein, wenn der Kläger einer solchen Vereinbarung zuwider den Rechtsstreit weiter betreibt, dem die Einrede der Arglist entgegensetzen (RGZ 102, 217; 159, 186). Dazu ist die Beklagte in dem hier zu entscheidenden Falle nicht in der Lage, da der Kläger den Rechtsstreit nicht weiter betreibt. Der hier vorliegende Fall unterscheidet sich von dem vom Reichsgericht RGZ 159, 186 entschiedenen. In dem vom Reichsgericht entschiedenen Falle hatte die Klägerin, obwohl das Urteil ihren Anträgen entsprach, selbst Berufung eingelegt, um die Möglichkeit zu haben, die Klage zurückzunehmen. Damit hatte sie den Rechtsstreit in die Berufungsinstanz gebracht, und der Beklagte konnte jetzt, solange der Rechtsstreit dort anhängig war, seine Einrede geltend machen und damit erreichen, daß die Klage durch Prozeßurteil abgewiesen wurde. Er hätte auch allein zu diesem Zweck Berufung einlegen können, da ihm dieses Rechtsmittel zustand. Dagegen steht einer Partei das Rechtsmittel der Revision, wenn sie gegen das angefochtene Urteil nach den gesetzlichen Bestimmungen sonst nicht statthaft ist, nicht deswegen zu, weil sie eine solche Einrede geltend machen will. Dem steht schon § 561 ZPO entgegen. Die von der Beklagten behauptete Vereinbarung ist erst nach Abschluß des Verfahrens vor dem Berufungsgericht getroffen worden. Sie gehört zu den außerprozessualen Erklärungen, die in der Revisionsinstanz als neue Tatsachen unbeachtet bleiben müssen (Wieczorek, ZPO § 561 B I a; RGZ 159, 186).



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