BGHZ 54, 157
Vgl. auch BGHZ 40, 28 ff
1. Maßnahmen, mittels deren eine Behörde
die durch einen Kraftfahrzeugunfall verursachten Schäden in Wahrnehmung
einer öffentlichen Aufgabe und zugleich im Interesse des Schädigers
zu mindern sucht, stellen keine Geschäftsbesorgung zugunsten des Haftpflichtversicherers
dar, der dem Schädiger Versicherungsschutz zu gewähren hat.
2. ....
Am 4. Februar 1963 verunglückte im Bereich
des Amts L.(Siegkreis, Nordrhein-Westfalen), des Klägers, ein mit
10 500l Heizöl beladener Lastzug der Fa. B. aus L. (Saarland). Da
das Öl bei dem Unfall ausgelaufen war, erklärte die Amtsverwaltung
L. durch mündliche Ordnungsverfügung vom 4. Februar 1963 an den
Fahrer des verunglückten Lastzugs und durch schriftliche Ordnungsverfügungen
vom 5. Februar 1963 und 7. März 1963 an die Fahrzeughalterin folgende
Maßnahmen für dringend notwendig: die auf dem gefrorenen Boden
stehenden Heizölmengen abzusaugen und zu verbrennen, den ölgetränkten
Schnee zu räumen und abzufahren, Probebohrungen vorzunehmen und veröltes
Grundwasser abzusaugen. In der Ordnungsverfügung vom 7. März
1963 heißt es, daß die Maßnahmen inzwischen durchgeführt
worden seien und daß dadurch 5645 DM an Kosten entstanden seien,
die der Fahrzeughalterin auferlegt würden.
Für den Lastzug bestand bei der Beklagten,
die ihren Sitz in S. im Saarland hat, eine Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung.
Da weder die Fahrzeughalterin, die inzwischen
in Konkurs gefallen war, noch die Beklagte die Forderung beglich, erließ
die Amtskasse des Amtes L. als Vollstreckungsbehörde am 3. September
1965 eine Pfändungsverfügung, durch die sie wegen Schadensersatzforderung
des Amtes L. gegen die Fahrzeughalterin aus dem Ölunfall vom 4. Februar
1963 einschließlich der Kosten der Pfändung in Höhe von
insgesamt 5 645,20 DM die angebliche Forderung der Schuldnerin gegen die
Beklagte aus dem über die Haftpflichtversicherung ausgestellten Versicherungsschein
pfändete und dem Gläubiger bis zum angegebenen Betrag zuzüglich
der weiter fällig gewordenen Säumniszuschläge zur Einziehung
überwies. Auf Antrag der Amtskasse L. stellte die Stadtkasse in S.
(Saarland) als Vollstreckungsbehörde die Pfändungsverfügung
der Beklagten als Drittschuldnerin zu. Einen Widerspruch der Beklagten
gegen die Pfändungsverfügung wies der Oberkreisdirektor des Siegkreises
zurück.
Das Amt L. hat als Kläger die Auffassung
vertreten, es könne die Beklagte wegen seiner Aufwendungen in Höhe
von 5 645 DM sowohl aus eigenem Recht wie aus abgeleitetem Recht auf Grund
der Pfändung in Anspruch nehmen, und hat deshalb Klage erhoben.
Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt. Auf
die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen.
Die Revision des Klägers ist zurückgewiesen worden.
Aus den Gründen
II.
III.
1. Unmittelbare bürgerlichrechtliche Ansprüche
stehen der Klägerin gegen die Beklagte nicht zu.
Ansprüche auf Grund des § 3 Nr. 1 des
Pflichtversicherungsgesetzes in der Fassung vom 5. April 1965 (BGBl I 213)
scheiden aus, weil das am 1. Oktober 1965 in Kraft getretene Gesetz (Art.
1 § 16 Satz 1, Art. 7) nicht für Schadensfälle gilt, die
sich vor seinem Inkrafttreten ereignet haben, auch wenn sie bis dahin noch
nicht abgewickelt waren (BGHZ 49,30,134; BGH VersR 1968,361,362).
Dem Berufungsgericht ist ferner zuzustimmen, daß
Ansprüche auf Grund eines Schuldversprechens oder Schuldanerkenntnisses
mangels einer von der Beklagten bindend übernommenen Verpflichtung
nicht in Betracht kommen, desgleichen nicht Ansprüche aus ungerechtfertigter
Bereicherung, weil es an einer unmittelbaren Vermögensverschiebung
zwischen den Parteien fehlt (BGHZ 46,260,262).
2. Mit Recht hat das Berufungsgericht auch
einen Anspruch des Klägers nach § 683 BGB auf Grund einer Geschäftsführung
ohne Auftrag verneint. Der Kläger besorgte nicht ein Geschäft
der Beklagten, als er sich darum bemühte, die durch das ausgelaufene
Heizöl eingetretenen Schäden möglichst gering zu halten,
und als er die dafür erforderlichen Aufwendungen machte.
Zwar braucht es der Anwendung der Rechtsvorschriften
über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677
ff BGB) nicht entgegenzustehen, daß der Handelnde zur Wahrnehmung
e i g e n e r Belange oder in Erfüllung einer eigenen öffentlich-
rechtlichen oder privatrechtlichen Pflicht tätig wird (BGHZ 16,12,16;
30,162,167; 40,28,30,31). Das besorgte Geschäft
kann dessen ungeachtet auch dem Rechtskreis eines anderen zuzurechnen sein
und in der Absicht vorgenommen werden, ebenfalls die Interessen des a n
d e r e n wahrzunehmen. So mag man die Tätigkeit des Klägers
bei der Eindämmung des Schadens als Geschäftsführung für
die Halterin des Lastzuges ansehen können, die in erster Linie für
die Beseitigung des von ihr verursachten Schadens zu sorgen hatte. Zu weit
geht es aber, in den von dem Kläger durchgeführten Maßnahmen
die Besorgung des Geschäfts des H a f t p f l i c h t v e r s i c
h e r e r s der Lastwagenhalterin (der Beklagten) zu sehen. Wenn der Haftpflichtversicherer
dem Versicherungsnehmer Aufwendungen zur Abwendung und Minderung des Schadens
zu ersetzen hat (§§ 62,63 VVG) und an der raschen Durchführung
solcher Maßnahmen naturgemäß interessiert ist, so reicht
diese in m i t t e l b a r e Beziehung nicht aus, um in der durchgeführten
Maßnahme die Besorgung eines zu seinem Rechtskreis gethörenden
Geschäfts zu sehen. Die Regeln der Geschäftsführung ohne
Auftrag würden unangemessen ausgeweitet werden, wenn sie auch bei
Interessenverflechtungen ähnlicher Art, wie sie hier gegeben sind,
zur Begründung von Ansprüchen auf Aufwendungsersatz herangezogen
werden könnten. Dabei ist zu bedenken, daß der Geschäftsführer
die Übernahme der Geschäftsführung dem Geschäftsherrn
anzeigen und die Durchführung nach d e s s e n Interesse mit Rücksicht
auf d e s s e n mutmaßlichen Willen ausrichten muß, wenn er
nicht dessen Entschließung herbeiführt, wozu er verpflichtet
sein könnte (§§ 677,681 BGB). Schließlich würde
die Haftung des Geschäftsherrn über das Ausmaß der Bereicherungshaftung
hinausgehen, da er auch zur Erstattung von im Ergebnis nutzlosen Aufwendungen
verpflichtet sein könnte (vgl. hierzu Medicus Bürgerliches Recht
2. Aufl. § 17 U).
Das Urteil des Bundesgerichtshofs BGHZ 33,251
steht der hier vertretenen Auffassung nicht entgegen. In jenem Fall hatte
der Geschäftsführer gegenüber einer verletzten Person Aufgaben
der Krankenfürsorge wahrgenommen, die rechtlich zum Aufgabenbereich
der Krankenkasse gehörten, bei der die Verletzte versichert war. Dann
allerdings wär der Anspruch auf Aufwendungsersatz gemäß
§§ 683,670 BGB begründet.
IV.
1. Der Kläger ist auch nicht berechtigt,
auf Grund der Pfändungsverfügung vom 3. September 1965 Ansprüche
der Versicherungsnehmerin gegen die Beklagte geltend zu machen....