Analoge Anwendung von § 2287 BGB (beeinträchtigende Schenkungen) auf wechselbezügliche Verfügungen im gemeinschaftlichen Testament


BGH, Urteil vom 23.09.1981 - IV a ZR 185/80 (Köln)


Fundstellen:

BGHZ 82, 275
BGH NJW 1982, 43
s. auch
BGH v. 26.10.2011 - IV ZR 72/11


Amtl. Leitsätze:

1. Wer durch bindend gewordenes gemeinschaftliches Testament seine beiden Söhne zu gleichen Teilen zu Erben eingesetzt hat, darf sein Vermögen auch im Wege vorweggenommener Erbfolge auf die Söhne verteilen. Er verstößt auch dann nicht gegen seine erbrechtlichen Bindungen, wenn er die Hälfte seines Vermögens bei Lebzeiten auf den einen Sohn überträgt und den anderen wegen seines Anteils auf den Nachlaß verweist, bei der Zuwendung aber durch Ausgleichungsanordnung zugleich sicherstellt, daß der letztere nicht zu kurz kommt. Er ist auch nicht gehindert, einem Sohn durch Teilungsanordnung mehr Grundstücke zukommen zu lassen, als dem Wert des Erbteils entspricht. Voraussetzung dafür ist, daß er diesem auferlegt, dem anderen Sohn einen entsprechenden Ausgleich aus dem eigenen Vermögen zukommen zu lassen.

2. Überträgt der Erblasser einem seiner beiden bindend zu Schlußerben eingesetzten Söhne Teile seines Vermögens im Wege "vorweggenommener Erbfolge", dann kann das als Ausgleichungsanordnung i. S. von §§ 2052, 2050 III BGB zu verstehen sein. Überträgt er diesem bei Lebzeiten mehr Grundstücke, als dem Wert des Erbteils entspricht, dann geht ein möglicher Anspruch des anderen Sohnes aus § 2287 BGB in der Regel nicht auf Herausgabe von Grundstücken oder eines Anteils daran, sondern auf Wertersatz.


Tatbestand:
 

Die Parteien sind Brüder. Ihre Eltern, der 1976 im Alter von 72 Jahren verstorbene Vater (Erblasser) und die 1965 vorverstorbene Mutter, hatten am 18. 7. 1965 ein handschriftliches gemeinschaftliches Testament errichtet; darin hatten sie sich gegenseitig zu Alleinerben und ihre beiden Söhne, die Parteien, zu Erben des Letztlebenden eingesetzt und ferner bestimmt, daß der Überlebende berechtigt sein solle, "die Verteilung unter den Söhnen zu bestimmen." Der Erblasser war Landwirt und Eigentümer landwirtschaftlicher Grundstücke, die er zunächst selbst bewirtschaftet und ab 1. 2. 1967 an den Kl. und dessen Frau verpachtet hatte. Dieses Pachtverhältnis endete nach familiären Streitigkeiten am 31. 12. 1975. Aufgrund notariellen Vertrages vom 1. 8. 1975 übertrug der Erblasser den größten Teil seines Grundbesitzes auf den Bekl. und behielt sich daran den Nießbrauch vor. Als Gegenleistung übernahm der Bekl. die Verpflichtung, seinen Vater vollständig zu unterhalten, ihn in gesunden und kranken Tagen zu pflegen und ihm lebenslang eine Rente in Höhe von zunächst 250 DM monatlich zu zahlen. Gemäß Vertrag vom 18. 12. 1975 "verpachtete" der Erblasser dem Bekl. das ihm vorbehaltene Nießbrauchsrecht ohne weitere Gegenleistungen. Inzwischen hat der Bekl. eines der ihm übereigneten Grundstücke für 65604 DM veräußert. Der Kl. beansprucht von dem Bekl. noch einen Hälfteanteil an den übereigneten und noch vorhandenen Grundstücken sowie die Hälfte des Erlöses des weiterveräußerten Grundstücks, weil der Erblasser die Grundstücke dem Bekl. in der Absicht geschenkt habe, ihn, den Kl., zu benachteiligen.

LG und OLG haben die Klage insoweit für begründet erachtet. Die Revision des Bekl. führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.

Aus den Gründen:

1. Das Berufungsgericht hält die der Klage zugrundeliegende Vorschrift des § 2287 BGB für anwendbar und deren Voraussetzungen für erfüllt. Der Erblasser habe dem Bekl. die Grundstücke im Wege der gemischten Schenkung übertragen. Bei dem Übertragungsvertrag vom 1. 8. 1975 stünden Leistung und Gegenleistung in einem objektiven Mißverhältnis, so daß eine gemischte Schenkung zu vermuten sei. Diese Vermutung habe der Bekl. nicht ausgeräumt. Aus den Angaben des Bekl. über den Wert der ihm übertragenen und der verbliebenen Grundstücke werde deutlich, daß es sich nicht um die dem Erblasser vorbehaltene Verteilung unter die Söhne handele. Ziehe man bei der Bewertung der beiderseitigen Leistungen auch den Vertrag vom 18. 12. 1975 mit heran, dann habe der Bekl. Eigentum und Nutzung der Grundstücke für die in etwa gleiche Leistung (Rente und Versorgung des Erblassers) erhalten, für die der Kl. aufgrund des Pachtvertrages vom 1. 2. 1967 nur die Nutzung erhalten habe. Die Übertragung des (mit dem Nießbrauch belasteten) Eigentums sei daher als unentgeltlich anzusehen, zumal sie ausdrücklich im Wege der "vorweggenommenen Erbfolge" erfolgt sei. - Diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsirrtum.

a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß § 2287 BGB auf bindend gewordene wechselbezügliche Verfügungen von Todes wegen entsprechend anzuwenden ist (z. B. BGHZ 66, 8 (15) = NJW 1976, 749, und ständig). Mit Recht behandelt es die Einsetzung des Vaters zum Alleinerben der vorverstorbenen Mutter einerseits und die Einsetzung beider Parteien zu Erben des Vaters andererseits auch als wechselbezüglich (§ 2270 II BGB); die Einsetzung beider Parteien zu gleichen Teilen (§ 2091 BGB) war daher für den Erblasser seit dem Tode seiner Frau für ihn bindend (§ 2271 II BGB). Die Revision, die sich hiergegen wendet, zieht nicht in Zweifel, daß die Voraussetzungen des § 2270 II BGB an sich erfüllt sind. Sie vermißt aber eine Prüfung durch das Berufungsgericht, ob nicht der letzte Satz des gemeinschaftlichen Testamentes ("Der Überlebende soll berechtigt sein, die Verteilung unter den Söhnen zu bestimmen") der Erbeinsetzung der Parteien - und also auch des Kl. - die Wechselbezüglichkeit nimmt (§ 286 ZPO). Diese Rüge ist indessen nicht begründet.

Das Berufungsgericht hat die genannte Klausel ausdrücklich behandelt. Seine Ausführungen lassen erkennen, daß es sie als Ermächtigung des Überlebenden zur Vornahme von Teilungsanordnungen i. S. von § 2048 BGB ansieht und nicht als Freistellungdsklausel. Eine derartige Auslegung ist rechtlich möglich, obwohl eine solche Ermächtigung nach der Gesetzeslage (§ 2270 III BGB) überflüssig war. Einer näheren Erörterung hierzu war das Berufungsgericht enthoben, weil schon das LG diese Auffassung vertreten hatte und weil der Bekl. hiergegen im Berufungsverfahren nichts erinnert hatte. Daß der Kl. den Schutz des § 2287 genießt, ist demnach nicht zweifelhaft. Indessen reicht der dem Kl. nach dieser Vorschrift zukommende Schutz in Fällen der vorliegenden Art erheblich weniger weit, als das Berufungsgericht annimmt.

b) Nach § 2286 BGG kann und darf der Erblasser, der durch Erbvertrag oder bindend gewordenes Testament auf eine bestimmte Verfügung von Todes wegen festgelegt ist, über sein Vermögen trotz der eingegangenen erbrechtlichen Bindungen durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden grundsätzlich frei verfügen. Mißbraucht der Erblasser dieses ihm verbliebene Verfügungsrecht, indem er die berechtigte Erberwartung des Vertrags- oder Schlußerben durch nicht anzuerkennende Schenkungen schmälert, dann erlangt der Vertrags- oder Schlußerbe einen gewissen Ausgleich gem. § 2287 BGB. Diese Vorschrift greift aber nicht ein, wenn und soweit die lebzeitige Verfügung des Erblassers außerhalb des Schutzbereichs der von ihm eingegangenen Bindungen liegt und also die berechtigte Erberwartung des Vertragserben nicht geschmälert wird. Im vorliegenden Fall war daher zu berücksichtigen, daß der Erblasser die vom Kl. beanspruchten Grundstücke nicht an einen "Außenstehenden" weggegeben, sondern daß er sie ausdrücklich im Wege vorweggenommener Erbfolge auf einen der beiden Schlußerben übertragen hat. Der Erblasser war berechtigt, sein Vermögen unter die Parteien zu verteilen; das gemeinschaftliche Testament ermächtigte ihn dazu sogar ausdrücklich. Er durfte das im Wege testamentarischer Teilungsanordnungen oder auch bei Lebzeiten im Wege vorweggenommener Erbfolge tun. Hätte der Erblasser die Hälfte seines Vermögens bei Lebzeiten auf den Bekl. übertragen und den Kl. wegen der anderen Hälfte auf den Nachlaß verwiesen, bei der Zuwendung aber zugleich durchAusgleichsanordnung (§ § 2052 , 2050 III BGB) sichergestellt, daß der letztere insoweit nicht zu kurz kommt, dann hätte auch darin kein Verstoß gegen die erbrechtlichen Bindungen des Erblassers gelegen. Im vorliegenden Fall ist eine derartige Sicherstellung mit Hilfe der Wendung "im Wege der vorweggenommenen Erbfolge", die hier als Ausgleichsanordnung zu verstehen ist, erfolgt. Unter diesen Umständen kommt für § 2287 BGB von vorneherein nur der Mehrbetrag in Betracht, um den der Wert der dem Bekl. übereigneten Grundstücke (berechnet nach den Wertverhältnissen zur Zeit der Zuwendung unter Berücksichtigung des Kaufkraftschwundes, vgl. BGHZ 65, 75 (77) = NJW 1975, 1831) den ihm zukommenden Anteil am Vermögen des Erblassers und also den für den Kl. verbleibenden Nachlaß übersteigt. Nur diesem Mehrbetrag sind die Gegenleistungen des Bekl., also die Rente und die Versorgung, gegenüberzustellen. Ob und gegebenenfalls welcher Betrag dabei als auszugleichende Schenkung i. S. von § 2287 BGB noch übrig bleibt, bedarf weiterer Prüfung durch den Tatrichter.

2. Bereits jetzt läßt sich indessen übersehen, daß der Kl. keinen Anspruch auf einen Miteigentumsanteil an den dem Bekl. übereigneten Grundstücken hat. Das Berufungsgericht billigt dem Kl. einen Anspruch auf Miteigentum zu, weil der unentgeltliche Charakter des Geschäfts überwiege. Damit befindet es sich im rechtlichen Ausgangspunkt in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH (BGHZ 30, 120 (122) = NJW 1959, 1363; BGHZ 77, 264 (272) = NJW 1980, 2307), von der abzugehen kein Grund besteht. Dennoch dürfen die dort entwickelten Grundsätze nicht unbesehen hierher übertragen werden. Sie bedürfen für Fälle der vorliegenden Art vielmehr einer gewissen Modifizierung. Das Berufungsgericht hat hier nicht berücksichtigt, daß der Erblasser das Recht hatte, dem Bekl. bestimmte Grundstücke durch Teilungsanordnung (§ 2048 S. 1 BGB) zuzuweisen. Infolge der eingetretenen erbrechtlichen Bindungen konnte der Erblasser dadurch allerdings keine Verschiebung der den Parteien zukommenden Erbquoten von je 1/2 erreichen. Trotzdem war der Erblasser nicht gehindert, dem Bekl. auch mehr Grundstücke zukommen zu lassen, als dem Wert seines Erbteils entsprach. Voraussetzung dafür war lediglich, daß er dem Bekl. gleichzeitig auferlegte, dem Kl. einen entsprechenden Ausgleich - etwa in Form von Geldzahlungen - zukommen zu lassen. Mit solchen Zahlungen aus dem Vermögen des Bekl. hätte der Kl. sich gegebenenfalls begnügen müssen. Nun ist der Erblasser diesen Weg allerdings nicht gegangen. Er hat sich nicht mit einer entsprechendenTeilungsanordnung begnügt, sondern hat sein Vermögen schon zu Lebzeiten "geteilt" und hat dem Bekl. daraus zahlreiche Grundstücke zukommen lassen. Hierdurch ist nicht nur die Erbfolge, sondern auch die Auseinandersetzung unter den Miterben bereits teilweise vorweggenommen. Die Rechtsstellung des Bekl. ist wegen dieser Vorwegnahme aber keinesfalls schwächer, als wenn der Erblasser sich auf eine entsprechende Teilungsanordnung beschränkt hätte. § 2287 BGB bietet daher keine ausreichende Grundlage, dem Bekl. die Grundstücke gegen seinen Willen wieder zu entziehen. Unter diesen Umständen muß die Klage insoweit abgewiesen werden.

3. Soweit der Kl. im Hinblick auf die Weiterveräußerung eines der ihm übereigneten Grundstücke Zahlung verlangt, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Das Berufungsgericht billigt dem Kl. den eingeklagten Zahlungsanspruch zu, weil es den Bekl. in Übereinstimmung mit dem LG für verpflichtet hält, den Wert des Hälfteanteils an dem von ihm weiterveräußerten Grundstück gem. § 2287 BGB an den Kl. auszukehren. Mit dieser Begründung kann das angefochtene Urteil auch insoweit nicht aufrechterhalten werden. Denn der Kl. hatte keinen Anspruch gerade auf einen Anteil an dem betreffenden Grundstück und also auch nicht gem. § 818 III BGB auf den Wert dieses Anteils. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen zu 2 Bezug genommen.

Allerdings kann nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand nicht ausgeschlossen werden, daß dem Kl. gegen den Bekl. ein Zahlungsanspruch gem. § 2287 BGB noch zusteht. Voraussetzung dafür ist zunächst, daß sich eine für § 2287 BGB relevante (gemischte) Schenkung feststellen läßt. Hierzu wird zunächst auf die obigen Ausführungen zu 1 b, 2 verwiesen. Sodann wird zur Vermeidung von Unklarheiten auf folgendes hingewiesen: Die Begründung, mit der das Berufungsgericht bisher eine gemischte Schenkung angenommen hat, begegnet rechtlichen Bedenken. Nach dem zutreffenden Ausgangspunkt des Berufungsgerichts ist unter einer Schenkung i. S. von § 2287 BGB - ebenso wie bei § 2325 BGB (vgl. zuletzt Senat, NJW 1981, 1956 = FamRZ 1981, 653 = ZIP 1981, 607) - eine solche i. S. von § 516 zu verstehen. Zu der Bereicherung des anderen Teils muß daher noch eine Einigung der Beteiligten über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung oder - bei der gemischten Schenkung wie hier - über die Unentgeltlichkeit des nicht durch die Gegenleistung abgegoltenen Teiles der Zuwendung hinzukommen. Eine solche Einigung hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Vielmehr hat es sich insoweit auf eine Vermutung für eine Schenkung gestützt, die wegenobjektiven Mißverhältnissen von Leistung und Gegenleistung hier eingreife und die der Bekl. nicht ausgeräumt habe. Damit hat das Berufungsgericht die Rechtsprechung des BGH (BGHZ 59, 132 (136) = NJW 1972, 1709) möglicherweise mißverstanden (vgl. auch die neueren Senatsurteile v. 26. 3. 1981, NJW 1981, 1956, und v. 27. 5. 1981, NJW 1981, 2458 = FamRZ 1981, 765 = WM 1981, 909). Die Beweiserleichterung, die der BGH dem Pflichtteilsberechtigten im Rahmen von § 2325 BGB mit dieser Rechtsprechung in Form einer tatsächlichen Vermutung zugebilligt hat, muß freilich in gleicher Weise auch dem durch § 2287 BGB geschützten Vertrags- oder Schlußerben zugute kommen; der Schutzbereich des § 2287 BGB ist insoweit nicht kleiner als derjenige des § 2325 BGB. Diese Beweiserleichterung kann aber entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht schon bei jedem objektiven Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung eingreifen. Das folgt bereits daraus, daß subjektive Wertvorstellungen erfahrungsgemäß weit auseinandergehen können und sich nicht selten von den objektiven Werten erheblich entfernen. Die genannte Beweiserleichterung kommt daher nur dann in Betracht, wenn das objektive Mißverhältnis von Leistung und Gegenleistung über ein geringes Maß deutlich hinausgeht. Deshalb hat der BGH die genannte Beweiserleichterung von Anfang an nur dann eingreifen lassen, wenn ein auffallendes, grobes Mißverhältnis zwischen den wirklichen Werten von Leistung und Gegenleistung festzustellen war.

Läßt sich eine gemischte Schenkung nachweisen, dann kommt es weiter darauf an, ob die sonstigen Voraussetzungen des § 2287 BGB gegeben sind. Benachteiligungsabsicht im Sinne der neueren Rechtsprechung des BGH ist mit der Absicht, den Beschenkten zu begünstigen, meist untrennbar verbunden und daher - vielleicht von Ausnahmefällen abgesehen - in einer solchen Lage praktisch immer gegeben (BGHZ 59, 343 (350) = NJW 1973, 240; BGHZ 66, 8 (15) = NJW 1976, 749). Dennoch greift die Vorschrift nicht bei (fast) jeder Schenkung dieser Art ein. Erforderlich ist vielmehr zusätzlich, daß der Erblasser das ihm verbliebene Recht zu lebzeitigen Verfügungen (§ 2286 BGB) mißbraucht hat (BGHZ 59, 343 (350) = NJW 1973, 240; BGHZ 77, 264 (266) = NJW 1980, 2307). Ein solcher Mißbrauch liegt nicht vor, wenn der Erblasser ein lebzeitiges Eigeninteresse an der von ihm vorgenommenen Schenkung hatte. Die Beweislast dafür, daß ein solches, vom Beschenkten dargetanes Interessenicht vorlag, trägt der Vertrags- oder Schlußerbe (BGHZ 66, 8 (16) = NJW 1976, 749). Bei der Beurteilung des vorliegenden Falles wird das Berufungsgericht die vom Bekl. dargelegten oder noch darzulegenden Gründe, die den Erblasser zu der - hier unterstellten - Begünstigung des Bekl. bewogen haben können, darauf zu prüfen haben, ob diese Gründe ein lebzeitiges Eigeninteresse des Erblassers an der Schenkung erkennen lassen. Ergeben die Gründe ein solches lebzeitiges Eigeninteresse nicht oder beweist der Kl., daß die vorgebrachten Gründe den Erblasser in Wahrheit nicht zu der ihn benachteiligenden Schenkung bewogen haben, dann ist der Anspruch nach § 2287 BGB dem Grunde nach gerechtfertigt.

Nach dem derzeitigen Sachstand hat sich der Bekl. darauf berufen, der Erblasser habe seine eigene Altersversorgung sichern wollen. Das Berufungsgericht läßt diesen Grund nicht als lebzeitiges Eigeninteresse gelten. Das entspricht nicht der Rechtsprechung des BGH, der das Motiv der eigenen Alterssicherung seit langem als ein lebzeitiges Eigeninteresse anerkannt hat. Danach kommt es aus Gründen der Rechtssicherheit nicht darauf an, ob die Verfügung zur Erlangung der Alterssicherung wirtschaftlich notwendig war oder ob der Erblasser die ihm versprochene Versorgung auch "billiger" hätte haben können (LM § 2287 BGB Nr. 10; BGHZ 66, 8 (16) = NJW 1976, 749). Ein Grund, von dieser Rechtsprechung abzugehen, besteht nicht. Sie greift auch hier ein. Dennoch vermag der Senat insoweit nicht abschließend zu entscheiden. Der Kl. hatte nämlich vor dem Tatrichter vorgetragen, der Bekl. sei zur Erfüllung der übernommenen Verpflichtungen nicht imstande gewesen, diese seien nur zum Schein in die Vereinbarung vom 1. 8. 1975 aufgenommen worden. In Wahrheit habe sich im Verhältnis des Erblassers zu dem Bekl. nichts ändern sollen und habe sich auch nichts geändert. Die Vereinbarungen hätten lediglich dazu gedient, das gemeinschaftliche Testament zu umgehen und ihn, den Kl., zu benachteiligen. Dieser Darstellung wird das Berufungsgericht gegebenenfalls im einzelnen nachzugehen haben.