Erfüllungswirkung einer Zahlung an einen Treuhänder (Notaranderkonto) nach §§ 362 II, 185 BGB? 

BGH, Urteil v. 25.3.1983


Amtl. Leitsatz:

Die vertraglich vorgesehene "Hinterlegung" des Kaufpreises beim Notar führt in der Regel noch nicht zum Erlöschen des Kaufpreisanspruchs.



Fundstellen:

BGHZ 87, 156
NJW 1983, 1605
LM § 157 (C) BGB Nr. 26
MDR 1983, 654
DB 1983, 1706
WM 1983, 559
ZIP 1983, 691



Zum Sachverhalt:

Durch notariellen Vertrag vom 13. 7. 1978 verkauften die kl. Eheleute der Bekl. ein ihnen gehörendes Hausgrundstück. Gleichzeitig erklärten sie die Auflassung und bewilligten die Eintragung einer Auflassungsvormerkung. Besitz, Nutzungen, öffentliche Lasten und Gefahr sollten mit Wirkung vom 1. 8. 1978 auf die Bekl. übergehen. Auf den Kaufpreis von 195000 DM waren 3000 DM vorab bezahlt worden. Die restlichen 192000 DM sollten bis zum 31. 3. 1978 auf ein einzurichtendes Anderkonto des beurkundenden Notars gezahlt werden; hiervon sollte der Notar die auf dem Grundstück lastenden Grundpfandrechte ablösen und den Rest an die Kl. auskehren, sobald die Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen wurde, die zu dem Vertrage erforderlichen Genehmigungen (mit Ausnahme der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts) dem Notar vorlagen und der Umschreibung des lastenfreien Eigentums keine Hindernisse mehr im Wege standen. Für den Fall, daß der Kaufpreis nicht fristgerecht "hinterlegt" wurde, sollte die Bekl. ihn mit 13 v. H. jährlich verzinsen. Die Eigentumsumschreibung sollte der Notar erst veranlassen, nachdem der Kaufpreis in voller Höhe bei ihm "hinterlegt" war. Das Grundstück wurde der Bekl. am 1. 8. 1978 übergeben. Es kam aber weder zur Eintragung der Auflassungsvormerkung noch zur Umschreibung des Eigentums. Die Bekl. zahlte den Kaufpreis mit Verspätung auf das Notaranderkonto, den letzten Teilbetrag am 5. 12. 1978. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Notar, wie die Parteien erst später erfuhren, bereits 149236 DM von dem Anderkonto veruntreut. Am 8. 12. 1978 erhoben die Kl. zunächst Klage auf Zahlung von 9840 DM Verzugszinsen und erstritten am 29. 3. 1979 ein - rechtskräftiges - Urteil über 8910,20 DM nebst Zinsen. Mit Schreiben vom 20. 6. 1979 wies der kl. Ehemann die Bekl. darauf hin, daß der Notar "bis heute den Kaufpreis  nicht bezahlt" habe, und forderte sie auf, innerhalb von acht Tagen dafür zu sorgen, daß der Kaufpreis auf sein Konto eingezahlt werde; bei Nichterfüllung trete er von dem Kaufvertrag zurück.
Durch Anwaltsschreiben vom 27. 6. 1979 forderten die Kl. die Bekl. auf, den Kaufpreis spätestens am 5. 7. 1979 bei Gericht mit der Maßgabe zu hinterlegen, daß er an die Kl. ausgezahlt werde, sobald die lastenfreie Umschreibung des Eigentums sichergestellt sei; für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs kündigten sie die Ablehnung der Vertragserfüllung an. Mit der vorliegenden Klage verlangen die Kl. Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Vertrages. Sie haben beantragt, die Bekl. zu verurteilen, Zug um Zug gegen Zahlung von 3000 DM an die Bekl. und von 25000 DM auf das Notaranderkonto sowie gegen Freigabe der auf dem Notaranderkonto stehenden Beträge zugunsten der Bekl. oder ihrer sonstigen Berechtigten in die Aufhebung der Auflassungserklärung einzuwilligen, auf die Rechte aus der Eintragungsbewilligung für die Auflassungsvormerkung zu verzichten und das Grundstück an sie, die Kl., herauszugeben.
Das LG hat die Bekl. zur Leistung verurteilt Zug um Zug gegen Rückzahlung von vorausgezahlten 3000 DM und Zahlung von weiteren 25000 DM, welche die Kl. von dem Notaranderkonto erhalten haben, sowie gegen Freigabe des auf dem Notaranderkonto noch vorhandenen Betrages von 2166,02 DM. Die Berufung der Bekl. und die Anschlußberufung der Kl. hat das OLG zurückgewiesen. Die Revision der Bekl. führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Aus den Gründen:

I. Das BerGer. hat die Auffassung vertreten, daß die Bekl. den Kaufvertrag nicht erfüllt habe und der Klageanspruch daher aus § 326 BGB unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung begründet sei. Es hat angenommen, die Überweisung auf Notaranderkonto habe hier zwar "die vertraglich vereinbarte Zahlung des Kaufpreises" sein sollen, doch trete die Erfüllungswirkung auch unter solchen Umständen erst ein, wenn der Kaufpreis in die Verfügungsgewalt des Verkäufers gelange oder der Notar zu dessen Gunsten darüber verfüge.

II. 1. a) Entgegen der Ansicht des BerGer. kann sich der geltend gemachte Anspruch auf Herausgabe des Grundstücks sowie auf Einwilligung in die Aufhebung der Auflassungserklärung und auf Verzicht auf die Rechte aus der Eintragungsbewilligung für die Auflassungsvormerkung nicht aus dem Recht ergeben, Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Kaufvertrages vom 13. 7. 1978 zu verlangen (§ 326 BGB). Im Rahmen des Anspruchs auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung kann der Gläubiger nach der sogenannten Differenztheorie verlangen, so gestellt zu werden, wie er gestanden hätte, wenn der Vertrag ordnungsgemäß erfüllt worden wäre (BGHZ 2, 310 (313, 314) = NJW 1951, 918; BGHZ 20, 338 (343) = NJW 1956, 1233). Ihm ist die Wertdifferenz zwischen der Vermögenslage, die sich bei ordnungsmäßiger Vertragserfüllung ergeben hätte, und derjenigen zu ersetzen, die sich infolge der Nichterfüllung tatsächlich ergeben hat. Dabei wird das Vertragsverhältnis in der Weise umgestaltet, daß an die Stelle der beiderseitigen Leistungspflichten ein einseitiges - am Erfüllungsinteresse ausgerichtetes - Abrechnungsverhältnis tritt, innerhalb dessen die einzelnen "Ansprüche" nur noch (unselbständige) Rechnungsposten sind (RGZ 141, 259 (262); Senat, Urt. v. 11. 2. 1983 - V ZR 191/81; Ballhaus, in: RGRK, 12. Aufl., § 325 Rdnr. 14 m. w. Nachw.). Hat der Gläubiger die von ihm geschuldete Leistung bereits erbracht, so kann er sie im Rahmen des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung grundsätzlich nicht zurückverlangen; einen Anspruch auf Rückabwicklung hat er vielmehr in der Regel nur, wenn er entweder vom Vertrage zurücktritt (RG, JW 1931, 1183 (1184); 1932, 1204  (1206)) oder gem. § 325 I 3 BGB die sich aus § 323 BGB ergebenden Rechte geltend macht (Ballhaus, in: RGRK, § 325 Rdnr. 15). Deshalb ist im Rahmen des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung die bereits erbrachte Leistung dem Schuldner grundsätzlich zu belassen und bei der Bemessung des Schadensersatzanspruches, der dann auf Ersatz für die entgangene Leistung des Schuldners gerichtet ist, zu berücksichtigen (Ballhaus, in: RGRK, § 325 Rdnr. 15 m. w. Nachw.).
b) Eine Einschränkung erfährt die Differenztheorie nach der Rechtsprechung insoweit, als der Gläubiger, der Schadensersatz wegen Nichterfüllung begehrt, hierdurch nicht gehindert wird, die bereits übergebene, aber noch nicht übereignete - bewegliche oder unbewegliche - Sache aufgrund seines Eigentums herauszuverlangen (§ 985 BGB), weil mit dem Erfüllungsanspruch auch das Recht des Schuldners zum Besitz der Sache (§ 986 BGB) entfallen ist (RGZ 141, 259 (261); RG, JW 1932, 1205; BGH, WM 1966, 575 (576)); er muß sich dann freilich den Wert des Grundstücks auf den Schadensersatzanspruch anrechnen lassen (RGZ 141, 259 (261); 144, 62  (65); Senat, Urt. v. 11. 2. 1983 - V ZR 191/81). Da mit dem Erlöschen des Erfüllungsanspruchs (vgl. hierzu BGHZ 20, 338 = NJW 1956, 1233) auch der Auflassungsanspruch des Schuldners (Käufer) erlischt, kann der Gläubiger (Verkäufer) außer der Herausgabe des Grundstücks auch die Löschung einer bereits eingetragenen Auflassungsvormerkung (vgl. das erwähnte Senatsurt. v. 8. 2. 1966, WM 1966, 575 (576)) sowie die Einwilligung in die Aufhebung der Auflassungserklärung und den Verzicht auf die Rechte aus der Eintragungsbewilligung für die Auflassungsvormerkung  verlangen (§ 812 BGB).
2. Die Ansicht des BerGer., daß hier die Voraussetzungen des § 326 BGB gegeben seien - wonach infolge der Erfüllungsablehnung der Kl. das Recht der Bekl. zum Besitz des Grundstücks entfallen wäre -, erweist sich als rechtsfehlerhaft.
a) Allerdings haben die Überweisungen der Bekl. auf das Notaranderkonto, wie das BerGer. mit Recht angenommen hat, nicht zum Erlöschen des Kaufpreisanspruchs geführt.
aa) Die Kaufpreisforderung ist hier nicht durch Hinterlegung i. S. der §§ 372, 378 BGB getilgt worden, denn die Übergabe von Geld (oder die Überweisung eines Geldbetrages auf Notaranderkonto) zwecks Aufbewahrung oder Ablieferung an Dritte (§ 23 BNotO) ist keine Hinterlegung i. S. der §§ 372 ff. BGB und hat nicht die in §§ 378, 379 BGB festgelegten Wirkungen (BGH, DNotZ 1965, 343 (345)).
bb) Im Ergebnis erfolglos rügt die Revision, daß das BerGer. nicht erwogen habe, ob der Notar durch die zwischen den Parteien vereinbarte Zahlung auf sein einzurichtendes Anderkonto (§ 5 I 2 des Kaufvertrages) von den Kl. i. S. der §§ 362 II 185 BGB zur Annahme des Kaufpreises ermächtigt worden sei. Sie meint, das BerGer. hätte diese Frage "in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung" (Hinweis auf RGZ 167, 236 (239)) "und der Literatur" (Hinweis auf Erman-H. P. Westermann, BGB, 7. Aufl., § 362 Rdnr. 12; Soergel-R. Schmidt, BGB, 10. Aufl., § 362 Rdnr. 10) bejahen müssen. Dem folgt der Senat nicht. Allerdings hat das RG in dem von der Revision angeführten Urteil vom 18. 8. 1941 in der Tat einmal angenommen, daß bereits die vereinbarungsgemäße "Hinterlegung" des Kaufpreises beim Notar Erfüllungswirkung gehabt habe, weil der Käufer sich mit der "Hinterlegung" des Geldes entäußert habe und für dessen weiteres Schicksal nicht mehr verantwortlich gewesen sei; vielmehr sei es Sache des "als Treuhänder eingesetzten Notars gewesen, die weitere Abwicklung durch vertragsgemäße Auszahlung vorzunehmen".
Diese - nicht näher begründete - Entscheidung ist jedoch vereinzelt geblieben. Bereits im Jahre 1906 hat das RG ausgesprochen, daß eine Darlehensforderung nicht begründet wird, wenn der Notar die ihm vom Darlehensgeber übergebene Darlehenssumme veruntreut, anstatt sie vertragsgemäß zu Umschuldungszwecken (Ablösung einer auf dem Grundbesitz des Darlehensnehmers ruhenden Hypothek) zu verwenden; zur Begründung hat es ausgeführt, daß der Darlehensnehmer das Geld "weder unmittelbar noch mittelbar empfangen" habe (RG, JW 1906, 714). In einem - nicht veröffentlichten - Urteil vom 3. 11. 1928 (V 609/27, zit. nach RG, JW 1930, 753) hat es den Standpunkt eingenommen, es entspreche der Lebenserfahrung, daß nach dem Willen der jeweiligen Vertragspartner jede Partei die ihr zukommende Leistung erst durch Eingang bei ihr selbst, nicht schon durch Eingang bei dem Notar, erhalten solle. In einer weiteren Entscheidung vom 11. 1. 1930 (RG, JW 1930, 753 m. Anm. Sternberg, JW 1930, 2043) hat es eine entsprechende tatrichterliche Auslegung der Hinterlegungsvereinbarung als rechtsfehlerfrei gebilligt. Umgekehrt hat das RG allerdings mit Urteil vom 5. 2. 1940 (RG, DR 1940, 860) in einzelfallbezogener Würdigung eines Darlehensvertrages angenommen, der Darlehensnehmer habe die Darlehenssumme i. S. des § 607 BGB bereits dadurch empfangen, daß der Darlehensgeber sie weisungsgemäß zu Umschuldungszwecken an den Notar zahlte; dabei spielte eine maßgebliche Rolle, daß die Pflicht zur Verzinsung der Darlehenssumme  bereits mit dem Eingang des Betrages beim Notar beginnen sollte.
Der BGH hat zur Frage der Erfüllungswirkung einer vertraglich vorgesehenen "Hinterlegung" des Kaufpreises beim Notar noch nicht ausdrücklich Stellung genommen. Das erwähnte Urteil vom 10. 6. 1964 (DNotZ 1965, 343 (345) - in BB 1964, 818, sinnentstellend wiedergegeben) spricht lediglich aus, daß die "Hinterlegung" beim Notar nicht die "in den §§ 378 und 379 BGB vorgeschriebenen Wirkungen" hat. Im entschiedenen Falle ging es überdies nicht um die Erfüllungswirkung (§ 378 BGB), sondern - mangels Verzicht auf die Rücknahme - nur um die Befugnis des "Hinterlegers", den Gläubiger auf die hinterlegte Sache zu verweisen (§ 379 BGB).
Von den Instanzgerichten haben sich in veröffentlichten Entscheidungen das OLG Celle (DNotZ 1968, 504) und das LG Köln (DNotZ 1974, 436) gegen die Erfüllungswirkung ausgesprochen (bejahend wohl LG Aachen, Beschl. v. 10. 8. 1978 - 6 T 30/79, zit. nach Zimmermann, DNotZ 1980, 459 Fußn. 25). Im Schrifttum wird die Erfüllungswirkung überwiegend verneint (Daimer, Die Prüfungs- und Belehrungspflicht des Notars, 2. Aufl., § 24 Rdnr. 5; Kerkhoff, MittRhNotK 1953, 97 f.; Rings, MittRhNotK 1957, 873 bis 876; Zimmermann, DNotZ 1980, 459 ff.; Palandt-Heinrichs, BGB, 42. Aufl., § 378 Anm. 2; wohl auch E. Schneider, JurBüro 1964, 779; unklar Erman-H. P. Westermann, BGB, 7. Aufl., § 362 Rdnr. 12; bejahend Soergel-R. Schmidt, BGB, 10. Aufl., § 362 Rdnr. 10).
Der erkennende Senat vertritt den Standpunkt, daß die vertragsgemäße "Hinterlegung" beim Notar dann Erfüllungswirkung hat, wenn die Parteien dies ausnahmsweise vereinbaren. Gem. § 362 I BGB erlischt das Schuldverhältnis erst, wenn "die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt" wird. Bewirkt ist die Leistung i. S. des § 362 BGB - ähnlich wie nach § 17 KO oder § 36 VglO - in der Regel noch nicht mit der Vornahme der Leistungshandlung, sondern erst mit dem Eintritt des Leistungserfolges (BGHZ 1, 4 (6) = NJW 1951, 109; BGHZ 12, 267 (268) = NJW 1954, 794; BGH, MDR 1951, 95; NJW 1962, 2296; NJW 1967, 2203 = WM 1967, 929 (930); Weber, in: RGRK, 12. Aufl., § 362 Rdnr. 13). Eine Geldschuld (§ 453 II BGB) ist an sich in bar, d. h. durch Übereignung einer entsprechenden Anzahl von gesetzlichen Zahlungsmitteln, zu erfüllen (BGH, LM § 362 BGB Nr. 7). Sie kann aber jedenfalls dann auch durch  Zahlung von "Buchgeld" (statt von Bargeld) erfüllt werden, wenn die Parteien dies - sei es auch stillschweigend - vereinbart haben; dabei ist es eine untergeordnete Frage, ob dann eine Leistung i. S. des § 362 I BGB oder eine Leistung an Erfüllungs Statt i. S. des § 363 BGB (so beiläufig BGH, LM § 362 BGB Nr. 7) vorliegt (vgl. zum Meinungsstand etwa Weber, in: RGRK, Rdnrn. 19, 20). Die Parteien können auch vereinbaren, daß der Kaufpreis mit befreiender Wirkung auf das Konto eines Dritten zu überweisen ist, der nicht Vertreter des Gläubigers ist (BGH, WM 1971, 1500 (1501)). Im übrigen hat eine solche Leistung auch dann Erfüllungswirkung, wenn der Dritte vom Gläubiger ermächtigt ist, die Leistung (mit befreiender Wirkung) in Empfang zu nehmen (§ 362 II i. V. mit § 185 BGB) oder wenn der Schuldner vom Gläubiger ermächtigt ist, die Leistung (mit befreiender Wirkung) an den Dritten zu erbringen (§ 362 II i. V. mit § 185 BGB; vgl. auch Weber, in: RGRK, § 362 Rdnr. 43).
Ob auch ein Notar, der - selbst im Rahmen betreuender Tätigkeit nach § 23 BNotO - als unabhängiger Träger eines öffentlichen Amtes (§ 1 BNotO) zu den Beteiligten in ein öffentlichrechtliches Rechtsverhältnis tritt (vgl. BVerfGE 16, 6 (23) = NJW 1963, 1443; BGH, NJW 1980, 1106) und dessen notarielle Amtspflichten daher nicht Gegenstand privatrechtlicher Bindungen sein können (BGH, NJW 1980, 1106; DNotZ 1960, 265 (267); vgl. auch BGHZ 62, 119 (122) = NJW 1974, 692; OLG Stuttgart, DNotZ 1982, 644), i. S. der §§ 362 II, 185 BGB ermächtigt werden kann, braucht hier nicht entschieden zu werden; denn das BerGer. hat eine solche Ermächtigung nicht festgestellt. Die hiergegen gerichtete Verfahrensrüge der Revision ist unbegründet. Bereits das LG hat in seinem Urteil ausgeführt, der Vertrag enthalte keine Regelung in dem Sinne, daß der amtierende Notar als Bevollmächtigter der Kl. das Geld (mit befreiender Wirkung) in Empfang nehmen sollte. Zur Begründung hatte es die Interessenlage der Parteien eingehend gewürdigt. Die Bekl. hat in ihrer Berufungserwiderung unter  Hinweis auf LG Köln, DNotZ 1974, 435 = VersR 1975, 71, eingeräumt, daß man im Regelfall aufgrund der Interessenlage (u. a. Konkursrisiko) nicht von einer Erfüllungswirkung der Überweisungen auf Notaranderkonto ausgehen könne. Sie hat die Frage, ob im vorliegenden Fall etwas anderes gelte, zwar beiläufig "zur Nachprüfung gestellt", aber selbst nicht behauptet, daß die Kl. den Notar hier ausnahmsweise i. S. der §§ 362 II, 185 BGB ermächtigt hätten. Das BerGer. brauchte eine solche Ermächtigung nicht von sich aus dem Vertrage zu entnehmen, denn im Regelfall ist aufgrund der Interessenlage der Beteiligten nicht anzunehmen, daß bereits die vereinbarte "Hinterlegung" des Kaufpreises beim Notar zum Erlöschen des Kaufpreisanspruches führen soll. In der Regel ist eine Hinterlegung allein zu Sicherungszwecken (wechselseitige Erfüllung der übernommenen Verpflichtungen gem. §§ 320, 322 BGB) sinnvoll. Aufgrund der "Hinterlegung" wird beiden Vertragspartnern das Risiko einer Vorleistung abgenommen. Würde der "Hinterlegung" beim Notar bereits Erfüllungswirkung beigelegt, so liefe der Käufer (hier die Bekl.) überdies Gefahr, daß der Verkäufer, bevor er seinerseits erfüllt hätte, in Konkurs fiele; der Konkursverwalter könnte dann gem. § 17 KO die Vertragserfüllung ablehnen und den Käufer mit dessen Forderung auf Rückzahlung des Kaufpreises auf die Konkursquote  beschränken (vgl. auch LG Köln, VersR 1975, 71 (72) = DNotZ 1974, 435; Zimmermann, DNotZ 1980, 460). Solche Gefahren einer Insolvenz des Verkäufers sind erheblich größer als die Gefahr einer Veruntreuung des beurkundenden Notars. Deshalb wird im Normalfall eine Erfüllungsabrede im erörterten Sinne nicht anzunehmen sein. Ob nach der Interessenlage die Erfüllungswirkung in der Regel jedenfalls schon von dem Zeitpunkt an anzunehmen ist, da die "Auszahlungsreife" eintritt (so Zimmermann, DNotZ 1980, 461), kann hier offenbleiben, weil hier zu keinem Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Ablösung der Grundpfandrechte und die Auskehrung des restlichen Kaufpreises an die Kl. gegeben waren.
cc) Unbegründet ist die Rüge der Revision, daß das BerGer. nicht geprüft habe, ob nicht in dem Schreiben des Anwalts der Kl. an die Bekl. vom 27. 11. 1978 eine Genehmigung oder Ermächtigung für die Bekl. liege, den Kaufpreis mit befreiender Wirkung an den Notar zu zahlen (§ 185 BGB). (Wird dargelegt.)
b) Zu Unrecht hat das BerGer. den Standpunkt eingenommen, daß hier die Voraussetzungen des § 326 BGB gegeben seien.
aa) Das BerGer. hat ausgeführt: Da eine weitere Abwicklung des Vertrages über den hier unzuverlässigen Notar ausgeschieden sei, sei es richtig gewesen, daß der Anwalt der Kl. in seinem Schreiben vom 27. 6. 1979 der Bekl. anheimgestellt habe, den Kaufpreis bei Gericht zu hinterlegen, damit sichergestellt werde, daß er erst dann an die Kl. ausgezahlt würde, wenn die lastenfreie Umschreibung sichergestellt sei; dieser Aufforderung sei die Bekl. unstreitig nicht nachgekommen; mit Ablauf des 5. 7. 1979 hätten die Kl. deshalb, wie angedroht, die Erfüllung des Vertrages ablehnen und nunmehr Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen können.
bb) Das ist in mehrfacher Hinsicht nicht richtig. Treten nach Abschluß eines Vertrages Hindernisse auf, die seinem Wirksamwerden (z. B. infolge Versagung behördlicher Genehmigung) oder der vorgesehenen Art der Vertragserfüllung entgegenstehen, so können die Parteien nach Treu und Glauben gehalten sein, in eine Vertragsänderung einzuwilligen, wenn ihnen diese nach der beiderseitigen Interessenlage und dem ursprünglichen vorgesehenen Interessenausgleich zugemutet werden kann (vgl. z. B. BGHZ 38, 146 (149) = NJW 1963, 49; BGHZ 67, 34 (36) = NJW 1976, 1939; BGH, NJW 1967, 830 = WM 1967, 257; w. Nachw. bei Dürkes, Wertsicherungsklauseln, 9. Aufl., E I 1 Rdnrn. 4 bis 9). Die Kl. hätten daher hier eine solche Form der Vertragserfüllung - aber auch nur eine solche - von der Bekl. verlangen können, die ihr einerseits nicht das Risiko einer Vorleistung aufbürdete und andererseits eine reibungslose Vertragsabwicklung ermöglichte. Der letztgenannten Anforderung genügte das Verlangen der Kl. nach Hinterlegung des Kaufpreises bei Gericht nicht, denn es ist nicht ersichtlich, daß auf diesem Wege die Grundpfandrechte mit Hilfe des hinterlegten Kaufpreises hätten abgelöst werden können. Allein dadurch, daß sie diesem Erfüllungsverlangen nicht nachkam, ist die Bekl. daher noch nicht in Verzug geraten. Das angefochtene Urteil kann daher mit der gegebenen Begründung nicht aufrechterhalten werden.



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