Herausgabepflicht des Beauftragten nach § 667 BGB und weisungsgemäße Verwendung der überlassenen Mittel: Beweislast


BGH, Urteil vom 19. Februar 2004 - III ZR 147/03


Fundstelle:

NJW-RR 2004, 927


Amtl. Leitsatz:

a) Für den Inhalt des Auftrags und die dem Beauftragten hierbei erteilten Weisungen trägt der Auftraggeber die Beweislast. Erst danach muß der Beauftragte beweisen, daß er das zur Ausführung des Auftrags Erhaltene oder das aus der Geschäftsbesorgung Erlangte auch bestimmungsgemäß verwendet hat.
b) Zur Auslegung des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO.


Zentrale Probleme:

Nach § 667 BGB hat der Beauftrage dem Auftraggeber u.a. alles herauszugeben, was er zur Ausführung des Auftrags erhalten hat. Befreit wird er davon nur, sofern und soweit der das Erhaltene weisungsgemäß verwendet hat. Das vorliegende Urteil befaßt sich mit der Beweislast. S. auch BGH v. 8.1.2009 - IX ZR 229/07 sowie BGH NJW 2010, 3340.


Tatbestand:

Der Kläger nimmt den beklagten Steuerberater auf Erstattung eines diesem treuhänderisch überlassenen und angeblich weisungswidrig verwendeten Geldbetrags von 500.000 DM in Anspruch.
Der Kläger und der Kaufmann T. waren Gesellschafter der S. GmbH & Co. KG. Sie beabsichtigten, sich auseinanderzusetzen.
Unter dem 16. Februar 1998 lud der Kläger zu einer Gesellschafterversammlung ein. Tagesordnungspunkte waren unter anderem die Abgabe grundbuchrechtlicher Erklärungen zugunsten T.'s und die Übertragung von Geschäftsanteilen mehrerer Gesellschaften auf T. und den Kläger. Nach dem Versammlungsprotokoll erklärte T. sich bereit, die notwendigen Unterschriften zu leisten, sobald eine Reihe näher bezeichneter Punkte geklärt sei.
Am 9. März 1998 schlossen die Gesellschafter in Anwesenheit des Beklagten eine "Abschließende Auseinandersetzungsvereinbarung". Darin heißt es:

"1. Herr E. (Kläger) zahlt an Herrn T. einen Betrag von insgesamt 1,3 Millionen DM. Dieser Betrag ist wie folgt zu zahlen:
a) 500.000 DM bis 21.03.98 auf ein von StB J. B. (Beklagten) einzurichtendes Anderkonto ...
4. Die Parteien verpflichten sich, binnen einer Frist von acht Tagen seit Zahlung der unter Ziffer 1.a der Auseinandersetzungsvereinbarung bezeichneten 500.000 DM die zum Vollzug der vorliegenden Auseinandersetzungsvereinbarung erforderlichen Erklärungen abzugeben, insbesondere diejenigen, die in der Einladung zur Gesellschafterversammlung der S. GmbH & Co. KG am Montag, dem 02.03.1998 im einzelnen bezeichnet sind."

Am 16. März 1998 zahlte der Kläger 500.000 DM auf das Anderkonto des Beklagten ein. Unter dem 23. März 1998 gab T. verschiedene notariell beurkundete bzw. beglaubigte Erklärungen ab. Am 17. April 1998 leitete der Beklagte die erhaltenen 500.000 DM an T. weiter.
Der Kläger hat erstinstanzlich behauptet, die Auszahlung des Geldes sei auch von einer Freistellungserklärung T.'s in bezug auf bestimmte Verbindlichkeiten sowie seiner eigenen - des Klägers - ausdrücklichen Freigabe des Geldes abhängig gewesen.
Das Landgericht hat eine Pflichtverletzung auf seiten des Beklagten offengelassen. Es hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dem Kläger sei jedenfalls kein Schaden entstanden. Denn er sei verpflichtet gewesen, den hinterlegten Betrag freizugeben.
Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt und zum Inhalt der Vereinbarung vom 9. März 1998 unter Beweisantritt ergänzend vorgetragen. Zur Auseinandersetzung der Gesellschafter habe auch gehören sollen, daß der Kläger und die S. GmbH aus der Haftung für grundstücksbezogene Darlehen entlassen würden, soweit T. die entsprechenden Grundstücke (L. , C. ) zu Eigentum erhalte. Erst dann habe auch die Auszahlung des Geldes an T. erfolgen sollen. Außerdem habe der Beklagte erklärt, er werde bei dem Kläger anfragen, ob ausgezahlt werden könne.
Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.

Aus den Gründen:

Die Revision hat Erfolg.

I. Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist eine Pflichtverletzung des Beklagten nicht ersichtlich. Eine ausdrückliche Auszahlungsanordnung seitens des Klägers sei nicht Bedingung für die Zahlung an T. gewesen. Es gebe keinen allgemeinen Grundsatz, daß eine Auszahlung nur nach Anweisung des Treugebers erfolgen dürfe. Ebensowenig sei eine entsprechende Auflage gegenüber dem Beklagten feststellbar. Die "Abschließende Auseinandersetzungsvereinbarung" vom 9. März 1998 enthalte keine Regelungen, unter welchen Voraussetzungen eine Auszahlung des Betrags von 500.000 DM erfolgen sollte. Daß T. die dort in Nummer 4 und in der Einladung zur Gesellschafterversammlung beschriebenen Erklärungen abgegeben habe, sei zwischen den Parteien nicht im Streit. Der neue Vortrag des Klägers in der Berufungsbegründung zum Inhalt der Vereinbarung vom 9. März 1998 und sein ergänzender Beweisantrag seien unbeachtlich, da keine der Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO gegeben sei. Dem Landgericht sei auch kein Verfahrensfehler unterlaufen; eines Hinweises an den Kläger habe es nicht bedurft.

II. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision im Ergebnis nicht stand.

1. Vergeblich rügt die Revision allerdings eine Verkennung der Beweislast. Nach ihrer Ansicht folgt aus dem Treuhandvertrag ein Anspruch des Klägers auf Rückgabe dessen, was er dem Beklagten zur Ausführung des Auftrags überlassen hatte (§ 667 BGB). Wenn der Beklagte dementgegen behaupte, den bei ihm hinterlegten Geldbetrag bestimmungsgemäß verwendet zu haben, müsse er dies beweisen, nicht dagegen der Kläger eine Pflichtverletzung des Beklagten.
Dem ist nur teilweise zu folgen. Richtig ist, daß der Beauftragte die Beweislast für eine bestimmungsgemäße Verwendung des zur Ausführung des Auftrags Erhaltenen oder des aus der Geschäftsbesorgung Erlangten trägt (vgl. nur Senatsurteil vom 4. Oktober 2001 - III ZR 290/00 - BGH-Report 2002, 71; BGH, Urteil vom 4. November 2002 - II ZR 210/00 - BGH-Report 2003, 331, 332; jeweils m.w.N.). Das entbindet den Auftraggeber indes nicht von der Verpflichtung, seinerseits zunächst Beweis für den von ihm behaupteten Inhalt des Auftrags und die dem Beauftragten dabei gemäß § 665 BGB erteilten Weisungen zu führen (vgl. Baumgärtel/Laumen, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, 2. Aufl, § 665 BGB Rn. 1 m.w.N.). Für den Streitfall folgt dasselbe auch aus der Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Vertragsurkunde (hierzu BGH, Urteil vom 5. Juli 2002 - V ZR 143/01 - NJW 2002, 3164 f.). Nicht der Beklagte, sondern der Kläger ist daher auch auf der Grundlage des § 667 BGB für die Bedingungen, unter denen der Beklagte die hinterlegten 500.000 DM an T. auszahlen durfte, beweispflichtig. Erst wenn der Kläger diesen Beweis geführt hat, kann es auf die Frage ankommen, ob der Beklagte sich an jene Weisungen auch gehalten hat. Diese Beweislastverteilung liegt auch dem Berufungsurteil zugrunde.
2. Die Revision rügt jedoch mit Recht, daß das Berufungsgericht das neue Vorbringen des Klägers in der Berufungsbegründung entgegen § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO nicht berücksichtigt hat …. (wird ausgeführt).