Provisionsanspruch des
Nachweismaklers (§ 652 I BGB); zeitliche Reichweite der Kausalitätsvermutung
BGH, Urteil vom 6. Juli
2006 - III ZR 379/04
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
a) Zum
Provisionsanspruch des Nachweismaklers, der den Namen des Vermieters nicht
bekannt gegeben hat.
b) Sind zwischen dem Nachweis und dem Abschluss des Hauptvertrages ein Jahr
(oder mehr) vergangen, streitet nicht mehr ein sich von selbst ergebender
Schluss auf den Ursachenzusammenhang für den Makler.
Zentrale Probleme:
Es geht um einen ganz lehrreichen Fall aus dem
Maklerrecht. Der Nachweismakler verdient den Maklerlohn allein dadurch, daß
sein Handeln kausal für den Abschluß des zu vermittelnden Vertrages geworden
ist. Das kann auch dann der Fall sein, wenn er nicht alle Informationen
liefert, die zum Abschluß des vermittelten Vertrages notwendig sind.
Freilich muß der Makler diese Kausalität nachweisen. Dabei genügt nicht jede
adäquate Kausalität, sondern der Vertragsabschluß muß "sich als
Verwirklichung einer Gelegenheit darstell(en), die bei wertender Betrachtung
unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung als identisch mit der vom
Makler nachgewiesenen Gelegenheit zum Vertragsschluß anzusehen ist" (BGH
NJW-RR 1996, 691). Die Rspr. hilft dem Makler dabei mit einer zeitlich
begrenzten Kausalitätsvermutung. Da der vermutungsbegründende Zeitraum hier
überschritten war, muß der Makler die Kausalität positiv nachweisen. Deshalb
verweist der Senat zurück.
©sl 2006
Tatbestand:
Die Beklagte wollte in M. ca. 1.000 m2 Bürofläche anmieten. Sie wandte sich
deswegen am 3. November 2000 an den Kläger, einen Makler. Der wies sie
darauf hin, dass er gegen Provision tätig werde, und übersandte ihr am
selben Tag Kurzexposés von Mietobjekten, darunter auch die "A.". Den
betreffenden Vermieter teilte der Kläger allerdings nicht mit. Die Beklagte
hatte Interesse, Bürofläche in der "A. " zu mieten, hielt sie aber für
teuer; zu einer Besichtigung der Räume unter Vermittlung des Klägers kam es
nicht.
Im Januar 2002 beauftragte die Beklagte andere Makler. Mit Vertrag vom 5.
Juni 2002 mietete sie - ohne Beteiligung des Klägers - die Büroräume in der
"A". Der Kläger beansprucht von
der Beklagten Maklerprovision. Er klagt auf Auskunft über die
"Mietvertragsdaten", insbesondere über die Höhe der Miete. Widerklagend
begehrt die Beklagte Feststellung, dass Zahlungsansprüche des Klägers gegen
sie wegen der Anmietung von Büroräumen in der "A. " nicht bestehen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben.
Das Berufungsgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, Auskunft zu
erteilen, und die Widerklage abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen
Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen
Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
I. Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
Der Kläger könne von der Beklagten Auskunft über die "Mietvertragsdaten"
verlangen, um die ihm zustehende Maklerprovision bemessen zu können.
Die Parteien hätten am 3. November 2000 einen Nachweismaklervertrag
geschlossen. Der Kläger habe der Beklagten die - schließlich wahrgenommene -
Mietgelegenheit in der "A. " nachgewiesen. Zwar habe er der Beklagten nicht
den Vermieter der Büroräume genannt. Darauf sei es der Beklagten vorerst
aber auch nicht angekommen; sie habe die damals erforderlichen Informationen
erhalten. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben sei sie daran gehindert,
dem Kläger die fehlende Mitteilung des Vermieters entgegenzuhalten.
Die Nachweistätigkeit sei ferner ursächlich gewesen für den Abschluss des
Mietvertrages. Dafür spreche eine Vermutung, die im Streitfall nicht
widerlegt worden sei. Zwar lägen "möglicherweise VA Jahre" zwischen dem
Erstnachweis durch den Kläger und dem Vertragsschluss. In der Zwischenzeit
hätten aber fernmündliche Kontakte zwischen den Parteien stattgefunden und
den Mitarbeitern der Beklagten sei noch im Dezember 2001/Januar 2002 bewusst
gewesen, dass der Kläger die "A. " erstmals nachgewiesen habe.
II. Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Prüfung in einem entscheidenden
Punkt nicht stand. Aufgrund der bisherigen Feststellungen kann ein
Auskunftsanspruch des Klägers nicht angenommen und die von der Widerklage
beantragte Feststellung, dass dem Kläger kein Provisionsanspruch zustehe,
nicht versagt werden.
1. Das Berufungsgericht ist im Anschluss an das Landgericht davon
ausgegangen, dass zwischen den Parteien ein Nachweismaklervertrag (§ 652
Abs. 1 Satz 1 BGB) zustande gekommen ist. Das wird von der Revision nicht
angegriffen und ist auch sonst nicht zu beanstanden.
2. Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Annahme des
Berufungsgerichts, der Kläger habe einen "Maklernachweis" erbracht, die
Beklagte sei gemäß § 242 BGB gehindert, die fehlende Mitteilung des
Vermieters dem eingeklagten Provisionsanspruch entgegenzuhalten.
a) Die dem Nachweismakler obliegende Maklerleistung besteht gemäß § 652 Abs.
1 BGB in dem "Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages". Nach
der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist damit eine Mitteilung des
Maklers an seinen Kunden gemeint, durch die dieser in die Lage versetzt
wird, in konkrete Verhandlungen über den von ihm angestrebten Hauptvertrag
einzutreten. Da der Kunde derartige Verhandlungen nur einleiten kann, wenn
er auch erfährt, an wen er sich wegen des angestrebten Vertrages wenden muss,
wird der Immobilienmakler seinem am Kauf oder an der Anmietung
interessierten Kunden im allgemeinen nicht nur das konkrete Grundstück zur
Kenntnis bringen, sondern auch den Namen und die Anschrift des möglichen
Verkäufers oder Vermieters nennen (vgl. BGH, Urteile vom 15. Februar 1984 -
IVa ZR 150/82 - WM 1984, 560; vom 22. Oktober 1986 - IVa ZR 4/85 -NJW-RR
1987, 172, 173; vom 14. Januar 1987 - IVa ZR 206/85 - WM 1987, 511 und vom
27. Januar 1988 - IVa ZR 237/86, WM 1988, 725 f; siehe auch OLG Düsseldorf
OLG-Report 1998, 357 f; OLG Hamm NJW-RR 1999, 632, 633; Staudinger/Reuter,
BGB 2003 § 652 Rn. 35; MünchKommBGB/Roth, 4. Aufl. 2005 § 652 Rn. 99).
Trotzdem kann ein ausreichender Nachweis im Sinne von § 652 Abs. 1 BGB auch
dann vorliegen, wenn der Makler den Namen des Vertragspartners (noch) nicht
mitgeteilt hat. Die Namhaftmachung des Interessenten ist entbehrlich, wenn
bei der Mitteilung der Angaben über das Objekt keine weiteren
Nachforschungen zur Feststellung des Interessenten erforderlich sind, etwa
weil die Anschrift des Verkäufers mit der örtlichen Bezeichnung des
Grundstücks übereinstimmt. Die Nichtnennung des Eigentümers kann den
Provisionsanspruch ferner dann nicht zu Fall bringen, wenn es dem
Maklerkunden vorerst nicht auf dessen Person ankam, weil er sich zunächst
einmal über die Geeignetheit des Grundstücks schlüssig werden wollte. Die
gegenteilige Auffassung nähme nicht genügend Bedacht darauf, dass mit der
Preisgabe aller erforderlichen Daten des nachgewiesenen Objekts die
wesentliche (geldwerte) Maklerleistung bereits erbracht war, und dass die
Ermittlung des Eigentümers "am Makler vorbei" für einen zahlungsunwilligen
Maklerkunden in dieser Lage ein Leichtes sein kann (vgl. BGH, Urteil vom 15.
Februar 1984 aaO; siehe auch Urteile vom 22. Oktober 1986 aaO und vom 14.
Januar 1987 aaO; OLG Düsseldorf aaO S. 358; OLG Hamm aaO S. 633;
Staudinger/Reuter aaO Rn. 36; MünchKommBGB/Roth aaO Rn. 102).
b) Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat einen
danach zulässigen Ausnahmefall angenommen, wonach es nicht
provisionsschädlich ist, wenn der Makler den Namen des Vermieters nicht
nennt, durch den gegebenen (unvollständigen) Nachweis das Interesse des
Auftraggebers aber - zunächst - voll befriedigt wird (vgl. Staudinger/Reuter
aaO) und der Kunde den Hauptvertrag später "am Makler vorbei" abschließt.
Der Provisionsanspruch des Maklers hängt dann nicht weiter davon ab, dass
dem Kunden Arglist zur Last fällt. Insbesondere ist (entgegen etwa OLG Hamm
aaO) nicht erforderlich, dass der Kunde den Eigentümer oder Vermieter
gezielt auf eigene Faust ermittelt, um so die (eine) Maklerprovision zu
spsren. Auch dann, wenn - wie hier - die vollständige Adresse des Vermieters
von einem später eingeschalteten Makler mitgeteilt wird, kann dem Kunden im
Einzelfall die Berufung auf die Unvollständigkeit des - unterstellt kausalen
- Erstnachweises versagt sein (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 1987 aaO;
dort wurde dem Erstmakler die Provision vor allem deshalb abgesprochen, weil
er seinem Kunden weitere Informationen über die Person des Verkäufers
"vorenthalten" hatte).
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts und den von ihm in Bezug
genommenen Feststellungen des Landgerichts fragte eine Mitarbeiterin der
Beklagten am 3. November 2000 bei dem Kläger an wegen der Anmietung von
Büroräumen in München. Der Kläger übersandte der Beklagten sogleich unter
anderem ein Kurzexposé der "A. ", ohne allerdings den Vermieter zu nennen.
Die Beklagte wurde hierdurch erstmals auf dieses Bürogebäude hingewiesen. Im
August 2001 besichtigten Mitarbeiter der Beklagten die "A."; das Treffen
hatte jedoch nicht der Kläger, sondern ein anderer Makler vermittelt.
Zugleich blieben die Parteien aber in fernmündlicher Verbindung; dabei gab
die Beklagte dem Kläger zu erkennen, dass sie ihn - weiterhin - als
denjenigen ansah, der die "A. " als erster nachgewiesen habe: Am 13.
Dezember 2001 rief Mares, ein Angestellter der Beklagten, bei dem Kläger an
und teilte mit, er habe im Hinterkopf, dass der Kläger dieses Objekt - das
er, Mares, nun besichtigen solle - angeboten habe. Der Kläger bestätigte das
seinerseits mit Schreiben vom 14. Dezember 2001. Am 9. Januar 2002 teilte
Mares dem Kläger telefonisch mit, dass die Beklagte einen anderen Makler
eingeschaltet habe. Auf entsprechenden Vorhalt des Klägers versicherte Mares,
die entscheidenden Stellen der Beklagten würden unterrichtet, dass der
Kläger angesichts seines Erstnachweises Maklerprovision für den Fall der
Anmietung der "A. " beanspruche. Die Beklagte mietete dann die "A. " ohne
Mitwirkung des Klägers.
16 Bei dieser Sachlage ist es nicht zu beanstanden, dass das
Berufungsgericht die Beklagte für gehindert (§ 242 BGB) ansah, geltend zu
machen, der Kläger habe einen vollständigen Nachweis nicht erbracht.
3. Die Revision wendet sich jedoch zu Recht dagegen, dass das
Berufungsgericht von der Ursächlichkeit der Nachweistätigkeit des Klägers
für den Abschluss des Mietvertrages ausgegangen ist.
18 a) Wenn der Makler die Gelegenheit zum Vertragsabschluss nachgewiesen hat
und seiner Nachweistätigkeit der Vertragsschluss in angemessenem Zeitabstand
nachfolgt, ergibt sich daraus der Schluss auf den Ursachenzusammenhang
zwischen beiden von selbst (vgl. Senat, BGHZ 141, 40, 44; BGH, Urteil vom
26. September 1979 - IV ZR 92/78 - NJW 1980, 123; so schon RGZ 148, 354,
357). Als ein "angemessener Zeitabstand", der eine solche Schlussfolgerung
rechtfertigte, sind in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vier Monate
(Senat, BGHZ aaO 43 f), ca. drei bis fünf Monate (BGH, Urteil vom 26.
September 1979 aaO) und "mehr als ein(em) halbe(s) Jahr" (Senatsurteil vom
22. September 2005 - III ZR 393/04 - NJW 2005, 3779, 3781) angesehen worden.
Hier lagen zwischen dem "Erstnachweis" des Klägers im November 2000 und dem
Vertragsschluss am 5. Juni 2002 indes rund 19 Monate. In vergleichbaren
Fällen hat die obergerichtliche Rechtsprechung wegen des längeren Zeitraums
zwischen Nachweis und Vertragsschluss eine Kausalitätsvermutung zwischen
beiden abgelehnt und es bei der (gewöhnlichen) Darlegungsund Beweislast des
Maklers für den Kausalzusammenhang zwischen Nachweis und Vertragsschluss
belassen (vgl. OLG Hamburg OLG-Report 2000, 398 f; OLG Bremen OLG-Report
2002, 433, 435; OLG Frankfurt a.M. NJW-RR 2004, 704; siehe auch
Staudinger/Reuter aaO Rn. 125). Dem ist im Wesentlichen beizutreten;
jedenfalls wenn ein Jahr (oder mehr) zwischen dem Nachweis und dem
Hauptvertragsschluss vergangen sind, streitet nicht mehr ein sich von selbst
ergebender Schluss auf den Ursachenzusammenhang für den Makler. Das gilt
auch dann, wenn sich der Nachweis - wie hier - auf einen Hauptvertrag
bezieht, den der Kunde nicht sogleich, sondern erst in ein bis zwei Jahren
schließen will; dieser Umstand hat aber bei der - von einer
Kausalitätsvermutung gelösten - tatrichterlichen Kausalitätsprüfung Gewicht.
b) Das Berufungsurteil geht indessen ohne weiteres hinsichtlich der
Tätigkeit des Klägers von einer Kausalitätsvermutung für den Vertragsschuss
aus und prüft, ob die Umstände des Falles, wie z.B. die "eineinhalb Jahre"
zwischen "Erstnachweis" und Vertragsschluss, diese entkräftet haben (was es
verneint). Es wäre jedoch - insoweit hat die Revision Recht - zunächst zu
fragen gewesen, ob überhaupt ein den Kausalitätsschluss (vgl. Senat, BGHZ
141, 40, 44) rechtfertigender angemessener zeitlicher Zusammenhang zwischen
Nachweis und Vertragsschluss bestand. Davon hätte bei dem hier gegebenen
Abstand von rund 19 Monaten und dem Fehlen von Besonderheiten - wie
ausgeführt -nicht mehr die Rede sein können. Der Kläger hätte folglich
vollen Beweis für die Kausalität des von ihm erbrachten Nachweises für den
Abschluss des Mietvertrages erbringen müssen. Die betreffende, auf eine
Kausalitätsvermutung gestützte Feststellung des Berufungsgerichts hat keinen
Bestand.
III. Der Senat ist gehindert, in der Sache selbst zu entscheiden. Es bedarf
einer neuen tatrichterlichen Würdigung, ob der von dem Kläger erbrachte
Nachweis ursächlich für den Abschluss des Mietvertrages war.
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