Zuwendungen an Stiftungen als pflichtteilsbeeinträchtigende Schenkungen - Abgrenzung von Schenkung und Treuhand, Ergänzungsanspruch gegen den Beschenkten (§§ 2325, 2329, 818 BGB); bereicherungsrechtlicher Vermögensvorteil bei Schaffung einer "res sacra"


BGH, Urteil vom 10. Dezember 2003 - IV ZR 249/02


Fundstelle:

NJW 2004, 1382
BGHZ 157, 178
s. dazu auch die Anm. zu
BGH v. 14.2.2007 - IV ZR 258/05


Amtl. Leitsatz:

Endgültige unentgeltliche Zuwendungen an Stiftungen (hier: Stiftung Dresdner Frauenkirche) in Form von Zustiftungen oder freien oder gebundenen Spenden sind pflichtteilsergänzungspflichtige Schenkungen i.S. der §§ 2325, 2329 BGB.


Tatbestand:

Die Klägerin begehrt als Alleinerbin ihres 1998 verstorbenen Vaters Pflichtteilsergänzung gemäß § 2329 Abs. 1 BGB.
Die Beklagte ist eine 1994 errichtete rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts. In ihrer Satzung ist unter anderem folgendes festgelegt:
Stifter sind die Evangelisch-Lutherische Kirche Sachsens, der Freistaat Sachsen und die Stadt Dresden (§ 1). Stiftungszweck ist der Wiederaufbau und spätere Erhalt der Dresdner Frauenkirche als kulturelles Denkmal, Stätte gottesdienstlicher Nutzung sowie Veranstaltungsort von Symposien, Vorträgen, Konzerten und Ausstellungen (§ 2). Das Stiftungsvermögen besteht aus dem von der Landeskirche übertragenen 99jährigen Erbbaurecht an der Frauenkirche Dresden, einem von den Stiftern eingebrachten Stiftungskapital und Spenden und sonstigen Zuwendungen, soweit sie zur Bildung von Stiftungskapital bestimmt werden (§ 3). Bei der Vermögensverwaltung ist der Bestand des Stiftungsvermögens ungeschmälert zu erhalten und getrennt von anderen Vermögen zu halten; Spenden und sonstige Zuwendungen können, wenn vom Geldgeber nichts anderes bestimmt ist, im Rahmen der steuerlich zulässigen Grenzen dem Stiftungskapital zugeführt werden (§ 4).  Ihre Aufgaben erfüllt die Beklagte aus Erträgen des Stiftungskapitals, dem Stiftungskapital selbst und Spenden und sonstigen Zuwendungen, soweit sie nicht dem Stiftungskapital zugeführt werden (§ 5).
Der Erblasser wandte der Beklagten im Rahmen der sogenannten Aktion Stifterbrief im April 1995 4,44 Mio. DM zu, wofür ihm ideell die Turmspitze des Treppenhauses A zugeordnet und ein Stifterbrief ausgestellt wurde, und im Mai 1997 weitere 260.000 DM. Außerdem setzte er ihr ein Vermächtnis von 300.000 DM aus, das nach seinem Tod ausgezahlt wurde.
Die Klägerin gibt den ihr hinterlassenen Nachlaß einschließlich erhaltener Schenkungen mit 1.309.522,57 DM an. Aus dem daraus zusammen mit den der Beklagten zugeflossenen Beträgen ermittelten Gesamtnachlaß von 6.309.522,57 DM beziffert sie ihren Pflichtteil mit 3.154.761,29 DM.
Landgericht und Berufungsgericht haben ihre Klage auf Pflichtteilsergänzung in Höhe von 1.845.238,72 DM abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren - aus Kostengründen beschränkt auf 750.000 - weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Nach dem Berufungsurteil (abgedruckt in NJW 2002, 3181 ff. = ZEV 2002, 415 f. = FamRZ 2003, 62 ff., mit Anm. Rawert, NJW 2002, 3151 ff. und Muscheler, ZEV 2002, 417 f.) scheitert ein Anspruch der Klägerin an der fehlenden Passivlegitimation der Beklagten. Der Erblasser habe ihr kein Geschenk im Sinne von § 2329 Abs. 1 BGB gemacht, da sie durch seine Zuwendung nicht in ihrem Vermögen bereichert worden sei. Sie habe lediglich treuhänderisches Vermögen erhalten mit der Zweckbestimmung, dieses unmittelbar zur Förderung des Stiftungszweckes - den Wiederaufbau der Kirche - zu verwenden. Das führe - wie bereits das Reichsgericht im Falle von Spenden an Anstalten oder Vereinigungen zur Verwendung ideeller Zwecke erkannt habe (RGZ 62, 386 ff.) - als Durchgangseigentum nicht zu einer beständigen Bereicherung des Sammlungsträgers. Die von der herrschenden Meinung im Anschluß an RGZ 71, 140 ff. angenommene Bereicherung, wenn es sich bei dem Spendenempfänger um eine juristische Person handele, überzeuge bereits vom Ansatz her nicht. Die Frage einer Bereicherung entscheide sich nicht an der Rechtspersönlichkeit des Empfängers, sondern an den Auswirkungen der Zuwendung auf sein Vermögen.
Eine Bereicherung des Sammlungsträgers komme bei treuhänderischem Sammelvermögen nur in Betracht, wenn die Zweckbestimmung der Spende in dem Sinne nicht stark genug ausgeprägt sei, daß entweder der Sammlungszweck nicht hinreichend konkretisiert sei oder eine untrennbare Vermischung zwischen zweckgebundenem und nicht zweckgebundenem Vermögen stattgefunden habe. Beides sei hier nicht der Fall. Satzungsgemäß sei der Sammlungszweck vor der ersten Spende des Erblassers über den Stiftungszweck genau genug festgelegt und die Trennung zwischen Stiftungsvermögen und an Spenden zufließenden Stiftungsmitteln erreicht worden. Dementsprechend sei die Beklagte bei der Sammlung und Mittelverwendung verfahren. Sie sei auch nicht mittelbar über eine Wertsteigerung ihres Erbbaurechts nach Baufortschritt beständig bereichert; ein solcher Vermögenszuwachs sei als Ertrag des Stiftungsvermögens zu betrachten, der lediglich in mittelbarer Form - etwa über Einnahmen aus Konzerten in den neu geschaffenen Räumlichkeiten - zugleich wieder der Beklagten und damit dem Stiftungszweck zugute kommen könnte.
Die Klägerin habe auch nicht entsprechend ihrem Hilfsvorbringen den Treuhandauftrag ihres Vaters widerrufen können, da der Erblasser nach den besonderen Umständen des Treuhandauftrages auf das Widerrufsrecht auch mit Wirkung für seine Erbin verzichtet habe.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Der Erblasser hat der Beklagten 4,7 Mio. DM geschenkt.

1. Pflichtteilsergänzungsansprüche gemäß §§ 2325, 2329 Abs. 1 BGB setzen voraus, daß der Erblasser dem in Anspruch genommenen Dritten eine Schenkung im Sinne von § 516 BGB gemacht hat, d.h., eine Zuwendung, die den Empfänger aus dem Vermögen des Gebers bereichert und bei der beide Teile darüber einig sind, daß sie unentgeltlich erfolgt (allgemeine Ansicht vgl. nur BGHZ 59, 132, 135; so bereits auch Planck/Greiff, BGB 4. Aufl. [1930] § 2325 Anm. 2a). Im Ansatz zutreffend sieht das Berufungsgericht, daß hier eine ergänzungspflichtige Schenkung nur angenommen werden kann, wenn der über die gestifteten
Geldbeträge in Höhe von 4,7 Mio. DM ohne wirtschaftlichen Gegenwert erfolgte Vermögensabfluß beim Erblasser zu einer materiell-rechtlichen, dauerhaften und nicht nur vorübergehenden oder formalen Vermögensmehrung der Beklagten geführt hat (vgl. nur MünchKomm/Kollhosser, BGB 3. Aufl. § 516 Rdn. 6, 8; Soergel/Mühl/Teichmann, BGB 12. Aufl. § 516 Rdn. 8). Rechtsfehlerhaft nimmt das Berufungsgericht jedoch an, daß der Erblasser nur Durchgangsvermögen zugewandt habe, welches die Beklagte wirtschaftlich nicht habe bereichern können.

2. Bereits der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts trifft nicht zu, der Erblasser habe mit den gestifteten Beträgen treuhänderisch gebundenes Vermögen übertragen wollen.
Treuhandverhältnisse sind dadurch gekennzeichnet, daß die dem Treuhänder nach außen eingeräumte Rechtsmacht im Innenverhältnis zum Treugeber durch eine schuldrechtliche Treuhandabrede beschränkt ist (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB 63. Aufl. Überblick vor § 104 Rdn. 25; Palandt/Bassenge, aaO § 903 Rdn. 33). In Fällen sogenannter fiduziarischer Treuhand verliert der Treugeber mit der Vollrechtsübertragung zwar seine Verfügungsmacht, der Treuhänder bleibt aber schuldrechtlich gebunden, das Eigentumsrecht nur nach Maßgabe der Treuhandvereinbarung auszuüben, und ist nach Erledigung des Treuhandzweckes zur Rückübereignung des Treuguts verpflichtet (vgl. BGHZ 124, 298, 303; 11, 37, 43; RGZ 153, 366, 369).
Daß der Erblasser sich bei seinen Geldzuwendungen in diesem Sinne eine Rechtsmacht im Verhältnis zur Empfängerin vorbehalten hat, ist weder festgestellt noch sonst ersichtlich. Zwar war die Beklagte gehalten, die Gelder zu Stiftungszwecken - zusätzlich konkretisiert durch den Inhalt des Stifterbriefes - zu verwenden. Das verlieh dem Erblasser aber keine weitergehenden Rechte im Sinne eines Treuhandverhältnisses. Die für Treuhandverhältnisse typischen Merkmale – wirtschaftliches Eigentum des Treugebers am Treuhandvermögen, das jedenfalls aus wichtigem Grund stets gegebene Kündigungsrecht des Treugebers (§ 671 Abs. 3 BGB), die Möglichkeit des Vermögensrückfalls bei Insolvenz des Treugebers (§§ 115, 80 InsO i.V. mit § 667 BGB) - treffen auf Spenden der vorliegenden Art gerade nicht zu (vgl. Rawert, aaO 3152)

3. a) Gegen eine Schenkung und für ein Auftragsverhältnis gegebenenfalls mit treuhänderischem Einschlag spräche allerdings eine Zuwendung von Vermögen allein zu dem Zweck, es zugunsten anderer zu verwenden. Wer so bedacht wird, wird nicht beschenkt, sondern beauftragt (Reuter, Die unselbständige Stiftung, in: von Campenhausen/Kronke/Werner [Hrsg.], Stiftungen in Deutschland und Europa S. 203, 220).
Nach den festgestellten Umständen kommt jedoch bereits eine bloße Beauftragung nicht in Betracht, bei der die Beklagte als Empfängerin der Geldzuwendungen nur als Mittels- und Durchgangsperson anzusehen wäre, die diese nur vorübergehend für den eigentlichen Bedachten verwahrt und ihm nach Schluß der Sammlung aushändigt (vgl. RGZ 71, 140, 144). Die Beklagte verwandte die Mittel nach dem Willen des Geldgebers ausschließlich für sich selbst, so wie es in ihrer Satzung festgelegt ist (vgl. RGZ 70, 15, 17 f.: Ausstattung eines Vereins mit Vermögen zu dem von der Satzung bestimmten Zweck).
b) Eine schenkungsrechtliche Bereicherung ist ferner immer dann anzunehmen, wenn die Vermögensübertragung endgültig sein soll, d.h. selbst dann Bestand hat, wenn die Erfüllung des Stiftungszweckes unmöglich wird. Dagegen ist ein Treuhandverhältnis bei stiftungszweckgebundenen Vermögenszuwendungen anstelle etwa einer Schenkung unter Auflage nur in Betracht zu ziehen, wenn das Treugut am Ende des Auftrages nicht beim Beauftragten verbleibt, sondern an den Auftraggeber oder an Dritte herauszugeben ist (Reuter, aaO).
Es besteht kein Anhalt, daß die Geldzuwendungen des Erblassers nicht im Sinne eines endgültigen Vermögenstransfers erfolgen sollten. Eine Rückgabe- bzw. Weitergabeverpflichtung scheidet aus. Der Beklagten sollten die Beträge in jedem Fall verbleiben, sei es um ihre Wiederaufbaumittel zu verstärken oder sei es nach entsprechender Verwendung über die fortgeschrittene Restaurierung der Kirche. Der Heimfall an den Grundstückseigentümer nach Ablauf des Erbbaurechts betrifft die Unumkehrbarkeit der Vermögensübertragung nicht. Gerade der endgültige Ausschluß von Rückgabepflichten stützt die Annahme einer Schenkung; mit einer bloß treuhänderischen Zuwendung im Rahmen eines Auftragsverhältnisses ist das nicht zu vereinbaren. Auch bei Zuwendungen mit festgelegtem Spendenzweck will sich der Zuwendende seines Vermögens endgültig entäußern (Rawert, aaO).
Das Berufungsgericht geht insoweit ebenfalls von einer abschließenden Vermögensübertragung aus, als es für das von ihm zugrunde gelegte Auftragsverhältnis nach den gegebenen Spendenumständen annimmt, der Erblasser habe auf das ihm aus § 671 Abs. 1 BGB grundsätzlich zustehende Widerrufsrecht konkludent verzichtet. Ob ein solcher Verzicht hier möglich war, kann offenbleiben (vgl. BGH, Urteil vom 13. Mai 1971 - VII ZR 310/69 - WM 1971, 956). Der Geberseite sollten auch danach keine Befugnisse verbleiben, um die vollzogenen Geldzuwendungen anschließend noch beeinflussen zu können. Für die Annahme von Treuhandabsprachen, die einer unumkehrbaren Vermögensübertragung entgegenstehen könnte, gibt es insgesamt keine Grundlage. Endgültige unentgeltliche Zuwendungen der vorliegenden Art an bereits existierende Stiftungen - sei es als stiftungskapitalerhöhende Zustiftungen, sei es als zum zeitnahen Einsatz für die Stiftungszwecke gedachte freie oder gebundene Spenden - werden daher zu Recht dem Schenkungsrecht, bei gebundenen Spenden unter entsprechender Bindungsauflage, unterworfen (LG Baden-Baden ZEV 1999, 152; Rawert, ZEV 1996, 161, 163; Muscheler, aaO 417). Einer genauen Festlegung der hier vom Erblasser gewählten Zuwendungsart (Spende oder Zustiftung) bedarf es für die geltend gemachten Pflichtteilsergänzungsansprüche nicht.

4. Eine Bereicherung der Beklagten läßt sich auch nicht mit Blick auf die vom Berufungsgericht herangezogene reichsgerichtliche Rechtsprechung zur Behandlung von Spenden für gemeinnützige Zwecke, gleichviel ob sie an juristische oder natürliche Personen erfolgen, in Zweifel ziehen.
Bereits in einer früheren Entscheidung hat das Reichsgericht in allen Fällen, in denen der Erblasser einen Teil seines Vermögens schon bei Lebzeiten zu Stiftungszwecken an physische oder juristische Personen hergab, die Vorschriften der §§ 2325 ff. BGB angewendet und nur eine entsprechende Anwendung auf die Dotierung einer Stiftung näher begründet (RGZ 54, 399 ff.). Die vielfach unterschiedlich verstandene Entscheidung RGZ 62, 386 ff. (vgl. nur Reuter, aaO und MünchKomm/Kollhosser, aaO Rdn. 8 einerseits sowie Staudinger/Cremer, BGB [1995] § 516 Rdn. 22, 23 andererseits) steht dazu nicht in Widerspruch. Auch darin wird für "die Bereicherung des Beschenkten eine endgültige, materielle, nicht bloß eine formale" gefordert (aaO 390) und fiduziarisches Eigentum angenommen, "wo der Eigentümer obligatorisch verpflichtet ist, es nur in bestimmter Richtung zu gebrauchen, es, nachdem der Zweck der fiduziarischen Übertragung erreicht ist, wieder zurück- oder an einen Dritten herauszugeben" (aaO 391). Letzteres hatte das Reichsgericht allerdings nach den Feststellungen des dortigen Berufungsgerichts bei einem vom Empfänger mit Spendenmitteln auf fremden (städtischen) Grund und Boden errichteten Gebäude (Kolumbarium) gebilligt. Die weitere Rechtsprechung des Reichsgerichts bestätigt im Grundsatz, daß Zuwendungen zur Erreichung bestimmter Zwecke als Schenkungen behandelt werden, sofern sie nicht der Empfänger als bloße Durchgangs- oder Mittelsperson in vollem Umfang an Dritte weitergeben muß (vgl. RGZ 70, 15 ff.; 71, 140 ff.; 105, 305 ff.; 112, 210 ff.).
5. Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht aus der vom Berufungsgericht herausgestellten Trennung von Stiftungsvermögen der Beklagten und den ihr zufließenden Stiftungsmitteln einerseits und aus der satzungsgemäßen Verwendung der Zuwendungen andererseits.
a) Richtig ist zwar, daß gemäß § 3c der Satzung Spenden und sonstige Zuwendungen zum Stiftungsvermögen gehören, soweit sie zur Bildung von Stiftungskapital bestimmt werden, was hier nach der Zweckbestimmung durch den Geldgeber - Wiederaufbau einer Turmspitze - gemäß § 4 Abs. 5b nicht in Betracht kam. Das Berufungsgericht übersieht indes, daß die Geldbeträge mit ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung dem gemäß § 3a der Satzung zum Stiftungsvermögen gehörenden Erbbaurecht untrennbar zugeflossen sind.
b) Fehl geht die Überlegung, mit der das Berufungsgericht einen die Beklagte bereichernden Vermögenszuwachs durch den jeweiligen Baufortschritt auf bloß mittelbare durch mit den geschaffenen Räumlichkeiten noch zu erwirtschaftende Einnahmen reduziert wissen will. Die Frauenkirche ist über das Erbbaurecht an dem Grundstück der bedeutendste Teil des Stiftungsvermögens. Die bestimmungsgemäße Investition in das Kirchengebäude ist daher nichts anderes als die Verwendung von Spenden und sonstigen Zuwendungen für diesen aus einem Sachwert bestehenden wichtigsten Teil des Vermögens. Eine solche Verwendung kann die entsprechende Bereicherung des Zuwendungsempfängers nicht in Frage stellen (vgl. Muscheler aaO 417; Soergel/Mühl/Teichmann aaO). Denn dies bedeutet nicht lediglich einen für fiduziarisches Vermögen sprechenden Durchgangserwerb der Beklagten, sondern eine Verwendung für eigene ihr Vermögen mehrende Zwecke. Das unterliegt nach allgemeiner Ansicht dem Schenkungsrecht; die Eigenschaft des Empfängers als juristische Person ist unter diesem Gesichtspunkt dafür allerdings ohne entscheidende Bedeutung (vgl. Bamberger/Roth/Gehrlein, BGB 2003 § 516 Rdn. 5; MünchKomm/Kollhosser, aaO; Staudinger/Cremer, aaO). Die Betrachtungsweise des Berufungsgerichts hätte zudem - worauf Muscheler zutreffend hinweist (aaO 418) - die so nicht aufzulösende Ungereimtheit zur Folge, daß in Fällen unwirksamer Zuwendung eine Kondiktion des Geldgebers ausscheiden müßte, weil der Empfänger nicht bereichert und ein Drittbereicherter nicht vorhanden ist.

c) Einer Bereicherung der Beklagten kann auch nicht - wie die Revisionserwiderung meint - entgegengehalten werden, daß es sich bei der Frauenkirche nach kirchenrechtlicher Widmung um eine sogenannte "res sacra" handelt, die zwar in privatrechtlichem Eigentum steht, aufgrund ihrer Widmung zu Zwecken des Kultus aber in ihrer Verkehrsfähigkeit als öffentliche Sache beschränkt sei. Bei gebotener wirtschaftlicher Betrachtungsweise kommt der mit den aus Spendenmitteln finanzierten Wiederaufbaumaßnahmen eingetretenen Werterhöhung, die auch die Revisionserwiderung einräumt, nicht bloß "theoretische Bedeutung" zu.
Anerkannt ist zum einen, daß eine Bereicherung, also die Erlangung eines Vermögensvorteils, nicht dadurch ausgeschlossen ist, daß das Erlangte nicht hauptsächlich für einen wirtschaftlichen Zweck, sondern kirchlichen Bedürfnissen dienstbar gemacht werden soll (RGZ 71, 140, 142: Mittelverwendung für ein Gotteshaus mit dazugehöriger Pfarrwohnung). Zum anderen läßt eine mit kirchenrechtlicher Widmung verbundene Beschränkung der Verkehrsfähigkeit den für die Bereicherung maßgeblichen Wertzuwachs nicht entfallen. Der wirtschaftliche Wert hängt nicht von der aktuellen freien Verfügbarkeit für die Beklagte als privatrechtliche Erbbauberechtigte ab. Vielmehr bleibt die Bereicherung in Gestalt der mit den Spendenmitteln errichteten Bausubstanz erhalten, auch wenn der Beklagten die Umsetzung des Kirchenbauwerks in Geld insgesamt oder in Teilen, im jetzigen Bauzustand oder nach Vollendung des Bauwerks so nicht möglich ist. Durch die Widmung zur "res sacra" verliert ein Gebäude nicht seinen meßbaren wirtschaftlichen Wert. Damit ist auch dem Einwand der Revisionserwiderung aus § 818 Abs. 3 BGB die Grundlage entzogen, mit Bezahlung der Baumaßnahmen sei die Beklagte nicht mehr bereichert, weil eine Kirche keinen Verkehrswert besitze.
6. Schließlich ist die vom Berufungsgericht vorgenommene rechtliche Einordnung derartiger unentgeltlicher Zuwendungen nicht mit dem Zweck der Pflichtteilsergänzungsbestimmungen zu vereinbaren. Diese sollen eine Aushöhlung des Pflichtteilsrechts durch lebzeitige Rechtsgeschäfte des Erblassers verhindern. Ohne den Schutz der §§ 2325, 2329 BGB liefe das Pflichtteilsrecht Gefahr, seine materielle Bedeutung weitgehend zu verlieren, da der Erblasser es über lebzeitige Schenkungen in der Hand hätte, Nachlaß und Pflichtteilsansprüche zu schwächen (vgl. statt aller Staudinger/Olshausen aaO Vorbem. zu §§ 2325 ff. Rdn. 5 ff. m.w.N.).
Zu Recht weist die Revision darauf hin, daß der Senat Tendenzen zur Verschiebung der Grenzen, die das Pflichtteilsrecht zum Schutz von Ehe und Familie der Testierfreiheit setzt, immer wieder entgegengetreten ist (BGHZ 116, 167, 174 f.). Die Verfolgung gemeinnütziger ideeller Zwecke kann eine solche Verschiebung nicht rechtfertigen, wie die Revisionserwiderung meint. Aus der Sicht des Pflichtteilsberechtigten ist der Erfolg einer Schenkung und einer Spende zu Stiftungszwecken wirtschaftlich gleich (Rawert, NJW 2002, 3151, 3153; vgl. dazu auch Mugdan, Materialien zum BGB V. Band S. 7633). Es ist im Ergebnis nichts anderes als der Versuch, auf diese Weise einen erheblichen Teil des Nachlaßvermögens zum Nachteil des Pflichtteilsberechtigten an einen anderen weiterzuleiten. Daß im Einzelfall die Motive durchaus anerkennenswert sein mögen und die als gemeinnützig gedachte Vermögensverschiebung im allgemeinen Interesse liegen kann, ist für die damit einhergehende Pflichtteilsverkürzung ohne Belang. Solche Eingriffe in das Pflichtteilsrecht, so sie denn rechtspolitisch wünschenswert erscheinen, sind dem Gesetzgeber vorbehalten.
Auch über die Rechtsfigur der "res sacra" ist das nicht zu erreichen. Dadurch würde allenfalls der Kreis der Zuwendungsempfänger eingeschränkt. Die Gefahren für eine nachhaltige Aushöhlung des gesetzlich festgelegten Pflichtteilsrechts blieben dieselben. Drittschützende Normen, die wie die §§ 2325, 2329 BGB Schenkung voraussetzen, könnten auf diese Weise umgangen werden, der Schutz des Pflichtteilsberechtigten ginge verloren.

III. Die Geldzuwendungen des Erblassers sind nach alledem pflichtteilsergänzungspflichtige Schenkungen. Die Sache ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die - aus seiner Sicht folgerichtig - unterbliebenen Feststellungen zu der Aktivlegitimation der Klägerin und dem Nachlaßwert nachholen kann.