Internationales Deliktsrecht: Produkthaftung, Mehrheit von Handlungsorten, Begriff des "Erfolgsorts"

OLG Düsseldorf, v. 18. 12. 1998 - 22 U 13/98


Fundstellen:

NJW-RR 2000, 833
IPRax 2001, 584 mit Anm. Thorn aaO S. 561 ff


Zentrales Problem:

Im Mittelpunkt der Entscheidung steht das auf die außervertragliche Produkthaftung anwendbare Recht. Der konkrete Fall war nach altem - nicht kodifizierten - internationalen Deliktsrecht zu beurteilen. Unter Geltung der Artt. 40 ff EGBGB n.F. wäre aber ebenfalls deutsches Recht als das Recht des Handlungsorts anzuwenden (Art. 40 I 1 EGBGB), weil dies der Sitz des Herstellers ist und das Produkt hier in den Verkehr gebracht wurde. Der Geschädigte hätte freilich ein Bestimmungsrecht nach Art. 40 I 2 EGBGB zugunsten des Rechts des Erfolgsorts (Schadenseintrittsort) gehabt. Maßgeblich ist dabei der Ort der Rechtsgutsverletzung, nicht derjenige von Folgeschäden. Für Dritte (sog. "bystander") ist das unstreitig. Bestehen aber zwischen dem Erwerber und dem Produzenten vertragliche Beziehungen, stellt sich die - von der h.M. verneinte - Frage einer vertragsakzessorischen Anknüpfung (Art. 42 II Nr. 1 EGBGB). Für die Frage des Erfolgsorts wird aber wegen der Zufälligkeit des Orts der Rechtsgutverletzung (hier: Brand des Schiffes aufgrund einer fehlerhaften Löschanlage) eine abweichende Definition des Erfolgsortes vertreten. Maßgeblich soll dann der "Marktort" (Erwerbsort) des Produkts sein (vgl. zum Ganzen ausführlich die Bespr. der Entscheidung von Thorn IPRax 2001, 561 ff).

©sl 2003


Amtl. Leitsätze:

1.2 Für Schadensersatzansprüche wegen eines Schiffsbrandes in niederländischen Hoheitsgewässern infolge einer angeblich fehlerhaften Feuerlöschanlage, welche von einem deutschen Hersteller in Deutschland in Verkehr gebracht und in Korea in das Schiff eingebaut worden ist, kann der schwedische Kaskoversicherer der in Schweden oder Panama ansässigen Geschädigten deutsches Produkthaftpflichtrecht wählen.
2.2 Der Geschädigte, der Schadensersatzansprüche aus einem Schiffsbrand auf eine Funktionsunfähigkeit der in das Schiff eingebauten Feuerlöschanlage stützt, trägt die Beweislast für den angeblichen Produktfehler; eine Beweislastumkehr auf Grund einer besonderen Pflicht zur Statussicherung beim Verlassen des Herstellerbereichs entsprechend der BGH-Rechtsprechung zur Explosion kohlensäurehaltiger Getränkeflaschen kommt nicht in Betracht.


Zum Sachverhalt:

Die Kl., eine Versicherungsgesellschaft schwedischen Rechts, macht als Kaskoversicherer aus übergegangenem Recht gegen die deutsche Bekl. als Herstellerin einer Feuerlöschanlage Schadensersatz auf Grund eines Schiffsbrandes geltend. Die Kl. ist Versicherer des Motorschiffs V. Das Schiff wurde 1987 von einer koreanischen Werft, der K, gebaut. Die Bekl. konzipierte im Auftrag der K die Feuerlöschanlage und lieferte deren wesentliche Bestandteile. Es handelt sich um eine Niederdruck-CO2-Löschanlage. Das Rohrsystem der Anlage wurde von der K erstellt. Dafür verwendete sie verzinkte Stahlrohre, die verschweißt wurden. Die Bekl. führte nach Fertigstellung der Anlage einen Funktionstest mit Pressluft durch und stellte danach ein Zertifikat aus mit der folgenden Bestätigung: "We herewith confirm that the KIDDE CO2 fire extinguishing system, according to the safety rules, is in order and all spare parts are supplied". Eigentümerin des Schiffes ist die V-Shipholding S.A. (Panama). Diese hat es der G-A.B., Schweden, als sog. Bareboat-Charterer überlassen, die es ihrerseits wiederum der schwedischen M-A.B. ("Zeitcharterer") vercharterte. Am 18. 9. 1988 befand sich die V mit einer Ladung Papier und Holz auf einer Reise von Husum (Schweden) und Oskarshamn (Schweden) nach Antwerpen. Auf der Höhe der Reede von Vlissingen (Niederlande) brach im Maschinenraum des Schiffes ein Brand aus. Um 18.35 Uhr wurde Brandalarm gegeben. Die zumindest einmal ausgelöste Löschanlage bewirkte die Löschung des Brandes trotz Austretens einer CO2-Menge von (mindestens) 3000 kg nicht. Erst der herbeigerufenen Feuerwehr gelang es gegen 2.00 Uhr des folgenden Tages, das Feuer zu löschen. Der Maschinenraum war - mit Ausnahme des Bereichs bis zur Höhe von 2 m - fast völlig ausgebrannt, auch am Schiffskörper waren Schäden entstanden. Nach dem Brand wurde das Schiff nach Antwerpen geschleppt, wo seine Ladung gelöscht wurde. Bis Ende Dezember 1988 wurde das Schiff von der H-AG in K. repariert. Die Kl. begehrt Schadensersatz und macht nach teilweiser Rücknahme der Klage hierfür - im Einzelnen zwischen den Parteien streitige - Schäden am Schiff (Reparaturkosten von 9232671,90 DM) sowie einen in einer Dispache (Schadensverteilung auf Schiff, Ladung sowie Rolltrailer und Ladegeschirr) des schwedischen Dispacheurs Prof. J ermittelten Betrag von 1363801,31 DM geltend. Sie stützt ihre Ansprüche auf eine Haftung der Bekl. als Produzentin. Sie hat behauptet, die Löschanlage habe nicht ordnungsgemäß funktioniert. In den Rohren seien vom Verschweißen Rückstände verblieben. Dem habe die Bekl. auf zwei verschiedene Arten Rechnung tragen können, entweder durch nachträgliche Beseitigung der Rückstände oder durch eine andere Wahl der Düsen, die den Austritt der Rückstände erlaubt hätten. Beides habe die Bekl. versäumt. Der von der Bekl. durchgeführte Funktionstest sei ungeeignet. Die im System vorhandenen Verschmutzungen könnten durch bei dem von der Bekl. vorgesehenen Einsatz von Pressluft nicht ausgeblasen werden. Die Kl. hat zur Begründung ihrer Aktivlegitimation zunächst behauptet, die Schadensersatzansprüche seien ihr von den geschädigten Gesellschaften abgetreten worden, und hat diesbezügliche schriftliche Abtretungserklärungen vorgelegt. Zumal sie für alle geltend gemachten Schäden Ersatz geleistet habe, seien ihrer Ansicht nach die Schadensersatzforderungen auf sie als Versicherer übergegangen. Der Rechtsübergang beruhe auf § 49 der Allgemeinen schwedischen Kaskobedingungen. Die Bekl. hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, dass nach dem Brand in den Düsen bzw. Rohren aufgefundene metallische Rückstände (Zink und Eisen) (fast ausschließlich) Folge des Brandes gewesen seien und nicht Ursache des Versagens der CO2-Löschanlage. Das Durchblasen mit Pressluft sei eine dem Stand der Technik entsprechende Methode, um verschweißte Rohrleitungen von eventuellen Verschmutzungen zu reinigen. Die Bekl. hat ferner die Auffassung vertreten, dass sie nicht für den Zustand der Rohrleitungen verantwortlich sei, weil diese nicht von ihr, sondern von der K installiert wurden. Die seitlichen Bohrungen der Düsen hätten einen Durchmesser von bis zu 6,3 mm (insoweit unstreitig) und ließen mühelos Staub und auch groben Schrot austreten. Die Bekl. hat die Wirksamkeit der Abtretungen aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen in Zweifel gezogen. Ferner hat sie vorgetragen, dass die Abtretungen jedenfalls nicht vor Eintritt der Verjährung vereinbart worden seien und hat daraufhin die Einrede der Verjährung erhoben. Das LG hat nach einer Beweiserhebung zum wirksamen Abschluss der Versicherungsverträge, zum Rechtsübergang auf die Kl. und zur Rechtsnatur der Dispache durch Einholung eines Rechtsgutachtens des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht Hamburg und eines Sachverständigengutachtens sowie Zeugenvernehmungen zur Ursache der unterbliebenen Löschung die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Es hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass auf Grund des anwendbaren deutschen Rechts eine Haftung der Bekl. nach § 823 I BGB bestehe. Der Anspruch sei (wenigstens teilweise vor Eintritt der Verjährung) auf Grund der schwedischen allgemeinen Kaskobedingungen auf die Kl. übergegangen. Auf Grund der durchgeführten Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass die Bekl. die streitige Feuerlöschanlage auf der V habe in Betrieb nehmen lassen, ohne die im Verkehr erforderliche Sorgfalt zu beachten. Der durchgeführte Funktionstest sei nicht geeignet, Zinkrückstände und Schweißperlen aus dem Rohrsystem zu entfernen. Infolgedessen sei es bei Ausbruch des Brandes zum Verstopfen der Düsen gekommen. Die gegen dieses Grundurteil eingelegte Berufung der Bekl. hatte Erfolg.

Aus den Gründen:

Ein - im vorliegenden Fall nach deutschem Recht zu beurteilender - Schadensersatzanspruch steht der Kl. nicht zu. Die Voraussetzungen der allein in Betracht zu ziehenden Produkthaftung nach § 823 I BGB lassen sich nicht feststellen. Nach der vom LG durchgeführten Beweisaufnahme steht nicht fest, dass die von der Bekl. konzipierte und hergestellte Feuerlöschanlage einen Produktfehler aufwies.
I. Der von der Kl. geltend gemachte Schadensersatzanspruch ist nach dem deutschen Produkthaftpflichtrecht zu beurteilen.
Das Deliktsstatut ist im deutschen internationalen Privatrecht ausdrücklich nur für Schädigungen deutscher Staatsangehöriger geregelt (VO vom 7. 12. 1942, abgedruckt in MünchKomm, 3. Aufl., bei Art. 38 EGBGB; Palandt, BGB, 57. Aufl., Anh. zu Art. 38 EGBGB). Im vorliegenden Fall kommen aber die schwedische G A.B., die M-A.B. (Schweden) und die V-S.A. (Panama) als Geschädigte in Betracht. Die Haager Konvention vom 2. 10. 1973 über das auf die Produkthaftpflicht anwendbare Recht ist von der Bundesrepublik Deutschland bisher nicht ratifiziert worden (Kreuzer, in: MünchKomm, 3. Aufl., Art. 38 EGBGB Rdnrn. 197f.).
Mangels einer Rechtswahlvereinbarung (die hier nicht vorgetragen ist) und einer möglichen akzessorischen Anknüpfung an die Vertragshaftung wird in Rechtsprechung und Lehre überwiegend auf die Tatortregel abgestellt (Kreuzer, in: MünchKomm, 3. Aufl., Art. 38 EGBGB Rdnr. 201a m.w. Nachw.), wobei streitig ist, ob es auf den Ort der Herstellung (hier, wie anzunehmen ist, am Sitz der Bekl.), des Inverkehrbringens (Deutschland) oder der Rechtsgutverletzung (offenbar niederländisches Hoheitsgewässer) ankommt (zum Meinungsstand s. Kreuzer, in: MünchKomm, Art. 38 EGBGB Rdnr. 201a). Es genügt indessen, wenn einer der genannten Anknüpfungspunkte für das deutsche Recht gegeben ist, denn dann konnte die Kl. - wie hier geschehen - das deutsche Recht wählen.
Die Kl. stützt sich im Wesentlichen auf zwei Aspekte, zum einen die nicht ausreichende Dimensionierung der Düsen, zum anderen (worauf das LG maßgeblich abgestellt hat) die fehlerhafte Durchführung des Funktionstests. Für den ersten Fall ist deutsches Recht anwendbar, weil die Bekl. ihre Anlage in Deutschland auf den Markt gebracht hat. Dazu reicht es aus, wenn sie es von ihrem Sitz aus anbot, ohne dass es auf die in Korea durchgeführte Montage ankommt. Der Funktionstest wurde allerdings am Ort des Baus des Schiffes (B./Korea) durchgeführt. Der Funktionstest steht aber, auch wenn man ihn als Maßnahme zur Produktüberwachung betrachtet, mit dem Inverkehrbringen im engen Zusammenhang. In der mangelhaften Funktionsüberwachung kann nicht das haftungsauslösende Verhalten gesehen werden (s.u. III 1) sowie nunmehr offenbar auch die Kl. im Schriftsatz vom 20. 10. 98, so dass von dem Statut des Inverkehrbringens, also vom deutschen Produkthaftungsrecht auszugehen ist.
Das Produkthaftungsgesetz ist auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Es war zum Zeitpunkt des Schadenseintritts noch nicht in Kraft getreten und erfasst zudem nach seinem § 1 I 2 im Fall einer Sachbeschädigung nur Sachen, die für den privaten Ge- oder Verbrauch bestimmt sind. Die allein in Betracht kommende Produkthaftung nach § 823 I BGB ist indessen nicht gegeben.
II. Eine nach § 823 I BGB notwendige Rechtsverletzung ist gegeben. Eine Produkthaftung i.S. des § 823 I BGB steht unter der Voraussetzung, dass ein Recht oder Rechtsgut des Geschädigten, hier also der Versicherungsnehmer der Kl., verletzt wurde.
Da nur von einem Forderungsübergang auf Grund des § 49 I der allgemeinen schwedischen Kaskobedingungen ausgegangen werden kann, kommt es auf die in den Versicherungspolicen genannten Gesellschaften an, also die V-S.A. und die G-A.B.
Hinsichtlich der V-S.A. liegt eine Eigentumsverletzung vor. Der Haftung steht nicht entgegen, dass die Feuerlöschanlage im Zuge der Herstellung des Schiffes eingebaut wurde und die V-S.A. also ein möglicherweise von vornherein mangelhaftes Schiff erwarb (die Einzelheiten des Eigentumserwerbs sind allerdings nicht vorgetragen). In diesem Fall dürfen zwar über den deliktischen Schadensersatzanspruch nicht die vertraglichen Haftungsregeln umgangen werden, indem durch die Produkthaftung ein Anspruch wegen enttäuschter Vertragserwartung (Nutzungs- und Äquivalenzinteresse) gewährt wird. Der BGH hat die Abgrenzung zwischen deliktisch geschütztem Integritätsinteresse und enttäuschter Vertragserwartung mit Hilfe des Kriteriums der "Stoffgleichheit" durchgeführt und eine Haftung beispielsweise bejaht, wenn ein fehlerhaftes Teil der Sache zur Beschädigung anderer Teile führte (BGHZ 86, 256 = NJW 1983, 810 = LM § 823 [Ac] BGB Nr. 36 - Gaszug). Nach der Rechtsprechung des BGH ist es aber auch nicht erforderlich, dass die fehlerhafte Sache andere Güter schädigt, sondern genügt, dass das Produkt nur wirkungslos bleibt und der Benutzer, weil er auf die Wirksamkeit vertraute, von der Verwendung eines anderen Produkts abgesehen hat (BGHZ 80, 186 = NJW 1981, 1603 = LM § 823 [Dc] BGB Nr. 130 - Pilzbekämpfungsmittel; vgl. auch Mertens, in: MünchKomm, 3. Aufl., § 823 Rdnr. 109 zum Versagen von Sicherungsanlagen). Diese Konstellation ist mit dem vorliegenden Fall vergleichbar, zumal es sich bei der Feuerlöschanlage um eine Sicherungsanlage handelt und der vorliegende Schaden sich nicht mit dem (unterstellten) mangelbedingten Minderwert deckt.
Die G-A.B. war als Bareboat-Charterer berechtigte Besitzerin des Schiffes. Der berechtigte Besitz ist ebenfalls nach § 823 I BGB geschützt. Der konkrete Umfang des dem berechtigten Besitzer im Vergleich zum Eigentümer zu ersetzenden Schadens kann hier offenbleiben, da die G-Lines A.B. im Verhältnis zum Eigentümer zur Tragung des Substanzschadens verpflichtet sein dürfte, sie also zumindest einen Haftungsschaden erlitten haben dürfte.
III. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme lässt sich indessen nicht feststellen, dass die von der Bekl. geplante und hergestellte Anlage fehlerhaft war. Die Beweisaufnahme lässt den vom LG gezogenen Schluss auf die Fehlerhaftigkeit der Feuerlöschanlage nicht zu.
Der Hersteller eines Produkts hat für Fehler in der Produktion, Information oder nachträglichen Beobachtung nach Veräußerung des Produkts einzustehen. Im vorliegenden Fall kommt allein eine Haftung wegen eines Produktionsfehlers in Frage.

1. Der Funktionsüberprüfung kommt abweichend vom Ausgangspunkt des LG keine eigenständige Bedeutung als Anknüpfungspunkt zu. Eine besondere Produktbeobachtungspflicht traf die Bekl. entgegen der Ansicht der Kl. nicht. Denn die Annahme einer zusätzlichen Produktbeobachtungspflicht ist nur sinnvoll, wenn sich dem Produkt innewohnende Gefahren erst durch seine Beobachtung nach Fertigstellung erkennen und steuern lassen. Denn anderenfalls begründet bereits das Herstellen und Inverkehrbringen des fehlerhaften Produkts die Schadensersatzpflicht des Herstellers. Im vorliegenden Fall stützt die Kl. die Haftung auf einen von vornherein bestehenden und erkennbaren Fehler, denn es ist auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem die Bekl. die Anlage nach Überprüfung am Ort der Herstellung freigab. Die Funktionsüberprüfung war nicht mehr als eine Endkontrolle, die die Fehlerhaftigkeit der CO2-Löschanlage sicherstellen sollte. Denn die Funktionsüberprüfung ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Anlage nicht vollständig von der Bekl. hergestellt und montiert wurde. Die für die Anlage notwendigen Rohre wurden von der K, der Vertragspartnerin der Bekl., eingebaut und verschweißt. Die Funktionsüberprüfung erlangt also nur in zweierlei Hinsicht rechtliche Bedeutung. Zum einen macht sie die Bekl. zur Herstellerin der gesamten Anlage, so dass die Bekl. auch für den Zustand und die Funktionsfähigkeit einschließlich der Verrohrung verantwortlich ist. Zum anderen stellt sie eine Sicherungsmaßnahme dar, deren ordnungsgemäße Durchführung im Zusammenhang mit dem Verschulden der Bekl. eine Rolle spielen kann (zur Frage der Beweislastumkehr s.u. III 2a).
2. Eine Haftung der Bekl. kann sich also allein aus einem Produktfehler ergeben (zum von der Kl. vorgebrachten Instruktionsfehler s.u. III 3), wenn die von ihr gelieferte und abgenommene CO2-Feuerlöschanlage nicht oder nicht in vollem Umfang funktionstüchtig war.

Entgegen der Ansicht der Bekl. ist sie als Herstellerin der gesamten CO2-Feuerlöschanlage zu betrachten. Sie hat die Anlage konzipiert sowie ihre Hauptbestandteile hergestellt und geliefert. Sie führte den Funktionstest durch und gab die Anlage sodann zur Benutzung frei. Dass sie dabei nicht nur die korrekte Herstellung der Rohrverbindungen, sondern auch deren Rückstandsfreiheit zu gewährleisten hatte, ergibt sich aus dem von ihr ausgestellten Zertifikat ("We herewith confirm that" [s.o.]). In dem Zertifikat bestätigte sie, dass die Anlage den Sicherheitsvorschriften entsprach. Die Bestätigung bezieht sich ersichtlich auf die Funktionsfähigkeit der gesamten Anlage.
a) Die Beweislast für den Fehler der Anlage liegt bei der Kl. als Rechtsnachfolgerin der Geschädigten.
Die in der Rechtsprechung in Fällen einer bestehenden Statussicherungspflicht angenommene Beweislastumkehr ist im vorliegenden Fall nicht gerechtfertigt. Die von der Kl. zitierten Entscheidungen BGHZ 104, 323 = NJW 1998, 2611 = LM § 823 (E) BGB Nr. 16 und BGH, NJW 1993, 528 = LM § 823 (Dc) BGB Nr. 186 können auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden. In beiden Fällen ging es um das Inverkehrbringen von kohlensäurehaltigen Getränkeflaschen (Mineralwasser- bzw. Limonadeflaschen, s. auch BGHZ 129, 353 = NJW 1995, 2162 = LM § 1 ProdHaftG Nr. 1), für die der BGH ausnahmsweise eine Beweislastumkehr angenommen hat auf Grund einer besonderen Pflicht zur Statussicherung beim Verlassen des Herstellerbereichs. Damit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar.
Denn die Umkehr der Beweislast dient der Vermeidung unbilliger Härten aufgrund von bestehenden Beweisschwierigkeiten des Geschädigten. Beweisschwierigkeiten bestehen bei Mineralwasserflaschen einmal in der regelmäßig eingetretenen Zerstörung der Flasche infolge der Explosion. Zum anderen durchlaufen die Flaschen auf dem Weg vom Hersteller zum Konsumenten mehrere Stationen, die es erschweren, einen Produktfehler dem Produzenten zuzurechnen. Vergleichbare Beweisschwierigkeiten treffen den Erwerber einer CO2-Löschanlage jedoch nicht. Eine CO2-Feuerlöschanlage schließt auch bei fehlerhafter Funktion nicht schlechthin die nachträgliche Ermittlung eines Fehlers im Zeitpunkt der Auslieferung aus. Das Produkt durchläuft bis zur Auslieferung an den Verbraucher (bzw. Benutzer) nicht mehrere Zwischenstationen, an denen der Fehler (in den zitierten Entscheidungen kam das Entstehen von Haarrissen an den Flaschen in Betracht) auftreten kann. Der Benutzer einer Feuerlöschanlage befindet sich also nicht in einer dem Erwerber von kohlensäurehaltigen Getränkeflaschen vergleichbaren (generellen) Beweisnot. Im Übrigen bestünde für eine besondere Pflicht zur Statussicherung, die nicht mit der im Rahmen der Herstellung durchzuführenden Endkontrolle zu verwechseln ist, der Bekl. auf Grund der Eigenheiten des Herstellungs- und Vertriebsweges keine Grundlage.

b) Der Beweis der Fehlerhaftigkeit der CO2-Löschanlage ist von der beweispflichtigen Kl. nicht geführt worden. Nach der Beweisaufnahme lässt sich nicht mit der nötigen Überzeugung feststellen, dass die Funktionstüchtigkeit der Feuerlöschanlage vor dem Brand entweder aufgehoben oder so stark eingeschränkt war, dass ein rechtzeitiges Löschen des Feuers nicht mehr gewährleistet war ...
d) Im Ergebnis trägt die Kl. die uneingeschränkte Beweislast für eine Fehlerhaftigkeit der Anlage. Beweiserleichterungen oder eine Umkehr der Beweislast sind ihr nicht zuzubilligen. Die Kl. hatte es vielmehr - zumal als Schadensversicherer - in der Hand, auf sorgfältigere Weise eine umfassende und konkret dokumentierte Beweissicherung durchzuführen. Die von der Kl. im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 5. 11. 1998 vertretene Auffassung, die Beweissicherung sei vornehmlich Aufgabe der Bekl. gewesen, trifft - wie ausgeführt worden ist - nicht zu.

3. Schließlich trifft die Bekl. auch nicht der nunmehr von der Kl. geäußerte Vorwurf des Verstoßes gegen Instruktionspflichten hinsichtlich von Rückständen im Rohrsystem. Es kann - wie ausgeführt - nicht davon ausgegangen werden, dass funktionsbeeinträchtigende Rückstände vorhanden waren.