Schuldbeitritt als unselbständiges Sicherungsrecht analog § 401 BGB
BGH, Urt. v. 23. 11. 1999 - XI ZR 20/99 (München) 
Fundstelle:

NJW 2000, 575


Amtl. Leitsatz:

§ 401 BGB ist auf eine sichernde Schuldmitübernahme entsprechend anzuwenden.


Zum Sachverhalt:

Der Kl. nimmt aus abgetretenem Recht die Bekl. zu 1 und 2 auf Rückzahlung eines Darlehens und die Bekl. zu 3, eine GmbH, deren Gesellschafter die Bekl. zu 1 und 2 sind, aus einer Schuldmitübernahme in Anspruch. Hilfsweise stützt er seine Klage gegen die Bekl. zu 3 auch auf eine Drittschuldnererklärung. Im Jahre 1994 gewährte der Zedent G den Bekl. zu 1 und 2 mehrere Darlehen über insgesamt 300 000 DM. Es war beabsichtigt, dass der Zedent sich an der Bekl. zu 3 beteiligen sollte. In diesem Fall sollten die Darlehensbeträge als Akontozahlungen auf den Kaufpreisanspruch der Bekl. zu 1 und 2 gegen den Zedenten für die Übertragung von Anteilen an der Bekl. zu 3 behandelt werden. Am 18. 5. 1995 vereinbarte die Bekl. zu 3 mit der L-GmbH, deren geschäftsführender Gesellschafter der Zedent ist, unter anderem, dass die Bekl. zu 3 neben den Bekl. zu 1 und 2 zur Rückzahlung der Darlehen zuzüglich einer Zinspauschale von 50000 DM verpflichtet sei. Zu einer Beteiligung des Zedenten an der Bekl. zu 3 kam es nicht. Am 2. 12. 1996 trat er seine Ansprüche gegen die Bekl. zu 1 und 2 über 350 000 DM erfüllungshalber an den Kl. ab. Bereits im Februar 1996 hatte die Bekl. zu 3 dem Zedenten eine Eigentumswohnung verkauft. Im April 1997 ließ der Kl. dessen Übereignungsanspruch sowie Ansprüche auf Rückzahlung von Kaufpreisraten nach einer etwaigen Auflösung des Kaufvertrags pfänden und sich zur Einziehung überweisen. Zur Abgabe der Drittschuldnererklärung aufgefordert, erklärte die Bekl. zu 3, dass der gepfändete Anspruch bestehe, die Übereignungsforderung nicht anderweitig beansprucht werde oder gepfändet sei, sie aber nicht bereit sei, Zahlung zu leisten. Mit der Klage nimmt der Kl. die Bekl. als Gesamtschuldner auf Zahlung von 350 000 DM zuzüglich Zinsen in Anspruch. Die Bekl. berufen sich vor allem auf die Unwirksamkeit der Abtretung und die Erfüllung der streitigen Forderung durch Aufrechnung.

Das LG hat der Klage mit Ausnahme eines Teils der geltend gemachten Zinsforderung stattgegeben. Das BerGer. hat das Urteil des LG aufgehoben, die gegen die Bekl. zu 3 gerichtete Klage abgewiesen und die Sache im Übrigen an das LG zurückverwiesen. Mit der zunächst unbeschränkt eingelegten Revision, die gegenüber den Bekl. zu 1 und 2 zurückgenommen wurde, wandte sich der Kl. nur noch gegen die Abweisung der Klage gegen die Bekl. zu 3. Die Revision harte Erfolg; sie führte zur Aufhebung des klageabweisenden Teils des Berufungsurteils und auch insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das LG.

Aus den Gründen:

Da die Bekl. zu 3 in der mündlichen Verhandlung trotz rechtzeitiger Ladung zum Termin nicht vertreten war, war über die Revision des Kl. durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil ist jedoch keine Folge der Säumnis, sondern beruht auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37,79 [81] = NJW 1962, 1143 = LM § 331 ZPO Nr. 2). Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung des klageabweisenden Teils des Berufungsurteils und auch insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das LG.

1. Das BerGer. hat zur Begründung der Abweisung der Klage gegen die Bekl. zu 3 ausgeführt:

Durch Vertrag vom 2. 12. 1996 habe der Zedent nur seine Darlehensforderungen gegen die Bekl. zu 1 und 2 an den Kl. abgetreten, nicht aber seine Ansprüche aus der Mitverpflichtungsvereinbarung vom 18. 5. 1995 gegen die Bekl. zu 3. Auch aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 10. 4. 1997 und der Drittschuldnererklärung der Bekl. zu 3 vom 16. 5. 1997 könne der Kl. keine Ansprüche gegen die Bekl. zu 3 herleiten. Die Drittschuldnererklärung beziehe sich ersichtlich auf den gepfändeten Eigentumsverschaffungsanspruch. Einen Zahlungsanspruch, für den ausreichendes Vorbringen des Kl. fehle, habe die Bekl. zu 3 nicht anerkannt.

2.Die Abweisung der Klage gegen die Bekl. zu 3 hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das BerGer. hat § 401 I BGB, der hier analog anzuwenden ist, übersehen.

a) Nach § 401 I BGB gehen mit der abgetretenen Forderung auch Hypotheken, Schiffshypotheken, Pfandrechte und Bürgschaften, also akzessorische Sicherungsrechte, auf den neuen Gläubiger über. Dies gilt in entsprechender Anwendung des § 401 1 BGB anerkanntermaßen auch für Rechte aus einer sichernden Schuldmitübernahme (BGH, NJW 1972, 437 = LM § 67 VVG Nr. 31 = WM 1972, 222 [223]; BAG, WM 1990, 734 [7371 jew. m.w. Nachw.; s. auch BGHZ 46, 14 [15] = NJW 1966 1912 - LM § 774 BGB Nr. 7). Eine solche entspricht wirtschaftlich einer selbstschuldnerischen Bürgschaft. Ebenso wie Ansprüche eines Zedenten aus einer Bürgschaft gehen Rechte aus einer sichernden Schuldmitübernahme mit Abtretung der gesicherten Forderung auf den Zessionar über.

b) Die Vereinbarung vom 18. 5. 1995, die einen Vertrag zugunsten Dritter nach § 328 I BGB darstellt, enthält eine Schuldmitübernahme der Bekl. zu 3 mit Sicherungscharakter. Das ergibt die Auslegung dieser Vereinbarung, die der erkennende Senat selbst vornehmen kann, da sich das BerGer. damit nicht befasst hat und weitere Feststellungen insoweit nicht erforderlich sind. Die Bekl. zu 3 hat sich in dieser Vereinbarung neben den Bekl. zu 1 und 2 zur Rückzahlung der Darlehen und der Zinspauschale in Höhe von insgesamt 350 000 DM verpflichtet. Die Darlehensvaluta war zu diesem Zeitpunkt bereits an die Bekl. zu 1 und 2 ausgezahlt und von ihnen zweckentsprechend eingesetzt worden. Die Bekl. zu 3 hatte deshalb keine Möglichkeit mehr, über die Verwendung der Darlehensvaluta mitzuentscheiden; sie war also keine gleichberechtigte Mitdarlehensnehmerin (vgl. Senat, NJW 1999, 135 = LM H. 3/1999 § 138 [Bb] BGB Nr. 90 = WM1998, 2366 [2367]). Die Übernahme der Mitverpflichtung durch die Bekl. zu 3 hatte vielmehr nur den Sinn, dem Zedenten durch einen zusätzlichen Schuldner eine Sicherheit zu bieten. Sie ist deshalb entgegen der Ansicht des BerGer. im Falle einer wirksamen Abtretung der gesicherten Darlehensforderungen in entsprechender Anwendung des § 401 I BGB auf den Kl. übergegangen.

3.Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 564 1 ZPO). Der Senat konnte nicht in der Sache selbst entscheiden, da es jedenfalls zur Wirksamkeit der Abtretung noch weiterer Feststellungen bedarf. Das BerGer. hat die Sache, soweit die Bekl. zu 1 und 2 betroffen sind, wegen eines Verfahrensmangels zur weiteren Aufklärung an das LG zurückverwiesen. Bei richtiger Behandlung der Sache hätte das BerGer. in Bezug auf die Bekl. zu 3 entsprechend verfahren müssen, weil die Entscheidung des LG auch insoweit auf dem angenommenen Verfahrensfehler beruht. Das BerGer. hat somit eine an sich gebotene Zurückverweisung an die erste Instanz unterlassen. Diese war gem. § 565 III Nr. 1 ZPO durch den erkennenden Senat nachzuholen (vgl. BGHZ 101, 134 [141 f.] = NJW 1987, 2588 = LM § 700 ZPO Nr. 4; BGH, NJW 1991, 2774 = LM H. 3/1992 § 296 ZPO. Nr. 35 WM 1991, 1817 [1818]; NJW-RR 1994, 564 = WM 1994, 225 [227]; NJW-RR 1994, 379 = LM H. 6/1994 § 565 III ZPO Nr. 18 = WM 1994, 865 [8681, und NJW 1999, 724 [725] = LM H. 6/1999 § 337 ZPO Nr. 5).

4.Auf einen Anspruch des Kl. aus der Pfändung von Ansprüchen des Zedenten gegen die Bekl. zu 3 und deren Drittschuldnererklärung war nicht einzugehen. Da der Kl. seine Klage in erster Linie auf abgetretene Ansprüche stützt, ist über die hilfsweise geltend gemachte Forderung des Kl. aus der Pfändung und der Drittschuldnererklärung erst dann zu entscheiden, wenn sich die Klage aus abgetretenem Recht als unbegründet erweist. Das ist noch offen.


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