Abgrenzung Sachkauf und Unternehmenskauf beim Kauf von Sachgesamtheiten ("asset-deal"); vorvertragliche Aufklärungspflichten beim Unternehmenskauf

BGH, Urteil vom 28. November 2001 - VIII ZR 37/01 - OLG Oldenburg


Fundstelle:

NJW 2002, 1042


Amtl. Leitsatz:

Zur Erfüllung der Aufklärungspflichten des Veräußerers bei einem Unternehmenskauf.


Zentrale Probleme (s. auch die Anm. zu BGH v. 4. 4. 2001 - VIII ZR 32/00):

Ein Unternehmen kann als "sonstiger Gegenstand" (s. jetzt § 453 I BGB n.F.) als solches Gegenstand eines Kaufvertrages sein. Wenn das Unternehmen in der Form einer Personen- oder Kapitalgesellschaft betrieben wird, kann der Unternehmenskauf entweder in der Form des Anteilskaufs erfolgen (sog. "share-deal") oder aber durch den Kauf der Gesamtheit bzw. einer bestimmten funktionsfähigen Menge der das Unternehmen tragenden Gegenstände (bewegl. und unbewegliche Sachen, Forderungen, know-how, Kundenstamm etc.). Werden einzelne Gegenstände gekauft, stellt sich - wie hier - das Problem der Abgrenzung des Unternehmenskaufs vom bloßen Sachkauf. Nach der hier bestätigten Rechtsprechung des BGH ist ein Unternehmenskauf anzunehmen, "wenn nicht nur einzelne Wirtschaftsgüter, sondern ein Inbegriff von Sachen, Rechten und sonstigen Vermögenswerten übertragen werden soll und der Erwerber dadurch in die Lage versetzt wird, das Unternehmen als solches weiterzuführen". Ob dies der Fall ist, ist im Wege der Auslegung des Vertrags aufgrund einer wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung zu entscheiden.

Der Kauf von Anteilen an Unternehmen ("share-deal") ist grundsätzlich Rechtskauf. Daher haftet der Verkäufer nicht für Mängel des Unternehmens, weil diese die Werthaltigkeit des Rechts (Bonität), nicht aber dessen Bestand (Verität) betrifft und auch nach der Neuregelung des Schuldrechts keine gesetzliche Bonitätshaftung besteht (s. dazu Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, Rn. 471). Ein Unternehmenskauf, d.h. der Kauf eines "sonstigen Gegenstandes" i.S.v. § 453 I mit der Folge einer Haftung für Mängel des Unternehmens liegt dann vor, wenn so viele Anteile gekauft werden, daß nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht die Anteile, sondern das Unternehmen selbst Gegenstand des Kaufvertrages ist. Mängel des Unternehmens stellen dann Sachmängel dar. Nach der Rechtsprechung setzt dies aber voraus, daß praktisch alle Anteile verkauft werden (s. zuletzt BGH v. 4. 4. 2001 - VIII ZR 32/00).

Weiter stellte sich hier (im Zusammenhang mit einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung bzw. - im Falle bloßer Fahrlässigkeit -  einem jetzt in §§ 311 II, 241 II BGB kodifizierten Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo) das Problem der Aufklärungspflichten beim Unternehmenskauf. Nach einer hergebrachten Formel der Rechtsprechung, derer sich der BGH auch hier bedient, hat der Verkäufer nach § 242 BGB den Käufer auch ungefragt über solche Umstände aufzuklären hat, die den Vertragszweck (des anderen) vereiteln können und daher für seinen Entschluß von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er die Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwarten konnte (s. auch die Anm. zu BGH v. 4. 4. 2001 - VIII ZR 32/00). Dies kann er insbesondere dann erwarten, wenn er keine Möglichkeit hat, sich die notwendige Information selbst zu verschaffen. Der BGH kommt daher im vorliegenden Fall zu dem zutreffenden Ergebnis, daß der Verkäufer seiner Aufklärungspflicht genügt hat.


Tatbestand:

Die Klägerin betrieb in E. einen Getränkegroßhandel. Mit als "Unternehmenskaufvertrag" überschriebenem Vertrag vom 28. April 1998 verkaufte sie "die zu diesem Unternehmen gehörenden wesentlichen Betriebsgrundlagen (Aktiva und Passiva)" an den Beklagten, der ebenfalls einen Getränkegroßhandel betreibt, und übertrug sie ihm mit Wirkung vom 1. Mai 1998. Nach § 3 Abs. 1 des Vertrages erstreckte sich der Verkauf auf das bewegliche Anlagevermögen, die Vorräte und Forderungen sowie den Kundenstamm. In den §§ 4 ff und den beigefügten Anlagen waren die betreffenden Wirtschaftsgüter im einzelnen aufgeführt. Gemäß § 6 Abs. 5 übernahm der Käufer die Verbindlichkeiten aus den Darlehens- und Getränkelieferungsverträgen mit den Brauereien und anderen Getränkelieferanten; sonstige Verbindlichkeiten der Verkäuferin waren von der Übernahme ausgeschlossen. Nach § 8 trat der Käufer in die bestehenden Verträge mit den Lieferanten und Kunden ein. Hinsichtlich der bestehenden Arbeitsverhältnisse waren sich die Parteien einig, daß diese kraft Gesetzes auf den Käufer übergingen (§ 9 des Vertrages). In § 11 waren die Kaufpreise für die einzelnen Wirtschaftsgüter und die Zahlungsmodalitäten geregelt; lediglich der Preis für den Kundenstamm war mit 475.000 DM konkret beziffert.

Die Klägerin hatte mit dem Getränkegroßhandel in den Jahren 1995 bis 1997 Verluste in der Größenordnung zwischen rund 444.000 DM und 1 Million DM erwirtschaftet. Die Fehlbeträge hatte die Firma F. H. Getränke durch Zahlungen in Höhe von insgesamt 2,2 Millionen DM zu einem erheblichen Teil ausgeglichen.

Der Beklagte hat den Kaufpreis, den die Klägerin mit 1.220.463,75 DM beziffert, in der Folgezeit nicht bezahlt. Er hat den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten. Außerdem verlangt er die Rückabwicklung des Vertrages mit der Begründung, die Klägerin habe gegen vorvertragliche Aufklärungs- und Hinweispflichten verstoßen. Er macht geltend, die Klägerin habe ihn über Verbindlichkeiten, für die er kraft Gesetzes hafte, über den Umsatz, die Verluste der Vorjahre und über die Konkursreife des Unternehmens getäuscht. Dem hält die Klägerin entgegen, über die Verluste habe sie ihn nicht aufklären müssen, weil er lediglich den Kundenstamm und die Geschäftsbeziehungen des Unternehmens in seinen eigenen Getränkegroßhandel habe eingliedern wollen und es deshalb für seinen Kaufentschluß auf die Verluste nicht angekommen sei. Im übrigen habe sie dem Beklagten umfassend Auskunft erteilt oder angeboten; davon habe der Beklagte aber nur teilweise Gebrauch gemacht und insbesondere keine Einsicht in die Bilanzen gefordert. Eine Aufklärung hinsichtlich der vertraglich nicht übernommenen Verbindlichkeiten sei entbehrlich gewesen, da die Voraussetzungen einer gesetzlichen Haftung insoweit nicht erfüllt seien.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin vom Beklagten Zahlung des Kaufpreises verlangt und bezüglich der ihr nach § 11 Abs. 1 Buchst. c) des Kaufvertrages zustehenden Zahlungseingänge für Lieferungen und Leistungen nach dem 30. April 1998 Stufenklage erhoben. Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin den Zahlungsantrag in vollem Umfang und die Stufenklage mit dem Antrag auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung und dem noch unbezifferten Zahlungsantrag weiter, nachdem der Beklagte in der Klageerwiderung erklärt hat, außer dem bereits offengelegten Betrag von 163.991,06 DM keine weiteren einschlägigen Zahlungen von Kunden erhalten zu haben. Die Abweisung des Auskunftsantrages nimmt die Revision hin.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:

Entgegen der Auffassung der Klägerin hätten die Parteien einen Unternehmenskaufvertrag und nicht lediglich einen Vertrag über einzelne Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten geschlossen. Dies folge eindeutig sowohl aus der Bezeichnung des Vertrages als "Unternehmenskaufvertrag" als auch aus seinem Inhalt, der sich auf die im einzelnen angeführten wesentlichen Betriebsgrundlagen, mithin auf einen Inbegriff von Sachen, Rechten, Marktanteilen usw. erstrecke. Daß das Unternehmen ohne das Betriebsgrundstück und ohne seinen bisherigen direkten Rechtsträger - die Klägerin - verkauft und übertragen worden sei, sei insoweit ohne Bedeutung. Daher richte sich die Haftung und Gewährleistung nach den für Unternehmenskaufverträge entwickelten besonderen Grundsätzen. Die sich daraus ergebenden Aufklärungs- und Offenbarungspflichten habe die Klägerin verletzt und hafte deshalb nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen. Die Klägerin sei nämlich verpflichtet gewesen, auf die in den Vorjahren entstandenen erheblichen Fehlbeträge hinzuweisen und offenzulegen, daß das Unternehmen seit längerem nur Verluste erwirtschaftet habe. Dieser Verpflichtung sei sie unstreitig nicht nachgekommen; sie habe dem Beklagten auch keine Bilanzen oder Handelsbücher vorgelegt, aus denen sich jene Tatsachen ergeben hätten. Die als richtig zu unterstellende Behauptung der Klägerin, die Fehlbeträge seien im Hinblick auf den Vertragszweck - Eingliederung des Unternehmens in den Betrieb des Beklagten zur Erzielung von Synergieeffekten - nicht von Bedeutung gewesen, ändere hieran nichts, weil der Beklagte Informationen über das Betriebsergebnis auch zur Beurteilung der erzielbaren Synergieeffekte benötigt habe. Im übrigen sei das Vorbringen der Klägerin zu den dem Beklagten zur Verfügung gestellten Unterlagen unklar und uneinheitlich. Der Beklagte müsse sich auch kein Mitverschulden anrechnen lassen; er sei insbesondere nicht verpflichtet gewesen, das zu erwerbende Unternehmen eingehend zu untersuchen.

Nach alledem könne der Beklagte unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes die Rückabwicklung des Kaufvertrages verlangen und deshalb, da er den Kaufpreis noch nicht bezahlt habe, die Zahlung verweigern. Überdies lägen die Voraussetzungen für eine Arglisthaftung der Klägerin vor, weil sie den Beklagten treuwidrig nicht auf die Fehlbeträge der Vorjahre hingewiesen habe, so daß der Vertrag auch wirksam angefochten sei.

Die Stufenklage habe das Landgericht im Ergebnis gleichfalls zu Recht abgewiesen, da der Beklagte die geforderte Auskunft in der Klageerwiderung bereits erteilt und die Klägerin hierauf weder hinsichtlich des erledigten Auskunftsanspruchs noch bezüglich des Antrags auf eidesstattliche Versicherung und des nunmehr zu beziffernden Zahlungsantrages reagiert habe.

II.

Diese Erwägungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Hierüber war durch Versäumnisurteil zu entscheiden, weil der Beklagte trotz rechtzeitiger Ladung im Verhandlungstermin nicht vertreten war. Das Urteil beruht jedoch inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer Sachprüfung (BGHZ 37, 79, 81 f). Die Entscheidung des Berufungsgerichtes kann keinen Bestand haben, weil nach seinen bisherigen Feststellungen unter Zugrundelegung des Vorbringens der Klägerin eine Verletzung der ihr obliegenden Aufklärungspflicht nicht vorliegt.

1. Ohne Erfolg rügt die Revision allerdings, das Berufungsgericht habe zu Unrecht die Grundsätze über Aufklärungspflichten des Verkäufers eines Unternehmens herangezogen. Die Frage, ob ein Unternehmenskauf anzunehmen ist, läßt sich nicht abstrakt bestimmen und ist in erster Linie eine Sache tatrichterlicher Vertragsauslegung. Mit ihrer Auffassung, das Berufungsgericht habe übersehen, daß die Klägerin durch den Kaufvertrag lediglich einzelne, wenn auch bedeutende Wirtschaftsgüter veräußert habe, kann die Revision nicht durchdringen.

a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist ein Unternehmenskauf anzunehmen, wenn nicht nur einzelne Wirtschaftsgüter, sondern ein Inbegriff von Sachen, Rechten und sonstigen Vermögenswerten übertragen werden soll und der Erwerber dadurch in die Lage versetzt wird, das Unternehmen als solches weiterzuführen. Daß in dem Vertrag die verschiedenen Gegenstände namentlich aufgeführt werden, ist ebenso unschädlich wie der Umstand, daß einzelne Güter von der Übertragung ausgeschlossen sein sollen. Ob nach diesen Kriterien ein Unternehmenskauf vorliegt oder nicht, läßt sich nicht abstrakt-formelhaft, sondern nur auf Grund einer wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung beurteilen (vgl. dazu insgesamt z.B. BGHZ 65, 246, 251; BGH, Urteil v. 18. März 1977 - I ZR 132/75 = DB 1977, 1042 unter III 1 - insoweit in NJW 1977, 1538 nicht abgedruckt; Senatsurteil v. 2. März 1988 - VIII ZR 63/87 = WM 1988, 711 unter III 2; Senatsurteil v. 14. Juni 1989 - VIII ZR 176/88 = WM 1989, 1387 unter II 1 b; Senatsurteil v. 11. November 1992 - VIII ZR 211/91 = WM 1993, 249 unter II 2 a und b cc).

b) Nach den vorstehenden Grundsätzen ist die Annahme des Tatrichters, der Vertrag vom 28. April 1998 stelle einen Unternehmenskaufvertrag dar, naheliegend und aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (§§ 133, 157 BGB). Gegenstand des Verkaufs und der Übertragung waren nach der ausdrücklichen Regelung in § 1 des Vertrages alle wesentlichen Teile des Betriebes, und zwar einschließlich des Kundenstamms (§ 7 des Vertrages). Ausgenommen waren nur das Betriebsgrundstück und der größte Teil der Verbindlichkeiten. Auf das Grundstück war der Beklagte nicht angewiesen, weil er das gekaufte Unternehmen nicht als selbständigen Betrieb weiterführen, sondern lediglich in seinen bereits bestehenden Getränkegroßhandel eingliedern wollte.

c) Angesichts des klaren Wortlauts des Vertrages vom 28. April 1998, seines Inhalts und seiner ausdrücklichen Bezeichnung als "Unternehmenskaufvertrag" hätte es konkreter Angaben der Klägerin bedurft, weshalb trotz der Übertragung aller wesentlichen Wirtschaftsgüter des Betriebes kein Unternehmenskauf in dem dargelegten Sinn gewollt war. Die in diesem Zusammenhang von der Revision erhobene Verfahrensrüge hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet. Von einer Begründung wird abgesehen (§ 565 a ZPO).

2. Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht jedoch, soweit es der Klägerin eine Verletzung vorvertraglicher Aufklärungs- und Offenbarungspflichten zur Last legt und deshalb auch die seitens des Beklagten erklärte Anfechtung wegen arglistiger Täuschung durchgreifen läßt. Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Vortrag der Klägerin hat sie weder eine arglistige Täuschung begangen, noch trifft sie eine Haftung wegen Verstoßes gegen ihre vorvertragliche Pflichten (culpa in contrahendo).

a) Im vorliegenden Fall darf bei der Prüfung, inwieweit der Klägerin vorvertragliche Aufklärungspflichten oblagen, nicht übersehen werden, daß es sich nach dem beiderseits vorausgesetzten Vertragszweck nicht um einen Unternehmenskauf im üblichen Sinne handelte. Der Beklagte beabsichtigte, wie der Klägerin bekannt war, den gekauften Betrieb nicht als selbständiges Unternehmen weiterzuführen, sondern in seinen bereits bestehenden Getränkegroßhandel lediglich einzugliedern; es kam ihm in erster Linie auf den Erwerb des Kundenstammes, die Erweiterung seines Marktanteils und die Erzielung sogenannter Synergieeffekte an. Von dem überwiegenden Teil der Verbindlichkeiten des erworbenen Unternehmens sollte er befreit sein. Diese Umstände können bei der Prüfung des sich aus dem Vertragszweck ergebenden Umfangs der Aufklärungspflicht nicht unberücksichtigt bleiben. Zwar ist hier ebenfalls von dem Grundsatz auszugehen, daß bei Verhandlungen über einen Unternehmenskauf der Verkäufer den Kaufinteressenten auch ungefragt über solche Umstände aufzuklären hat, die den Vertragszweck (des anderen) vereiteln können und daher für seinen Entschluß von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er die Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwarten konnte (st. Rspr., zuletzt Senatsurteile vom 4. April 2001 - VIII ZR 32/00, WM 2001, 1118 und VIII ZR 33/00 = NJ 2001, 483 jeweils unter II 3 b m.w.N.). Überdies trifft den Verkäufer in solchen Fällen, wie der Senat in den beiden genannten Urteilen betont hat, im Hinblick auf die wirtschaftliche Tragweite des Geschäfts und die regelmäßig erschwerte Bewertung des Kaufobjekts durch den Kaufinteressenten grundsätzlich eine gesteigerte Aufklärungs- und Sorgfaltspflicht. Diese Aufklärungspflicht kann sich aber wiederum reduzieren, wenn der Käufer - wie hier - keine Schulden übernimmt und das Unternehmen in seinen eigenen branchengleichen Betreib eingliedern will. Der danach dem Beklagten gegenüber gebotenen Aufklärung ist die Klägerin nach ihrem für das Revisionsverfahren zu unterstellenden Vorbringen in dem erforderlichen Umfang nachgekommen.

b) Über die laufenden Verbindlichkeiten aus Brauereidarlehen und Getränkelieferungsverträgen, die der Beklagte übernehmen sollte, hatte die Klägerin ihn nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichtes vollständig und zutreffend unterrichtet. Die erheblichen Verluste der Jahre 1995 bis 1997 hatte sie durch Einlagen in Höhe von 2,2 Millionen DM zu einem großen Teil ausgeglichen. Sämtliche danach noch verbliebenen Verbindlichkeiten gegenüber Banken, Finanzämtern und sonstigen Gläubigern werden von der Übertragung ausgenommen, wie sich aus § 6 Abs. 5 letzter Satz des Kaufvertrages ("Sonstige Verbindlichkeiten der Verkäuferin werden nicht übernommen.") ergibt; eine gesetzliche Haftung für jene Schulden nach der damals noch geltenden Vorschrift des § 419 BGB hat das Oberlandesgericht zu Recht verneint. Da diese Umstände mithin den Beklagten als Unternehmenskäufer nicht mehr unmittelbar berührten, brauchte die Klägerin ihn hierüber aus dem Gesichtspunkt einer Haftungsübernahme nicht zu informieren.

Dennoch hat das Berufungsgericht im Ergebnis eine Pflicht der Klägerin zur Aufklärung über die Fehlbeträge der vorausgegangenen Jahre zu Recht bejaht. Selbst wenn die Eingliederung des Unternehmens in seinen Betrieb im Vordergrund der Kaufabsichten des Beklagten stand, waren die in den vorhergehenden Jahren erwirtschafteten Verluste des Unternehmens nicht ohne Bedeutung für seinen Kaufentschluß. Die Verluste sind ersichtlich nicht nur durch die ungenügende Eigenkapitalausstattung und durch mangelnde Betriebsorganisation, sondern vor allem auch durch hohe Personalkosten und nachteilige Vertragsgestaltung im Ein- und Verkauf, d.h. durch ein ungünstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis entstanden. Diese der Klägerin bekannten Ursachen konnten sich auch bei der angestrebten modifizierten Betriebsübernahme in der Zukunft negativ auswirken; denn der Beklagte vermochte sich von den übernommenen vertraglichen Lieferanten- und Kundenbeziehungen (§ 8 des Kaufvertrages) und den Arbeitsverhältnissen (§ 9) nicht kurzfristig oder jedenfalls nicht ohne erhebliche finanzielle Zugeständnisse zu lösen. Da diese Umstände geeignet waren, den Vertragszweck - die gewinnbringende Erzielung von Synergieeffekten - zu vereiteln oder zumindest erheblich zu gefährden, war die Klägerin verpflichtet, den Beklagten im Zuge der Vertragsverhandlungen auf die Verluste der vergangenen Jahre auch ungefragt hinzuweisen.

c) Unter Zugrundelegung ihres Vortrags in den Tatsacheninstanzen hat die Klägerin jedoch ihrer Aufklärungspflicht genügt. Zu Recht rügt die Revision in diesem Zusammenhang als Verstoß gegen § 286 ZPO, das Berufungsgericht habe entscheidungserhebliches und mit Beweisantritt versehenes Vorbringen der Klägerin übergangen. In der Berufungsinstanz hatte die Klägerin behauptet, der ehemalige Geschäftsführer ihrer Komplementär-GmbH, Herr H. , habe den Vertreter des Beklagten, Herrn T. -N. , ausdrücklich darauf hingewiesen, die Klägerin wolle verkaufen, weil es sich bei dem verkauften Unternehmen in der geführten Form um ein Verlustgeschäft handele. Diese allgemeine Information hat unter den besonderen Gegebenheiten des Falles zur Aufklärung des Beklagten ausgereicht. Die Revision hat nämlich des weiteren auf die Behauptung der Klägerin im Berufungsverfahren Bezug genommen, bei einem der Verhandlungstermine, und zwar bei einer Besprechung am 23. April 1998 in E. - ersichtlich in den Geschäfts- bzw. Büroräumen der Klägerin -, habe der Vertreter des Beklagten, Herr T. -N. , eine Vielzahl von Unterlagen eingesehen und jegliche erfragte Information erhalten, ihre Verhandlungsvertreter, der Angestellte B. und ihr Steuerberater R. , seien angewiesen gewesen, Herrn T. -N. umfassend zu informieren; von diesen Informationsmöglichkeiten hätten der Beklagte und sein Vertreter ausgiebig Gebrauch gemacht. Trifft dies zu, kommt es entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes nicht darauf an, welche Unterlagen und Informationen der Beklagte im einzelnen erbeten und erhalten hat. Unter diesen Umständen war die Klägerin nicht gehalten, dem Beklagten ungefragt die Verluste der vergangenen Jahre im einzelnen darzustellen. Der Beklagte war als Inhaber eines Getränkegroßhandels hinreichend sach- und branchenkundig. Von ihm war zu erwarten, daß er sich auf den Hinweis der Klägerin, es habe sich um ein Verlustgeschäft gehandelt, von ihren Verhandlungsgehilfen Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen, betriebswirtschaftliche Auswertungen oder ähnliche aussagekräftige Unterlagen hätte vorlegen lassen, wenn dies für ihn von Interesse gewesen wäre.

3. Ist mithin für das Revisionsverfahren davon auszugehen, daß die Klägerin ihrer Aufklärungspflicht über die in den Vorjahren erwirtschafteten Verluste des verkauften Unternehmens in dem gebotenen Umfang nachgekommen ist, entfällt damit auch der Tatbestand einer zur Anfechtung berechtigenden arglistigen Täuschung (§ 123 BGB), den das Berufungsgericht gleichfalls bejaht hat.

4. Mit Erfolg beanstandet die Revision schließlich, daß das Berufungsgericht die Stufenklage (§ 254 ZPO) insgesamt abgewiesen hat. Allerdings war der Auskunftsantrag unbegründet, nachdem der Beklagte bereits in der Klageerwiderung die geforderte Auskunft erteilt und damit den Auskunftsanspruch erfüllt hatte. Von der Möglichkeit, nunmehr sofort zur zweiten Stufe, dem Antrag auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, überzugehen, hat die Klägerin zwar keinen Gebrauch gemacht. Das rechtfertigte jedoch nicht die vollständige Abweisung der Stufenklage aus "prozessualen" Gründen, wie das Oberlandesgericht meint. Vielmehr hätte das Landgericht - und ebenso das Berufungsgericht - zunächst nur über den Auskunftsantrag verhandeln (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2000 - IV ZR 274/99, NJW 2001, 833 = BGHR ZPO § 254, Berufungsverfahren 4) und durch Teilurteil hierüber entscheiden dürfen (Zöller/Greger, ZPO, 22. Aufl., § 254 Rdnr. 9 u. 10). Erst nach dessen Rechtskraft wären eine Verhandlung und Entscheidung über die nächste Stufe zulässig gewesen (Zöller/Greger aaO Rdnr. 11). Eine einheitliche Entscheidung über die mehreren in einer Stufenklage verbundenen Anträge kommt nur dann in Betracht, wenn schon die Prüfung des Auskunftsanspruchs ergibt, daß dem Hauptanspruch die materiell-rechtliche Grundlage fehlt (Zöller/Greger aaO Rdnr. 9 u. 14). Davon kann hier jedoch nach den vorstehenden Erwägungen nicht ausgegangen werden.

III.

Das Berufungsurteil ist daher, von der unangefochten gebliebenen Erkenntnis über den Auskunftsantrag der Klägerin abgesehen, aufzuheben, und die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die erforderlichen Feststellungen zu dem Vorbringen der Klägerin getroffen werden können (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO). In der neuen Berufungsverhandlung wird die Klägerin ferner Gelegenheit haben, den Bedenken des Berufungsgerichtes hinsichtlich der Formulierung des Antrages auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung Rechnung zu tragen.