Konkurrenz zwischen §§ 459 ff BGB und c.i.c. bei vorsätzlichen/fahrlässigen Falschangaben über die Kaufsache, Begriff des Fehlers und der zuischerungsfähigen Eigenschaft ("Böse Nachbarn") 

BGH, Urteil v. 22.02.1991  - V ZR 299/89 (Frankfurt)


Fundstellen:

NJW 1991, 1673
LM § 276 (Fa) BGB Nr. 117
MDR 1991, 761
DB 1991, 1374
WM 1991, 1341
Vgl. auch BGH NJW 1992, 2564



Amtl. Leitsatz:

Verletzt der Verkäufer eines Wohngrundstücks die Pflicht, den Käufer über schikanöses Nachbarverhalten (hier: mehrjähriges absichtliches Stören der Nachtruhe) aufzuklären, haftet er bereits bei Fahrlässigkeit auf Schadensersatz wegen Verschuldens bei Vertragsschluß.



Zum Sachverhalt:

Die Kl. kauften von S, dessen Erbin die Bekl. ist, am 1. 9. 1982 ein Hausgrundstück (Doppelhaushälfte) unter "Ausschluß jeglicher Haftung des Verkäufers für sichtbare oder unsichtbare Mängel". Der Verkäufer hatte das 1958 erstellte Haus 1970 erworben und seitdem bewohnt. Auf die bei Beurkundung des Kaufs von den Kl. gestellte Frage, ob das Haus ruhig und nicht etwa hellhörig sei, gab er zur Antwort, wenn es normal zugehe, höre man nichts. Die Übergabe erfolgte am 31. 10. 1982. Mit Anwaltschreiben vom 8. 11. 1982 verlangten die Kl. den Kaufpreis von 465000 DM zurück. Entgegen der bei der Beurkundung gegebenen Zusicherung sei das Haus extrem hellhörig, was der Verkäufer gewußt habe. Der Kaufvertrag werde wegen arglistiger Täuschung angefochten, darüber hinaus werde wegen zu erwartender weiterer Schäden ein Schadensersatzanspruch nach § 463 BGB dem Grunde nach geltend gemacht. Die Kl. haben am 29. 8. 1983 Wandlungsklage erhoben und Rückzahlung des Kaufpreises nebst Zinsen Zug um Zug gegen "Übergabe" des Grundstücks und bestimmten Zubehörs verlangt. Sie haben behauptet, aus der benachbarten Doppelhaushälfte seien sämtliche Wasser- und Abwassergeräusche, die normale Unterhaltung, Radio- und Fernsehempfang in Zimmerlautstärke, Schritte und niederfallende Gegenstände zu hören. Der Verkäufer habe weiter verschwiegen, daß die Nachbarn einen ungewöhnlichen Lebensrhythmus hätten, der sich in absichtlicher nächtlicher Ruhestörung äußere. Auch aus diesem Grunde werde der Kauf angefochten.
Das LG hat der Klage Zug um Zug gegen Rückübereignung von Grundstück und Zubehör stattgegeben. Das OLG hat die Klage abgewiesen. Die Revision der Kl. führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Aus den Gründen:

I. Das BerGer. verneint einen Wandlungsanspruch, einen Schadensersatzanspruch wegen arglistigen Verschweigens eines Fehlers und einen Rückgewähranspruch aufgrund wirksamer Anfechtung des Kaufs.
Ein Fehler liege nicht vor, denn das Haus entspreche nach den Feststellungen des vom LG beigezogenen Sachverständigen in Konstruktion und Schallschutz dem Durchschnitt der 1958 erstellten Bauten. Aufgrund des erhobenen Zeugenbeweises steht fest, daß der Verkäufer keine Zusicherung abgegeben habe, das Haus sei nicht hellhörig. Für schikanöses Verhalten der Nachbarn habe die Bekl. nicht einzustehen, denn dieses stelle keinen Sachmangel dar. Die Voraussetzungen einer Täuschungsanfechtung seien, sowohl was die Ursächlichkeit einer Täuschungshandlung für den Vertragsabschluß, als auch, was den Vorsatz des Verkäufers angehe, nicht bewiesen.

II. Die Revision ist begründet.
1. Ohne Erfolg bleiben allerdings die Angriffe auf die Verneinung vertraglicher Gewährleistungsansprüche durch das BerGer. Die Revision nimmt die Feststellung des BerGer., der Verkäufer habe keine Zusicherung dahin abgegeben, das Haus sei nicht hellhörig, hin. Auch die Überprüfung durch den Senat läßt keinen sachlich-rechtlichen Fehler bei der Beurteilung des Zusicherungsbegriffs erkennen. Damit scheidet ein Wandlungsanspruch wegen Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft (§§ 459 II, 462 BGB), der von dem vereinbarten Gewährleistungsausschluß auch dann nicht berührt sein müßte, wenn die Voraussetzungen des § 476 BGB fehlen (BGH, WM 1984, 941; NJW 1991, 912 = LM § 133 (C) BGB Nr. 72), aus; dasselbe gilt für einen unter den gleichen Voraussetzungen gegebenen Schadensersatzanspruch nach §§ 459 II, 463 S. 1 BGB, der den entrichteten Kaufpreis als Mindestschaden (BGHZ 57, 78 (80) = NJW 1974, 2218 = LM § 249 (Hd) BGB Nr. 14; BGH, NJW 1981, 222 = LM § 463 BGB Nr. 38 = WM 1980, 1388 (1389)) erfassen würde.
Einen Schadensersatzanspruch wegen arglistigen Verschweigens eines Fehlers (§ 463 S. 2 i. V. mit § 476 BGB) und im Ergebnis auch einen nach §§ 459 I, 462 i. V. mit § 476 BGB begründeten Wandlungsanspruch hat das BerGer. zu Recht deshalb verneint, weil die Hellhörigkeit des Hauses keinen Fehler darstellte. Über die Eignung zu Wohnzwecken hinaus haben die Parteien des Kaufvertrags keine besondere Anforderung an die Gebrauchstauglichkeit vorausgesetzt. Die Angriffe der Revision auf die Feststellung des BerGer., das Haus weise keinen Baufehler auf, der seinen Wert oder seine Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen Gebrauch aufhebe oder mindere, sind unbegründet. Entgegen der Auffassung der Revision hatte das LG keine Feststellungen zum Vorliegen eines Baumangels getroffen; es hat der Klage stattgegeben, weil die Kl. über die Hellhörigkeit getäuscht worden seien und ihre Anfechtung daher zur Nichtigkeit des Kaufs geführt habe. Daß die Hellhörigkeit ein Fehler des Gebäudes sei, war hierzu rechtlich nicht erforderlich; das LG hat dazu auch keine Feststellungen getroffen. Eine Verletzung der §§ 398, 402 ZPO wegen einer vom Verständnis des LG abweichenden Beurteilung des Inhalts des Sachverständigengutachtens scheidet somit aus.
Die Beweiswürdigung des BerGer. ist auch nicht deshalb unzureichend (§ 286 ZPO), weil Widersprüche in dem Gutachten ungeklärt geblieben seien. Der Sachverständige ist nach Überprüfung des Luft- und Trittschallschutzes, wie auch des Schallschutzes gegen Installationsgeräusche, zu dem Ergebnis gelangt, daß insgesamt keine Abweichung von dem bei Errichtung des Gebäudes erreichten Stand der baulichen Lärmdämmung vorliege. Daß er die einzelnen Komponenten des Schallschutzes gegeneinander abgewogen und in ein Gesamturteil einbezogen hat, läßt keinen Verstoß gegen Denkgesetze oder Sätze der Lebenserfahrung erkennen. Ausfälle in einem Dämmbereich, welche eine Berücksichtigung der Vorkehrungen in anderen Bereichen fachlich verboten hätten, werden von dem Gutachter, wie sich aus dem Gutachtenszusammenhang ergibt, ausgeschlossen.
2. Rechtsfehlerhaft verneint das BerGer. jedoch das Vorliegen der Voraussetzungen einer Vertragsanfechtung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB) und damit einen Herausgabeanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung.
a) Dem Anspruch fehlt nicht deshalb die Grundlage, weil die Kl. die Anfechtung nicht wirksam erklärt hätten (§§ 143, 142 BGB). Allerdings war das Schreiben vom 8. 11. 1982 nicht geeignet, die Anfechtungswirkung herbeizuführen. Als rechtsgestaltende Erklärung muß die Anfechtung unzweideutig zum Ausdruck bringen, daß das Rechtsgeschäft von Anfang an, d. h. rückwirkend, beseitigt werden soll (st. Rspr.; vgl. BGH, LM § 119 BGB Nr. 5; WM 1965, 233 f.). Dieser Anforderung genügt das Schreiben nicht, denn die Kl. verbinden mit der Erklärung, den Kauf anzufechten, die damit unvereinbare Forderung nach Schadensersatz wegen Nichterfüllung gem. § 463 BGB.
Eine wirksame Anfechtungserklärung enthält indessen die dem Anfechtungsgegner vor Ablauf der Frist des § 124 BGB zugegangene Klagebegründung. Ihr läßt sich im Wege der Auslegung entnehmen, daß die Kl. in erster Linie die vertragliche Gewährleistung wegen Nichtvorliegens einer zugesicherten Eigenschaft geltend machen, die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung aber für den Fall erklären, daß das Gericht den Gewährleistungsanspruch verneint. Eine solche Eventualstellung der Anfechtungserklärung ist rechtlich zulässig (BGH, LM § 119 BGB Nr. 5; NJW 1968, 2099 = LM § 119 BGB Nr. 17).
b) Das Berufungsurteil läßt nicht erkennen, ob das BerGer. von einem zutreffenden Verständnis des Begriffs der Täuschung in § 123 BGB und des Ursachenzusammenhangs zwischen dieser und der Willenserklärung des Getäuschten ausgegangen ist. Diese Unklarheit wirkt sich auch auf die rechtliche Beurteilung des zum Tatbestand des § 123 BGB gehörenden Vorsatzes aus. Das BerGer. äußert wiederholt Zweifel daran, ob die Frage der Hellhörigkeit des Hauses das überwiegende Gewicht für den Kaufentschluß der Kl. gehabt habe und ob es diesen wesentlich auf ein ruhiges Wohnen angekommen sei. Den Vorsatz verneint es mit der Begründung, es sei jedenfalls nicht erwiesen, daß der Verkäufer erkannt habe, wie wesentlich es der Gegenseite auf diesen Punkt angekommen sei. Mit aus diesem Grunde hält das BerGer. auch eine vorsätzliche Täuschungshandlung für unerwiesen, denn das Gewicht der Frage nach der Hellhörigkeit sei nicht offenkundig gewesen.
Dies verkennt, daß es zwar bei der Täuschung durch Verschweigen darauf ankommt, ob die Umstände, die zurückgehalten werden, für den anderen Teil von wesentlicher Bedeutung sind und deshalb - unbeschadet der entgegengesetzten Interessen der Vertragsparteien - mitgeteilt werden müssen (Senat, NJW-RR 1988, 394), daß solche Gesichtspunkte aber für die Täuschung, die durch positives Tun herbeigeführt wird, keine Rolle spielen. War die Behauptung, aus der benachbarten Doppelhaushälfte sei "normal" nichts zu hören, falsch und wußte dies der Verkäufer, wenn auch nur in Form des bedingten Vorsatzes, so lag eine Täuschung vor. Es geht dann nur noch darum, ob die Täuschung zum Vertragsabschluß geführt und der Verkäufer dies billigend in Kauf genommen hat. Der Ursachenzusammenhang war bereits gegeben, wenn der Geschäftsentschluß der Kl., neben anderen Beweggründen (RGZ 77, 309 (314), Krüger=Nieland, in: RGRK, 12. Aufl., § 123 Rdnr. 66), durch die Täuschung mitbestimmt worden ist. Eine wesentliche Bedeutung in dem Sinne, daß sie das maßgebliche Motiv für diesen Entschluß hätte bilden müssen, braucht ihr nicht zuzukommen (Senat, WM 1978, 221 f.). Der Täuschungsvorsatz des Verkäufers erforderte dementsprechend nicht, daß dieser wußte oder billigend in Kauf nahm, die Täuschungshandlung setze das wesentliche Motiv zum Vertragsentschluß der Kl. Es genügte das Bewußtsein, diese würden ohne die Täuschung die Willenserklärung möglicherweise  nicht oder nicht in der Weise, wie geschehen, abgeben (Senat, NJW 1974, 1505 = WM 1974, 866).
c) Aber selbst wenn das BerGer. von einem zutreffenden rechtlichen Verständnis des Anfechtungstatbestandes ausgegangen sein sollte, so rügt die Revision im übrigen mit Recht, daß es sich mit dem Prozeßstoff nur unzureichend auseinandergesetzt hat (§ 286 ZPO). Das BerGer. kommt aufgrund des Umstandes, daß die Kl., wie der Bekl. nicht zu widerlegen sei, erst im Beurkundungstermin nach der Hellhörigkeit gefragt und vorweg keine eigenen Untersuchungen zur Schalldämmung angestellt hätten, zu der Auffassung, die Frage sei "beiläufig" gewesen. Hierbei läßt es die Bekundung des von ihm gehörten Notars, dessen Glaubwürdigkeit es nicht in Zweifel zieht, unberücksichtigt, der Kl. habe wegen der aufgetretenen Frage der Hellhörigkeit Bedenken geäußert und erst auf die Antwort des Verkäufers hin erklärt, dann könne man den Vertrag ja schließen; dasselbe gilt für den von dem Notar geschilderten eigenen Eindruck, die Hellhörigkeit habe zwar für die Gewährleistung keine Rolle gespielt, sei aber eine Frage der Motivation zum Abschluß des Kaufs gewesen.
Den Täuschungsvorsatz verneint das BerGer. u. a. mit der Begründung, die Frage nach der Hellhörigkeit des Hauses sei unbestimmt gewesen. Wann Geräusche als störend empfunden würden, hänge weitgehend von der Empfindlichkeit des Hörers ab. Es könne nur davon ausgegangen werden, daß der Verkäufer auf die Frage nach der Hellhörigkeit seiner persönlichen Empfindung Ausdruck gegeben habe. Dies läßt außer acht, daß nach den Feststellungen des Sachverständigen und den Bekundungen des vom BerGer. gehörten früheren Besitzers des Hauses die Geräuscheinwirkungen massiv waren; die Behauptung der Kl., Alltagsgeräusche seien deutlich wahrnehmbar gewesen, hatte durch die Beweisaufnahme eine Erhärtung gefunden. Schwerhörigkeit des Verkäufers war nicht behauptet worden. Unter diesen Umständen hätte es der Darlegung der Tatsachen bedurft, die das BerGer. veranlaßten, von der Möglichkeit auszugehen, der Verkäufer habe gleichwohl kein Bewußtsein von der Hellhörigkeit des Hauses gehabt. Sollte für das BerGer. die Vorstellung bestimmend gewesen sein, die Lärmbeeinträchtigung eines Wohngebäudes durch Nachbargeräusche sei schlechthin einer objektiven Beurteilung unzugänglich, hätte es sich auf einen nicht bestehenden Lebenserfahrungssatz gestützt. Die Hilfserwägung, der Sachverständige habe selbst die Sanitärgeräusche nur extrem schwach wahrgenommen, läßt außer acht, daß hierfür nach dessen Befund der durch die übrigen Lärmquellen verursachte Geräuschpegel maßgeblich war. Zu Recht rügt die Revision, daß das BerGer. in diesem Zusammenhang auch die Bekundungen des Vorbesitzers und eines weiteren Zeugen (gegenüber wohnender  Nachbar) nur unzulänglich gewürdigt hat.
3. Zu Unrecht prüft das BerGer. das behauptete schikanöse Verhalten der Nachbarn nur unter dem Gesichtspunkt der Sachmängelgewährleistung. Wenn die Nachbarn, wie die Kl. behaupten, seit Jahren die Nachtruhe durch absichtliches Lärmen (böswilliges Auf- und Ablassen der Rolläden, sinnloses Treppensteigen, Klavierspiel, lauter Radio- und Fernsehempfang) störten, so war dies ein Umstand, den der Verkäufer bei den Vertragsverhandlungen ungefragt hätte offenbaren müssen. Daß er die Frage nach der Hellhörigkeit, wovon das BerGer. ausgeht, nur auf die bauliche Beschaffenheit bezog, berührt diese Verpflichtung nicht. Das Verschweigen dieses Umstands begründete, wenn es vorsätzlich geschah, die Täuschungsanfechtung. Darüber hinaus ließ es einen Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluß entstehen, der auf die Rückgängigmachung des Kaufvertrags gerichtet war (Senat, NJW 1990, 1661 = LM § 276 (Fa) BGB Nr. 108 = WM 1990, 479), also den Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises erfaßte. Hierzu genügte fahrlässiges Verhalten, denn die Schikane der Nachbarn stellte kein Beschaffenheitsmerkmal der Kaufsache (§ 459 I BGB) oder eine dieser zukommende Eigenschaft (§ 459 II BGB) dar (vgl. Senat, NJW-RR 1988, 10; NJW-RR 1990, 78). Hieran ändert nichts, daß die behaupteten Schikanen von den Eigentümern des Nachbargebäudes ausgingen, also auf nicht  absehbare Zeit auch künftig zu erwarten waren. Nach der Rechtsprechung sind Sachmängel zwar nicht auf Umstände beschränkt, die der Sache aufgrund ihrer natürlichen Beschaffenheit anhaften, sie können vielmehr auch auf deren Beziehungen zur Umwelt zurückgehen. Erforderlich ist aber, daß diese Beziehungen, seien sie tatsächlicher, rechtlicher oder wirtschaftlicher Art, in der Beschaffenheit der Sache selbst ihren Grund haben (Senat, NJW 1976, 1888 = LM § 459 BGB Nr. 41 = WM 1976, 1035). Dies ist bei Einwirkungen, die nur von der Person des Nachbarn ausgehen, in der Zweckbestimmung des Nachbargrundstücks aber keinen Niederschlag gefunden haben, nicht der Fall. Die behauptete Beeinträchtigung hat ihren Grund nicht darin, daß das Kaufgrundstück in einem Wohngebiet liegt und daher Wohngeräuschen ausgesetzt ist; sie geht vielmehr auf ein außerhalb des Wohnzwecks liegendes, diesem zuwiderlaufendes individuelles Störverhalten zurück. Die Kenntnis dieses Umstandes wird dem Käufer nicht durch die Beschaffenheit des gekauften Grundstücks vermittelt. Der Zweckzusammenhang zwischen der Besitzerlangung durch Übergabe und der kurzen Verjährungsfrist für Sachmängel (§ 477 BGB) ist in einem solchen Falle nicht gegeben
Das BerGer. hat, da es den rechtlichen Gesichtspunkt übersehen hat, zu dem behaupteten schikanösen Verhalten im einzelnen keine Feststellungen getroffen, die es dem Senat ermöglichen würden, selbst in der Sache zu entscheiden (§ 565 III ZPO). Der Bekundung des Vorbesitzers hat es nur entnommen, daß das persönliche Verhältnis des Verkäufers zu den Nachbarn schlecht gewesen sei und dieser sich hierüber bedrückt gezeigt habe. Ob überhaupt von Schikanen die Rede gewesen sei, hat es offengelassen. Auch der Bekundung des weiteren Zeugen hat es in erster Linie Klagen über den schlechten Stand der nachbarlichen Beziehungen entnommen; zur Feststellung des Inhalts von Schikanen hat es die Aussage nicht herangezogen.
III. Das Berufungsurteil kann somit keinen Bestand haben. Die Sache ist zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das BerGer. zurückzuverweisen (§§ 564, 565 ZPO).
Bei der erneuten Entscheidung wird das BerGer. zu beachten haben, daß eine Täuschung über die Hellhörigkeit des Hauses neben einem Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung auch einen Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlichen Verschuldens bei Vertragsschluß auslösen kann. Hinreichender Schallschutz, also das Nichtvorliegen von Hellhörigkeit, ist eine Sachbeschaffenheit und kann Gegenstand einer Zusicherung sein. Ansprüche wegen fahrlässigen Verschuldens bei Vertragsschluß werden daher durch die Sachmängelgewährleistung verdrängt. Dies gilt unbeschadet des Umstandes, daß die Hellhörigkeit im vorliegenden Falle kein Fehler und deren Nichtvorliegen nicht zugesichert war (BGHZ 60, 319 = NJW 1973, 1234 = LM § 459 BGB Nr. 33, Senat, NJW-RR 1988, 10; Soergel-Huber, BGB, 11. Aufl., vor § 459 Rdnr. 202). Zur Darlegung des Schadensersatzanspruchs gehört, wie im Falle des § 463 S. 2 BGB (Senat, NJW 1990, 42), aber anders als bei der arglistigen Täuschung, nicht, daß der Verstoß ursächlich für den Entschluß der Kl. zum Kauf geworden ist; vielmehr ist es Sache der Bekl., die Nichtursächlichkeit vorzutragen und im Streitfall zu beweisen (Senat, NJW 1990, 42 = LM § 276 (Fa) BGB Nr. 108).
Diese Grundsätze gelten gleichermaßen für einen Schadensersatzanspruch wegen fahrlässiger Verletzung der Aufklärungspflicht über schikanöses Nachbarverhalten. Die Ansprüche bestehen neben demjenigen aus ungerechtfertigter Bereicherung bei wirksamer Anfechtung des Kaufs.
Bei der erneuten Verhandlung werden die Kl. auch Gelegenheit haben, etwaige Unstimmigkeiten zwischen der von ihnen Zug um Zug angebotenen "Übergabe" und der vom LG ausgesprochenen Rückübereignung auszuräumen.



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