Sparbuch, Sparkonto und Vertrag zugunsten Dritter: Schenkung eines Geldbetrags durch Überweisung 
BGH, Urteil v. 02.02.1994  - IV ZR 51/93 (Düsseldorf) 
Fundstellen:

NJW 1994, 931
WM 1994, 731
FamRZ 1994, 625


(Eigene) Leitsätze:

1.) Die Schenkung eines Geldbetrages durch Überweisung ist mit der Anweisung an die Bank, dem Konto des Zuwendungsempfängers einen Betrag zuzuschreiben, vollzogen.
2.) Inhaber eines Sparkontos ist nicht ohne weiteres die Person, auf deren Namen das Sparbuch ausgestellt ist, sondern diejenige, die nach dem erkennbaren Willen dessen, der das Konto einrichtet, Gläubiger der Sparforderung sein soll.


Zentrale Probleme:

s. die Anm. zu BGH, Urt. v. 18. Januar 2005 - X ZR 264/02.



Zum Sachverhalt:

Der 82 Jahre alte Kl. und der verstorbene Vater der Bekl. waren Brüder. Die Parteien wohnen Tür an Tür in demselben Haus in D. Am 4. 2. 1988 begaben sich der Kl., die Bekl. und deren Mutter in die Zweigstelle B-Straße der Stadtsparkasse D. Die Sparkasse eröffnete auf Antrag der Bekl. das Sparkonto Nr. 255120081 für diese; der Kl. erhielt Kontovollmacht. Für das Konto wurde ein Stichwort vereinbart ("Heimat"), das der Kl. nannte. Der Kl. ließ dann diesem Konto 50000 DM aus seinem Vermögen gutschreiben. Dabei äußerte er den Vorbehalt, das Sparbuch solle in seinem alleinigen Besitz bleiben. Die Bekl. solle es erst nach seinem Tode in die Hand bekommen. Dementsprechend erhielt der Kl. das Buch und deponierte es sogleich in seinem Schließfach bei der Sparkasse. Anfang Januar 1991 widerrief die Bekl. die Vollmacht für den Kl. und änderte das vereinbarte Stichwort. Der Kl., der infolgedessen nicht mehr über das Guthaben verfügen kann, ist damit nicht einverstanden.
Der Kl. beantragt, die Bekl. zu verurteilen zuzustimmen, daß das Konto und das Sparbuch auf seinen Namen umgeschrieben werden. Hilfsweise beantragt er festzustellen, daß er der Gläubiger der Guthabenforderung sei, ferner hilfsweise, die Bekl. zur Abtretung der Forderung zu verurteilen. LG und OLG hielten die Klage mit dem Hauptantrag für begründet. Die Widerklage auf Herausgabe des Sparbuchs erklärte das BerGer. für unbegründet. Mit der Revision verfolgte die Bekl. ihre bisherigen Anträge weiter. Die Revision führte zur Abweisung der Klage.

Aus den Gründen:

1. Die Bekl. ist nicht verpflichtet, der Umschreibung des Kontos und des Sparbuchs auf den Namen des Kl. zuzustimmen. Mit Recht geht das BerGer. davon aus, daß das am 4. 2. 1988 errichtete Sparkonto nicht ein Konto des Kl., sondern ein solches der Bekl. ist. Maßgebend hierfür ist, wer nach dem erkennbaren Willen der die Kontoeröffnung beantragenden Kunden Gläubiger der Bank werden soll (BGH, WM 1975, 1200). Das ist hier die Bekl. Den Kontoeröffnungsantrag hat zwar anscheinend der Kl. vorbereiten lassen. Er ist aber von der Bekl. gestellt, unterschrieben und von der Sparkasse sogleich unverändert angenommen worden. Ein Hinweis darauf, daß der Kl. im Verhältnis zur Sparkasse ein Recht auf das Kontoguthaben hätte haben sollen (§ 328 BGB), ist den vorgelegten Kontounterlagen nicht zu entnehmen. Etwaige anderslautende mündliche Erklärungen der beteiligten Sparkassenangestellten sind hier nicht behauptet. Sie wären überdies gem. § 4 II 1 der NRW-SparkassenVO (GVNRW 1970, 692) formnichtig (BGH, WM 1978, 895).
Aus alledem folgt, daß Gutschriften auf dem Konto, gleichgültig von wem sie veranlaßt worden sind, der Bekl. zugute kommen und zu entsprechenden Guthabenforderungen der Bekl. gegen die Sparkasse führen mußten. Das gilt unabhängig davon, ob die Bekl. auch im Besitz des Sparbuches ist, oder ob der Kl. das Buch in seinem Bankschließfach aufbewahrt. Wenn demgegenüber das BerGer. meint, Gläubiger des Anspruchs auf die Rückzahlung der Einlage auf dem Konto der Bekl. gegen die Sparkasse sei der Kl., dann beruht das auf einer Verkennung der Funktion eines Bankkontos, auch eines Sparkontos, und der Bedeutung einer Gutschrift auf fremdem Konto. Wer eine Bank anweist, einen Betrag aus seinem Vermögen einem bestimmten fremden Konto gutzuschreiben, verliert mit der Ausführung dieser Weisung seine Rechte gegen die Bank in bezug auf das Zugewendete und verschafft damit zugleich dem Kontoinhaber ein entsprechendes Recht gegen die Bank aus der Gutschrift.
Demgemäß ist hier nicht der Kl., sondern die Bekl. Inhaberin der Forderung, die sich aus der vom Kl. veranlaßten Gutschrift auf ihrem Konto ergibt. Eines besonderen Vertrages i. S. von § 328 BGB zwischen dem Kl. und der Sparkasse zugunsten der Bekl. bedurfte es dazu nicht. Auch hier kommt es nicht darauf an, ob die Bekl. das Sparbuch besitzt oder nicht.
2. Ob die Bekl. die erlangte Guthabenforderung behalten darf oder gem. § 812 I 1 BGB herausgeben muß, sei es nun durch Umschreibung oder Abtretung, hängt davon ab, ob sie die Forderung im Verhältnis zum Kl. (Valutaverhältnis) ohne Rechtsgrund erlangt hat. Das BerGer. bezweifelt, ob die Erklärungen des Kl. bei Kontoeröffnung als Schenkungsangebot zu verstehen gewesen seien. Ein Schenkungsversprechen sei aber jedenfalls formnichtig, weil der Kl. der Bekl. die Gläubigerstellung gegenüber der Sparkasse nicht verschafft habe. Auch diese Begründung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
3. Nach dem Vortrag der Bekl. hat der Kl. erklärt, er wolle das Sparbuch vorerst noch behalten. Sie solle es erst nach seinem Tode in die Hände bekommen. Diesen Vortrag hat der Kl. wörtlich aufgegriffen und sich zu eigen gemacht. Das nachträgliche Bestreiten der Bekl. bezieht sich nicht auf diesen Vortrag, sondern auf die angebliche weitere Bemerkung des Kl.: "Solange ich lebe, gebe ich das Buch nicht raus." Die unstreitige Erklärung des Kl. hat das BerGer. nicht berücksichtigt; der Senat kann sie selbst auslegen. Aus der Sicht der Bekl. war sie dahin zu verstehen, daß der Kl. ihr die Gutschrift auf ihrem Konto schenkweise zuwenden, die Schenkung aber dahin einschränken wollte, daß er ein lebenslanges schuldrechtliches Besitzrecht in bezug auf das Sparbuch erlangte. Darauf hat die Bekl. sich eingelassen, indem sie hinnahm, daß der Kl. das Sparbuch erhielt. Damit ist der Schenkungsvertrag zwischen den Parteien zustande gekommen, ohne daß es hier darauf ankommt, ob es sich um eine Schenkung unter Lebenden oder um eine solche von Todes wegen (§ 2301 BGB) handelt. Keiner Entscheidung bedarf es auch, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Kl. berechtigt sein sollte, über das Kontoguthaben zu Lebzeiten im eigenen Interesse zu verfügen. Daß das Schenkungsversprechen des Kl. notarieller Form bedurft hätte, trifft entgegen der Auffassung des BerGer. nicht zu. Es war mit der Gutschrift des Betrages von 50000 DM i. S. von § 518 II BGB und auch von § 2301 II BGB vollzogen; die Bekl. ist von Anfang an Gläubigerin des Kontoguthabens.
4. Danach muß der Senat von einer Schenkung ausgehen. Der eingeklagte Herausgabeanspruch aus § 812 I 1 BGB hätte zugesprochen werden dürfen, wenn der Kl. die Schenkung widerlegt hätte. Auch für einen vom BerGer. in Betracht gezogenen Auftrag hätte der Kl. die Beweislast getragen. Beweise hat er jedoch auch insoweit nicht angetreten.
5. Schließlich kommt auch ein Herausgabeanspruch des Kl. infolge Widerrufs der Schenkung gem. § 530 I BGB nicht in Betracht. Der Kl. hat sich nicht ausdrücklich auf groben Undank der Bekl. berufen. Aber auch wenn seinem Prozeßverhalten ein konkludenter Widerruf gem. § 530 BGB zu entnehmen wäre, könnte das der Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Die Bekl. bezeichnet es als freie Erfindung, daß der Kl. nach den Vorstellungen beider Parteien hätte berechtigt sein sollen, über das Kontoguthaben im eigenen Interesse zu verfügen. Immerhin spricht für die Darstellung des Kl., daß er sich bei Kontoeröffnung Kontovollmacht geben ließ. Das gilt umso mehr, als die Bekl. selbst in Betracht zieht, daß ihre eigene Verfügungsbefugnis bis zum Tode des Kl. aufgeschoben ein könnte.
6. Hiernach sind die Klageanträge in vollem Umfang unbegründet. Andererseits bleibt die Revision erfolglos, soweit sie den Widerklageantrag weiter verfolgt. Die Bekl. ist zwar gem. § 952 BGB Eigentümer des Sparbuchs. Trotzdem kann sie vom Kl. keine Herausgabe verlangen. Denn dieser hat sich im Zusammenhang mit der Schenkungsabrede des obligatorische Recht vorbehalten, das Sparbuch zu seinen Lebzeiten behalten zu dürfen.