Konkurrenz zwischen c.i.c./pVV und Gewährleistungsregeln, Schadensersatz und Verjährung bei Verletzung von unselbständigen und selbständigen Beratungspflichten


BGH, Urteil v. 23.7.1997, VIII ZR 238/96


Amtl. Leitsatz:

Zur Verjährung der Ansprüche des Käufers, wenn der Verkäufer eine diesem gegenüber bestehende Beratungspflicht verletzt.



Fundstellen:

NJW 1997, 3227
DB 1997, 2071
BB 1997, 2131
ZIP 1997, 1792

Fortsetzung des Falles: BGH NJW 1999, 3192; s. nunmehr auch BGH NJW 2001, 2630; s. auch BGH NJW 2004, 2301



Zentralprobleme des Falles:

Die Haftung des Verkäufers für fahrlässige Falschangaben über fehlerbegründene Eigenschaften oder zusicherungsfähige Eigenschaften der Kaufsache ist von § 459 ff BGB ausnahmsweise dann nicht verdrängt, wenn sich die Beratung nicht auf die Eigenschaften der Kaufsache beschränkt, sondern eine besondere Beratungs- und Vertrauensposition besteht (vgl. den Klebstoff-Fall BGHZ 88, 130 [135] = NJW 83, 2697). Dann liegt nicht mehr eine aus Konkurrenzgründen ausgeschlossene c.i.c., sondern die Verletzung einer selbständigen Nebenpflicht aus dem Kaufvertrag vor. Diese Ansprüche verjähren aber nach der Rspr. gem. § 477 BGB (Arg.: Verk. darf nicht schlechter stehen, als habe er eine bestimmte Eigenschaft zugesichert). Nur wenn bei einem unselbständigen Beratungsvertrag der Bezug zu einer Eigenschaft der Sache fehlt, ist § 477 BGB nicht anwendbar (so etwa in BGH NJW 1985, 2472 [Wäschetrockner-Fall], anders in BGH NJW 1962, 1196 [Kreissäge-Fall] und BGH NJW 1984, 2938 [unterdimensionierte EDV-Anlage]).

Bei Beratung durch Dritte (zB Hersteller) liegt aber stets eine selbständige Beratungspflicht vor, die durch § 477 BGB nicht berührt wird. Diese Vereinbarung ist nach § 305 BGB,  § 676 BGB  eigene Grundlage der Schadensersatzpflicht (vgl.  etwa BGH NJW-RR 92, 1011).

Bei Beratung durch den Verkäufer wird zwar idR eine unselbständige Nebenpflicht vorliegen, dies ist aber nicht zwingend. Wenn die Beratung deutlich über das normale Maß einer Verkäuferberatung hinausgeht, kann eine selbständige, neben dem Kaufvertrag bestehende Verpflichtung angenommen werden. Dies kann allerdings  in aller Regel nicht bei eigenschaftsbezogener Beratung angenommen werden. Wenn sich die Beratungspflicht aber nach Inhalt und Umfang verselbständigt hat und als gleichwertige, wenn auch nicht besonders vergütete Leistung neben die Verkäuferpflichten tritt, ist die Annahme einer selbständigen Beratungspflicht denkbar.

BGH läßt in casu offen, ob die Falschberatung auf Eigenschaften der Sache bezogen war, denn jedenfalls liege eine selbständige Beratungspflicht vor. 
 


Zum Sachverhalt:

Die Bekl., ein mittelständischer Betrieb, stellt hochwertige Gartenmöbel und Zaunanlagen aus Holz her. Hierfür verwendete sie zunächst - bis etwa 1988 - Kiefern- und Merantiholz. Nachdem es Probleme mit den Lackprodukten einer anderen Herstellerin gegeben hatte, setzte die Bekl. seit 1987 für die Beschichtung ihrer Erzeugnisse auch Lacke der Kl. ein. Die Lackierarbeiten ließ sie seit Anfang der 80er Jahre in Dänemark durchführen. Zu Beginn des Jahres 1989 entschloß sich die Bekl., in ihrem Betrieb in Norddeutschland eine eigene Lackieranlage zu installieren. Sie wandte sich deshalb an die Kl., die eine Tochtergesellschaft des weltweit tätigen Chemieunternehmens A ist und ein eigenes Anwendungstechnisches Zentrum unterhält. Aufgrund der Anfrage der Bekl. schaltete die Kl. ihr Anwendungstechnisches Zentrum ein und unterbreitete der Bekl. nach - allerdings noch nicht abgeschlossenen - Versuchen mit verschiedenen Beschichtungssystemen als vorläufige Lösung schriftlich Vorschläge für zwei alternative Verfahren zur Lackierung der künftig aus dem Tropenholz Iroko herzustellenden Gartenzaunpfeiler. Zugleich stellte sie bis zur Inbetriebnahme der von der Bekl. geplanten Lackieranlage ein neuartiges Anstrichsystem in Aussicht. Für die Beantwortung weiterer Fragen benannte sie ihren Mitarbeiter B, der bereits vorher die fachlichen Gespräche mit der Bekl. geführt hatte. Mit einem weiteren Schreiben vom 6. 4. 1989 übersandte die Kl. der Bekl. eine detaillierte, auf die Verwendung von bestimmten Lacken der Kl. ausgerichtete Beschreibung der geplanten Lakieranlage und ihrer Funktionsweise. Nach diesen Vorgaben erwarb die Bekl. durch Vermittlung der Kl. für rund 500000 DM eine Lackieranlage, die im Juli 1989 bei ihr installiert wurde und in welcher in der Folgezeit die Erzeugnisse der Bekl. mit den von der Kl. bezogenen Lacken beschichtet  wurden. Die Parteien hatten die Lieferung von Acryllacken im Umfang von ca. 80 Tonnen jährlich vereinbart. Ob die Bekl. in dieser Zeit auch noch Farben des früher verwendeten Konkurrenzfabrikats einsetzte und aufgrund der dabei aufgetretenen Probleme (Farbabplatzungen) Anfang 1990 wegen einer Beratung erneut Kontakt mit der Kl. aufnahm, wie die Bekl. zuletzt behauptet hat, hat das BerGer. nicht geklärt. Jedenfalls fand am 30. 1. 1990 zwischen dem technischen Mitarbeiter B und einem weiteren Angestellten der Kl. sowie einem Vertreter der Bekl. ein Gespräch statt, in welchem es neben der Festlegung von Preisen auch um zahlreiche technische Details wie die Zusammensetzung der Grundierung, gemeinsame Maßnahmen der Qualitätssicherung, Untersuchung von Kontrollmustern im Labor der Kl. und die Überprüfung zusätzlicher Materialien (Spachtelmasse, Leim usw.) auf ihre Verträglichkeit mit den Lacken durch die Kl. ging. Bei dieser Gelegenheit übergab die Bekl. der Kl. vier Musterhölzer, deren Beschichtung im Labor der Kl. insbesondere auf Haftfestigkeit und Witterungsbeständigkeit untersucht wurde; ein entsprechender Prüfbericht wurde der Bekl. übersandt. Des weiteren gab das Anwendungstechnische Zentrum der Kl. in einem als "Technische Richtlinien Systemaufbau für Gartenzaunelemente" bezeichneten Schreiben vom 12. 2. 1990 der Bekl. speziell auf deren Anforderungen abgestellte Hinweise für die Beschichtung von Gartenzaunelementen aus Irokoholz mit S-Erzeugnissen. Als Berater für etwaige technische Fragen wurde wiederum der Mitarbeiter B der Kl. benannt. Ein nahezu gleichlautendes Schreiben übersandte die Kl. der Bekl. nochmals unter dem 5. 7. 1990.
Als an verschiedenen Zaunanlagen Farbabplatzungen auftraten, schaltete die Bekl. erneut die Kl. ein. Am 30. 1. 1991 wurden die möglichen Schadensursachen zwischen der Bekl. und Mitarbeitern der Kl. erörtert, die daraufhin Änderungen des Verarbeitungsprozesses empfahl, eine Untersuchung der Anstrichproben der schadhaften Zaunanlagen in ihrem Labor veranlaßte und den Besuch ihres "Anwendungstechnikers mit der größten Erfahrung" zur Planung eines neuen Beschichtungsverfahrens (Tauchverfahren) ankündigte. Als Ergebnis dieses Besuches schlug die Kl. mit Schreiben vom 12. 2. 1991 vor, anstelle des an sich geeigneten, derzeit aber nicht durchführbaren Tauchverfahrens die Grundbeschichtung im Flutverfahren aufzubringen und es für die Zwischenbeschichtung weiterhin beim Spritzverfahren zu belassen. Auch dieses Schreiben schloß mit dem Hinweis auf die Möglichkeit einer Erörterung technischer Fragen mit zwei namentlich benannten Angestellten der Kl. Da sich in der Folgezeit die Reklamationsfälle häuften, bat die Bekl. mit Einschreiben vom 27. 5. 1991 die Kl., ihre Anstrichempfehlung durch einen neutralen Gutachter überprüfen zu lassen. Mit dem daraufhin von der Kl. eingeschalteten Sachverständigen Dr. B nahm die Bekl. am 21. 6. 1991 telefonisch Verbindung auf und erörterte das Problem. Ausweislich einer über dieses Gespräch gefertigten Aktennotiz der Kl. erklärte der Gutachter unter anderem, es sei in der Fachliteratur seit 30 Jahren allgemein bekannt, daß Irokoholz sich nur problematisch lackieren lasse und ein Teil der Inhaltsstoffe des Holzes die restlose Aushärtung des Anstrichfilms verhindere; mit Sicherheit werde es bei allen bisher lackierten Iroko-Erzeugnissen zu Reklamationen kommen, lediglich der Zeitpunkt sei ungewiß. Außerdem nannte der Sachverständige  verschiedene Abhilfemöglichkeiten, die er mit der Kl. besprechen wolle. Aufgrund dieser Aussage ließ die Bekl. durch den Sachverständigen Dr. T ein Gutachten zum Verhalten von Acrylsystemen auf Irokoholz erstellen. Das Gutachten vom Februar 1992 kam zu dem Ergebnis, daß das von der Kl. empfohlene Beschichtungsverfahren untauglich sei; zur Vermeidung von großflächigen Farbabplatzungen sei eine Versiegelung der Holzoberfläche wegen der nachteiligen Einflüsse der Holzinhaltsstoffe erforderlich. In diesem Zusammenhang verwies der Sachverständige auf eine Veröffentlichung aus dem Jahre 1972, in der die Schwierigkeiten bei der Behandlung von Irokoholz mit Wasserlacken dargelegt seien und die die "richtungsweisende" Empfehlung zur Beschichtung mit Wasserlacken auf Polyurethanbasis enthalte.
Mit Schreiben vom 18. 3. 1992 lehnte die Versicherung der Kl. - zugleich auch für die Kl. - jegliche Schadensersatzverpflichtung ab. Zur Begründung führte sie aus, bei Einhaltung der Verarbeitungsrichtlinien vom 12. 2. und 5. 7. 1990 wurden einwandfreie Ergebnisse erzielt; für unzureichende Verarbeitung und Beschichtung bei der Produktion sei die Kl. nicht verantwortlich. Nachdem der von der Bekl. hinzugezogene Sachverständige Dr. T im September 1992 aufgrund der von ihm durchgeführten Versuche in einem weiteren Gutachten seine früheren Aussagen bestätigt hatte, trat die Bekl. am 28. 9. 1992 erneut an die Kl. mit der Aufforderung heran, ihre Ersatzpflicht für aufgetretene Schäden anzuerkennen. Daraufhin beauftragte die Kl. ihrerseits einen Sachverständigen, der in seinem Gutachten vom 14. 2. 1994 zu dem Ergebnis kam, daß das Beschichtungssystem zwar für Fenster einsetzbar sei, daß bei Zaunelementen jedoch mit "kurzen Pflegeintervallen" gerechnet werden müsse, da Zäune nicht in allen Detailpunkten wasserabweisend konstruiert werden könnten.
Mit ihrer Klage verlangt die Kl. Bezahlung der nach dem 21. 6. 1991 erfolgten Lacklieferungen in Höhe von insgesamt 59260,15 DM. Die Bekl. macht Schadensersatzansprüche in Höhe von 1060767,21 DM geltend, mit denen sie gegen die Klageforderung aufrechnet und die sie in Höhe von 1001507,06 DM im Wege der Widerklage fordert. Ihre Gegenansprüche, die sie im einzelnen mit zusätzlichen Personalkosten für die Bearbeitung der Reklamationsfälle, mit Sachverständigengebühren und dem Mehrpreis für die im Jahre 1992 von einem anderen Produzenten bezogenen Lacke begründet, stützt die Bekl. auf einen zwischen den Parteien zustande gekommenen selbständigen Beratungsvertrag, den die Kl. schlecht erfüllt habe, weil sie ihre für Irokoholz ungeeigneten Beschichtungsmittel empfohlen habe. Die Kl. bestreitet den Schadensersatzanspruch dem Grunde nach und wendet überdies Verjährung ein.
Das LG hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Bekl. hat das OLG zurückgewiesen. Ihre Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das BerGer.

Aus den Gründen:

I. Das BerGer. hält die Gegenansprüche der Bekl. für verjährt. Auf der Grundlage der Rechtsprechung des BGH hat es zunächst eine Verpflichtung der Kl. zur umfassenden und korrekten Beratung der Bekl. bejaht und daraus einen Anspruch der Bekl. aus positiver Vertragsverletzung abgeleitet. Unter Bezugnahme auf mehrere Entscheidungen des erkennenden Senats zu ähnlich gelagerten Fällen ist das BerGer. dann jedoch zu der Auffassung gelangt, daß der Verkäufer nach der in § 477 I BGB zum Ausdruck gekommenen Wertung des Gesetzes auch bei fehlerhafter Beratung nicht länger haften könne als für eine ausdrückliche kaufvertragliche Eigenschaftszusicherung. Es führt aus: Berate der Verkäufer selbst, so erfülle er damit nur seine dahingehende nebenvertragliche Pflicht im Zusammenhang mit dem Kaufvertrag. Für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung einer solchen Beratungspflicht sei die kurze kaufrechtliche Verjährungsfrist des § 477 I BGB maßgebend, und zwar auch dann, wenn der Verkäufer zugleich Hersteller des Kaufgegenstandes sei. Eine 30jährige Haftung nach allgemeinen Grundsätzen (§ 195 BGB) komme deshalb nur dann in Betracht, wenn der beratende Hersteller vom Verkäufer personenverschieden sei. Da die Parteien bis zum Ablauf des Jahres 1991 keine verjährungsunterbrechenden oder -hemmenden Handlungen vorgenommen hätten, seien eventuelle Schadensersatzansprüche der Bekl. spätestens zu diesem Zeitpunkt verjährt. Selbst nach der endgültigen Ablehnung der Haftung durch die Kl. durch Schreiben ihres  Anwalts vom 18. 3. 1992 habe die Bekl. erst mit Schreiben vom 28. 9. 1992, mithin über sechs Monate später, reagiert. Auch eine Aufrechnung nach §§ 478, 479 BGB scheide aus, da die geltend gemachten Kaufpreisforderungen und die von der Bekl. erhobenen Gegenansprüche auf verschiedenen Kaufverträgen beruhten.
Hinsichtlich der Lieferungen nach dem 21. 6. 1991 sei eine Haftung der Kl. im übrigen schon deshalb ausgeschlossen, weil die Bekl. aufgrund des an jenem Tag mit dem Sachverständigen Dr. B geführten Gespräches selbst als sicher davon ausgegangen sei, daß alle bis dahin durchgeführten Beschichtungen Reklamationsfälle werden würden, und sie daher von diesem Zeitpunkt an die Ungeeignetheit der Lacke der Kl. für die Beschichtung von Irokoholz gekannt habe (§ 460 BGB).
II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung in dem entscheidenden Punkt nicht stand.
1. Zutreffend ist das BerGer. zunächst davon ausgegangen, daß die Kl. im Zusammenhang mit der Lieferung der Lacke die Verpflichtung übernommen hatte, die Bekl. über die Anwendung bestimmter, von ihr hergestellter Materialien für die Beschichtung von Irokoholz-Zaunelementen fachlich zu beraten. Diese Bewertung, die auch von der Kl. nicht in Zweifel gezogen wird, entspricht der gefestigten Rechtsprechung des Senats (vgl. BGHZ 88, 130 (135) = NJW 1983, 2697 = LM § 477 BGB Nr. 39 m.w. Nachw.). Zwar ist grundsätzlich eine besondere Haftung des Verkäufers für fahrlässig unrichtige Angaben über Eigenschaften des Kaufgegenstandes durch die Sondervorschriften der §§ 459ff. . BGB ausgeschlossen. Beschränkt sich die Erklärung des Verkäufers aber nicht auf die Unterrichtung des Käufers über die Eigenschaften der Ware, holt sich vielmehr der nicht genügend sachkundige Käufer bei dem Verkäufer als Fachmann im Zuge der Kaufvertragsverhandlungen Rat ein, so nimmt der Verkäufer die Stellung einer Vertrauensperson ein; ihn trifft die Verpflichtung zur sachgemäßen und umfassenden Aufklärung über die besonderen Eigenschaften des von ihm verkauften Produkts (Senat, NJW 1958, 866  = LM § 459 I BGB Nr. 5; vgl. BGHZ 88, 130 (135) = NJW 1983, 2697 = LM § 477 BGB Nr. 39).
2. Zu Recht wendet sich die Revision aber gegen die Auffassung des BerGer., etwaige Schadensersatzansprüche der Bekl. seien gem. § 477 I BGB verjährt, weil wegen der Identität von Herstellerin und Verkäuferin lediglich eine unselbständige Beratungsverpflichtung des Verkäufers als Nebenpflicht aus dem Kaufvertrag in Betracht komme und sich die geschuldete Beratung auf eine Eigenschaft der Kaufsache beziehe.
a) Zu folgen ist dem BerGer. allerdings in seinem rechtlichen Ausgangspunkt, daß Schadensersatzansprüche des Käufers gegen den Verkäufer aus einem unselbständigen Beratungsvertrag, der sich auf eine Eigenschaft der Kaufsache bezieht, der Verjährungsfrist des § 477 I BGB unterliegen.
Der Senat hat die kurze Verjährungsfrist des § 477 I BGB stets für - unmittelbar oder analog - anwendbar gehalten, wenn der Verkäufer eine kaufvertragliche Nebenpflicht zur sachgemäßen und umfassenden Aufklärung und Beratung über Eigenschaften der Kaufsache verletzt, gleichgültig, ob die Eigenschaft einen Mangel i.S. der §§ 459ff. . BGB darstellt oder nicht (BGHZ 88, 130 = NJW 1983, 2697 = LM § 477 BGB Nr. 39; vgl. BGHZ 107, 249 (252) = NJW 1989, 2118 = LM § 276 (Hb) BGB Nr. 52; Senat, NJW-RR 1990, 1301 = LM § 195 BGB Nr. 31 = WM 1990, 1469 unter II 2a m.w. Nachw.). Eine unterschiedliche Entscheidung - je nachdem ob es sich um einen Fehler oder eine sonstige Eigenschaft der Kaufsache handelt - hat der Senat mit der Begründung abgelehnt, dies widerspräche dem System der Gewährleistungshaftung in den §§ 459ff. . BGB, würde dem vom Gesetzgeber mit der kurzen Verjährung verfolgten Zweck nicht gerecht und führe zu miteinander unvereinbaren Ergebnissen. Das gelte jedenfalls für solche der Kaufsache anhaftenden oder ihr fehlenden Eigenschaften, von denen ihre Verwendungsfähigkeit für den nach dem Vertrag  vorausgesetzten Zweck abhänge. Da die Haftung für Mängel gem. § 477 BGB in sechs Monaten verjähre, solle auch die Haftung aus einer Nebenpflichtverletzung, die sich auf einen Mangel der Kaufsache beziehe, derselben Verjährungsfrist unterliegen. Derselbe "Gleichlauf" der Verjährungsfrist müsse dann aber auch bei der Haftung für das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft und für die Nichtangabe einer Eigenschaft durchgeführt werden. Denn die Haftung für Mängel (§§ 459, 462, 465 BGB) und für zugesicherte Eigenschaften (§ 463 BGB) werde hinsichtlich der Frage der Verjährung vom Gesetz gleich behandelt (BGHZ 88, 130 (137) = NJW 1983, 2697 = LM § 477 BGB Nr. 39).
Fehlt hingegen bei einem unselbständigen Beratungsvertrag ein derartiger Bezug zu einer Eigenschaft der Sache, so greift die Verjährungsvorschrift des § 477 BGB nach ihrem Grundgedanken nicht ein. Für die Ansprüche des Käufers aus der Verletzung der Beratungspflicht gilt in diesem Falle die 30jährige Verjährungsfrist (Senat, NJW 1985, 2472 = LM § 459 BGB Nr. 78 = WM 1985, 1167 unter II 1).
Wird der Käufer im Rahmen eines selbständigen Vertragsverhältnisses beraten, so stellt diese Vereinbarung (§§ 305, 676 BGB) eine eigene, vom Kaufrecht losgelöste Rechtsgrundlage für seine Schadensersatzansprüche dar; infolgedessen scheidet die Gefahr eines Wertungswiderspruchs innerhalb der kaufrechtlichen Beziehungen von vornherein aus. Die Schadensersatzansprüche des Käufers unterliegen daher der Verjährungsfrist des § 195 BGB, und zwar auch dann, wenn eine Eigenschaft der Kaufsache Gegenstand der Beratung ist (Senat, NJW-RR 1990, 1301 = LM § 195 BGB Nr. 31 unter II 2b; BGH, NJW-RR 1992, 1011 = WM 1992, 1246).

b) Dies alles hat das BerGer. nicht verkannt. Es hat jedoch gemeint, bei einer Beratung des Käufers durch den Verkäufer komme stets nur eine unselbständige nebenvertragliche Verpflichtung des Verkäufers in Betracht. Das trifft zwar in aller Regel, aber nicht ausnahmslos zu. Bei einer Beratung durch den Verkäufer über Eigenschaften der Kaufsache ist die Annahme eines selbständigen Beratungsvertrages zwischen Verkäufer und Käufer nicht für alle denkbaren Fallgestaltungen ausgeschlossen. Entscheidend sind auch hier die Umstände des Einzelfalles. Dies hat das BerGer. nicht berücksichtigt.
In seinem Urteil vom 25. 3. 1958 (NJW 1958, 866  = LM § 459 Abs. 1 BGB Nr. 5) hat sich der Senat mit einem dem vorliegenden Fall vergleichbaren Sachverhalt befaßt und ausgeführt, trete der Verkäufer während der Kaufverhandlungen als Fachmann und Vertrauensperson auf, stelle sich sein Rat oder seine Empfehlung entweder als Verpflichtung aus einem selbständigen Beratungsvertrag oder bei einer Einheit des Geschäfts als Nebenleistung zum Kaufvertrag dar. Diese Grundsätze hat der Senat in späteren Entscheidungen wiederholt bestätigt und dabei ausdrücklich hervorgehoben, daß die rechtliche Einordnung in dem einen oder anderen Sinne - selbständige Beratung oder Nebenleistung im Rahmen des Kaufvertrages - im Einzelfall von den konkreten Umständen abhänge (NJW 1985, 2472 = LM § 459 BGB Nr. 78 unter I 1; vgl. NJW 1984, 2938 = LM § 477 BGB Nr. 41 = WM 1984, 1092 unter II 2c). Für den Regelfall trifft allerdings die Auffassung des BerGer. zu, daß die Annahme eines selbständigen Beratungsvertrages im Verhältnis Verkäufer/Käufer ausscheidet, weil die beratende Tätigkeit des Verkäufers als Teil seiner Absatzbemühungen anzusehen ist.
c) Ist nach diesen Grundsätzen auch in der Beziehung zwischen Käufer und Verkäufer - ausnahmsweise - ein selbständiger, neben dem Kaufvertrag stehender Beratungsvertrag denkbar, so bedarf es für seine Bejahung besonderer und außergewöhnlicher Umstände; denn nur wenn die Beratung des Verkäufers eindeutig über das hinausgeht, was im allgemeinen seitens des Verkäufers für die sachgemäße Anwendung oder den Einsatz des Kaufgegenstandes in beratender oder empfehlender Weise, auch in Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung, geleistet wird, kann es gerechtfertigt sein, zwischen Käufer und Verkäufer eine besondere, selbständig neben dem Kaufvertrag stehende Rechtsbeziehung anzunehmen. Insbesondere darf die Gefahr einer Aushöhlung der Vorschriften über die kaufrechtliche Gewährleistung und einer Verfehlung des ihnen zugrundeliegenden Zwecks nicht übersehen werden, soll es nicht zu den genannten Wertungswidersprüchen zwischen kaufrechtlicher und allgemeiner Vertragshaftung kommen. In den Fällen, in denen sich die Beratung auf die Eigenschaften des Kaufgegenstandes bezieht, wird die Annahme eines selbständigen Beratungsvertrages daher in aller Regel nicht in Betracht kommen. Dort ist an eine, etwa durch die Ausdehnung der Verjährungsfrist, verschärfte Haftung des Verkäufers nur dann zu denken, wenn sich seine beratende Tätigkeit nach Inhalt, Umfang, Intensität und Bedeutung für den Käufer so sehr verselbständigt hat, daß sie gewissermaßen als andersartige, auf eigener rechtlicher und tatsächlicher Grundlage beruhende Aufgabe des Verkäufers erscheint und als vertragliche Verpflichtung eigener Art neben dem Kaufvertrag steht. Liegen diese besonderen Voraussetzungen vor, tritt die Beratung als gleichwertige, wenn auch unter Umständen unentgeltliche oder jedenfalls  nicht besonders vergütete Leistung des Verkäufers neben die Pflicht zur Übergabe der Kaufsache und zur Eigentumsverschaffung (§ 433 I 1 BGB). In einem solchen Fall ist es nicht einzusehen, daß es dem Verkäufer gestattet sein soll, sich auf die kurze Verjährungsfrist des § 477 I BGB zu berufen, während der Hersteller bei gleicher Sachlage 30 Jahre für jeden Beratungsfehler einzustehen hätte.
d) Das Vorliegen eines solchen selbständigen Beratungsvertrages kann nach den bisherigen Feststellungen des BerGer. und dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden weiteren Vorbringen der Bekl. nicht von vornherein verneint werden. Die Bekl. hatte die Kl. bereits zu einer Zeit, als sie die benötigten Lacke noch von einer anderen Herstellerin bezog, um umfassende Beratung für eine dauerhafte, witterungsbeständige Beschichtung der aus Irokoholz gefertigten Zaunelemente ersucht. Dabei stand zunächst die Konstruktion einer Lackieranlage im Vordergrund, mithin eine Beratung, die eine unternehmerische Entscheidung von erheblicher finanzieller Tragweite betraf und mit dem beabsichtigten Kauf nur mittelbar zusammenhing. In der Folgezeit hat die Kl. zur Information der Bekl. über einen langen Zeitraum hinweg ihr spezielles Fachpersonal und ihr Anwendungstechnisches Zentrum eingesetzt, praktische Versuche durchgeführt und ins einzelne gehende Verarbeitungshinweise gegeben. Die Abhängigkeit der Bekl. von diesen Empfehlungen und die überragende Bedeutung der Beratung für sie waren der Kl. bekannt. Überdies hatte die Bekl. nach ihrem - vom BerGer. nicht hinreichend gewürdigten - Vorbringen in den Tatsacheninstanzen bereits 1988 die Kl. auf Probleme hingewiesen, die bei der Beschichtung von Irokoholz mit den Erzeugnissen der Konkurrenzfirma R aufgetreten waren. Besonderes Gewicht könnte der fachkundigen Beratung auch deshalb zugekommen sein, weil etwaige Mängel der Beschichtung - von der Rufschädigung der Bekl. abgesehen - erkennbar Schadensersatz- und Gewährleistungsansprüche der Kunden nach sich ziehen mußten, die den Wert der gekauften Lacke um ein Vielfaches überstiegen.
3. Aufgrund eines zwischen den Parteien zustande gekommenen selbständigen Beratungsvertrages wäre die Kl. verpflichtet gewesen, die Bekl. umfassend und vollständig über alle mit der Beschichtung von Irokoholz verbundenen Risiken und über geeignete Gegenmaßnahmen aufzuklären. Das BerGer. hat sich - aus seiner Sicht folgerichtig - mit dieser Frage nicht näher befaßt. Für das Revisionsverfahren ist deshalb davon auszugehen, daß die Kl. ihre Beratungspflicht verletzt hat und der Bekl. mithin jedenfalls dem Grunde nach unter dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung zum Schadensersatz verpflichtet ist. Hierzu hat die Bekl. vorgetragen, nach der ihr erteilten Auskunft des von der Kl. eingeschalteten Sachverständigen Dr. B sei es aufgrund einer Veröffentlichung in der Fachliteratur bereits seit 30 Jahren bekannt, daß Irokoholz sich nur "problematisch" lakieren lasse und ein Teil der Inhaltsstoffe des Holzes die restlose Aushärtung des Anstrichfilms verhindere. Acrylfarben dürften bestimmte Inhaltsstoffe nicht enthalten oder müßten durch einen Isolierabsperrgrund geschützt sein. Ähnlich äußerte sich der von der Bekl. hinzugezogene Sachverständige Dr. T, der gleichfalls unter Bezugnahme auf eine Veröffentlichung aus dem Jahre 1972 auf die Notwendigkeit einer aufwendigen Oberflächenvorbehandlung hinwies und das von der Kl. empfohlene Beschichtungsverfahren als "untauglich" bezeichnete. Über diese Erkenntnisse hätte auch die Kl. verfügen müssen, und sie hätten bei der Beratung der Bekl. nicht unberücksichtigt bleiben dürfen. Das Unterlassen entsprechender Hinweise wäre jedenfalls fahrlässig (§ 276 BGB).
III. Die Sache ist nach Aufhebung des Berufungsurteils an das BerGer. zur Überprüfung der Frage zurückzuverweisen, ob aufgrund der bisherigen und etwa noch zu treffender weiterer Feststellungen ausnahmsweise ein selbständiger Beratungsvertrag zwischen den Parteien anzunehmen ist und die Kl. die ihr hieraus erwachsenen Pflichten verletzt hat. Sollte das BerGer. (erneut) zu dem Ergebnis gelangen, die Kl. habe gegen Pflichten aus einem unselbständigen Beratungsvertrag verstoßen, wird die Bekl. Gelegenheit haben, ihre mit der Revision vorgebrachte Rüge zu wiederholen, die Verletzung der Beratungspflicht seitens der Kl. beziehe sich hier nicht auf Mängel der gelieferten Lacke oder auf andere deren Verwendungsfähigkeit beeinflussende Eigenschaften, so daß auch bei einem unselbständigen Beratungsvertrag die 30-jährige Verjährungsfrist eingreife.
Für den Fall, daß die Ansprüche der Bekl. nach § 477 I BGB verjährt sind, weist der Senat vorsorglich darauf hin, daß die Auffassung des BerGer., der Bekl. sei der Aufrechnungseinwand nach §§ 479, 478 BGB abgeschnitten, nicht zu beanstanden ist. Das von der Revision in diesem Zusammenhang herangezogene Senatsurteil vom 22. 2. 1961 (NJW 1961, 1254 = LM § 633 BGB Nr. 6 unter III 2) hilft ihr nicht weiter. Es betraf die Aufrechnung einer Käuferin mit Schadensersatzansprüchen wegen Fehlern der gekauften Planierraupe gegen die Werklohnforderungen der Verkäuferin, die durch Reparaturmaßnahmen zur Beseitigung der Mängel entstanden waren. Im Hinblick auf diese besonderen Umstände hat der Senat die Aufrechnung ausnahmsweise für zulässig gehalten, weil der Gegenanspruch der Verkäuferin solchen Geschäften entstammte, die sowohl wirtschaftlich als auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben dem Kaufgeschäft noch zuzurechnen waren und ihm zeitlich unmittelbar nachfolgten. Ein derartiger enger Zusammenhang kann hier nicht angenommen werden; denn die Schadensersatzforderungen der Bekl. beruhen ausschließlich auf vor dem 21. 6. 1991 verursachten Schadensfällen, während der Kaufpreisanspruch der Kl. nur die nach diesem Zeitpunkt erfolgten Lieferungen betrifft. Für diesen Zeitraum scheidet indessen wegen der Kenntnis von dem Verarbeitungsrisiko, das die Bekl. an jenem Tag durch die Auskunft des Sachverständigen Dr. B erlangt hatte, sowohl  unter kaufrechtlichen (§ 460 BGB) als auch unter allgemeinen schuldrechtlichen Gesichtspunkten (§ 254 BGB) eine Haftung der Kl. aus. Das wird auch von der Revision nicht in Zweifel gezogen. Dann aber verbleibt zwischen den einzelnen Kaufverträgen, auch wenn sie aufgrund einer einheitlichen Rahmenvereinbarung abgeschlossen wurden, nur ein solcher zeitlicher und sachlicher Zusammenhang, wie er auch sonst bei länger andauernden Lieferbeziehungen zwischen Verkäufer und Käufer besteht. Eine Ausdehnung der Aufrechnungsmöglichkeit des Käufers über die in §§ 479, 478 BGB festgelegten Grenzen hinaus ist nach dem Grundsatz von Treu und Glauben hier nicht geboten (ebenso BGHZ 88, 130 (142ff.) = NJW 1983, 2697 = LM § 477 BGB Nr. 39).



<- Zurück mit dem "Back"-Button Ihres Browsers!