Konkludenter Vertragsschluss aufgrund einer Realofferte, sozialtypisches Verhalten


BGH, Urteil vom 26. Januar 2005 - VIII ZR 66/04 - OLG Celle


Fundstelle:

noch nicht bekannt


Amtl. Leitsatz:

a) Ein konkludenter Abschluss eines Energielieferungsvertrages durch Entnahme des von dem Netzbetreiber zur Verfügung gestellten Stroms kommt grundsätzlich nicht in Betracht, wenn der Abnehmer einen Stromlieferungsvertrag mit einem Dritten geschlossen hat und weder weiß noch wissen muss, dass der Dritte ihn nicht mehr mit Energie beliefert.
b) Der zur Versorgung von Letztverbrauchern nach § 10 EnWG verpflichtete Netzbetreiber hat in diesem Fall Anspruch auf Vergütung des entnommenen Stroms nach seinem Allgemeinen Tarif unter dem Gesichtspunkt der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag.
c) Er ist nach § 681 Satz 1 BGB verpflichtet, dem Abnehmer die Aufnahme der Stromlieferung für eigene Rechnung anzuzeigen, sobald dies tunlich ist; verletzt er diese Anzeigepflicht, hat er dem Abnehmer den dadurch entstandenen Schaden zu ersetzen.


Zentrale Probleme:

S. dazu die Anm. zu BGH v. 2.7.2014 - VIII ZR 316/13 sowie zu BGH v. 22.7.2014 - VIII ZR 313/13.

©sl 2014


Tatbestand:

Die Klägerin ist ein Energieversorgungsunternehmen, das ein Stromleitungsnetz in H. betreibt; ihr obliegt die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern gemäß § 10 EnWG. Die Beklagte unterhält in einem von ihr geführten Seniorenzentrum in H. eine Abnahmestelle für Strom. Sie wurde zunächst aufgrund eines langjährigen Elektrizitätsversorgungsvertrags von der Klägerin über deren Netz mit Strom versorgt. Nachdem die Beklagte diesen Vertrag gekündigt hatte, schloß sie mit Wirkung ab 30. März 2000 einen Energielieferungsvertrag mit der Firma E. AG (im folgenden: E. ). Zu diesem Zweck schloß die E. mit der Klägerin eine "Kooperationsvereinbarung zur Versorgung mit elektrischer Energie". Auf dieser Grundlage erfolgte die Stromlieferung an die Beklagte im Rahmen der sogenannten Beistellung; die Klägerin verkaufte der E. Strom und stellte diesen der Beklagten als Endkundin für Rechnung der E. über ihr Versorgungsnetz an der Abnahmestelle zur Verfügung.

Mit Schreiben vom 12. November 2001, das der E. am 14. November 2001 zuging, kündigte die Klägerin die Kooperationsvereinbarung wegen Zahlungsverzugs der E. fristlos. Die Beklagte, die hiervon zunächst keine Kenntnis hatte, bezog weiterhin Strom aus dem Netz der Klägerin. Am 28. November 2001 unterrichtete die Klägerin die Beklagte telefonisch über die Kündigung der mit der E. geschlossenen Kooperationsvereinbarung sowie darüber, daß nunmehr sie die Beklagte mit Strom beliefere, und kündigte die Übersendung eines eigenen Vertragsangebots an. Die Beklagte erhielt auf Nachfrage bei der E. von einem Mitarbeiter die Auskunft, daß die Klägerin mit der E. noch in Vertragsverhandlungen stehe - was nicht zutraf - und ihr Energieversorger weiterhin die E. sei. Die Klägerin übersandte der Beklagten am 12. Dezember 2001 ein Vertragsangebot, das gegenüber ihrem Allgemeinen Stromtarif einen günstigeren Arbeitspreis enthielt, und am 13. Dezember 2001 eine "Vertragsbestätigung", die auf die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Elektrizität (AVBEltV) verweist und in der unter der Bezeichnung "Anfangswert" der 13. November 2001 angegeben ist. Die Beklagte wies mit Schreiben vom 19. Dezember 2001 die Auftragsbestätigung vom 13. Dezember 2001 zurück und erklärte, ihr Energieversorger sei weiterhin die E. . In der Folgezeit versuchte die Beklagte vergeblich, von der E. Aufklärung darüber zu erlangen, ob der von ihr bezogene Strom noch von der E. geliefert werde.

Am 28. März 2002 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der E. eröffnet. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die E. aufgrund einer - nicht widerrufenen - Einzugsermächtigung Abschlagszahlungen in Höhe von jeweils 1.834,57 DM beziehungsweise 938 € vom Konto der Beklagten abgebucht, und zwar für die Monate November 2001 (Abbuchung vom 12. Oktober 2001), Dezember 2001 (28. November 2001) und Januar bis März 2002 (21. Dezember 2001, 28. Dezember 2001 und 27. Februar 2002), insgesamt mithin 4.690 €. Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 18. April 2002 den mit der E. geschlossenen Energielieferungsvertrag fristlos. Das Vertragsangebot der Klägerin vom 13. Dezember 2001 nahm sie am 4. Juli 2002 rückwirkend zum 1. April
2002 an.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin von der Beklagten Zahlung in Höhe von 6.272,30 € nebst Zinsen für Stromlieferungen im Zeitraum vom 13. November 2001 bis zum 31. März 2002 nach ihrem Allgemeinen Tarif verlangt. Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich Ansprüchen der Klägerin wegen Stromlieferungen seit dem 1. Dezember 2001 in Höhe von 5.553,51 € nebst Zinsen stattgegeben und die Klage im übrigen abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat auf die gegen die klageabweisende Entscheidung gerichtete Berufung der Klägerin der Klage in vollem Umfang stattgegeben und die Berufung der Beklagten, die sich gegen ihre Verurteilung richtet, zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Der Klägerin stehe ein vertraglicher Anspruch auf Bezahlung des Stroms zu, den sie der Beklagten nach der Kündigung der mit der E. geschlossenen Kooperationsvereinbarung bis zum 31. März 2002 geliefert habe. Die Parteien hätten für diesen Zeitraum einen Stromlieferungsvertrag durch sozialtypisches Verhalten (Stromentnahme) geschlossen. Die Klägerin habe der Beklagten den Strom nach Kündigung der Kooperationsvereinbarung nicht mehr für Rechnung der E. im Rahmen der "Beistellung" zur Verfügung gestellt, sondern der Beklagten mit der Lieferung von Strom im Rahmen der Notversorgung nach § 10 Abs. 1 EnWG ein Angebot zum Abschluß eines Liefervertrages in Form einer Realofferte gemacht. Dem Zugang dieses Angebots stehe nicht entgegen, daß für die Beklagte - zumindest im Vorfeld der zwischen den Mitarbeitern der Parteien geführten Telefongespräche - die Bedeutung der Stromlieferung als Realofferte nicht erkennbar gewesen sei. Der Begriff des Zugangs sei räumlich zu verstehen; er setze nicht die richtige inhaltliche Bewertung als Willenserklärung (Angebot) voraus.

Die Beklagte habe die Realofferte der Klägerin durch die Inanspruchnahme beziehungsweise den Verbrauch des von dieser gelieferten Stroms angenommen. Zwar habe sie zunächst kein auf die Annahme gerichtetes Erklärungsbewußtsein gehabt und hätte dies auch nicht haben müssen; auch könne auf das Vorliegen eines Erklärungsbewußtseins grundsätzlich nur verzichtet werden, wenn der Erklärende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, daß seine Äußerung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als Willenserklärung aufgefaßt werden durfte und wenn der Empfänger sie auch tatsächlich so verstanden habe. Dieser allgemeine Grundsatz gelte jedoch, unter Berücksichtigung des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 10. Oktober 1991 (BGHZ 115, 311), nicht für Realofferten und deren Annahme im Bereich der Massenleistungen der modernen Daseinsvorsorge. Es genüge, wenn in diesen Fällen der Kunde wisse, daß er eine entgeltliche Leistung in Anspruch nehme, die er zu bezahlen habe, wobei es nicht darauf ankomme, ob der Kunde Kenntnis davon habe oder haben könne, wer sein "neuer" Vertragspartner sei. Der Kunde werde in seinen Interessen ausreichend dadurch geschützt, daß das Versorgungsunternehmen die vertragliche Nebenpflicht treffe, den Kunden unverzüglich darüber zu informieren, wer nunmehr Stromlieferant sei; eine Verletzung dieser Aufklärungspflicht könne Ansprüche auf Schadensersatz auslösen.

Ein solcher Schadensersatzanspruch stehe der Beklagten gegenüber der Klägerin nicht zu. Die Klägerin sei ihrer Verpflichtung am 28. November 2001 in ausreichendem Maße nachgekommen, indem sie die Verwaltungszentrale der Beklagten in H. über die erfolgte Kündigung und darüber, daß nunmehr sie die Beklagte mit Strom beliefere, unterrichtet habe. Zwar sei die Mitteilung der Klägerin nicht unverzüglich erfolgt; diese Pflichtverletzung sei jedoch für einen Schaden der Beklagten nicht ursächlich geworden, da nicht ersichtlich sei, daß eine frühere Mitteilung die Beklagte tatsächlich veranlaßt hätte, die Einzugsermächtigung zu widerrufen oder das Stromgeld gegebenenfalls zu hinterlegen. Denn die Beklagte habe es der E. bis zum 27. Februar 2002 ermöglicht, Abbuchungen vorzunehmen; Konsequenzen in Form der fristlosen Kündigung des Vertrags habe sie erst im April 2002 gezogen. Vor diesem Hintergrund sei festzustellen, daß eine frühere Information der Beklagten bereits Mitte November nichts an dem eingetretenen Schaden geändert hätte.

II.
Die Revision der Beklagten hat im Ergebnis keinen Erfolg, so daß sie zurückzuweisen ist. Zwar kann dem Berufungsgericht nicht dahin gefolgt werden, daß der Klägerin für den gesamten Zeitraum vom 13. November 2001 bis zum 31. März 2002 ein vertraglicher Anspruch auf das begehrte Lieferentgelt zusteht; ein vertraglicher Anspruch ist erst für die Zeit ab 28. November 2001 begründet. Da sich eine Forderung der Klägerin auf Vergütung für den vom 13. November 2001 bis 28. November 2001 von der Beklagten entnommenen Strom jedoch aus dem Gesichtspunkt der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag ergibt (§§ 683 Satz 1, 677, 670 BGB) und das Berufungsgericht zu Recht den der gesamten Klageforderung gegenüber geltend gemachten Schadensersatzanspruch der Beklagten wegen Verletzung einer der Klägerin obliegenden Informationspflicht verneint hat, stellt sich die Entscheidung im Ergebnis in vollem Umfang als richtig dar (vgl. § 561 ZPO).

1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist nicht schon unmittelbar im Anschluß an die Kündigung des zwischen der Klägerin und der E. geschlossenen Kooperationsvertrags konkludent ein Energielieferungsvertrag durch Bereitstellung von Strom seitens der Klägerin und dessen Entnahme durch die Beklagte zustande gekommen.

a) Insoweit nicht zu beanstanden ist die tatsächliche Feststellung des Berufungsgerichts, der nach dem 14. November 2001 - dem Tag des Zugangs der Kündigungserklärung bei der E. - an die Beklagte gelieferte Strom stamme von der Klägerin. Insbesondere hat es entgegen der Auffassung der Revision nicht unter Verstoß gegen § 286 ZPO übersehen, daß die Beklagte dieses Vorbringen der Klägerin bestritten hat. Dies folgt bereits daraus, daß das Berufungsgericht den Vortrag der Klägerin, es habe sich um "ihren Strom" gehandelt, im Tatbestand des angefochtenen Urteils als streitiges Parteivorbringen wiedergegeben hat. In den Entscheidungsgründen führt das Berufungsgericht hierzu aus, daß die Klägerin der Beklagten den Strom nach Kündigung der Kooperationsvereinbarung nicht mehr im Rahmen der "Beistellung" für Rechnung der E. zur Verfügung gestellt, sondern der Beklagten den Strom im Rahmen der Notversorgung nach § 10 Abs. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) geliefert habe. Damit hat das Berufungsgericht aus dem - insoweit unstreitigen -Vorbringen der Klägerin, daß sie aufgrund der Kooperationsvereinbarung zunächst Strom für Rechnung ihres Vertragspartners E. im Wege der sogenannten Beistellung als Netzbetreiberin bereitgestellt hat, sie diese Vereinbarung gekündigt hat, die Beklagte aber weiterhin unverändert dem Netz Strom entnommen hat, den Schluß gezogen, daß die Klägerin im Anschluß an die Kündigung nunmehr ihren Strom der Beklagten für eigene Rechnung zur Verfügung stellte.
Da die Revision demgegenüber keinen Sachvortrag aufzuzeigen vermag, aus welchen sonstigen Quellen außer dem Netz der Klägerin - die schon zuvor bis zur Kündigung seitens der Beklagten die Stromlieferung vorgenommen hatte - der verbrauchte Strom herrühren soll, ist diese Schlußfolgerung aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Daß die Beklagte seit der Beendigung der Belieferung durch die E. von einem dritten Unternehmen mit Strom beliefert worden ist, hat sie weder vorgetragen noch ist dies ersichtlich.

b) Für das Zustandekommen eines Stromlieferungsvertrages zwischen den Parteien fehlte es jedoch - auch auf der Grundlage der Lehre vom Vertragsschluß durch sozialtypisches Verhalten - an den für einen Vertragsschluß erforderlichen Willenserklärungen, solange die Beklagte keine Kenntnis von der Kündigung der Kooperationsvereinbarung hatte und nicht wußte, daß die Klägerin sie für eigene Rechnung belieferte.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Senatsurteile vom 17. März 2004 - VIII ZR 95/03, NJW-RR 2004, 928, unter II 2 a, und vom 30. April 2003 - VIII ZR 279/02, NJW 2003, 3131 = WM 2003, 1730, unter II 1 a m.w.Nachw.) ist grundsätzlich in dem Leistungsangebot des Versorgungsunternehmens ein Vertragsangebot in Form einer sogenannten Realofferte zum Abschluß eines Versorgungsvertrages zu sehen, das von demjenigen konkludent angenommen wird, der dem Leitungsnetz des Versorgungsunternehmens Elektrizität entnimmt; eine Erklärung, er wolle mit dem Unternehmen keinen Vertrag schließen, ist unbeachtlich, da sie in Widerspruch zu seinem eigenen tatsächlichen Verhalten steht. Dieser Rechtsgrundsatz, an den § 2 Abs. 2 AVBEltV anknüpft, berücksichtigt die normierende Kraft der Verkehrssitte, die dem sozialtypischen Verhalten der Annahme der Versorgungsleistungen den Gehalt einer echten Willenserklärung zumißt (BGH, Urteil vom 16. Dezember 1964 - VIII ZR 51/63, NJW 1965, 387, unter II 2 a; BGHZ 95, 393, 399). Aus der Sicht des Kunden stellt sich typischerweise die Vorhaltung der Energie und die Möglichkeit der Energieentnahme an den ordnungsgemäßen Entnahmevorrichtungen des Energieversorgungsunternehmens nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte als Leistungsangebot und damit als Vertragsangebot dar (Hempel in: Ludwig/Odenthal/Hempel/ Franke, Recht der Elektrizitäts-, Gas- und Wasserversorgung, AVBEltV § 2 Rdnr. 92). Die Inanspruchnahme der angebotenen Leistungen beinhaltet - auch bei entgegenstehenden ausdrücklichen Äußerungen - die schlüssig erklärte Annahme dieses Angebots (Hempel, aaO, Rdnr. 93 f.), weil der Abnehmer weiß, daß die Lieferung nur gegen eine Gegenleistung erbracht zu werden pflegt (vgl. Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 9. Aufl., § 28 Rdnr. 39 f.; Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Zweiter Band, 3. Aufl., § 8, 2).

bb) Die vorgenannten Grundsätze gelten jedoch nicht uneingeschränkt, wenn das Versorgungsunternehmen oder der Abnehmer zuvor mit einem Dritten eine Stromliefervereinbarung geschlossen hat. Der Senat hat bereits ausgesprochen, daß die Voraussetzungen für einen konkludenten Vertragsschluß fehlen, wenn ein Vertragsverhältnis zwischen dem Versorgungsunternehmen und einem Dritten besteht, aufgrund dessen die Energielieferungen erbracht werden (Senatsurteil vom 17. April 2004, aaO). Nichts anderes gilt in dem hier zu entscheidenden Fall, daß der Abnehmer einen Stromlieferungsvertrag mit einem anderen Energieversorger geschlossen hat und nicht weiß, daß dieser ihn nicht (mehr) beliefert (ebenso de Wyl/Essig/Holtmeier in: Schneider/Theobald, Handbuch zum Recht der Energiewirtschaft, § 10 Rdnr. 202 f., 208).

(1) Ob ein schlüssiges Verhalten als Willenserklärung zu werten ist, ist eine Frage der Auslegung (BGHZ 149, 129, 134). Dabei hat im Falle der Divergenz eine - dem Erklärenden zurechenbare - objektive Bedeutung des Verhaltens aus der Sicht des Erklärungsgegners Vorrang vor dem subjektiven Willen des Erklärenden (vgl. für den Fall fehlenden Erklärungsbewußtseins BGHZ 91, 324, 329 ff.; 109, 171, 177). Es mag sein, daß die Klägerin der Beklagten mit der weiteren Stromlieferung nach Kündigung des Beistellungsvertrages gegenüber der E. ein eigenes Angebot auf Abschluß eines Energielieferungsvertrages unterbreiten wollte. Dies war jedoch für einen Stromkunden in der Situation der Beklagten nicht zu erkennen. Die Beklagte hatte einen Stromlieferungsvertrag mit der E. geschlossen, der aus ihrer Sicht fortbestand und ungestört erfüllt wurde. Es bestand für sie - auch bei Anlegung eines objektiven Maßstabs - keine Veranlassung, die fortdauernde Stromlieferung anders denn als Erfüllung des Vertrages mit der E. zu verstehen. Daß darin nunmehr ein eigenes Vertragsangebot der Klägerin liegen sollte, war nicht ersichtlich. Deshalb fehlte es an einem entsprechenden objektiven Erklärungswert des Verhaltens der Klägerin, solange die Beklagte von keiner Seite darüber informiert worden war, daß der Beistellungsvertrag zwischen der Klägerin und der E. gekündigt worden war und die Klägerin nunmehr eine eigene Leistung gegenüber der Beklagten erbrachte.

Ebensowenig durfte die Klägerin vor diesem Zeitpunkt die Entnahme von Strom durch die Beklagte, die dabei kein Erklärungsbewußtsein hatte, als Annahme eines von ihr abgegebenen Angebotes verstehen. Sie wußte, daß sie die Beklagte nicht von der Kündigung des Beistellungsvertrags mit der E. und darüber unterrichtet hatte, daß sie nunmehr selbst Vertragspartnerin der Beklagten werden wollte. Sie konnte auch nicht ohne weiteres davon ausgehen, daß eine entsprechende Information der Beklagten durch die E. erfolgt war. Das Verhalten der Beklagten hatte deshalb aus der Sicht der Klägerin - sozialtypisch - nicht den Inhalt, daß die Beklagte die Stromlieferung als entgeltliche Leistung der Klägerin in Anspruch nehmen und damit einen - weiteren - Energielieferungsvertrag schließen wollte.

Dem Verhalten der Parteien kam danach wegen des bestehenden und beiden bekannten Stromlieferungsvertrags der Beklagten mit der E. auch und gerade mit Rücksicht auf die Verkehrssitte nicht ein auf Abschluß eines neuen Stromlieferungsvertrages gerichteter Erklärungswert zu. Ein Vertragsschluß scheitert deshalb daran, daß entsprechende Willenserklärungen (aus der maßgeblichen objektiven Sicht des jeweiligen Empfängers) nicht abgegeben worden sind; auf die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage des - vorrangig das Risiko der Übermittlung und des Verlustes einer abgegebenen Willenserklärung regelnden - Zugangs (vgl. MünchKommBGB/Einsele, 4. Aufl., § 130 Rdnr. 16, 32) der Erklärungen kommt es insoweit nicht an.

(2) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts läßt sich eine andere Bewertung auch nicht aus der Entscheidung des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 10. Oktober 1991 (BGHZ 115, 311) herleiten. Danach ist bei einem Übergang der Abwasserbeseitigung von einer Gemeinde auf einen Zweckverband Vertragspartner des Benutzers der Abwasserbeseitigungsanlage grundsätzlich derjenige, der die Anlage betreibt, auch wenn der Benutzer von dem Wechsel des Betreibers keine Kenntnis erlangt hat. Bei einer solchen Fallgestaltung ist für den Benutzer eindeutig, daß die Abwasserbeseitigung nur von dem jeweiligen Betreiber der Anlage vorgenommen werden kann; dessen konkrete Person ist für ihn im Regelfall belanglos. Denn auch bei einem Wechsel des Anlagenbetreibers ist er nicht der Gefahr ausgesetzt, von verschiedenen Betreibern mit Ansprüchen konfrontiert zu werden, weil der Übergang im Verhältnis zwischen dem neuen und dem alten Anlagenbetreiber nur einvernehmlich erfolgen kann. Unter Berücksichtigung der Verkehrssitte schließt der Benutzer deshalb grundsätzlich einen Nutzungsvertrag mit dem jeweiligen Anlagenbetreiber als "dem, den es angeht".

Kommen dagegen - wie hier - als Lieferanten und Vertragspartner auch andere Personen als der jeweilige Netzbetreiber in Betracht mit der Folge, daß unter ihnen Konkurrenz besteht, gewinnt die Identität des Lieferanten und Vertragspartners für den Abnehmer entscheidende Bedeutung. Er hat ein Interesse daran, zum einen seinen Vertragspartner unter den verschiedenen Anbietern auszuwählen und zum andern das Entstehen gleichzeitiger vertraglicher Bindungen an verschiedene Lieferanten zu verhindern. Der Strombezug als solcher kann deshalb in diesem Fall nicht als Erklärung des Inhalts gewertet werden, der Abnehmer wolle in jedem Fall (auch) mit dem tatsächlichen Stromlieferanten kontrahieren, solange er nicht weiß und nicht wissen muß, daß sein ausdrücklich gewählter Vertragspartner die Lieferung eingestellt hat.

2. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht dagegen für die Zeit nach dem 28. November 2001, dem Zeitpunkt, zu dem die Beklagte über die Kündigung des Beistellungsvertrages und die Belieferung durch die Klägerin informiert worden ist, einen vertraglichen Zahlungsanspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten angenommen. Von diesem Zeitpunkt an mußte die Beklagte die weitere Stromlieferung als eigenes Vertragsangebot der Klägerin werten und zugleich davon ausgehen, daß diese die fortdauernde Abnahme nach der Verkehrssitte als konkludente Annahme ihres Angebots verstand (vgl. de Wyl/Essig/Holtmeier, aaO, Rdnr. 205, 208), mit der Folge, daß ein Energielieferungsvertrag zwischen den Parteien zustande gekommen ist. Die ausdrückliche Zurückweisung der von der Klägerin übersandten Vertragsbestätigung vom 13. Dezember 2001 durch die Beklagte am 19. Dezember 2001 ändert daran nichts, weil sich die Beklagte damit in Widerspruch zu ihrem tatsächlichen Verhalten, dem weiteren Strombezug, setzte (vgl. Hempel, aaO, § 2 AVBEltV Rdnr. 49). Daß sie trotz des entgegenstehenden Hinweises der Klägerin fälschlicherweise weiterhin die E. für ihre Lieferantin hielt, war ihr eigenes Risiko, das einen Vertragsschluß der Parteien nicht hinderte.

Die Höhe des vertraglichen Anspruchs der Klägerin für die Zeit zwischen dem 28. November 2001 und dem 31. März 2002 bestimmt sich nach ihrem nach Maßgabe der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden und der Bundestarifordnung Elektrizität angebotenen Allgemeinen Tarif. Daß die Klageforderung danach insgesamt und somit auch für den Vertragszeitraum zutreffend berechnet ist, wird von der Revision nicht in Zweifel gezogen.

3. Für die Zeit zwischen der Kündigung des Beistellungsvertrags mit der E. durch die Klägerin und der Information der Beklagten darüber am 28. November 2001 ergibt sich auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ein Anspruch der Klägerin auf Vergütung der Stromlieferung an die Beklagte nach ihrem Allgemeinen Tarif aus §§ 677, 683 Satz 1, 670 BGB.

a) Die Klägerin hat mit der ununterbrochenen Fortsetzung der Stromlieferung objektiv ein Geschäft für die Beklagte geführt (§ 677 BGB). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (zuletzt Urteil vom 21. Oktober 2003 - X ZR 66/01, NJW-RR 2004, 81 = WM 2004, 1397, unter III 2 a aa m.w.Nachw.) kann eine Geschäftsbesorgung für einen anderen auch vorliegen, wenn der Geschäftsführer ein Geschäft nicht nur als eigenes, sondern auch als fremdes führt, d.h. in dem Bewußtsein und mit dem Willen, zumindest auch im Interesse eines anderen zu handeln. In diesem Zusammenhang ist zwischen objektiv und subjektiv fremden Geschäften zu unterscheiden. Bei objektiv fremden Geschäften, die schon ihrem Inhalt nach in einen fremden Rechts- oder Interessenkreis eingreifen, wird regelmäßig ein ausreichender Fremdgeschäftsführungswille vermutet. Das gilt grundsätzlich auch für Geschäfte, die sowohl objektiv eigene als auch objektiv fremde sind. Dabei kann es genügen, daß das Geschäft seiner äußeren Erscheinung nach nicht nur dem Besorger, sondern auch einem Dritten zugute kommt (BGH, Urteil vom 21. Oktober 2003, aaO; Urteil vom 23. September 1999 - III ZR 322/98, NJW 2000, 72 = WM 1999, 2411, unter II 2 a, jeweils m.w.Nachw.).

So liegt der Fall hier. Objektiv war es Sache der Beklagten, sich nach Kündigung des Beistellungsvertrages der Klägerin mit der E. und der daraus folgenden Unmöglichkeit ihrer weiteren Belieferung durch die E. um einen anderen Energielieferanten zu kümmern. Dazu war sie nicht zuletzt deshalb gehalten, weil sie ihrerseits gegenüber den Nutzern des von ihr betriebenen Seniorenzentrums zur Bereitstellung von Strom verpflichtet war. Indem die Klägerin davon abgesehen hat, die Stromzufuhr nach Kündigung des Beistellungsvertrages bis zu einem ausdrücklichen Lieferantrag der Beklagten zu unterbrechen, und die Beklagte fortgesetzt mit Energie bedient hat, hat sie deshalb objektiv nicht nur ihre eigenen Lieferinteressen, sondern jedenfalls auch - mit Rücksicht auf ihre Anschluß- und Versorgungspflicht nach § 10 EnWG - das Versorgungsinteresse der Beklagten wahrgenommen (vgl. BGH, Beschluß vom 27. Mai 1998 - XII ZR 114/96, NZM 1998, 713). Ein entsprechender Fremdgeschäftsführungswille ist daher zu vermuten; Umstände, durch die diese Vermutung widerlegt werden könnte, sind nicht erkennbar.
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Der Fremdgeschäftsführung steht nicht entgegen, daß die Klägerin möglicherweise irrig davon ausging, es komme durch die Inanspruchnahme der von ihr weiterhin zur Verfügung gestellten Energie unmittelbar ein Vertragsverhältnis mit der Beklagten zustande. Denn der Umstand, daß sich der Geschäftsführer zur Leistung verpflichtet hat oder für verpflichtet hält, hindert nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 4. November 2004
- III ZR 172/03, ZIP 2004, 2324, unter II 3 b; Urteil vom 30. September 1993 - VII ZR 178/91, NJW 1993, 3196 = WM 1994, 74, unter II 2 a; Urteil vom 7. Januar 1971 - VII ZR 9/70, NJW 1971, 609, unter III 2 a, insoweit in BGHZ 55, 128 nicht abgedruckt; BGHZ 37, 258, 262 f.) einen Rückgriff auf die Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht.

b) Für die Geschäftsbesorgung durch die Klägerin fehlte es an einem Auftrag oder einer sonstigen Berechtigung. Eine solche ergibt sich insbesondere nicht aus § 10 EnWG. Nach dieser Vorschrift ist die Klägerin zwar verpflichtet, in dem Gemeindegebiet, in dem die Beklagte ansässig ist, jedermann an ihr Versorgungsnetz anzuschließen und zu versorgen. § 10 EnWG normiert jedoch keine Pflicht zum Leistungsaustausch schlechthin ohne vorher durch Vereinbarung geschaffene vertragliche Grundlage, sondern lediglich einen Kontrahierungszwang (Danner in: Danner/Theobald, Energierecht, § 10 EnWG Rdnr. 23, 35). Die Vorschrift macht den Abschluß individueller Versorgungsverträge durch übereinstimmende Willenserklärungen nicht entbehrlich, sondern verpflichtet den Netzbetreiber lediglich dazu, das Angebot des Letztverbrauchers auf Abschluß eines Anschluß- und Versorgungsvertrags zu den allgemeinen Bedingungen und Tarifen anzunehmen (Hempel, aaO, § 2 AVBEltV Rdnr. 11; Eckert/Tegethoff in: Tegethoff/Büdenbender/Klinger, § 2 AVBEltV/AVBGasV Rdnr. 3; Büdenbender, EnWG, § 10 Rdnr. 92). Ein solcher Antrag der Beklagten hat, wie ausgeführt, nicht vorgelegen.

c) Die Übernahme der Geschäftsführung durch die Klägerin entsprach dem Interesse und dem mutmaßlichen Willen der Beklagten (§ 683 Satz 1 BGB), weil diese als Betreiberin eines Seniorenzentrums zur Versorgung ihrer Nutzer mit Strom verpflichtet, also auf die ununterbrochene Energielieferung angewiesen war. Der geäußerte Wille der Beklagten widerspricht dieser Bewertung nicht. Sie hat zwar durch ihr Schreiben vom 19. Dezember 2001 die Vertragsbestätigung der Klägerin vom 13. Dezember 2001 zurückgewiesen und mitgeteilt, ihr Energieversorger sei weiterhin die E. . Damit hat sie jedoch nur vertragliche Beziehungen zur Klägerin abgelehnt; daß sie auch mit einer Notversorgung durch die Klägerin im Falle der Einstellung der Energielieferung durch die E. nicht einverstanden war, ergibt sich daraus nicht, zumal die Beklagte von April 2002 an erneut einen Liefervertrag mit der Klägerin geschlossen hat.
d) Die Klägerin hat demnach gemäß §§ 683 Satz 1, 670 BGB Anspruch auf Ersatz derjenigen Aufwendungen, die sie nach den Umständen für erforderlich halten durfte. Erfolgt die auftraglose Besorgung eines fremden Geschäfts - wie hier - im Rahmen des Berufs oder des Gewerbes des Geschäftsführers, so umfaßt der Aufwendungsersatzanspruch die übliche Vergütung (BGHZ 143, 9, 16; 65, 384, 390; BGH, Urteil vom 30. September 1993, aaO; Urteil vom 7. März 1989 - XI ZR 25/88, NJW-RR 1989, 970, unter II 2 d; Urteil vom 7. Januar 1971, aaO; MünchKommBGB/Seiler, 4. Aufl., § 683 Rdnr. 24 f.; Erman/Ehmann, BGB, 11. Aufl., § 683 Rdnr. 7). Dabei handelt es sich um den von der Klägerin nach Maßgabe der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden und der Bundestarifordnung Elektrizität angebotenen Allgemeinen Tarif.

4. Die Klägerin hat demnach für ihre Stromlieferungen in der Zeit zwischen dem 13. November 2001 und dem 31. März 2002 insgesamt Anspruch auf Vergütung in der vom Berufungsgericht tarifgemäß zuerkannten Höhe von 6.272,30 €. Diesem Anspruch kann die Beklagte die Zahlungen, die sie aufgrund der erteilten Einzugsermächtigung an die E. erbracht hat, nicht entgegenhalten. Das Berufungsgericht hat zu Recht einen auf Erstattung dieser Beträge gerichteten Schadensersatzanspruch der Beklagten gegenüber der Klägerin verneint. Ein solcher ergibt sich insbesondere nicht aus der Verletzung von Anzeige- und Informationspflichten der Klägerin.

a) Allerdings war die Klägerin nach § 681 Satz 1 BGB verpflichtet, ihre Fremdgeschäftsführung, das heißt die Aufnahme der Stromlieferung für eigene Rechnung, der Beklagten anzuzeigen, sobald dies tunlich war. Eine solche Anzeige ist am 28. November 2001 erfolgt, als die Klägerin der Beklagten telefonisch mitteilte, daß sie die mit der E. geschlossene Kooperationsvereinbarung gekündigt habe und nunmehr selbst die Beklagte mit Strom beliefere. Diese Information war ausreichend; insbesondere bedurfte es entgegen der Auffassung der Revision nicht zusätzlich eines ausdrücklichen Hinweises, daß die Stromlieferung auch nicht über andere Lieferanten durch die E. erfolge. Daß dies ausgeschlossen war, ergab sich bereits aus der Mitteilung der Klägerin, daß nunmehr sie den Strom (unmittelbar) liefere. Hinsichtlich der Abbuchungen ab dem 28. November 2001 für die Monate Dezember 2001 bis März 2002 scheidet deshalb ein Schadensersatzanspruch der Beklagten mangels Pflichtverletzung der Klägerin aus.

b) Ob die Klägerin der Beklagten die Übernahme der Fremdgeschäftsführung nach § 681 Satz 1 BGB bereits vor dem 28. November 2001 hätte anzeigen können und müssen, kann offenbleiben. Denn das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, daß das Unterlassen einer früheren Anzeige nicht ursächlich dafür war, daß die Beklagte weitere Abbuchungen durch die E. zugelassen und dadurch einen Schaden erlitten hat. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, es sei nicht ersichtlich, daß eine frühere Mitteilung die Beklagte tatsächlich veranlaßt hätte, die Einzugsermächtigung zu widerrufen oder das Stromgeld gegebenenfalls zu hinterlegen. Denn die Beklagte habe es der E. bis zum 27. Februar 2002 ermöglicht, Abbuchungen vorzunehmen; Konsequenzen in Form der fristlosen Kündigung des Vertrags habe sie erst im April 2002 gezogen. Vor diesem Hintergrund sei festzustellen, daß eine frühere Information der Beklagten bereits Mitte November nichts an dem eingetretenen Schaden geändert hätte. Diese Erwägungen lassen Rechtsfehler nicht erkennen.