Maßgeblicher Zeitpunkt für die Kenntnis des
Mangels seitens des Käufers (§ 442 I BGB) bei zeitlich gestrecktem
Vertragsschluss; Auslegung eines vom Käufer angebotenen vertraglichen
Gewährleistungsausschluss; Inhalt des Anspruchs auf Schadensersatz statt der
Leistung nach §§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 BGB
BGH, Urteil vom 15. Juni 2012 - V ZR
198/11
Fundstelle:
NJW 2012, 2793
für BGHZ vorgesehen
Amtl. Leitsatz:
a) Macht der Käufer das Angebot für einen
Grundstückskaufvertrag, das von dem Verkäufer in getrennter Urkunde
angenommen wird, kommt es für seine Kenntnis vom Mangel i.S.d. § 442 Abs. 1
Satz 1 BGB nicht auf den Zeitpunkt der Annahme des Angebots, sondern auf den
Zeitpunkt der Beurkundung des Angebots an.
b) Das gilt nicht, wenn der Käufer die Weiterleitung seines Angebots selbst
hinausgezögert oder wenn er Veranlassung hatte, sich nach Möglichkeiten zu
erkundigen, den Eintritt der Bindungswirkung seines Angebots zu verhindern,
und rechtzeitig hätte entsprechend tätig werden können.
Zentrale Probleme:
Eine grundlegende, daher zu
recht für BGHZ vorgesehene Entscheidung: Nach § 442 I BGB entfallen
Gewährleistungsansprüche des Käufers, wenn er den Sachmangel kennt. Hier
geht es jetzt um die Präzisierung des genauen Zeitpunkts bei zeitlich
gestrecktem Vertragsschluss. Wie schon in NJW 2011, 2953
argumentiert der Senat teleologisch und kommt damit zur grundsätzlichen
Maßgeblichkeit des Zeitpunkts der Abgabe (nicht Zugang) des Angebots des
Käufers. Davor hat er sich mit der Frage eines vertraglichen
Gewährleistungsausschlusses zu befassen und kommt im Wege der Auslegung zu
dem Ergebnis, dass sich dieser - wenn er vom Käufer angeboten wird - nur auf
verborgene, nicht aber der Kenntnis des Verkäufers zugängliche Mängel
bezieht, selbst wenn insofern keine Aufklärungspflicht bestünde. Für einen
Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung in Höhe der
Mängelbeseitigungskosten widerholt er, dass es hierfür irrelevant ist, ob
der Käufer eine solche Beseitigung tatsächlich vornehmen lässt. Das gilt
auch dann, wenn der Käufer den mangelhaften Gegenstand gewinnbringend
weiterverkauft hat. Dieser Gewinn gebührt ihm allein und entlastet nicht den
Verkäufer.
©sl 2012
Tatbestand:
1 Die Kläger ließen am 24. November
2006 als Käufer ein Angebot an die beklagte Verkäuferin zum Kauf eines mit
einem Altbau aus dem Jahr 1920 bebauten Grundstücks für 123.950 € notariell
beurkunden. Das Angebot enthält einen Haftungsausschluss für Sachmängel und
sollte vier Wochen nicht widerruflich sein. Am 30. November 2006
besichtigten die Kläger das Anwesen mit dem Makler, den sie mit der
Vermittlung eines Käufers für den von vornherein beabsichtigten
Weiterverkauf des Anwesens beauftragt hatten, und stellten - nach dem Auszug
der bisherigen Bewohner sichtbar gewordene - Feuchtigkeitsschäden fest. Sie
teilten der Vertriebspartnerin der Beklagten mit Schreiben vom 3. Dezember
2006 mit, sie erwarteten von der Beklagten, dass sie die Kosten der
Beseitigung der Schäden von etwa 30.000 € übernehmen werde. Diese erhielt
das Angebot der Kläger mit einem bei ihr am 14. Dezember 2006 eingegangenen
Telefax des Notars vom 12. Dezember 2006 und nahm es am 27. Dezember 2006
formgerecht an. Zu diesem Zeitpunkt kannte sie die
Feuchtigkeitsschäden. Ob sie auch wusste, dass die Kläger die
Übernahme der Kosten für deren Beseitigung von ihr erwarteten, ist nicht
festgestellt. Die Kläger verkauften das Anwesen Ende 2007 unsaniert für
133.000 € und verlangen Ersatz der Schadensbeseitigungskosten, die sie auf
35.000 € beziffern, sowie Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von
1.604,12 €, jeweils nebst Zinsen.
2 Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem
Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre
Zahlungsanträge weiter. Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel
zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
I.
3 Das Berufungsgericht meint, die Haftung der Beklagten scheitere
schon an dem Haftungsausschluss. Auf diesen dürfe sich die Beklagte
berufen, weil sie nicht arglistig gehandelt habe. Sie habe die Kläger über
die Feuchtigkeitsschäden nicht aufklären müssen, weil diese Kenntnis hiervon
erlangt hätten. Maßgeblich sei dabei der Zeitpunkt, zu dem sich die Kläger
ihrer Vertragserklärung nicht mehr hätten entziehen können. Das sei der
Zugang des Angebots bei der Beklagten. Bis dahin hätten die Kläger ihr
Angebot nach § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB widerrufen können. Zu diesem Zeitpunkt
hätten sie indessen Kenntnis von den Schäden gehabt.
II.
4 Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Mit der
gegebenen Begründung lassen sich die geltend gemachte Ansprüche nicht
verneinen.
5 1. Noch zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass sich
der Anspruch auf Ersatz der Mängelbeseitigungskosten sowohl gemäß § 437 Nr.
3 i.V.m. § 441 Abs. 1 und 4 und § 346 Abs. 1 BGB auf Minderung als auch
gemäß § 437 Nr. 2 BGB i.V.m. § 280 Abs. 1 und 3 und § 281 BGB auf
Schadensersatz statt des ausgefallenen Leistungsteils stützen lässt.
6 a) Der Kaufvertrag ist wirksam zustande gekommen. Die Beklagte hat das
Angebot der Kläger zwar erst nach Ablauf von vier Wochen seit dem Tag der
Beurkundung angenommen. Die Annahmefrist von vier Wochen begann aber nicht
schon mit dem Tag der Beurkundung zu laufen, sondern erst mit dem Tag, an
dem das Angebot und damit auch die in ihm vorgesehene Annahmefrist wirksam
geworden sind. Das ist nach § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB der Tag, an dem das
Angebot der Beklagten zugegangen ist, hier nach den Feststellungen des
Berufungsgerichts der 14. Dezember 2006. Die Angebotsfrist, zu deren
Einhaltung nach dem Angebot nur die rechtzeitige Abgabe der
Annahmeerklärung, nicht auch deren rechtzeitiger Zugang bei den Klägern
erforderlich war, ist durch die Erklärung der Beklagten vom 27. Dezember
2006 gewahrt.
7 b) Das verkaufte Grundstück hatte, wovon auch das Berufungsgericht
ausgeht, einen Mangel. Feuchtigkeitserscheinungen stellen bei einem sehr
alten Gebäude wie dem hier verkauften zwar nicht immer einen Mangel dar
(Senat, Urteile vom 7. November 2008, V ZR 138/07, juris Rn. 13,
vom 27. März 2009 - V ZR
30/08, BGHZ 180, 205, 208 Rn. 8 und vom
16. März 2012 - V ZR 18/11, ZNotP
2012, 174, 175 f. Rn. 14). Nach den
Feststellungen des Berufungsgerichts war die Feuchtigkeit aber so erheblich,
dass sie zur Bildung von Schimmel geführt und damit die Nutzung der
Kellerräume in einem auch bei Altbauten nicht mehr bauartbedingt
hinzunehmenden Umfang beeinträchtigt hatte.
8 c) Diesen Mangel hat die Beklagte, worauf es bei dem Anspruch auf
Schadensersatz statt der Leistung weiter ankommt, zu vertreten (§ 280 Abs. 1
Satz 2 BGB), weil sie die im Verkehr gebotene Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB)
verletzt hat. Sie hat das Kaufangebot der Kläger angenommen, ohne
die Feuchtigkeitsschäden zu beseitigen und ohne auf die Aufnahme einer
entsprechenden Vereinbarung in den Kaufvertrag zu dringen, obwohl sie, wie
das Berufungsgericht festgestellt hat, jedenfalls bei Annahme des
Angebots die Feuchtigkeitsschäden kannte.
9 2. Die Ansprüche scheitern entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts
nicht an dem in dem Vertrag vereinbarten Ausschluss der Haftung für
Sachmängel.
10 a) Ob sich das, wie die Kläger meinen, gemäß § 444 BGB daraus ergibt,
dass die Beklagte den Klägern die Feuchtigkeitsschäden arglistig
verschwiegen hat, ist allerdings zweifelhaft. Der Verkäufer muss
Umstände, die für den Kaufentschluss des Käufers erheblich sind, von sich
aus nur offenbaren, wenn er sie selbst kennt oder sie zumindest für möglich
hält (Senat, Urteil vom 7. März 2003 - V ZR 437/01, NJW-RR 2003,
989, 990). Das ist für die Zeit vor der Entdeckung der Feuchtigkeit durch
die Kläger zwischen den Parteien streitig und nicht festgestellt.
Für die Zeit danach ist die Pflicht der Beklagten zur Offenbarung der
Feuchtigkeit zweifelhaft, weil der Verkäufer über Mängel nicht aufklären
muss, die einer Besichtigung zugänglich und damit ohne weiteres erkennbar
sind (Senat, Urteile vom 2. Februar 1996 - V ZR 239/94, BGHZ 132,
30, 34 und vom 16. März 2012 - V ZR 18/11, ZNotP 2012, 174, 176 Rn. 21)
oder die der Käufer kennt (Senat, Urteil vom 7. Februar
2003 - V ZR 25/02, NJW-RR 2003, 772, 773). Ob sich hier etwas anders daraus
ergibt, dass die Kläger den Feuchtigkeitsschaden erst entdeckt hatten, als
ihr Angebot bereits beurkundet war, bedarf keiner Entscheidung.
11 b) Für diesen Mangel gilt der Haftungsausschluss nämlich nicht.
12 aa) Der Haftungsausschluss ist nur scheinbar eindeutig und bedarf der
Auslegung. Diese hat das Berufungsgericht nicht vorgenommen. Sie kann der
Senat nachholen, weil die maßgeblichen Urkunden vorliegen und eine weitere
Sachaufklärung die Feststellung zusätzlicher für die Auslegung relevanter
Umstände nicht erwarten lässt.
13 bb) Die Auslegung ergibt, dass der Haftungsausschluss
einschränkend auszulegen ist und für den Kaufentschluss eines Käufers
wesentliche Mängel nicht erfasst, die der Beklagten als Verkäuferin bei
Annahme des Angebots bekannt waren.
14 (1) Die Entscheidung darüber, ob sie den Grundstückskaufvertrag in einer
gemeinsamen Verhandlung vor dem Notar schließen oder ob sie den Weg einer
getrennten Beurkundung von Angebot und Annahme wählen und wer von ihnen
welche dieser beiden Erklärungen beurkunden lassen soll, treffen die
Parteien nach praktischen Gesichtspunkten oder im Hinblick darauf, dass sich
eine Partei ihre Entscheidung, ob sie den Vertrag schließen möchte, noch
einige Zeit offen halten möchte. Die Wahl der Vertragsschlusstechnik wird
dagegen nicht durch das im Vertrag geregelte Haftungsrecht bestimmt und hat
ihrerseits darauf keinen Einfluss. Auszugehen ist vielmehr davon, dass die
Parteien unabhängig von der gewählten Technik den Vertrag so abschließen
wollen, als wenn sie beide zu einer gemeinsamen Verhandlung vor dem Notar
zusammenkämen. Ihre wechselseitige Rechtsstellung soll nicht schlechter,
aber auch nicht besser sein, wenn sie stattdessen den Weg einer getrennten
Beurkundung wählen, und auch nicht davon abhängen, ob der Käufer das
Vertragsangebot macht oder der Verkäufer. Deshalb sind die
Vertragserklärungen der Parteien bei einem Vertragsschluss durch eine
gesondert beurkundete Annahme eines Angebots so auszulegen, dass sie
inhaltlich einem unter Teilnahme beider Parteien beurkundeten Vertrag
entsprechen.
15 (2) Bei gemeinsamer Teilnahme der Vertragsparteien am Beurkundungstermin
träfe den Verkäufer die Pflicht, verborgene Mängel oder Umstände,
die nach der Erfahrung auf die Entstehung und Entwicklung bestimmter Mängel
schließen lassen, auch ungefragt dem Käufer zu offenbaren, wenn sie für
dessen Entschluss von Bedeutung, insbesondere die beabsichtigte Nutzung
erheblich zu mindern geeignet sind (Senat, Urteile vom 7. Juni 1978
- V ZR 46/75, WM 1978, 1073, 1074 und vom
16. März 2012 - V ZR 18/11, ZNotP
2012, 174, 176 Rn. 21). Der Käufer hätte dann
Gelegenheit, mit dem Verkäufer über Änderungen des Vertragstextes zu
verhandeln oder von dem Vertragsschluss Abstand zu nehmen. Diese Möglichkeit
besteht bei einem gestreckten Vertragsschluss durch gesonderte Annahme des
Vertragsangebots des Käufers durch den Verkäufer nicht. Der Käufer wäre bei
einem Vertragsschluss auf diesem Weg auch nicht in der Lage, auf Hinweise
des Verkäufers zu Mängeln zu reagieren. Sein Vertragsangebot ist nach Zugang
bei dem Verkäufer bindend. Er kann es weder zurückziehen noch ändern. Er
kann nicht verhindern, dass der Verkäufer das Angebot annimmt.
Für den Verkäufer ist bei dieser Situation
offensichtlich, dass der Käufer den in das Angebot aufgenommenen
Haftungsausschluss nicht für Mängel gelten lassen will, die der Verkäufer
bei Erklärung der Annahme kennt. Offenbaren müsste der Verkäufer ihm diese
Mängel zwar nur, wenn sie einer Besichtigung nicht zugänglich und nicht ohne
weiteres erkennbar sind (Senat,
Urteil vom 16. März 2012 - V ZR 18/11, ZNotP 2012, 174, 176 Rn. 21).
Ob und zu welchem Zeitpunkt diese Voraussetzungen eingetreten sind, kann der
Käufer aber bei Abgabe und Zugang seines Angebots typsicherweise nicht
einschätzen. Er kann dem Verkäufer sinnvollerweise nur einen
Haftungsausschluss für Mängel anbieten, die dieser nicht kennt, und es ihm
überlassen, ob er von der Annahme des Angebots absieht oder ob er das
Angebot mit dem eingeschränkten Haftungsausschluss annimmt und eine etwaige
Kenntnis des Käufers von dem Mangel nach Maßgabe von § 442 BGB einwendet.
16 3. Die Ansprüche der Kläger müssen auch nicht daran scheitern,
dass sie vor der Annahme ihres Angebots durch die Beklagte von den
Feuchtigkeitsschäden erfahren haben.
17 a) Nach § 442 Abs. 1 Satz 1 BGB sind die Rechte des Käufers wegen eines
Mangels, den er bei Vertragsschluss kennt, allerdings ausgeschlossen.
Zustande gekommen ist der Kaufvertrag hier mit der Annahme des
Vertragsangebots der Kläger durch die Beklagte. Zu diesem Zeitpunkt waren
den Klägern die Feuchtigkeitsschäden bekannt.
18 b) Auf das förmliche Zustandekommen des Vertrags kommt es indessen bei
einem gestreckten Vertragsschluss nicht an. In dieser Fallkonstellation ist
die Vorschrift im Wege der teleologischen Reduktion einschränkend
auszulegen. Maßgeblich ist bei einem so zustande gekommenen Vertrag
die Kenntnis des Käufers vom Mangel bei Beurkundung des Angebots, nicht bei
Annahme des Angebots durch den Verkäufer.
19 aa) Umstritten ist schon die Frage, ob es auf die Kenntnis des Käufers
vom Mangel im Zeitpunkt des förmlichen Zustandekommens des Vertrags oder bei
Abgabe seines Angebots ankommt. Teilweise wird auch bei einem
gestreckten Vertragsschluss der Zeitpunkt des Zustandekommens des Vertrags
für maßgeblich gehalten (Lemke/D. Schmidt, Immobilienrecht, § 442
BGB Rn. 7; Palandt/Weidenkaff, BGB, 71. Aufl., § 442 Rn. 8). Nach
der Gegenansicht ist auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem der Käufer sein
Angebot abgibt (Bamberger/Roth/Faust, BGB, Online-Edition 24, Stand
1. 3. 2011, § 442 Rn. 7; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB [2004] § 442 Rn.
19; unklar: MünchKomm/BGB/H. P. Westermann, 6. Aufl., § 442 Rn. 6). Dabei
soll es unerheblich sein, ob der Käufer seine Vertragserklärung noch
nach § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB widerrufen könnte, wenn er von dem Mangel
erfährt. Ein ähnliches Meinungsbild ergibt sich bei der vergleichbaren Frage
danach, ob es bei einem nach § 355 BGB widerruflichen Kaufvertrag auf die
Kenntnis des Käufers vom Mangel bei Vertragsschluss ankommt (so
Bamberger/Roth/Faust, BGB, OnlineEdition 22, Stand 1. 3. 2011, § 442 Rn. 11;
Erman/Grunewald, BGB, 13. Aufl., § 442 Rn. 7; MünchKomm/BGB/H. P.
Westermann, 6. Aufl., § 442 Rn. 6; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB [2004]
§ 442 Rn. 19; Kiefer, NJW 1989, 3120, 3125) oder bei Ablauf der
Widerrufsfrist (so Soergel/Huber, BGB, 12. Aufl., § 460 Rn. 18).
20 Auf welchen Zeitpunkt bei einem notariell beurkundeten Vertragsangebot
des Käufers abzustellen ist, wird, soweit ersichtlich, bislang nicht
diskutiert. Rechtlich wird ein solches Angebot erst abgegeben, wenn
der Notar es dem Verkäufer zuleitet.
Wann das geschieht, darauf hat der Käufer regelmäßig keinen
Einfluss. In aller Regel erfährt er dies nicht einmal. Es fragt sich
deshalb, ob es auf die Absendung des Angebots durch den Notar ankommt oder
auf die Beurkundung der Erklärung.
21 bb) Nach Auffassung des Senats ist im Grundsatz der
Zeitpunkt der Abgabe des Angebots, bei einem notariell beurkundeten Angebot,
der Zeitpunkt der Beurkundung des Angebots durch den Notar maßgeblich.
22 (1) Der Vorschrift des § 442 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt der Gedanke
zugrunde, dass der Käufer nicht in seinen berechtigten Erwartungen
enttäuscht wird, wenn er den Kauf trotz des Mangels gewollt hat. Er ist dann
nicht schutzwürdig, denn mit der Geltendmachung von
Gewährleistungsansprüchen stellt er sich in Widerspruch zu seinem
vorangegangenen Verhalten, nämlich dem Vertragsabschluss in Kenntnis des
Mangels (Senat, Urteile vom 3. März 1989 - V ZR 212/87, NJW 1989,
2050 und vom 27. Mai 2011 - V
ZR 122/10, NJW 2011, 2953, 2954 Rn. 14; MünchKommBGB/H.
P. Westermann, 6. Aufl., § 442 Rn. 1; Soergel/Huber, BGB, 12. Aufl. § 460
Rn. 3; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB [2004] § 442 Rn. 1). Die Vorschrift
stellt deshalb auf die Kenntnis des Käufers von dem Mangel „bei
Vertragsschluss" ab.
23 (2) Wenn die Annahme des Angebots des Käufers durch den Verkäufer
zeitlich versetzt erfolgt, führt das Abstellen auf das förmliche
Zustandekommen des Vertrags zu einem von dem Zweck des § 442 Abs. 1 Satz 1
BGB nicht mehr gedeckten Ausschluss von Mängelrechten. Die
Gewährleistungsansprüche des Käufers werden dann nämlich auch für Mängel
ausgeschlossen, die er bei Beurkundung seiner Vertragserklärung nicht
kannte. Der Haftungsausschluss lässt sich nicht mit einem widersprüchlichen
Verhalten des Käufers rechtfertigen. Dieser kann sich von dem An-
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gebot nicht mehr einseitig lösen und den Vertragsschluss verhindern, wenn er
nachträglich Kenntnis von einem Mangel erlangt. Das gilt jedenfalls dann,
wenn sein Angebot zu diesem Zeitpunkt dem Verkäufer zugegangen ist. Er kann
davon ausgehen, dass der Verkäufer das Angebot nur annimmt, wenn er die
darin vorgeschlagenen Verkäuferpflichten auch erfüllen kann und sich dessen
notfalls vor Annahme des Angebots vergewissert. Die Geltendmachung von
Gewährleistungsrechten wegen solcher Mängel kann ihm dann nicht als
widersprüchliches Verhalten angelastet werden. Die Vorschrift muss deshalb
ihrem Zweck entsprechend eingeschränkt werden. Ausgeschlossen sind nur
Mängel, die der Käufer bei Beurkundung seines Angebots kannte.
24 (3) Nichts anderes gilt, wenn der Käufer in dem Zeitpunkt, in dem
er von dem Mangel erfährt, seine Vertragserklärung noch nach § 130 Abs. 1
Satz 2 BGB widerrufen könnte. Mit dem Widerruf könnte er sich zwar von der
Bindung an sein Angebot lösen. Nutzen kann er diese Möglichkeit aber nur,
wenn er die rechtliche Möglichkeit, sich von seiner Erklärung zu lösen, und
die tatsächlichen Voraussetzungen dafür kennt oder wenigstens Veranlassung
hat, sich nach beidem zu erkundigen. Das hat der Senat für den Fall
entschieden, dass der Käufer nach Abschluss eines nichtigen Vertrags, aber
vor dessen Heilung von dem Mangel erfährt, von der Nichtigkeit aber keine
Kenntnis hatte (Urteile vom 3. März 1989 - V ZR 212/87, NJW 1989,
2050 f. und vom 27. Mai 2011
- V ZR 122/10, NJW 2011, 2953, 2954 Rn. 14). Für das
Fehlen der Kenntnis von einer Widerrufsmöglichkeit nach § 130 Abs. 1 Satz 2
BGB gilt nichts anderes. An der Kenntnis wird es typischerweise fehlen, weil
der Käufer die Weiterleitung eines notariell beurkundeten Angebots
gewöhnlich nicht verfolgen kann und deshalb nicht weiß, wann es dem
Verkäufer zugeht. Deshalb kann dem Käufer auch bei theoretischer
Widerruflichkeit seines Angebots der Vorwurf widersprüchlichen Verhaltens
nicht gemacht werden.
25 (4) Das gilt auch für die zusätzliche Lösungsmöglichkeit, die sich für
einen Käufer bei der Abgabe eines notariellen Angebots ergeben kann. Bei
einem solchen Angebot könnte der Käufer schon die förmliche Abgabe
vermeiden, wenn er nachträglich von dem Mangel erfährt. Er müsste den Notar
nur anweisen, von der Zuleitung des Angebots an den Verkäufer abzusehen.
Voraussetzung dafür ist, dass der Notar das Angebot zu diesem Zeitpunkt noch
nicht dem Verkäufer zugeleitet hat. Auch diese Möglichkeit kann der Käufer
nur nutzen, wenn er weiß oder wenigstens Anhaltspunkte dafür hat, dass der
Notar noch nicht tätig geworden ist. Das ist ein Ausnahmefall. Normalerweise
fertigt der Notar ein Angebot unverzüglich aus. Das wird insbesondere dann
gelten, wenn es befristet sein soll. Deshalb kann dem Käufer auch unter
diesem Gesichtspunkt regelmäßig nicht der Vorwurf widersprüchlichen
Verhaltens gemacht werden, wenn er sich auf einen Mangel beruft, von dem er
nach Beurkundung seines Angebots Kenntnis erlangt hat.
26 cc) Etwas anderes gilt indessen, wenn der Käufer die Versendung
seines Angebots selbst hinausgezögert oder wenn er Veranlassung hatte, sich
nach Möglichkeiten zu erkundigen, den Eintritt der Bindungswirkung seines
Angebots zu verhindern, und rechtzeitig hätte entsprechend tätig werden
können. Denn dann verhielte er sich widersprüchlich. Er ließe den
Vertrag in Kenntnis des Mangels zustande kommen, obwohl er das hätte
verhindern können. Das entspricht dem Verhalten, das nach § 442 BGB zum
Ausschluss von Mängelrechten führen soll. Eine einschränkende Auslegung der
Vorschrift im vorbeschriebenen Sinn wäre dann nicht gerechtfertigt. Es
bliebe beim Wortlaut der Regelung in § 442 Abs. 1 BGB, wonach es auf die
Kenntnis des Käufers bei Zustandekommen des Vertrags ankommt.
27 c) Auszugehen ist davon, dass die Kläger zu dem maßgeblichen Zeitpunkt
keine Kenntnis von dem Mangel hatten. Nach den Feststellungen des
Berufungsgerichts haben die Kläger erst nach der Beurkundung ihres Angebots
von den Feuchtigkeitsschäden erfahren. Sie hätten zwar sowohl die Abgabe als
auch das Wirksamwerden ihres Angebots verhindern können, weil der Notar es
erst mit Schreiben vom 12. Dezember 2006 der Beklagten zugeleitet hat.
Feststellungen dazu, ob die Kläger diese Möglichkeit erkannt oder
Veranlassung hatten, ihr nachzugehen, hat das Berufungsgericht aber nicht
getroffen. Für das Revisionsverfahren ist deshalb davon auszugehen, dass es
an beidem fehlte. Dann wären die Mängelansprüche der Kläger nicht
ausgeschlossen.
28 4. Lassen sich Mängelansprüche nicht ausschließen, kann auch der weiter
geltend gemachte Anspruch auf Ersatz von vorgerichtlichen
Rechtsanwaltskosten nach § 280 Abs. 1 und 2, § 286 BGB begründet sein.
III.
29 Die Sache ist noch nicht entscheidungsreif und deshalb zur neuen
Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für
die neue Verhandlung weist der Senat auf folgendes hin:
30 1. Hinsichtlich des Anspruchsgrunds wird zu prüfen sein, ob die an sich
bestehenden Mängelansprüche der Kläger nach § 442 BGB ausgeschlossen sind.
Es ist nämlich nach den Umständen nicht auszuschließen, dass diese selbst
die verzögerte Versendung des Angebots veranlasst haben oder dass sie
Veranlassung hatten, sich z.B. bei dem Urkundsnotar nach der Möglichkeit zu
erkundigen, den Eintritt der Bindungswirkung zu verhindern. Das
Berufungsgericht hatte bisher keine Veranlassung, dem nachzugehen. Dies wird
nachzuholen sein.
31 2. Die Kläger können den ihnen zu ersetzenden Schaden auf der
Grundlage der Mängelbeseitigungskosten berechnen, weil sie von der Beklagten
die Herstellung des vertragsgemäßen mangelfreien Zustands verlangen konnten.
Dieser Anspruch besteht auch, wenn der Mangel nicht beseitigt werden soll
und wenn das Anwesen verkauft ist. Der Bundesgerichtshof hat dies
für den Nachbesserungsanspruch im Werkvertragsrecht anerkannt (Urteile vom
6. November 1986 - VII ZR 97/85, BGHZ 99, 81, 86 ff. und vom 22. 7. 2004 -
VII ZR 275/03, NJW-RR 2004, 1462, 1463). Für den inhaltsgleichen
Nacherfüllungsanspruch im Kaufrecht nach §§ 433, 439 BGB gilt nichts
anderes. Die anderen Grundsätzen folgende Rechtsprechung des Senats
zu Ansprüchen wegen Beschädigungen eines Grundstücks (Senat, Urteile vom 2.
Oktober 1981 -V ZR 147/80, BGHZ 81, 385, 390 f. und vom 4. Mai 2001 - V ZR
435/99, BGHZ 147, 320, 322 f.; Krüger in Festschrift Wenzel [2005] S. 491,
493 f.) ist auf diesen Anspruch nicht übertragbar.
32 3. Einem Anspruch der Kläger stünde auch
nicht entgegen, dass sie bei dem Weiterverkauf einen Mehrerlös erzielt
haben. Ein solcher Mehrerlös schloss zwar einen Anspruch nach § 463 BGB aF
aus (Senat, Urteil vom 16. November 2007 - V ZR 45/07 NJW 2008, 436, 437).
Das beruhte aber darauf, dass der Käufer unter der Geltung von § 463 BGB aF
keinen Anspruch auf Herstellung der Mängelfreiheit der Kaufsache hatte. Das
ist nach § 433 Abs. 1, § 439 BGB anders. Der Mehrerlös führt auch nicht zu
einer Einschränkung des Minderungsanspruchs (Senat,
Urteil vom 27. Mai 2011 - V ZR 122/10, NJW 2011, 2953, 2954 Rn. 9 f.).
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