Vorliegen einer
Schenkung bei Prämienversprechen, Erfordernis der Unentgeltlichkeit,
Abgrenzung zu remunerativen (belohnenden) Schenkung
BGH, Urteil vom 28. Mai
2009 - Xa ZR 9/08
Fundstelle:
NJW 2007, 2737
Amtl. Leitsatz:
Wer eine Zuwendung für den Fall
zusagt, dass ein bestimmtes Ereignis eintritt, auf das der
Zuwendungsempfänger hinarbeiten soll (hier: Gewinn einer Meisterschaft durch
die von dem Zuwendungsempfänger trainierte Mannschaft), verspricht keine
belohnende Schenkung, sondern eine Gegenleistung für das Bemühen des
Zuwendungsempfängers um die Herbeiführung des Ereignisses.
Zentrale Probleme:
S. auch die Anm. zu
BGH v. 12.10.2006 - III ZR 331/04.
©sl 2009
Tatbestand:
1 Der Kläger war Trainer der Ringermannschaft eines Sportclubs; der Beklagte
ist Hauptsponsor und Vorsitzender des Aufsichtsrats des Sportclubs.
2 Der Kläger behauptet, der Beklagte habe ihm für den Fall, dass seine
Mannschaft in der Saison 2005/2006 den Titel eines Deutschen Meisters
erringe, mündlich die Zahlung eines Betrags von 5.000 EUR versprochen. Die
Mannschaft gewann die Meisterschaft.
3 Der Kläger hat den Beklagten auf Zahlung von 5.000 EUR nebst Zinsen in
Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat nach Beweisaufnahme der Klage
stattgegeben, das Landgericht hat sie auf die Berufung des Beklagten
abgewiesen.
4 Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den
Zahlungsanspruch weiter.
Entscheidungsgründe:
5 Das Rechtsmittel führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur
Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, dem auch die
Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist.
6 I. Das Berufungsgericht hat die Klage für unschlüssig gehalten. Bei der
vom Kläger behaupteten Vereinbarung handele es sich um einen
Schenkungsvertrag, der mangels notarieller Beurkundung des
Schenkungsversprechens unwirksam sei. Die unter der Bedingung des
Meisterschaftsgewinns in Aussicht gestellte Zuwendung in Höhe von 5.000 EUR
sei unentgeltlich zugesagt worden. Sie sei nicht an eine Gegenleistung des
Klägers, sondern an den Eintritt eines Ereignisses geknüpft worden, das
nicht allein von der Leistung des Klägers, sondern auch von Faktoren
abhängig gewesen sei, die der Kläger nicht habe beeinflussen können. Dass
dem Beklagten nach Vorstellung der Parteien^durch den Gewinn der
Meisterschaft wirtschaftliche Vorteile zukommen sollten, die die Zuwendung
ausglichen, lasse der Klagevortrag nicht erkennen. Zwar habe der Erfolg der
Ringermannschaft vermutlich im sportlichen Interesse des Beklagten als
Aufsichtsratsvorsitzenden gelegen; die Befriedigung eines solchen ideellen
Interesses sei für die Annahme eines entgeltlichen Rechtsgeschäfts jedoch
nicht ausreichend.
7 II. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die vom Kläger
behauptete Vereinbarung war formfrei wirksam.
8 Die Zusage des Beklagten, im Fall des Gewinns des Meistertitels an den
Kläger 5.000 EUR zu zahlen, stellte nur dann ein formbedürftiges
Schenkungsversprechen (§ 516 Abs. 1 BGB) dar, wenn sich die Parteien darüber
einig gewesen wären, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgen sollte
(vgl. BGHZ 82, 227, 230; 101, 65, 68; BGH, Urt. v. 17.6.1992 - XII ZR
145/91, NJW 1992, 2566, 2567). Eine Zuwendung ist dann unentgeltlich,
wenn sie rechtlich von einer den Erwerb ausgleichenden Gegenleistung
unabhängig ist (Urt. v. 17.6.1992, aaO). Dies war nach dem der
revisionsrechtlichen Beurteilung zugrunde zu legenden Sachverhalt nicht der
Fall.
9 Der Eintritt eines bestimmten Ereignisses (hier der
Meisterschaftsgewinn) stellt für sich allerdings, wie das Berufungsgericht
noch zutreffend angenommen hat, keine Gegenleistung dar; er kann daher, wenn
er als Voraussetzung für den Anfall der Zuwendung vereinbart wird, keine
Abhängigkeit von einer Gegenleistung begründen und steht damit der Bejahung
einer Schenkung nicht entgegen.
10 Allerdings kann eine entgeltliche Leistung auch dann vorliegen, wenn
sie als Entlohnung für besondere Bemühungen des Zuwendungsempfängers
erfolgt, die in dem zukünftigen Eintritt eines bestimmten Erfolgs (hier: des
Gewinns der Meisterschaft) sichtbar werden. Wer für derartige
Bemühungen eine Zuwendung zusagt, beabsichtigt - jedenfalls in der Regel -
keine belohnende Schenkung, sondern schließt einen entgeltlichen Vertrag
über die Entlohnung einer noch zu erbringenden besonderen Leistung (BGH,
Urt. v. 11.11.1981 - IVa ZR 182/80, NJW 1982, 436). Dass die Zuwendung
nur unter der Voraussetzung erfolgt, dass ein bestimmtes Ereignis in der
Zukunft eintreten wird, und die vorzunehmende Handlung vor diesem Ereignis
liegt, steht dem nicht entgegen. Denn auch ein einseitiges Rechtsgeschäft
nach Art eines Preisausschreibens (§ 661 BGB) oder einer Auslobung (§ 657
BGB) bindet den Verpflichteten nach Vornahme der Handlung (§ 658 BGB);
nichts anderes gilt bei einem entsprechenden zweiseitigen Rechtsgeschäft.
11 Eine zu entlohnende Leistung stellt die Tätigkeit des Klägers als Trainer
der Ringermannschaft dar, die er (jedenfalls auch) mit dem Ziel des Gewinns
der Meisterschaft durch die von ihm trainierte Mannschaft erbringen sollte.
Das Versprechen einer erfolgsabhängigen Zuwendung erfolgt in einem solchen
Zusammenhang regelmäßig zur Schaffung eines besonderen Leistungsanreizes.
Der Empfänger soll sich die Zuwendung „verdienen“ können, indem er mit
seiner Leistung zum Erfolgseintritt, hier zum Erringen der Meisterschaft,
beiträgt. Die mangelnde Vorhersehbarkeit und begrenzte Steuerbarkeit des
Gewinns einer Meisterschaft steht dem nicht entgegen. Feststellungen, die
der erfolgsabhängigen Zuwendung im Streitfall ausnahmsweise einen anderen
Sinn verleihen könnten, hat das Berufungsgericht nicht getroffen.
12 Für die Bejahung der Entgeltlichkeit der erfolgsabhängigen Zuwendung
ist es ausreichend, dass die Leistung des einen Teils Bedingung für die
Verpflichtung der anderen Seite sein soll; darauf, ob es sich um eine
gleichwertige Gegenleistung handelt, kommt es nicht an (vgl. BGH, Urt.
v. 10.1.1951 - II ZR 18/50, NJW 1951, 268). Mit der vom Erfolg der
Ringermannschaft abhängig gemachten Zuwendung schuf der Beklagte einen
Leistungsanreiz für den Kläger, der sich durch eine besondere
Trainerleistung, die ihren objektiven Ausdruck im Erringen der Meisterschaft
durch die von ihm trainierte Mannschaft finden sollte, eine zusätzliche
Vergütung sollte erarbeiten können. Dass der Kläger als Trainer nicht
für den Beklagten tätig war, ist ebenso unerheblich wie der Umstand, dass
der Bedingungseintritt nicht allein von der Leistung des Klägers abhing.
Weder das eine noch das andere schließt eine im Rahmen der Vertragsfreiheit
mögliche Vereinbarung über eine zusätzliche Vergütung für die Leistung eines
Beitrags zu einem bestimmten Erfolg aus (§ 241 Abs. 1 BGB). Dem
entspricht auch die rechtliche Beurteilung freiwilliger Zuwendungen im
Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, die regelmäßig als Entgelt für die
erbrachte Arbeitsleistung und nicht als Schenkung qualifiziert werden
(vgl. nur J. Koch in MünchKomm./BGB, 5. Aufl, § 516 Rdn. 33; Soergel/Mühl/Teichmann,
BGB, 12. Aufl., § 516 Rdn. 26; Erman/E. Herrmann, BGB, 12. Aufl., § 516 Rdn.
12; Bamberger/Roth/Gehrlein, BGB, § 516 Rdn. 8; AnwK/Dendorfer, BGB, § 516
Rdn. 26, je m.w.N.). Der gegenteiligen Auffassung des Oberlandesgerichts
München (JZ 1983, 955), auf die sich das Berufungsgericht gestützt hat,
vermag der Senat nicht beizutreten.
13 Da die Gegenleistung des Empfängers der Zuwendung auch immaterieller
Art sein kann, durfte das Berufungsgericht seine Annahme, es liege eine
Schenkung vor, auch nicht auf die Erwägung stützen, dass dem Beklagten aus
dem Meistertitel keine unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteile erwachsen
seien (vgl. BGH, Urt. v. 17.1.1990 - XII ZR 1/89, NJW-RR 1990, 386; v.
2.10.1991 - XII ZR 132/90, NJW 1992, 238, 239, jeweils zur ehebedingten
Zuwendung). Maßgeblich ist vielmehr, dass sich die Parteien darüber einig
waren, dass dem Kläger für seine Trainertätigkeit im Erfolgsfall eine
gesonderte Vergütung zugewandt werden sollte.
14 Eine solche Vereinbarung unterliegt weder dem Formerfordernis des §
518 Abs. 1 Satz 1 BGB noch einer anderen Formvorschrift. Damit ist der
Beklagte nach dem für das Revisionsverfahren maßgeblichen Sachverhalt die
Verpflichtung, aus der der Kläger Rechte herleitet, wirksam eingegangen, und
der Kläger kann deren Erfüllung verlangen.
15 III. Da das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus zu Recht nicht
geprüft hat, ob konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder
Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen des Amtsgerichts
begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1
ZPO) und diese Prüfung vom Revisionsgericht nicht nachgeholt werden kann
(BGH, Urt. v. 30.10.2007 - X ZR 101/06, NJW 2008, 576 Tz. 27), ist die Sache
zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen. |