IPR: Formunwirksamkeit einer aus dem Inland per
Videocall geschlossenen Ehe (Art. 13 Abs. 4 S. 1 EGBGB)
BGH, Beschluss vom 25. September 2024 - XII ZB 244/22 -
OLG Köln
Fundstelle:
noch nicht bekannt für
BGHZ vorgesehen
Amtl. Leitsatz:
Geben Verlobte die Eheschließungserklärungen in
Deutschland ab, handelt es sich um eine Eheschließung im Inland und kann die
Ehe daher nur in der hier vorgeschriebenen Form geschlossen werden. Eine
Eheschließung durch von Deutschland aus per Videotelefonie vor einem
Trauungsorgan im Ausland (hier: Behörde in Utah/USA) abgegebene Erklärungen
ist unwirksam (Abgrenzung zu Senatsbeschluss vom
29. September 2021 - XII ZB 309/21 - FamRZ 2022, 93).
Zentrale Probleme:
Ein IPR-Klassiker, in der Literatur für den Fall der
Regsitrierung der Ehe im Ausland umstritten und jetzt vom BGH entschieden:
Nach Art. 13 Abs. 4 S. 1 EGBGB kann "eine Ehe ... im
Inland nur in der hier vorgeschriebenen Form geschlossen werden". Da hier
eine Eheschließung in Form einer Videokonferenz vor einer Behörde in den USA
geschlossen wurden, die Eheschließenden aber zu dieser Zeit in Deutschland
waren und von dort aus an der Eheschließung teilnahmen, stellt sich die
Frage, ob eine solche Ehe "im Inland" geschlossen wirde. Der BGH bejaht das,
weil für die Eheschließung ist nach dem maßgeblichen deutschen
Rechtsverständnis materiellrechtlich der Konsens der Eheschließenden
entscheidend ist und daher auf den Ort der Abgabe der
Eheschließungserklärungen abzustellen ist, was hier eben im Inland
geschah. Der Senat grenzt das zutreffend von der sog. "Handschuhehe" ab, bei
der Stellvertreter im Ausland handeln (Senatsbeschluss vom 29. September 2021 - XII
ZB 309/21), selbst wenn - wie auch der Senat erkennt - das
möglicherweise in Bezug auf den Schutzzweck der deutschen Eheschließungsform
keinen Unterschied macht.
©sl 2024
Gründe:
I. 1 Die Antragsteller sind nigerianische Staatsangehörige
und haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland.
Sie schlossen im Mai 2021 per Videotelefonie die Ehe vor einer
Behörde in Utah (Vereinigte Staaten von Amerika). Während
der Eheschließung befanden sich beide Antragsteller in Deutschland und gaben
ihre Erklärungen im Wege der zeitgleichen Übertragung in Bild und
Ton gegenüber der Behörde in Utah ab. Sie erhielten anschließend
eine amerikanische Eheurkunde mit Apostille. Nachdem die Eheschließung auf
ihre Vorsprache von der zuständigen Meldebehörde nicht als wirksam angesehen
wurde, haben die Antragsteller die beabsichtigte Eheschließung beim
zuständigen Standesamt angemeldet.
2 Das Standesamt hat eine
Zweifelsvorlage beim Amtsgericht eingereicht mit der Frage, ob die
Eheschließung in Utah einer erneuten Eheschließung entgegenstehe. Das
Amtsgericht hat das Standesamt angewiesen, die Anmeldung zur Eheschließung
nicht mit der Begründung zurückzuweisen, dass die Antragsteller die Ehe in
Utah geschlossen haben. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des
Beteiligten zu 4 (Standesamtsaufsicht) zurückgewiesen. Dagegen richtet sich
dessen zugelassene Rechtsbeschwerde.
II.
3 Die statthafte und
für den Rechtsbeschwerdeführer als Aufsichtsbehörde in einer
Personenstandssache auch ohne Sachantrag zulässige Rechtsbeschwerde (vgl.
Senatsbeschluss BGHZ 237, 315 = FamRZ 2023, 1618 Rn. 7 mwN) ist
unbegründet.
4 1. Nach Auffassung des Beschwerdegerichts,
dessen Entscheidung in FamRZ 2022, 1463 veröffentlicht ist, ist die
von den Antragstellern vor der Behörde in Utah geschlossene Ehe in
Deutschland nicht wirksam. Auf die Form der Eheschließung
sei deutsches Sachrecht anwendbar. Eine Ehe könne gemäß Art. 13 Abs. 4 Satz
1 EGBGB im Inland nur in der in Deutschland vorgeschriebenen Form
geschlossen werden. Um eine (auch) im Inland geschlossene Ehe handele es
sich selbst dann, wenn nur die Verlobten ihre Erklärungen auf Eingehung der
Ehe in Deutschland abgäben, während die Stelle, welche aufgrund der
Erklärungen das Zustandekommen der Ehe feststelle, sich in einem anderen
Staat befinde. Die Abgabe der Erklärungen auf Eingehung der Ehe sei für die
Eheschließung derart wesentlich, dass die Eheschließung (auch) am Ort der
Abgabe der Erklärungen stattfinde. Sinn und Zweck der einseitigen
Kollisionsvorschrift des Art. 13 Abs. 4 Satz 1 EGBGB erforderten eine solche
Auslegung, damit die in Deutschland vorgeschriebene Form der Eheschließung
nicht mithilfe einer Videotelefonie unterlaufen werden könne. Diese
Spezialregelung gehe der allgemeineren Kollisionsvorschrift des Art. 11
EGBGB vor. Davon unterscheide sich die Eheschließung durch
im Ausland handelnde Stellvertreter, bei der alle
unmittelbar für die Eheschließung erforderlichen Rechtshandlungen im Ausland
vorgenommen würden. Die beiden Antragsteller hätten ihre
Erklärungen auf Eingehung der Ehe persönlich in Deutschland abgegeben,
sodass es sich um eine Heirat im Inland iSv Art. 13 Abs. 4 Satz 1 EGBGB
handele. Nach dem somit anzuwendenden deutschen Sachrecht sei eine
formgültige Ehe wegen Verstoßes gegen §§ 1310 Abs. 1 Satz 1, 1311 Satz 1 BGB
nicht zustande gekommen.
5 2. Das hält rechtlicher
Nachprüfung stand. Die vom Amtsgericht erteilte Anweisung an das
Standesamt ist aufgrund § 49 PStG zu Recht ergangen.
6 a) Die
Zulässigkeit der im Januar 2022 nicht in der nach § 14 b
FamFG vorgeschriebenen Form eingelegten Erstbeschwerde und eine hier etwa in
Betracht kommende Wiedereinsetzung in den vorigen Stand können
offenbleiben, wenn zwischen der Verwerfung als unzulässig und der
Zurückweisung als unbegründet weder hinsichtlich der Rechtskraftwirkung noch
hinsichtlich der Anfechtbarkeit der Rechtsmittelentscheidung Unterschiede
bestehen oder das Rechtsbeschwerdegericht formell rechtskräftig auf die
Unbegründetheit der Erstbeschwerde erkennen kann, ohne dass schutzwürdige
Interessen der Beteiligten entgegenstehen (vgl. BGH Urteil vom 7. November
2022 - Via ZR 737/21 - MDR 2023, 51 Rn. 15 mwN). Ein solcher Fall ist
vorliegend gegeben.
7 b) Ob die Antragsteller vom Standesamt bereits
wegen rechtlicher Zweifelhaftigkeit der früheren Eheschließung zur
Eheschließung zugelassen werden mussten (vgl. KG FamRZ 2022, 1017, 1018 mwN;
Wall StAZ 2022, 202, 203; MünchKommBGB/Wellenhofer 9. Aufl. § 1306 Rn. 11
mwN), kann vorliegend offenbleiben. Denn der Grund für die bestehenden
Zweifel, deren Beseitigung das Verfahren nach § 49 PStG dienen soll, liegt
gerade im Fehlen höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Wirksamkeit der
sogenannten Online-Eheschließung. Das vom Gesetz vorgesehene Verfahren ist
damit nach seinem Sinn und Zweck jedenfalls in der Rechtsbeschwerdeinstanz
durchzuführen, wenn dadurch die zugrundeliegende Zweifelsfrage geklärt wird.
Das wird dadurch verdeutlicht, dass den Antragstellern im vorliegenden
Verfahren ungeachtet ihrer Anmeldung der Eheschließung ersichtlich vorrangig
an der - gegebenenfalls inzident zu erfolgenden - Anerkennung der
Online-Eheschließung gelegen ist. Denn eine Klärung des eherechtlichen
Status im Personenstandsverfahren wäre ihnen mangels eines hierfür
gesetzlich vorgesehenen Anerkennungsverfahrens versperrt, wenn für sie
faktisch allein die Möglichkeit der erneuten Eheschließung bestünde. Da eine
solche zudem nur ex nunc wirken würde, träten die Ehewirkungen erst
mit zeitlichem Abstand zu der vorangegangenen Eheschließung ein und
verbliebe für die Zwischenzeit eine Rechtsunsicherheit.
8 Dass die
Antragsteller die beabsichtigte Eheschließung selbst angemeldet haben, steht
dem nicht entgegen, weil dieses Vorgehen für sie die einzige Möglichkeit
darstellt, die gerichtliche Klärung der Wirksamkeit der vorangegangenen
Online-Eheschließung im Personenstandsverfahren herbeizuführen. Auf
einen Feststellungsantrag nach § 121 Nr. 3 FamFG können sie zu diesem
Zweck schließlich schon deshalb nicht verwiesen werden, weil ein solches
Verfahren nur zwischen den beteiligten (Schein-)Ehegatten und insbesondere
ohne Beteiligung einer (Personenstands-)Behörde geführt werden müsste und im
Unterschied zum Verfahren nach dem bis zum 30. Juni 1998 geltenden § 638
Satz 2 ZPO eine Feststellung für und gegen alle nicht vorgesehen ist (vgl.
OLG Nürnberg FamRZ 2023, 1459, 1461; Prütting/Helms/Helms FamFG 6. Aufl. §
121 Rn. 11 mwN).
9 c) Die per Videotelefonie von Deutschland
aus erfolgte Eheschließung der Antragsteller vor einer Stelle in Utah ist im
Inland unwirksam.
10 Gemäß Art. 13 Abs. 4 Satz 1
EGBGB kann eine - wie hier vorliegend - verschiedengeschlechtliche Ehe im
Inland nur in der hier vorgeschriebenen Form geschlossen werden.
Nach § 1310 Abs. 1 Satz 1 BGB müssen die Erklärungen der Eheschließenden vor
dem Standesbeamten abgegeben werden. Die Eheschließenden müssen die
Erklärungen gemäß § 1311 Satz 1 BGB persönlich und bei gleichzeitiger
Anwesenheit abgeben. Das ist vorliegend nicht geschehen.
11 aa)
Ob es sich in der vorliegenden Fallkonstellation um eine
Eheschließung im Inland handelt, ist umstritten.
12 Zum Teil
wird vertreten, im Fall einer nach dem jeweiligen Auslandsrecht für die
Wirksamkeit der Eheschließung erforderlichen („konstitutiven“) Registrierung
durch die ausländische Stelle liege der Ort der Eheschließung im Ausland und
finde Art. 11 EGBGB Anwendung (Staudinger/Mankowski BGB [2011] Art. 13 EGBGB
Rn. 479; MünchKommBGB/Coester 9. Aufl. Art. 13 EGBGB Rn. 141;
BeckOGK/Rentsch [Stand: 1. Juni 2024] EGBGB Art. 13 Rn. 241; Gössl/Pflaum
StAZ 2022, 97, 98 ff.; Hepting/Dutta Familie und Personenstand 4. Aufl. Rn.
III-409; Erbarth StAZ 2022, 289, 291 ff.; Franck JZ 2023, 21,
29; Beiderwieden jurisPR-IWR 2/2022 Anm. 4; ebenso bereits LG
Frankenthal FamRZ 1975, 698 für die formlose Eheschließung von Koreanern in
Deutschland mit anschließender Registrierung in Korea; vgl. auch VG Berlin
StAZ 2024, 87, 88 für eine Konsensehe nach islamischem Recht, wenn nur ein
Verlobter die Eheschließungserklärung von Deutschland aus abgegeben hat).
13 Der überwiegende Teil der bislang veröffentlichten
instanzgerichtlichen Rechtsprechung und ein Teil der Literatur sind dagegen
mit dem Beschwerdegericht der Meinung, dass auf die Abgabe der Erklärungen
durch die Eheschließenden abzustellen ist. Sei diese im Inland erfolgt,
handele es sich um eine Eheschließung im Inland (VG Augsburg BeckRS
2022, 15351 [dazu VGH München StAZ 2022, 306]; VG Karlsruhe Beschluss vom
28. September 2023 - 1 K 3074/23 - juris Rn. 10 ff.; VG Düsseldorf Urteil
vom 5. Juli 2024 - 7 K 2728/22 -juris; im Ergebnis auch VG Düsseldorf FamRZ
2022, 681; NK-BGB/Andrae 4. Aufl. Art. 13 EGBGB Rn. 100; BeckOK BGB/Mörsdorf
[Stand: 1. November 2023] Art. 13 EGBGB Rn. 64; Wall StAZ 2022, 33, 38 und
StAZ 2022, 202, 204 f.; Mayer IPRax 2022, 593, 597; Gmehling Der Ort der
Eheschließung im deutschen Kollisionsrecht [2024] S. 66 ff.; vgl. bereits
Beitzke StAZ 1964, 25).
14 bb) Die letztgenannte Auffassung
trifft zu.
15 (1) Die Vorschrift des Art. 13 Abs. 4
EGBGB ist lex specialis zu Art. 11 EGBGB und ihrer Rechtsnatur nach eine
einseitige Kollisionsnorm (vgl. Staudinger/Looschelders BGB [2024]
Einl zum IPR Rn. 1033 f.), die als besondere Bestimmung zur Form der
Eheschließung im Inland nach deutschem Recht auszulegen ist (vgl. Wall StAZ
2022, 33, 37; Mayer IPRax 2022, 593, 596). Fragen der Mitwirkung
eines Trauungsorgans bei der Eheschließung sind dabei wie die Modalitäten
der Eheschließungserklärungen nach einhelliger Ansicht als Formfragen
anzusehen (MünchKommBGB/Coester 9. Aufl. Art. 13 EGBGB Rn. 132
f.; Franck JZ 2023, 21, 26; vgl. BGHZ 29, 137 = FamRZ 1959, 143, 144 f.;
Senatsbeschluss vom 29. September 2021 - XII ZB 309/21 - FamRZ 2022, 93 Rn.
12).
16 Im Ausgangspunkt findet die Eheschließung dort statt,
wo die für ihre Wirksamkeit erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen
werden. Für die Eheschließung ist nach dem maßgeblichen
deutschen Rechtsverständnis materiellrechtlich der Konsens der
Eheschließenden tragend (vgl. Hepting/Dutta Familie und
Personenstand 4. Aufl. Rn. III-153 f.; Gernhuber/Coester-Waltjen
Familienrecht 7. Aufl. § 12 Rn. 1), sodass auf die Abgabe der
Eheschließungserklärungen abzustellen ist. Es genügt, dass
eine Erklärung in Deutschland abgegeben wurde, weil damit ein
wesentlicher Teil der Eheschließung im Inland verwirklicht wurde.
Dem steht ein abweichender Ort des Zugangs der Eheschließungserklärungen
oder der ausländische Sitz des Trauungsorgans, an das die
Erklärungen übermittelt werden, nicht entgegen. Die Mitwirkung des
Standesbeamten (vgl. § 1310 BGB) und die Notwendigkeit höchstpersönlicher
Erklärungen (vgl. § 1311 BGB) stellen Elemente der Form dar, die für den Ort
der Eheschließung nicht ausschlaggebend sind. Die Anwendbarkeit von
Formvorschriften ergibt sich nach der gesetzlichen Konzeption erst aus dem
vorrangig zu bestimmenden Ort der Eheschließung.
17 (2) Dass
die Registrierung nach dem in Betracht kommenden Auslandsrecht
„konstitutive“ Wirkungen hat, ändert daran nichts. Dem Abstellen auf
das Auslandsrecht liegt vielmehr ein Zirkelschluss zugrunde, der das zu
Begründende, nämlich die Anwendbarkeit des ausländischen Formstatuts, in
unzulässiger Weise voraussetzt (zutreffend Wall StAZ 2022, 202, 204
f.; NK-BGB/Andrae 4. Aufl. Art. 13 EGBGB Rn. 100; Mayer IPRax 2022, 593,
596; Gmehling Der Ort der Eheschließung im deutschen Kollisionsrecht [2024]
S. 57 f.; aA Gössl/Pflaum StAZ 2022, 97, 101; Coester-Waltjen/Coester Liber
Amicorum Bea Verschraegen [2023] S. 1, 7).
18 Im Übrigen kennt auch
das deutsche Recht (vorbehaltlich der Heilungsmöglichkeiten nach § 1310 Abs.
3 BGB) mit §§ 1310 Abs. 1, 1311 Abs. 1 BGB Formerfordernisse, die für die
Wirksamkeit der Eheschließung erfüllt sein müs- sen. Es dürfte daher
ohnedies schon keine entscheidende Besonderheit darstellen, wenn das
jeweilige Auslandsrecht die Registrierung im Unterschied zum deutschen Recht
als Wirksamkeitsvoraussetzung der Eheschließung vorsieht. Dass auch eine
„konstitutive“ Registrierung die Eheschließungserklärungen nicht zu ersetzen
vermag, wird dadurch bestätigt, dass eine im Ausland etwa
ohne entsprechenden Konsens der Verlobten vorgenommene Eheschließung bei -
vorliegend aufgrund des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts der
Antragsteller in Deutschland bestehendem - Inlandsbezug mit dem ordre public
nach Art. 6 Satz 2 iVm Art. 6 Satz 1 EGBGB unvereinbar wäre (vgl.
Kaiser FamRZ 2013, 77, 81 mwN). Soweit der Senat einen
ordre-public-Verstoß bei sogenannten Handschuhehen grundsätzlich verneint
hat (Senatsbeschluss vom 29. September 2021 - XII
ZB 309/21 - FamRZ 2022, 93 Rn. 30 f. mwN), bezieht sich dies auf den
Fall der Stellvertretung in der Erklärung. Diese setzt indessen die
Übereinstimmung der Vertretererklärung mit dem Willen der Verlobten, also
auch deren materiellen Ehekonsens voraus und betrifft mithin allein die
Formfrage.
19 (3) Es besteht auch kein
Wertungswiderspruch zwischen der Behandlung von Online-Eheschließung und
Handschuhehe. In Anbetracht der vom Gesetzgeber in Art. 13 Abs. 4
Satz 1 EGBGB bewusst getroffenen Regelung, von der Art. 13 Abs. 4 Satz 2
EGBGB nur eine hier nicht gegebene Ausnahme vorsieht, ist ein
Absehen von der zwingend vorgeschriebenen Inlandsform nicht möglich. Im
Unterschied zur Handschuhehe werden bei der Online-Eheschließung die
Erklärungen von den Eheschließenden persönlich an deren jeweiligem
Aufenthaltsort abgegeben und nicht durch Vertreter am Ort der Trauungsperson
oder registrierenden Behörde. Das entspricht nicht zuletzt auch der Art. 11
EGBGB zugrundeliegenden Systematik, wie insbesondere aus Art. 11 Abs. 3 BGB
deutlich wird (vgl. Staudinger/Schäuble BGB Art. 11 EGBGB Rn. 217).
Das Ergebnis wird schließlich durch die Regelung in Art. 17 b Abs. 4 Satz 1,
Abs. 1 Satz 1 EGBGB bestätigt, die die Begründung der gleichgeschlechtlichen
Ehe im Unterschied zu Art. 13 Abs. 4 EGBGB dem Recht des Register führenden
Staates unterstellt und damit dessen Formvorschriften auch bei der
Eheschließung zur Anwendung beruft (vgl. BT-Drucks. 14/3751 S. 60;
BR-Drucks. 432/18 S. 26; Gmehling Der Ort der Eheschließung im deutschen
Kollisionsrecht [2024] S. 34 f.). Zumal Ort der Registrierung und der
Registerführung in der Regel übereinstimmen werden, wäre eine solche
Regelung nicht erforderlich gewesen, wenn der Ort der Registrierung zugleich
Ort der Eheschließung wäre.
20 (4) Selbst wenn hinsichtlich
der Formzwecke möglicherweise kein wesentlicher Unterschied zwischen
Online-Eheschließung und (doppelter) Handschuhehe bestehen sollte,
berechtigte dies nicht dazu, von der durch Art. 13 Abs. 4 Satz 1 EGBGB
zwingend angeordneten Inlandsform abzusehen. Diese ist vom Gesetzgeber
allein an die Eheschließung im Inland geknüpft und von
weiteren Voraussetzungen nicht abhängig gemacht worden. Wegen der
ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung kann die Inlandsform
(entgegen Erbarth StAZ 2022, 289, 292; Franck JZ 2022, 21, 29)
selbst durch eine ihr funktional etwa gleichwertige Auslandsform somit nicht
ersetzt werden. Im Übrigen wird ein ausländisches Trauungsorgan
regelmäßig keine Veranlassung haben, bei Beteiligung eines deutschen
Verlobten (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 237, 157 = FamRZ 2023, 1615 Rn. 29)
etwaige nach deutschem Recht in Betracht kommende Ehehindernisse (zB
Eingehung einer Scheinehe nach §§ 1310 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1, 1314 Abs. 2 Nr.
5 BGB) zu prüfen, die im Inland gegebenenfalls zur Ablehnung der Mitwirkung
durch den Standesbeamten führen.
21 Eine zum Teil befürwortete (Mayer
IPRax 2022, 593, 597 mwN) Änderung der bewusst normierten gesetzlichen
Formerfordernisse liegt in der alleinigen Zuständigkeit des Gesetzgebers.
22 cc) Die Missachtung der von Art. 13 Abs. 4 Satz 1 EGBGB
vorgeschriebenen Inlandsform hat zur Folge, dass die Ehe nicht
geschlossen ist (Staudinger/Mankowski BGB [2011] Art. 13 EGBGB Rn.
497), sodass die Online-Eheschließung im vorliegenden Fall unwirksam ist und
daher der angemeldeten Eheschließung nicht entgegensteht.
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