| Rechtsnatur der 
	Briefmarke: "Kleines Inhaberpapier" i.S.v. § 807 BGB; ergänzende 
	Vertragsauslegung bei Gültigkeitsverlust durch Hoheitsakt; Voraussetzungen 
	und Maßstab der ergänzenden Auslegung (hypothetischer Parteiwille); Verbot 
	widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium) 
 BGH, Urteil vom 11. Oktober 
	2005 - XI ZR 395/04 
 Fundstelle:
 noch nicht bekannt
 für BGHZ vorgesehen
 
 Amtl. Leitsätze: a) Eine von der 
	Deutschen Post AG herausgegebene Briefmarke erfüllt alle Voraussetzungen, 
	die § 807 BGB an ein so genanntes "kleines Inhaberpapier" stellt.b) Der Fall, dass die Briefmarke ihre Gültigkeit durch einen staatlichen 
	Hoheitsakt verliert, so dass der in ihr verkörperte Anspruch auf eine 
	Beförderungsleistung gemäß § 807 BGB nicht mehr durchgesetzt werden kann, 
	ist im Gesetz nicht geregelt. Im Wege ergänzender Vertragsauslegung ergibt 
	sich, dass verständige und redliche Vertragsparteien bei Kenntnis der 
	Regelungslücke ein Umtauschrecht mit einer Gültigkeitsdauer von einem Jahr 
	vereinbart hätten.
 
 Zentrale Probleme: Am Ausgangspunkt der methodisch sehr lehrreichen 
	Entscheidung steht der Begriff des "kleinen Inhaberpapiers" i.S.v § 807 BGB. 
	Nachdem der Senat die Briefmarke als eine solche qualifiziert, hat er sich 
	damit auseinanderzusetzen, wie sich die gesetzliche Kraftloserklärung alter 
	"Pfennig"-Marken im Zuge der Euro-Währungsumstellung auswirkt. Er arbeitet 
	hier mit ergänzender Vertragsauslegung, deren Voraussetzungen und Verhältnis 
	zu §§ 313, 242 BGB eingehend dargelegt wird: Der in den Pfennig- und 
	DM-Marken verkörperte Beförderungsanspruch ist wegen der durch die 
	Ungültigerklärung entfallenen Legitimationswirkung nicht mehr durchsetzbar. 
	Damit ist eine für die Parteien nicht vorhersehbare Äquivalenzstörung 
	eingetreten, die weder gesetzlich noch vertraglich geregelt ist. Diese 
	Regelungslücke ist primär im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu 
	schließen. Dabei ist darauf abzustellen, was redliche und verständige 
	Parteien bei Kenntnis der Lücke nach dem Vertragszweck und bei sachgemäßer 
	Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben vereinbart 
	hätten. Er kommt damit zu einem befristeten Umtauschrecht, nicht aber zu 
	einem Rückkaufsanspruch. Es sei auch kein widersprüchliches Verhalten 
	(venire contra factum proprium), wenn die Post AG trotz der Tatsache, daß 
	sie auch nach der angekündigten Frist noch Marken umgetauscht habe, sich 
	nunmehr auf den Ablauf dieser Frist berufe. 
©sl 2005 
 Tatbestand: 
	Der Kläger, ein Briefmarkenhändler, und die beklagte Deutsche 
	Post AG streiten über deren Verpflichtung zum Umtausch ungültig gewordener 
	Briefmarken. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
 Anlässlich der Währungsumstellung von Deutsche Mark auf Euro Anfang 2002 
	erklärte das Bundesministerium für Finanzen gemäß § 43 Abs. 1 PostG 
	Postwertzeichen, deren Nennwert ausschließlich in Deutsche Mark oder in 
	Pfennig angegeben ist, mit Wirkung vom 1. Juli 2002 für ungültig. Die 
	Beklagte bot daraufhin durch öffentliche Erklärungen den Inhabern so 
	genannter "Pfennig-Briefmarken" an, diese bis zum 30. Juni 2003 gegen neue 
	Euro-Briefmarken zu tauschen.
 
 Der Kläger reichte bis zu diesem Zeitpunkt ungültige Briefmarken im 
	Gesamtnennwert von über 300.000 DM bei der Beklagten ein, die diese in 
	Briefmarken mit entsprechendem Euro-Nennwert umtauschte. Auch die erst nach 
	Ablauf der Umtauschfrist im Juli 2003 vorgelegten Briefmarken des Klägers 
	und anderer Kunden tauschte die Beklagte ohne weiteres um. In der Folgezeit 
	erwarb der Kläger von Dritten in großen Stückzahlen weitere 
	"Pfennig-Briefmarken" weit unter ihrem Nennwert. Diese im August und 
	November 2003 zum Tausch übersandten Postwertzeichen nahm die Beklagte aber 
	nicht mehr an, sondern berief sich nunmehr auf den Ablauf der von ihr 
	festgelegten Umtauschfrist.
 
 Der Kläger verlangt von der Beklagten die Herausgabe von Euro-Briefmarken im 
	Gesamtwert von 48.572,73 € Zug um Zug gegen Einlieferung von 
	"Pfennig-Briefmarken" im Wert von 95.000 DM. Er hält die Beklagte mangels 
	wirksamer zeitlicher Beschränkung der Umtauschmöglichkeit und aus 
	Vertrauensschutzgesichtspunkten für verpflichtet, auch die 
	streitgegenständlichen Marken umzutauschen.
 
 Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie 
	abgewiesen. Mit der - vom Berufungsgericht - zugelassenen Revision erstrebt 
	der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
 
 Entscheidungsgründe:
 Die Revision ist nicht begründet.
 I. Das Berufungsgericht (OLGR Köln 2005, 48 und JMBl. NRW 2005, 117) hat ein 
	Umtauschrecht des Klägers verneint und zur Begründung seiner Entscheidung im 
	Wesentlichen ausgeführt:
 
 Nach der Privatisierung des Postwesens stehe die privatrechtliche Bewertung 
	des Erwerbs von Postwertzeichen außer Zweifel. Seitdem würden Briefmarken 
	durch Kaufvertrag und Übereignung erworben. Aus den Regeln des Kaufrechts 
	könne der Kläger keine Rechte herleiten. Die Parteien stritten weder über 
	einen Sach- noch über einen Rechtsmangel, sondern über die Frage, welche 
	Rechte dem Inhaber ungültig gewordener Postwertzeichen zustünden.
 
 Briefmarken seien keine Zahlungsmittel, sondern so genannte "kleine 
	Inhaberpapiere" im Sinne des § 807 BGB. Der Fall, dass eine Briefmarke ihre 
	Gültigkeit durch einen staatlichen Hoheitsakt verliere, werde in den §§ 793 
	ff. BGB nicht geregelt. Die Regelungslücke sei im Wege der ergänzenden 
	Vertragsauslegung zu schließen. Dabei sei davon auszugehen, dass die 
	Prozessparteien bei Kenntnis der späteren Entwicklung eine Möglichkeit zum 
	Umtausch der ungültigen Briefmarken vorgesehen hätten.
 
 Die Befristung der Umtauschmöglichkeit auf ein Jahr sei wirksam. Die Frist 
	berücksichtige das Prinzip der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung 
	hinreichend und sei auch sonst angemessen. Die betroffenen Postkunden liefen 
	bei dieser Regelung nur Gefahr, den Gegenwert für den Kaufpreis, nämlich die 
	Beförderungsleistung der Beklagten, zu verlieren, während ein unbefristetes 
	oder längeres Umtauschrecht die Beklagte wesentlich mehr belaste. Denn die 
	alten "Pfennig-Briefmarken" seien nicht fälschungssicher und mit dem 
	Briefmarkentausch sei ein erheblicher Verwaltungsaufwand verbunden.
 
 Ein weitergehendes Umtauschrecht des Klägers ergebe sich auch nicht daraus, 
	dass sich die Beklagte selbst nicht strikt an die nach ihren Angaben am 30. 
	Juni 2003 endende Jahresfrist gehalten, sondern die von ihm und von anderen 
	Kunden erst im Juli 2003 vorgelegten "Pfennig-Briefmarken" anstandslos 
	umgetauscht habe. Ein Vertrauenstatbestand zu Lasten der Beklagten sei 
	dadurch nicht geschaffen worden, weil sie erkennbar nur aus Kulanz gehandelt 
	und auf etwaige längere Postlaufzeiten Rücksicht genommen habe.
 
 II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand.
 
 1. Das Berufungsgericht hat Briefmarken - jedenfalls nach der Privatisierung 
	der Beklagten - zu Recht als so genannte "kleine Inhaberpapiere" im Sinne 
	des § 807 BGB angesehen.
 
 a) Mit der Frage zum zivilrechtlichen Rechtscharakter einer Briefmarke war 
	der Bundesgerichtshof noch nicht befasst. Die Aussagen in der Literatur sind 
	gegensätzlich.
 
 Nach der im Vordringen befindlichen Ansicht (siehe Münch-KommBGB/Hüffer, 4. 
	Aufl. § 807 Rdn. 12 f.; Staudinger/Marburger, BGB (2002) § 807 Rdn. 5; 
	Allgaier DÖD 2001, 211, 214; Gerold Schmidt ZStW 111 (1999), 388, 420 f.; 
	ders. NJW 1998, 200, 202 f.; ebenso schon vor der Privatisierung der 
	Bundespost: Andrae, Die privatrechtliche Natur der Briefmarke, Diss. Jena 
	1933, S. 21; Enneccerus, Recht der Schuldverhältnisse 10. Bearb. S. 620; 
	Eidenmüller, Grundlagen des Post- und Postbankrechts § 3 PostG Anm. 1) 
	gehören Briefmarken zu den Inhaberpapieren im Sinne des § 807 BGB, die einen 
	Anspruch auf Beförderung einer Postsendung im Wert des auf der Marke 
	angegebenen Geldbetrages verkörpern.
 
 Die Gegenansicht zählt die Briefmarke dagegen nach wie vor zu den 
	Geldsurrogaten (Gehrlein, in: Bamberger/Roth, BGB § 807 Rdn. 2; Hk-BGB/Schulze, 
	4. Aufl. § 807 Rdn. 2; Jauernig/Stadler, BGB 11. Aufl. § 807 Rdn. 1; Weipert, 
	Die Rechtsnatur der Briefmarke, Diss. Kiel 1996, S. 37, 40; Häde ZUM 1991, 
	536; vor der Privatisierung der Bundespost: grundlegend Kohler ArchBürgR 6 
	(1892), 316, 324; Altmannsperger, Gesetz über das Postwesen § 3 PostG Rdn. 
	10; Enneccerus/Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse 13. Bearb. S. 814; RGRK/Steffen, 
	BGB 12. Aufl. § 807 Rdn. 7; Soergel/Welter, BGB 11. Aufl. § 807 Rdn. 2; 
	Karsten Schmidt JuS 1990, 62, 63).
 
 Für eine vermittelnde Meinung ist die Briefmarke einerseits Wertträger oder 
	Zahlungsmittel, andererseits aber ihrer Funktion nach den "kleinen 
	Inhaberpapieren" des § 807 BGB weitgehend angenähert (Stern, in: Beck'scher 
	PostG-Kommentar 2. Aufl. § 43 Rdn. 10; ähnlich Laband, Festschrift G. Cohn 
	S. 323, 324 ff.; vgl. ferner Monz ArchPF 1990, 28, 29; Florian/Weigert, 
	Kommentar zur PostO § 6 Anm. 2 b).
 
 Andere Autoren halten die Briefmarke für eine bloße Quittung (Stober/Moelle/Müller-Dehn, 
	in: Stern, Postrecht der Bundesrepublik Deutschland, Teil H § 3 PostG Rdn. 
	4).
 
 b) Der erkennende Senat schließt sich der erstgenannten Auffassung an. 
	Ein Inhaberpapier im Sinne des § 807 BGB liegt vor, wenn der Aussteller des 
	Papiers sich durch Leistung an den Inhaber befreien kann, der Inhaber die 
	versprochene Leistung zu fordern berechtigt ist und der Besitz der Urkunde 
	zur Geltendmachung des Rechts oder der Forderung erforderlich ist (Erman/Heckelmann, 
	BGB 11. Aufl. § 807 Rdn. 4; Staudinger/Marburger aaO § 807 Rdn. 2, 4). Dies 
	ist bei einer gültigen Briefmarke der Fall.
 
 Aus den Umständen der Herausgabe einer Briefmarke durch die Beklagte und 
	nach der allgemeinen Verkehrssitte, die für die Ermittlung des 
	Verpflichtungswillens des Ausstellers eines Inhaberzeichens von Bedeutung 
	sind (BGHZ 28, 259, 264), ergibt sich, dass die Briefmarke einen Anspruch 
	auf Beförderung einer Postsendung in dem Umfang verkörpert, der dem 
	aufgedruckten Wert entspricht. Dass der Frachtvertrag erst mit Aufgabe 
	der jeweiligen Sendung zustande kommt, steht dem nicht entgegen, weil die 
	von der Beklagten versprochene Leistung durch die Wertangabe hinreichend 
	bestimmbar ist. Die Beklagte will die Beförderungsleistung gegenüber jedem 
	mit schuldbefreiender Wirkung erbringen, der gültige Briefmarken in Höhe des 
	vorgesehenen Leistungsentgelts auf die jeweilige Postsendung klebt (Gerold 
	Schmidt NJW 1998, 200, 202). Die Briefmarke dient in diesem Zeitpunkt daher 
	nur noch der Kontrolle, ob das für die konkrete Sendung vereinbarte 
	Leistungsentgelt im Voraus geleistet worden ist (Gerold Schmidt ZStW 111 
	(1999), 388, 420 f.).
 
 Der Wille der Beklagten ist angesichts des Massengeschäfts zudem darauf 
	gerichtet, nicht nachprüfen zu wollen oder zu müssen, ob der jeweilige 
	Inhaber auch tatsächlich Eigentümer und rechtmäßiger Besitzer des 
	Postwertzeichens ist. Die Briefmarke legitimiert daher jeden Inhaber 
	förmlich zur Forderung der Beförderungsleistung, gleichgültig, ob er die 
	Marke von der Beklagten oder von einem Dritten, sei es auch unter ihrem 
	Nennwert oder unentgeltlich (vgl. Altmannsperger aaO § 3 PostG Rdn. 4; 
	Ohnheiser, Postrecht 4. Aufl. § 3 PostG Rdn. 4; Allgaier ArchPF 1989, 222, 
	224), erworben hat.
 
 Schließlich ist der Besitz der Briefmarke zur Geltendmachung des in ihr 
	verkörperten Beförderungsanspruchs erforderlich. Der Inhaber einer 
	Briefmarke kann nach deren Untergang nämlich keine Leistung mehr verlangen, 
	selbst wenn er die Zahlung eines entsprechenden Geldbetrages für die Marke 
	sicher nachweisen könnte (Weipert aaO S. 19). Die Schutzfunktion des § 797 
	BGB wird durch die Stempelung erreicht, mit der die Briefmarke entwertet 
	wird (Allgaier ArchPF 1989, 222, 223). Die Briefmarke erfüllt demnach 
	sämtliche Voraussetzungen, die die Regelungen des § 807 BGB an ein "kleines 
	Inhaberpapier" stellen. Das gilt auch für Briefmarken, die vor der ersten 
	Postreform vom 1. Juli 1989 ausgegeben worden sind. Denn durch § 65 Abs. 1 
	und 3 PostVerfG wurden auch bereits bestehende öffentlich-rechtliche 
	Beziehungen in privatrechtliche umgewandelt.
 
 2. Entgegen der Ansicht der Revision steht dem Kläger kein Umtauschrecht 
	gegen die Beklagte zu. Der Fall, dass Briefmarken durch einen staatlichen 
	Hoheitsakt ihre Gültigkeit und damit ihre Legitimationswirkung verlieren, 
	ist weder gesetzlich noch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten 
	geregelt. Die Lücke ist mit Hilfe ergänzender Vertragsauslegung (§§ 133, 
	157 BGB) zu schließen. Daraus ergibt sich indes kein Anspruch der 
	betroffenen Postkunden auf Übereignung wertgleicher neuer Euro-Briefmarken, 
	der über das von der Beklagten unterbreitete befristete Umtauschangebot 
	hinausgeht.
 
 a) Die Regeln der ergänzenden Vertragsauslegung im Sinne des §§ 133, 157 
	BGB finden, wovon auch die Revision ausgeht, Anwendung. Sie haben Vorrang 
	gegenüber der Bestimmung der Leistungspflicht nach Treu und Glauben gemäß § 
	242 BGB (BGHZ 9, 273, 277 f.) und gegenüber der Lehre von der fehlerhaften 
	Geschäftsgrundlage im Sinne des § 313 BGB n.F. (BGHZ 81, 135, 143; 90, 69, 
	74). Das in einem "kleinen Inhaberpapier" des § 807 BGB verkörperte 
	Leistungsversprechen des Schuldners ist wie eine Inhaberschuldverschreibung 
	im Sinne des § 793 BGB (vgl. dazu BGHZ 28, 259, 263; Staudinger/Marburger 
	aaO § 793 Rdn. 9) der ergänzenden Vertragsauslegung zugänglich; diese 
	gilt für Rechtsgeschäfte aller Art.
 
 b) Die ergänzende Vertragsauslegung des Berufungsgerichts unterliegt der 
	selbständigen und uneingeschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht. 
	Briefmarken sind für den allgemeinen Verkehr bestimmt und im ganzen 
	Bundesgebiet verbreitet. Im Interesse der Rechtssicherheit und der 
	Verkehrsfähigkeit ist deshalb eine allgemein verbindliche Auslegung des 
	Leistungsversprechens der Beklagten im Sinne des § 807 BGB unabhängig von 
	den Besonderheiten und Eigenarten des konkreten Einzelfalles sachlich 
	geboten (vgl. BGHZ 28, 259, 263 für börsengängige 
	Inhaberschuldverschreibungen; BGH, Urteil vom 24. November 1958 - II ZR 
	248/56, WM 1958, 1541). Dies gilt auch bei der hier erforderlichen 
	ergänzenden Vertragsauslegung.
 
 c) Diese richtet sich danach, was redliche und verständige Parteien bei 
	Kenntnis der planwidrigen Regelungslücke nach dem Vertragszweck und 
	sachgemäßer Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben 
	(§ 242 BGB) vereinbart hätten (st.Rspr., siehe etwa BGHZ 9, 273, 278 f.; 
	127, 138, 142; 158, 201, 207). Danach hätte man sich zwar auf eine 
	Umtauschmöglichkeit für ungültig gewordene Briefmarken geeinigt, diese aber 
	auf ein Jahr befristet.
 
 aa) Wie auch die Revision nicht in Frage stellt, hätten seriöse und 
	verständige Inhaber von "Pfennig-Briefmarken" mit der Beklagten vereinbart, 
	dass sie ihnen ein Umtauschangebot unterbreitet. Diese Regelung drängt sich 
	geradezu auf, weil durch einen Tausch der ungültigen Marken gegen neue 
	Euro-Marken gleichen Nennwerts die Störung des Äquivalenzverhältnisses auf 
	einfache Weise und ohne eine unzumutbare Belastung beider Vertragsteile 
	beseitigt wird. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass Briefmarken nicht bar 
	eingelöst werden und die Beklagte den Kaufpreis bereits als Einnahme 
	verbucht hat. Für eine Umtauschmöglichkeit spricht überdies, dass sie in § 
	49 Abs. 4 Satz 1 PostO vom 22. Dezember 1921 ausdrücklich vorgesehen war und 
	die Post nach Aufhebung dieser Vorschrift Briefmarken, deren 
	Gültigkeitsdauer begrenzt war, in Anlehnung an die frühere Gesetzeslage 
	umgetauscht hat (vgl. dazu Florian/Weigert, Kommentar zur PostO § 6 Anm. 2 
	a).
 
 Entgegen der von der Revision in der mündlichen Verhandlung vertretenen 
	Ansicht ist daher aus dem Umstand, dass nach dem Gesetz vom 16. Dezember 
	1999 über die Änderung währungsrechtlicher Vorschriften infolge der 
	Einführung des Euro-Bargeldes (Drittes EuroEG) auf Deutsche Mark lautende 
	Banknoten und auf Deutsche Mark oder Deutsche Pfennig lautende Bundesmünzen 
	zeitlich unbegrenzt umgetauscht werden können, nichts herzuleiten. Dass der 
	Gesetzgeber für die "Pfennig-Briefmarken" keine derartige oder vergleichbare 
	Regelung getroffen hat, zeigt vielmehr, dass es der Deutschen Post AG 
	überlassen bleiben sollte, wie in der Vergangenheit zu verfahren.
 
 bb) Die Befristung der Umtauschmöglichkeit auf ein Jahr nach Ablauf der 
	Gültigkeit ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat - worauf das 
	Berufungsgericht zutreffend hingewiesen hat - ein sachliches Interesse an 
	einer solchen Regelung. Dieses ergibt sich zum einen daraus, dass die 
	"Pfennig-Briefmarken", von denen mehr als 1.000 verschiedene Motive im 
	Umlauf waren, weniger fälschungssicher sind als die neuen Euro-Briefmarken. 
	Die Beklagte ist daher unabhängig von der Beweislast für die Echtheit einer 
	Briefmarke daran interessiert, nicht unnötig lange der Gefahr ausgesetzt zu 
	sein, dass gefälschte Briefmarken zum Umtausch vorgelegt werden. Zum anderen 
	ist der erhebliche Verwaltungsaufwand für den Umtausch der Marken zu 
	berücksichtigen, zumal er nicht aufgrund einer freien Entscheidung der 
	Beklagten, sondern der europäischen Währungsumstellung und der Anordnung des 
	Bundesministeriums für Finanzen notwendig geworden ist. Die Erhebung einer 
	Gebühr wäre, was die Revision verkennt, angesichts des häufig nur geringen 
	Werts des Tauschobjekts unverhältnismäßig und außerdem nicht praktikabel.
 
 cc) Dagegen ist ein berechtigtes Interesse der betroffenen Postkunden an 
	einem zeitlich unbegrenzten oder längerfristigen Umtauschrecht nicht zu 
	erkennen. Die Einführung des Euro als neue Währung zum 1. Januar 2002 war 
	seit längerem allgemein bekannt. Seit Januar 2001 wurden deshalb 
	ausschließlich Briefmarken mit Wertangaben in Deutsche Mark und in Euro neu 
	herausgegeben, die mit Ablauf des 30. Juni 2002 nicht ungültig wurden. Damit 
	standen den Postkunden insgesamt zweieinhalb Jahre für die Umstellung von 
	Pfennig- auf Euro-Briefmarken zur Verfügung. Eine über den 30. Juni 2003 
	hinausreichende Umtauschfrist war angesichts dessen nicht geboten, zumal für 
	niemanden angesichts der seit langem angekündigten Umstellung der Währung 
	auf Euro Veranlassung bestand, einen Vorrat an "Pfennig-Briefmarken" 
	anzulegen, der weder bis zum 30. Juni 2002 verbraucht noch bis zum 30. Juni 
	2003 umgetauscht werden konnte. Nimmt man hinzu, dass die früheren 
	Umtauschfristen in aller Regel nur drei Monate betrugen (siehe 
	Florian/Weigert, Kommentar zur PostO § 6 Anm. 2a), obwohl die Post aufgrund 
	ihrer öffentlich-rechtlichen Organisation unmittelbar an Art. 14 GG gebunden 
	war (vgl. Herdegen, in: Beck'scher Post-Kommentar 2. Aufl. VerfGrdl. Rdn. 71 
	ff.), kann von einer die schützenswerten Interessen der Inhaber von 
	"Pfennig-Briefmarken" vernachlässigenden Beschränkung der 
	Umtauschmöglichkeit selbst bei Anlegung strenger Maßstäbe keine Rede sein. 
	Dass der Kläger oder die Personen, von denen er die Marken nach Ablauf der 
	Jahresfrist weit unter ihrem Nennwert erworben hat, an einem rechtzeitigen 
	Umtausch aus von ihnen nicht zu vertretenden Gründen gehindert waren und es 
	sich hierbei nicht um einen zu vernachlässigenden Ausnahmefall handelt, hat 
	er in den Vorinstanzen auch nicht geltend gemacht.
 
 dd) Aus der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung des erkennenden 
	Senats vom 12. Juni 2001 (BGHZ 148, 74 ff.) ergibt sich entgegen der Ansicht 
	der Revision nichts anderes. Zwar darf danach ein 
	Telekommunikationsunternehmen in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen die 
	Gültigkeit von Telefonkarten nicht zeitlich beschränken, weil darin ein 
	vertragswidriger und den einzelnen Kunden unzumutbar belastender Eingriff in 
	das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung liegt. Damit ist aber der 
	vorliegende Streitfall nicht zu vergleichen. Vielmehr hat die Beklagte 
	anders als das vorgenannte Telekommunikationsunternehmen das Notwendige 
	getan, um die von keinem Vertragsteil zu vertretende Vertragsstörung in 
	einer auf die beiderseitigen Interessen hinreichend Rücksicht nehmenden 
	Weise zu beseitigen und die vor der Ungültigkeit der "Pfennig-Briefmarken" 
	bestehende Rechtslage weitgehend wiederherzustellen.
 
 Ein Anspruch des Klägers auf Umtausch der streitgegenständlichen 
	"Pfennig-Briefmarken" ergibt sich schließlich auch nicht aus anderen 
	Umständen.
 
 a) Gegen die Wirksamkeit der Befristung der Umtauschmöglichkeit bestehen 
	auch sonst keine Bedenken. Der Einwand der Revision, dass die Beklagte 
	keineswegs in allen Publikationen oder Veröffentlichungen exakt den 
	Fristablauf zum 30. Juni 2003 kundgetan, sondern im Internet das Fristende 
	nur als "voraussichtlich" bezeichnet habe, greift nicht. Der Kläger hat 
	nicht vorgetragen, dass die Beklagte jemals ein anderes Datum angegeben und 
	damit nicht für die notwendige Rechtssicherheit und Rechtsklarheit gesorgt 
	hat. Davon abgesehen ist nicht dargetan, dass der Kläger durch eine 
	mehrdeutige Bekanntmachung des Endtermins in die Irre geleitet worden ist.
 
 b) Die Beklagte ist auch nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) daran 
	gehindert, sich gegenüber dem Kläger auf den Ablauf der Jahresfrist zu 
	berufen. Ein Berechtigter handelt nur rechtsmissbräuchlich, wenn er durch 
	seine Erklärung oder durch sein Verhalten bewusst oder unbewusst eine Sach- 
	bzw. Rechtslage geschaffen hat, auf die sich der andere Teil verlassen 
	durfte und auch verlassen hat, und sich der Berechtigte jetzt mit seinen 
	früheren Erklärungen bzw. seinem früheren Verhalten in Widerspruch setzt 
	(BGHZ 32, 273, 279; BGH, Urteil vom 6. März 1985 - IVb ZR 7/84, NJW 1985, 
	2589, 2590). Diese engen Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
 
 aa) Auch wenn die Beklagte angekündigt hat, die für ungültig erklärten 
	"Pfennig-Briefmarken" würden "voraussichtlich" bis zum 30. Juni 2003 
	umgetauscht, hat sie keinen Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen, 
	dass sie ihr Angebot auch noch nach diesem Termin aufrecht erhalten werde. 
	Falls der Kläger allein aufgrund des Wortes "voraussichtlich" ein solches 
	Verhalten der Beklagten für möglich und vielleicht sogar für wahrscheinlich 
	hielt, hätte er sich bei ihr erkundigen müssen, bevor er die Briefmarken 
	nach Ablauf der Jahresfrist von Dritten weit unter Nennwert erwarb. Dies 
	kann gerade von einem Briefmarkenhändler erwartet werden.
 
 bb) Der Umstand, dass sich die Beklagte selbst nicht strikt an die von ihr 
	vorgesehene Jahresfrist gehalten, sondern die ihr vom Kläger und von anderen 
	Kunden erst im Juli 2003 vorgelegten "Pfennig-Briefmarken" noch ohne 
	weiteres umgetauscht hat, rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung. 
	Zwar konnte hierdurch der Eindruck entstehen, dass die Beklagte sich 
	zumindest auch in naher Zukunft nicht anders verhalten werde. Nach der 
	allgemeinen Lebenserfahrung ist es aber keine Seltenheit, dass ein 
	Vertragsteil das erste Fristversäumnis des anderen entweder aus Kulanz oder 
	aus vergleichbaren Gründen hinnimmt. Ein sorgfältiger Erklärungsempfänger 
	darf daher normalerweise nicht darauf vertrauen, dass seinem an sich 
	unbegründeten Anspruchsbegehren auch künftig entsprochen wird. Der Kläger 
	handelte infolgedessen auf eigenes Risiko, als er die Briefmarken nach 
	Ablauf der Umtauschfrist von Dritten erwarb und wegen des durch den Wegfall 
	der Umtauschmöglichkeit hervorgerufenen Wertverlustes nur einen weit unter 
	dem Nennwert der Marken liegenden Kaufpreis zahlen musste. Davon abgesehen 
	kann der in seinem berechtigten Vertrauen enttäuschte Vertragspartner 
	grundsätzlich nur einen ihm zugefügten, hier nicht dargelegten 
	Vertrauensschaden (vgl. auch § 122 Abs. 1 BGB) ersetzt verlangen.
 
	III. Die Revision des Klägers konnte demnach keinen Erfolg 
	haben und war deshalb zurückzuweisen.
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