Wolfgang Vogelsang, LL.M (London) wissenschaftlicher Assistent Lehrstuhl Prof. Dr Stephan Lorenz
Arbeitsgemeinschaft Zivilrecht IV
ZPO-Erkenntnisverfahren
3. Arbeitsgemeinschaft
Zulässigkeit der Klage II Fall 5: "Sapere melior aude?" Der in erster Instanz abgewiesene K hat durch Rechtsanwalt R Berufung einlegen lassen. Nach gründlichem Aktenstudium erklärt R seinem Mandanten, die Berufung sei aussichtslos; er (R) könne es mit seinem Gewissen nicht vereinbaren, eine so zweifelhafte Sache zu vertreten und schlage daher Rücknahme der Berufung vor. Damit aber ist K nicht einverstanden. Dennoch nimmt R in der Berufungsverhandlung die Berufung zurück. Ist die Rücknahme wirksam? Lösung: Nach § 78 Abs. 1 besteht vor dem Berufungsgericht Anwaltszwang. Die dem R gem. § 80 zu erteilende Prozeßvollmacht umfaßt gem. § 81 ZPO alle den Rechtsstreit betreffenden Prozeßhandlungen. Die Prozeßvollmacht ist grundsätzlich eine Generalvollmacht für den Prozeß als Ganzes. Die Prozeßvollmacht ermächtigt sowohl zur Abgabe als auch zur Entgegennahme aller den Rechtsstreit betreffenden Prozeßhandlungen. Der Begriff der Prozeßhandlung ist dabei sehr weit zu verstehen. Er umfaßt u.a. alle Handlungen, die auf den Betrieb oder die Beendigung des Rechtstreits gerichtet sind. Die Aufzählung einzelner Prozeßhandlungen in § 81 ZPO hat nur beispielhaften Charakter. Der Prozeßbevollmächtigte kann daher auch ein Rechtsmittel zurücknehmen (1). Die Rücknahme der Berufung durch R ist daher wirksam. FN 1: Ganz h.M., vgl. Musielak/Weth, § 81 Rdnr. 6 m.w.N. § 83 ZPO findet keine Anwendung, da mit Verzicht i.S. dieser Norm nur der Verzicht gem.§ 306 ZPO gemeint ist, vgl. Zöller/Vollkommer, § 83 Rdnr. 1 (zurück). |