Wolfgang Vogelsang, LL.M (London)
wissenschaftlicher Assistent
Lehrstuhl Prof. Dr Stephan Lorenz


Arbeitsgemeinschaft Zivilrecht IV

ZPO-Erkenntnisverfahren

5. Arbeitsgemeinschaft

Parteiverhalten I
Klageänderung; Erledigungserklärung; Veräußerung des Streitgegenstands;
Parteiänderung; Vergleich; Widerklage


Fall 5:          "Wie es euch gefällt?"

Im Kaufpreiszahlungsprozeß des K gegen die X-GmbH stellt sich heraus, daß deren Angestellte B den Kaufvertrag als Vertreterin ohne Vertretungsmacht geschlossen hat. K will die Klage gegen B anstelle der X-GmbH fortsetzen.

Ist dies zulässig?


Lösung:

  1. Fraglich ist, ob das Prozeßrecht eine sog. gewillkürte Parteiänderung (Parteiwechsel und Parteierweiterung), d.h. den Beitritt weiterer Kläger oder die Einbeziehung weiterer Beklagter zuläßt. Die gewillkürte Parteiänderung im Gesetz kaum bedacht (vgl. aber §§ 75 ff, 265 Abs. 2 S. 2, 266 ZPO). Einigkeit besteht, daß für eine gewillkürte Parteiänderung ein praktisches Bedürfnis besteht. Strittig ist jedoch, wie dieses prozessual zu befriedigen ist.

    1. Für die Rspr. und einen Teil der Lit. (1) ist die gewillkürte Parteiänderung ein Unterfall der Klageänderung (sog. Klageänderungstheorie). Sie schließt aus § 263 ZPO, Parteiwechsel und -erweiterung seien in erster Instanz auch bei Sachdienlichkeit zulässig; in zweiter Instanz erleichtert sie derart nur den Klägerwechsel und verlangt im übrigen die Zustimmung des neuen Beklagten, soweit diese nicht mißbräuchlich verweigert wird.
      Danach ist die Einbeziehung der B in den Prozeß zulässig, da diese, sofern sie in die Klageänderung nicht einwilligt, sachdienlich ist(vgl. § 263 ZPO).
    2. Für den anderen Teil der Lit. (2) ist die gewillkürte Parteiänderung ein prozessuales Institut eigener Art, das seinen eigenen Regeln unterliegt. Über dessen Ausgestaltung im einzelnen bestehen Differenzen. In erster Instanz ist aber auch nach dieser Auffassung bezüglich eines neuen Beklagten dessen Zustimmung zur Einbeziehung in den Prozeß nicht nötig, da dieser an die bisherigen Prozeßergebnisse nicht gebunden sei, falls er diesen widerspreche (3).
  2. Demnach bedarf der Meinungsstreit hier keiner Entscheidung. K kann daher das Verfahren mit B fortsetzen.


FN 1: vgl. BGN NJW 1996, 2799 m.w.N. (zurück).

FN 2: Rosenberg/Schwab/Gottwald; § 42 III m.w.N. (zurück).

FN 3: Rosenberg/Schwab/Gottwald; § 42 III 3 b (zurück).