Wolfgang Vogelsang, LL.M (London)
wissenschaftlicher Assistent
Lehrstuhl Prof. Dr. Stephan Lorenz 
 
 
Arbeitsgemeinschaft Zivilrecht IV

 ZPO-Erkenntnisverfahren

2. Arbeitsgemeinschaft

 Zulässigkeit der Klage I
Klageschrift - Rechtsweg-, funktionelle, sachliche und örtliche Zuständigkeit

 

Fall 10:          "Forum shopping"

(vgl NJW 1991, 3092)

Die Firma M-Ltd, ein zypriotisches Bauunternehmen, hatte sich gegenüber der lybischen D verpflichtet, bei H. in Lybien für US-$ 221 Mio. eine Hafenanlage zu bauen. Die Anzahlung der D in Höhe von $ 37 Mio wurde durch eine Erfüllungsgarantie der T, einer türkischen Großbank mit Sitz in Ankara und einer Niederlassung in Stuttgart nebst weiteren Repräsentanzen in Deutschland, gesichert, für die die M-Ltd als Sicherheit $ 20 Mio bei der T in Ankara einzahlte. Nach vorzeitiger Auflösung des Bauvertrags wurde die Garantie in Anspruch genommen und T verrechnete die $ 20 Mio. mit ihrem Erstattungsanspruch.
Die M-Ltd leugnet einen Garantiefall und deshalb auch einen Erstattungsanspruch der T und macht einen Anspruch auf Rückzahlung von $ 20 Mio. vor dem LG Stuttgart geltend. 

Ist die Klage zulässig? 
 
 

Lösung:

Da es sich bei der Streitigkeit zwischen der M-Ltd. und der T nicht um eine rein inländische Rechtsstreitigkeit handelt, stellt sich im erster Linie die Frage, ob die deutschen Gericht international zuständig sind. 

  1. Die internationale Zuständigkeit richtet sich primär nach den speziellen bilateralen Gerichtsstands (- und Vollstreckungs-)abkommen. Ein solches ist hier nicht ersichtlich.
  2. Danach ist zu prüfen, ob die deutschen Gerichte nach dem (multilateralen) EuGVÜ international zuständig sind.

  3. Dessen Anwendungsbereich ist hier nicht gegeben, da weder die Beklagte noch der Kläger einen Wohnsitz im Geltungsbereich des Abkommens haben (vgl. Art. 2, 53 EuGVÜ) und auch keine ausschließliche Zuständigkeit deutscher Gerichte nach dem Abkommen (Art. 16 EuGVÜ) oder einer dem Abkommen unterfallenden Gerichtsstandsvereinbarung (Art. 17 EuGVÜ) vorliegt 
  4. Folglich richtet sich die internationale Zuständigkeit nach autonomem deutschem internationalem Zivilprozeßrecht.

  5. Hier könnte sich die internationale Zuständigkeit aus § 23 ZPO ergeben. Dazu hat der BGH in BGH NJW 1991, 3092 entschieden: 
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    "... Nach gefestigter Rechtsprechung des BGH regelt die ZPO die internationale Zuständigkeit nur mittelbar in §§ 12 ff. ZPO. Soweit danach ein deutsches Gericht örtlich zuständig ist, indiziert dies regelmäßig - auch beim Gerichtsstand des Vermögens - die internationale Zuständigkeit (vgl. BGHZ 44, 46 = NJW 1965, 1665 = LM § 512a ZPO (L) Nr. 4; BGHZ 94, 156 (158) = NJW 1985, 2090 = LM § 18 VOB/B 1973 Nr. 1 m. w. Nachw.; BGH, NJW 1981, 2642 = LM § 33 ZPO Nr. 15; BGH, NJW-RR 1991, 423 = LM § 1027a ZPO Nr. 8).

    II. Die Ansicht des BerGer., für den geltend gemachten Anspruch sei die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte zu verneinen, ist zutreffend.
    1. § 23 S. 1 Alt. 1 ZPO bestimmt, daß für Klagen wegen vermögensrechtlicher Ansprüche gegen eine Person, die im Inland keinen Wohnsitz hat, das Gericht örtlich und damit international zuständig ist, in dessen Bezirk sich Vermögen derselben befindet. Der Umstand, daß die Vorschrift nach ihrem Wortlaut weder im Hinblick auf den Wert des Vermögens noch im Hinblick auf einen Inlandsbezug Einschränkungen enthält, hat in der Rechtsprechung zu einer im Schrifttum kritisierten weiten Auslegung und Anwendung geführt. Als Ausnahme von dem Grundsatz, daß die Klage am Gerichtsstand des Beklagten zu erheben ist (actor sequitur forum rei), hat § 23 ZPO dazu gedient, die internationale Zuständigkeit zu bejahen bei einem vom Bekl. zurückgelassenen Handelsbuch (vgl. RGZ 51, 163 ff.) und bei zurückgelassenen Obstkörben (vgl. RGZ 75, 147 ff.), ohne einen Inlandsbezug des geltend gemachten Anspruchs zu fordern. Das hat dazu geführt, daß der so verstandene Vermögensgerichtsstand u. a. als unerwünscht, exorbitant und als Kampfgerichtsstand bezeichnet worden ist (vgl. BGHZ 42, 194 (199 f.) = NJW 1964, 2350 = LM § 328 ZPO (L) Nr. 16; BGHZ 52, 251 (256) = NJW 1969, 2090 = § 328 ZPO (L) Nr. 22; Jellinek, Die zweiseitigen Staatsverträge über Anerkennung ausländischer Zivilurteile, 1953, S. 222; Heldrich, Int. Zuständigkeit und anwendbares Recht, 1969, S. 117, 142, 161; Siehr, RabelsZ 1934, 585 (629); Hellwig, System des Deutschen ZPR I, 1912, S. 118; s. auch die Kritik bei Kropholler, Hdb. d. Int. ZivilverfahrensR, I, 1982, Rdnrn. 334 f.; Schumann, in: Festschr. f. Liebmann, Bd. 2, S. 839 f.).
    In der nur am Wortlaut orientierten Auslegung ist § 23 ZPO zwar weder verfassungs- noch völkerrechtswidrig (BVerfGE 64, 1 (20) = NJW 1983, 2766; NJW 1989, 1431 = LM § 38 ZPO Nr. 28 = WM 1989, 355 (357)), jedoch hinsichtlich seiner inneren Berechtigung umstritten (Schröder, Int. Zuständigkeit, 1971, S. 375; Stein-Jonas-Schumann, ZPO, 20. Aufl., § 23 Rdnr. 31 c; Schumann, ZZP 93 (1980), 408 (431 f.); Linke, Int. ZPR, 1991, Rdnr. 167; Walchshöfer, ZZP 80 (1967), 165 (193); Hausmann, IPRax 1982, 51 (52); a. A. Geimer, Int. ZPR, 1987, Rdnr. 1354; ders., JZ 1984, 979; Fischer, RiW 1990, 794 (795); Schütze, Dt. Int. ZPR, 1985, S. 62 f.). Er bedarf einer auch vom BVerfG für geboten erachteten "völkerrechtskonformen" Auslegung durch die Gerichte (BVerfGE 64, 1 (20) = NJW 1983, 2766). Im Hinblick darauf wird in der Literatur unter verschiedenen Gesichtspunkten eine restriktive Anwendung der im Wortlaut weit gefaßten Vorschrift gefordert:

    a) Einschränkungen werden insbesondere in bezug auf das Merkmal "Vermögen" in § 23 "Vermögen" [...]
    Nach der vom RG begründeten und bislang vom BGH fortgesetzten Rechtsprechung ist Vermögen i. S. des § 23 ZPO jeder Gegenstand mit einem wenn auch nur geringen Geldwert, wobei nicht erforderlich ist, daß das Vermögensstück zur Befriedigung des Kl. ausreicht oder in angemessener Relation zum Streitwert des Prozesses steht (vgl. z. B. RGZ 4, 408 (409); 6, 400 (403); 51, 163 (165); BGH, WM 1980, 410; BGH, NJW 1990, 990 = LM EGÜbK Nr. 27 = BGHR § 23 ZPO Forderung 1). Diese Betrachtungsweise ist aufgrund ihrer im Einzelfall fragwürdigen Ergebnisse auf Kritik gestoßen (vgl. Stein-Jonas-Schumann, § 23 Rdnr. 16; Kropholler, Rdnr. 311 Fußn. 676 m. Hinw. auf OLG Karlsruhe, IPRspr 1973 Nr. 130: Zeitschriftenhefte im Werte von 5 bis 20 Dollar als zuständigkeitsbegründend für eine Klage über 4194 Dollar; Schröder, S. 381; Geimer, JZ 1984, 979 (981); Linke, Rdnr. 167; Schack, IZVR, 1991, Rdnr. 328). Inwieweit diese Kritik berechtigt ist, braucht hier nicht entschieden zu werden, weil nach den Feststellungen des BerGer. die Bekl. über ausreichendes inländisches Vermögen verfügt.

    b) Einschränkungen gegenüber der bisherigen Auslegung sind jedoch insoweit angebracht, als der Vermögensgerichtsstand nur gegeben sein kann, wenn der Rechtsstreit einen hinreichenden Bezug zum Inland hat. Das ist hier nicht der Fall. Der Senat schließt sich insoweit der zunehmend vertretenen Auffassung an, daß die Zuständigkeit deutscher Gerichte über § 23 S. 1 Alt. 1 ZPO nur begründet wird, sofern der Rechtsstreit einen über die Vermögensbelegenheit hinausgehenden Inlandsbezug aufweist (vgl. Stein-Jonas-Schumann, § 23 Rdnr. 31 c, e; Schumann, in: Festschr. f. Liebmann, S. 839 (866); ders., ZZP 93 (1980), 408 (442); Hausmann, S. 56; für eine restriktive Interpretation: Kropholler, Rdnr. 343; Martiny, in: Hdb. IZVR, III/1, Rdnr. 673; Zöller-Vollkommer, ZPO, 16. Aufl., § 23 Rdnr. 1; Beitzke, AP Internationales Privatrecht Nr. 23, Bl. 650; auch Jayme, KollisionsR und Bankgeschäfte mit Auslandsberührung, 1970, S. 29 (30).

    aa) Nur ein derartiges Verständnis des § 23 ZPO wird dem aus der Entstehungsgeschichte abzuleitenden Sinn und Zweck der Vorschrift gerecht.
    Der Vermögensgerichtsstand ist aus § 34 des Anhangs zur Preußischen Allgemeinen Gerichtsordnung - eingeführt durch Reskript vom 19. 3. 1809 - hervorgegangen. Nach dieser Bestimmung konnte jeder Ausländer mit in Preußen belegenem Vermögen von einem "preußischen Unterthan" bei demjenigen Gericht, unter welchem sich das Vermögen befand, zum Zwecke der Befriedigung aus dem Vermögen in Anspruch genommen werden (vgl. näher Schumann, ZZP 93 (1980), 417 Fußn. 24). Danach konnte die Vermögenszuständigkeit nur von Inländern in Anspruch genommen werden. Diese Beschränkung wurde zwar nicht in § 24 CPO von 1877 (seit der Novelle von 1898: § 23) übernommen. Nach dem gesetzgeberischen Sinn des Vermögensgerichtsstandes, wie er in den Motiven zur CPO von 1877 zum Ausdruck kommt, sollte aber die Rechtsverfolgung im Inland erleichtert werden, um "die Gläubiger der im Ausland wohnenden oder im Inland ohne Domizil sich umhertreibenden Schuldner zu schützen" (vgl. Hahn-Stegemann, Die gesamten Materialien zur CPO, Bd. 2, Abt. 1, S. 154 zu § 24 CPO; zur Entstehungsgeschichte vgl. Schumann, in: Festschr. f. Liebmann, S. 840 ff.; Schröder, aaO, S. 385 (386)). Die Regelung sollte daher, getragen von der Überlegung, Ausländer mit im Inland belegenem Vermögen könnten andernfalls nicht verklagt werden, einen Auffanggerichtsstand für klagende Inländer - ohne Rücksicht auf deren Staatsangehörigkeit - schaffen (vgl. Schumann, in: Festschr. f. Liebmann, S. 843; vgl. auch Fricke, IPRax 1991, 159 (161)). Sie war jedoch nicht darauf gerichtet, Rechtsstreitigkeiten zwischen Ausländern ohne jeglichen Inlandsbezug vor deutschen Gerichten zu ermöglichen. Demgemäß hat das RG zutreffend den Gedanken des Inländerschutzes bei der Anwendung des § 23 ZPO hervorgehoben (vgl. RGZ 6, 400 (403, 405); vgl. auch Hellwig, S. 118). Ob daraus zu folgern ist, daß der Vermögensgerichtsstand ausschließlich von Inländern in Anspruch genommen werden kann (so Stein-Jonas-Schumann, § 23 Rdnr. 31e), kann offenbleiben. Jedenfalls legt die Entstehungsgeschichte des § 23 ZPO nahe, für die Vermögenszuständigkeit einen stärkeren Inlandsbezug zu verlangen, als ihn allein die Vermögensbelegenheit vermittelt.

    bb) Eine solche Auslegung, für die § 23 ZPO entgegen der Ansicht der Revision Raum läßt (vgl. BVerfGE, 64, 1 (20) = NJW 1983, 2766) ist zum anderen auch im Hinblick auf die völkerrechtliche Vertragspraxis geboten. Diese ist - worauf Schumann (ZZP 93, 420 f.; Stein-Jonas-Schumann, § 23 Rdnrn. 33 f.) zutreffend hinweist - zunehmend davon geprägt, den Vermögensgerichtsstand, wie er bisher verstanden worden ist, auszuschließen oder einzuschränken: 

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    (1) Nach Art. 3 II EuGVÜ, dem die Türkei nicht beigetreten ist, ist die Anwendung des § 23 ZPO gegenüber solchen Personen ausgeschlossen, die ihren Wohnsitz in einem der Vertragsstaaten haben. Die dort genannten sog. exorbitanten Gerichtsstände sind entgegen der Ansicht der Revision auch nicht etwa durch Art. 4 II EuGVÜ gegenüber Beklagten ohne einen Wohnsitz innerhalb der Vertragsstaaten uneingeschränkt für anwendbar erklärt worden. Die Vorschrift stellt lediglich für diejenigen Gerichtsstandsvorschriften des nach Art. 4 I EuGVÜ anwendbaren autonomen staatlichen Rechts, die zwischen in- und ausländischen Klägern unterscheiden, alle Einwohner der Vertragsstaaten den Inländern gleich. Selbst wenn Art. 4 II EuGVÜ dahin auszulegen sein sollte, daß diese Gleichstellung keinen Wohnsitz des Kl. gerade in dem Vertragsstaat voraussetzt, dessen autonomes Recht maßgebend ist (zu den unterschiedlichen Auslegungen vgl. Kropholler, Europ. ZPR, 2. Aufl., Art. 4 Rdnr. 4), könnte der Vorschrift keine generelle Zulassung solcher Gerichtsstände gegenüber Einwohnern von Nichtvertragsstaaten ohne jeden über die bloße Vermögensbelegenheit hinausgehenden Bezug zum Vertragsgebiet entnommen werden.

    (2) Einen unmittelbaren Ausschluß der Vermögenszuständigkeit enthält - von bestimmten Ausnahmen abgesehen - auch Art. 20 I des deutsch-norwegischen Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrages vom 17. 6. 1977 (BGBl II 1981, 341); der Gerichtsstand des Vermögens bleibt grundsätzlich auf den Fall beschränkt, daß der Wert des geltend gemachten Anspruchs den Wert des im Gerichtsstand belegenen Vermögens nicht übersteigt (Art. 20 II Nr. 3).

    (3) Weitere bilaterale Verträge mißbilligen den Vermögensrichtsstand, indem sie die Anerkennung eines auf Vermögenszuständigkeit gegründeten Urteils ausschließen oder einschränken und damit indirekt dem Gerichtsstand die Zuständigkeit versagen.
    So ist nach einer Reihe von zwischenstaatlichen Verträgen die Anerkennung einer auf den Vermögensgerichtsstand gestützten Entscheidung generell zu versagen, weil darin die Belegenheit des Vermögens nicht als Zuständigkeitsgrund genannt ist. Dazu zählen das deutsch-britische Vollstreckungsabkommen vom 14. 7. 1960 (BGBl II 1961, 301, Gerichtsstandskatalog in Art. IV), das deutsch-italienische Vollstreckungsabkommen vom 18. 5. 1937 (RGBl II 1937, 145, Gerichtsstandskatalog in Art. 2, Wiederanwendung ab 1. 10. 1952 - BGBl II 1952, 986), soweit es nach Maßgabe der Art. 55, 56 EuGVÜ noch in Geltung ist, ferner das deutsch-schweizerische Vollstreckungsabkommen vom 2. 11. 1929 (RGBl II 1930, 1066, Gerichtsstandskatalog in Art. 2) und das deutsch-tunesische Vollstreckungsabkommen vom 19. 7. 1966 (BGBl II 1969, 890, Gerichtsstandskatalog in Art. 31).
    Nach Art. 3 Nr. 4 des deutsch-griechischen Vollstreckungsvertrages vom 4. 11. 1961 (BGBl II 1963, 109) und Art. 2 Nr. 4 des deutsch-österreichischen Vollstreckungsabkommens vom 6. 6. 1959 (BGBl II 1960, 1246) darf die Anerkennung versagt werden, wenn für die Entscheidung lediglich der Gerichtsstand des Vermögens gegeben war und die unterlegene Partei sich auf den Rechtsstreit nicht oder nach ausdrücklicher Erklärung nur im Hinblick auf den Vermögensgerichtsstand eingelassen hat.
    Solche und ähnliche Einschränkungen des Vermögensgerichtsstandes sehen auch einige bilaterale Vollstreckungsabkommen der Republik Österreich, die mit § 99 Jurisdiktionsnorm einen dem § 23 ZPO entsprechenden Gerichtsstand geschaffen hat, mit anderen Staaten vor. Hierzu gehören etwa Art. 3 des österreichisch-niederländischen Vollstreckungsabkommens vom 6. 2. 1963 (Textabdruck bei Loewe, Zwischenstaatlicher Rechtsverkehr in Zivilsachen, 1984, S. 726 ff.), Art. 5 Nr. 6 des österreichisch-italienischen Vollstreckungsabkommens vom 16. 11. 1971 (Löewe, S. 633 ff.), Art. 3 des österreichisch-belgischen Vollstreckungsabkommens vom 25. 10. 1957 (Löewe, S. 384 ff.), Art. 2 des österreichisch-schweizerischen Vollstreckungsvertrages vom 16. 12. 1960 (Loewe, S. 829 ff.) sowie Art. 9 des österreichisch-israelischen Vollstreckungsvertrages vom 6. 6. 1966 (Loewe, S. 621 ff.).

    cc) Angesichts dieser völkerrechtlichen Tendenzen ist eine an seinem eigentlichen Sinn und Zweck orientierte Auslegung des § 23 ZPO notwendig, soweit die internationale Zuständigkeit berührt ist. Die unter aa dargestellte Entstehungsgeschichte der Vorschrift zeigt, da sie als Inländerschutzvorschrift nicht etwa dazu dienen sollte, Ausländern einen Gerichtsstand zur Austragung von Streitigkeiten zu verschaffen, die ihren Ursprung ausschließlich im Ausland haben und nach ausländischem Recht zu entscheiden sind. Es widerspräche dieser gesetzgeberischen Vorstellung, § 23 ZPO im Wege der reinen Wortauslegung so zu verstehen, daß allein das Vorhandensein von Inlandsvermögen des Bekl. ausreiche, die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für jedwede Streitigkeit zwischen Parteien ohne Wohnsitz in Deutschland zu begründen und damit in weitem Umfang dem "forum shopping", d. h. der berechnenden Auswahl des Gerichtsstandes, Vorschub zu leisten (vgl. dazu Kropholler, Hdb. Rdnr. 159). Dadurch würden solche Streitigkeiten - jedenfalls im Umfang der Vollstreckungsmöglichkeiten im Inland - zugleich den sonst zuständigen ausländischen Gerichten entzogen. Die darin liegende - durch sachliche Erfordernisse nicht zu rechtfertigende - Zuständigkeitsanmaßung der deutschen Gerichtsbarkeit müßte zu außenwirtschaftlichen und außenpolitischen Belastungen führen. Auf solche Gefahren hat bereits das BVerfG in dem erwähnten Beschluß vom 12. 4. 1983 (BVerfGE 64, 1 (18) = NJW 1983, 2766) hingewiesen. Entgegen der Auffassung der Revision hat es die Vorsorge gegen "rechts- oder wirtschaftspolitisch als unerwünscht erachtete Ausgestaltungen der deutschen internationalen Zuständigkeit" nicht als alleinige Sache des Gesetzgebes angesehen, sondern dies ausdrücklich "jenseits der Möglichkeiten der gebotenen völkerrechtskonformen Auslegung ... durch die Gerichte" als gesetzgeberische Aufgabe bezeichnet (BVerfGE 64, 1 )20) = NJW 1983, 2766).
    Nur eine auf den hinreichenden Inlandsbezug abstellende Auslegung des § 23 ZPO begrenzt in sachbezogener und völkerrechtskonformer Weise die mit dem Vermögensgerichtsstand verbundene Beeinträchtigung der Verteidigungsmöglichkeiten des ausländischen Bekl., der es hinnehmen muß, den nach allgemeinen Regeln zuständigen Gerichten seines Heimatstaates entzogen zu werden und sich vor ausländischen - im Zweifel weder mit dem anzuwendenden Recht noch mit den örtlichen Handelsbräuchen und Verkehrssitten vertrauten - Gerichten in einer fremden Sprache durch ihm unbekannte Anwälte verteidigen zu müssen. Der Senat teilt nicht die insbesondere von Geimer (IZPR, Rdnr. 1356; vgl. auch Fischer, S. 795, und Schütze, WuB VII A § 23 ZPO 1.89) vertretene Ansicht, der bloße Erwerb oder Besitz von Vermögen im Inland zeige eine "Affinität zur Bundesrepublik Deutschland", die eine Gerichtspflichtigkeit des Vermögensinhabers vor deutschen Gerichten rechtfertige. Eine solche Betrachtungsweise berücksichtigt nicht hinreichend, daß ausländische Kaufleute und Unternehmen, insbesondere Banken, aus Gründen internationaler Wettbewerbsfähigkeit Vermögen in einer Vielzahl von Staaten haben müssen, und verkürzt die Problematik durch Heranziehung von Extremfällen (Geimer, Rdnr. 1356: globetrottender Millionär, Steuerflüchtling), denen unter dem Gesichtspunkt internationaler Notzuständigkeit begegnet werden kann.

    2. Die vorgenommene Auslegung des § 23 S. 1 Alt. 1 ZPO steht nicht im Widerspruch zu Entscheidungen anderer Senate des BGH oder anderer Oberster Bundesgerichte. In keinem der in veröffentlichten Entscheidungen zu § 23 ZPO mitgeteilten Fälle war der hier geforderte Inlandsbezug zweifelhaft.

    3. Der Senat braucht nicht abschließend zu klären, durch welche Umstände im einzelnen ein die Vermögenszuständigkeit begründender Inlandsbezug hergestellt wird. Vorliegend kommt insoweit allein ein inländischer Wohnsitz oder ein gewöhnlicher Aufenthalt der Kl. im Inland in Betracht. Beides hat das BerGer. zutreffend verneint, so daß offenbleiben kann, ob dadurch allein stets der erforderliche Inlandsbezug hergestellt wird. [...]

    4.Die deutsche internationale Zuständigkeit ist über § 23 ZPO auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Notzuständigkeit eröffnet. Dies könnte nur angenommen werden, wenn für die Entscheidung des Rechtsstreits keine anderweitige Zuständigkeit gegeben wäre und die Versagung der Zuständigkeit deutscher Gerichte für die Kl. die Gefahr einer internationalen Rechtsverweigerung begründen würde. Dafür ist nichts ersichtlich. Die Kl. bzw. ihre Rechtsvorgängerin, die Firma M Ltd., erstrebt nach eigenem Bekunden eine Entscheidung deutscher Gerichte nur deshalb, weil sie in die Rechtsprechung der zur Entscheidung berufenen türkischen oder zypriotischen Gerichte kein Vertrauen hat.

    Die Entscheidung verdient auf Grund ihrer überzeugenden Argumentation uneingeschränkte Zustimmung.

  6. Die Klage ist daher mangels internationaler Zuständigkeit der deutschen (Zivil-) Gerichte nicht zulässig