Zu Absatz 1

Die Neueinfügung der Rechtsfolgenbestimmung soll sich nur auf die volljährigen Geschäftsunfähigen
erstrecken. Eine Ausdehnung auf die nach § 104 Nr. 1 altersbedingt geschäftsunfähigen
Kinder oder die natürlich Geschäftsunfähigen im Alter von 7 bis 17 Jahren ginge
über das rechtspolitische Anliegen der Reform hinaus
Der Geschäftsunfähige soll in Ansehung von Leistung und Gegenleistung Geschäfte wirksam
vornehmen können, die Angelegenheiten des täglichen Lebens betreffen und die mit
geringwertigen Mitteln bewirkt werden können. Das betrifft entgeltliche oder unentgeltliche
Geschäfte. Auf existenznotwendige Geschäfte im engsten Sinne wird dabei nicht abgestellt.
Das Tatbestandsmerkmal „täglich“ verlangt nicht, dass das in Betracht kommende Rechtsgeschäft
notwendigerweise jeden Tag vorgenommen werden müsste. Entscheidend ist viel-
mehr, ob die Verkehrsauffassung das Geschäft zu den alltäglichen Geschäften zählt. In Betracht
kommen etwa:

- Erwerb von Gegenständen des täglichen Bedarfs wie einfache, zum alsbaldigen
Verbrauch bestimmte Nahrungs- bzw. Genussmittel, die nach Menge und Wert das übliche
Maß nicht übersteigen (z. B. Lebensmittel), kosmetische Artikel (z. B. Zahnpasta),
einfache medizinische Produkte (z. B. Halsschmerztabletten), Presseerzeugnisse (z. B.
Illustrierte), Versendung von Briefen, Textilien,
- einfache Dienstleistungen (z. B. Friseur, Museumsbesuch, Fahrten mit dem Personennahverkehr).
Die Leistung muss mit geringen Mitteln bewirkt werden können. Die wirtschaftlichen Verhältnisse
des Geschäftsunfähigen dürfen jedoch nicht als Kriterium herangezogen werden, da
dies die Sicherheit des Rechtsverkehrs deutlich erschweren würde und wohl auch gerichtliche
Verfahren infolge der Rechtsunsicherheit nach sich ziehen könnte. Als Orientierung kann
deshalb das durchschnittliche Preis- und Einkommensniveau dienen. Der Wert bezieht sich
jeweils auf den Vertragsschluss insgesamt. Werden beispielsweise mehrere Dinge mit ein
und demselben Kauf erworben, so ist die Summe des Gesamtkaufpreises maßgeblich. Diese
Regelung dient dem Schutz des Geschäftsunfähigen vor Verschwendung und gewährleistet,
dass für den Geschäftsunfähigen die Angelegenheit auch im Hinblick auf die Zahl einzelner
Vertragspositionen überschaubar bleibt.
Absatz 1 fingiert einen wirksamen Vertrag in Ansehung von Leistung und Gegenleistung,
sobald diese bewirkt sind. Mit dieser Fiktion wird lediglich eine Rückforderung von bewirkter
Leistung und Gegenleistung ausgeschlossen, sobald diese bewirkt sind. Der „Vertrag“ ist
jedoch nicht von Anfang an wirksam, so dass keine gegenseitigen Vertragspflichten, die dem
Schutz des Geschäftsunfähigen zuwiderlaufen könnten, begründet werden. Mit Absatz 1 wird
lediglich der schuldrechtliche Vertrag in Ansehung von Leistung und Gegenleistung als wirksam
fingiert. Die Wirksamkeit des Verfügungsgeschäftes, das unabhängig von dem ihm
zugrundeliegenden Kausalgeschäft zu beurteilen ist, wird in Absatz 2 geregelt. Mit der Fiktion
eines wirksamen Vertrages im Hinblick auf bewirkte Leistung und deren Gegenleistung
und dem damit verbundenen Absehen von der generellen Gültigkeit der durch Geschäftsunfähige
abgeschlossenen Alltagsgeschäfte werden dogmatische Einordnungsprobleme vermieden,
da auf Willenserklärungen nicht abgestellt wird. Diese neu eingefügte Rechtsfolge
bleibt auch mit der Definition der Geschäftsunfähigkeit nach § 104 Nr. 2 BGB vereinbar. Mit
der Formulierung „sobald Leistung und Gegenleistung bewirkt sind“ werden neben den Bargeschäften
auch Bestellzettel in Heimen oder auch Kataloggeschäfte umfasst.