Zu § 319e – Anspruch auf Unterlassung und auf Folgenbeseitigung
Zu Absatz 1
§ 319e beschreibt die Rechtsfolgen des Benachteiligungsverbots. Sie sollen in erster Linie in
einem Unterlassungs- und einem Folgenbeseitigungsanspruch bestehen. Der Betroffene soll
zunächst von demjenigen, der das Diskriminierungsverbot verletzt, Unterlassung für die Zukunft
verlangen können. Dies wird allerdings nur in Fällen relevant, in denen eine Wiederholung
zu besorgen ist. Hier geht die Vorschrift nur wenig über § 1004 analog hinaus. Sie stellt
aber ausdrücklich klar, dass ein Unterlassungsanspruch besteht und nicht umständlich auf
dem Umweg über die Verletzung der Menschenwürde oder allgemeiner Rechtsgrundsätze
begründet werden muss.
Das Interesse des Betroffenen richtet sich in erster Linie darauf, diskriminierungsfrei behandelt
zu werden. Deshalb räumt ihm § 319e einen ausdrücklichen Folgenbeseitigungsanspruch
ein. Der Betroffene kann eine dem Benachteiligungsverbot entsprechende Behandlung,
also eine benachteiligungsfreie Behandlung, verlangen. Worin diese im konkreten Fall
besteht, hängt vom Gegenstand der Diskriminierung ab. Wird beispielsweise jemand aufgrund
seiner dunkleren Hautfarbe von dem Betreiber einer Einkaufspassage darin gehindert,
dort wie alle anderen Bürger zu flanieren und die Geschäfte zu betrachten, besteht der Folgenbeseitigungsanspruch
in dem Anspruch auf Zulassung zu der Einkaufspassage, also in
einem tatsächlichen Verhalten. Besteht die Diskriminierung aber darin, dass ein Versicherungsvertrag
beispielsweise für transsexuelle Menschen bei gleichem Leistungsangebot einen
deutlich höheren Preis vorsieht, dann ist der Folgenbeseitigungsanspruch auf eine Anpassung
der Entgeltklausel in dem Vertrag gerichtet. Entsprechendes würde gelten, wenn es
in einem konkreten Vertrag nicht um das Entgelt, sondern um andere benachteiligende Bedingungen
geht. Ein Fall wäre z. B. ein Mietvertrag, indem die Klausel enthalten ist, dass
homosexuelle Partner nicht aufgenommen werden dürfen, wofür regelmäßig kein objektivierbarer,
sachlich rechtfertigender Grund vorliegen wird.
Der Folgenbeseitigungsanspruch kann, was Satz 2 deutlich macht, auch zu dem Anspruch
auf Abschluss eines Vertrags führen. Das ist dann der Fall, wenn der andere Teil den Vertrag
ohne die Diskriminierung abgeschlossen hätte. Der Fall wird etwa bei einem Kaufhaus
anzunehmen sein, das regelmäßig daran interessiert ist, seine Waren zu verkaufen. Anders
kann es liegen, wenn der Vertrag auch ohne die Diskriminierung nicht abgeschlossen worden
wäre. Dies kann etwa bei der Vermietung einer Mietwohnung vorliegen, die der Vermieter
auch ohne die Diskriminierung nicht unbedingt an irgendjemand vermieten würde. Ein
Anspruch auf Abschluss eines Vertrags ist nach Satz 2 Halbsatz 2 aber ausgeschlossen,
wenn der andere Teil über den Gegenstand des Vertrags bereits einen Vertrag mit einem
Dritten abgeschlossen hat. Diesem kann der Vertrag nicht im Nachhinein gewissermaßen
entzogen werden.
Es gibt Fälle, in denen weder ein Unterlassungsanspruch noch ein Folgenbeseitigungsanspruch
die erlittene Diskriminierung auszugleichen vermögen. So wird beispielsweise jemand
aufgrund seiner ethnischen Herkunft nicht zu einem nur einmal stattfindenden Konzert zugelassen.
In solchen Fällen muss die erfahrene Benachteiligung auf andere Weise ausgeglichen
werden. Hierfür kommt nur eine Entschädigung in Geld in Frage. Eine solche Entschädigung
in Geld ließe sich zwar auch als Schadensersatzanspruch aus allgemeinen Vorschriften
ableiten. Aus Gründen der Transparenz und Rechtsklarheit nimmt Satz 2 diese
Rechtsfolge jedoch noch einmal ausdrücklich auf.