Zu Absatz 2
Ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot soll nicht generell zur Nichtigkeit der betreffenden
Rechtsgeschäfte gemäß § 134 führen. Diese Rechtsfolge ist sehr weitgehend und
sehr unflexibel. Sie würde die Sicherheit des Rechtsverkehrs sehr beeinträchtigen und vor
allem den Interessen des Betroffenen in aller Regel nicht gerecht. Dem Betroffenen ist nämlich
regelmäßig daran gelegen, dass das Rechtsgeschäft bestehen bleibt, aber benachteiligungsfrei
umgestaltet wird. Das ist nur mit den besonderen Rechtsbehelfe nach Absatz 1
möglich. Diese Rechtsbehelfe sind indes auf vertragliche und vertragsähnliche Rechtsverhältnisse
zugeschnitten. Sie lassen sich bei einseitigen Rechtsgeschäften nur mit Schwierigkeiten
einsetzen. Ein Beispiel hierfür ist die Kündigung von Miet- oder Dienstverhältnissen.
Hier würde Absatz 1 verlangen, die Kündigung „zurückzunehmen“. Dies ist rechtlich aber
kaum möglich, da eine solche Rücknahme nicht vorgesehen ist. Wenn eine Kündigung
rechtswirksam erklärt worden ist, ist das Vertragsverhältnis beendet. Man kann die Kündigung
als Gestaltungsakt nicht wieder aufheben. Will man diese Wirkungen nachträglich wieder
rückgängig machen, muss man sich über die Fortsetzung des gekündigten Rechtsverhältnisses
mit dem anderen Teil einigen. Dies erscheint umständlich. Sachgerechter ist es,
die Kündigung von vornherein für nichtig zu erklären. Die Nichtigkeit kann auch andere einseitige
Gestaltungsrechte erfassen.
Bei einem bestimmten einseitigen Rechtsgeschäft würde die in Absatz 2 vorgesehene Nichtigkeitsfolge
das genaue Gegenteil des Gewollten bewirken. Das ist die Auslobung (§ 657).
Wäre eine diskriminierungsfreie Auslobung nichtig, würde das den Auslobenden und die Diskriminierung
geradezu begünstigen. Er wäre rechtlich aus der Auslobung nicht verpflichtet,
könnte aber, da dies nicht deutlich wird, mit der Befolgung der Auslobung rechnen. Im praktischen
Ergebnis könnte er trotz der Nichtigkeit seine Diskriminierung fortsetzen. Die Nichtigkeit
würde aber Ansprüche des Betroffenen aus Absatz 1 ausschließen. Das wäre verfehlt.
Deshalb soll es hier nicht zur Nichtigkeit, sondern zur Anwendung des Absatzes 1 kommen.