Nummer 4 regelt die zulässige unterschiedliche Behandlung, die an die (tatsächliche oder ihm zugeschriebene) Religion oder Weltanschauung des Benachteiligten anknüpft. Es geht hierbei meist um Fälle, bei denen die unterschiedliche Behandlung auf religiösen oder weltanschaulichen Motiven des Benachteiligenden beruht.
Nimmt jemand in einer Weise am privaten Rechtsverkehr teil, die Ausdruck seiner religiösen Grundhaltung ist, so wird sein Handeln nicht nur durch die allgemeine Handlungsfreiheit nach Artikel 2 Abs. 1 GG, sondern auch durch seine Glaubensfreiheit, Artikel 4 Abs. 1 GG, geschützt. Übt der Gläubige einen Beruf aus, der die Einhaltung bestimmter religiöser Vorgaben fordert (etwa der islamische Metzger, der das Fleisch von Tieren verkaufen will, die nach islamischen Regeln geschlachtet worden sind), so wird sein Handeln von Artikel 12 Abs. 1 bzw. Artikel 2 Abs. 1 i.V.m. Artikel 4 Abs. 1 GG geschützt (vgl. BVerfGE 104, 337, 346 – „Schächten“). Dieselben Überlegungen gelten für weltanschaulich motiviertes Handeln.
Darüber hinaus ist zu beachten, dass Artikel 140 GG i.V.m. Artikel 137 Abs. 3 WRV den Religionsgemeinschaften und den ihnen zugeordneten Einrichtungen die Freiheit bei der Ordnung und Verwaltung ihrer Angelegenheiten innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze zusichert. Dasselbe gilt gemäß Artikel 140 GG i.V.m. Artikel 137 Abs. 7 WRV für Weltanschauungsgemeinschaften. Daher erfasst die Regelung nicht nur die Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften selbst, sondern auch die ihnen zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform, wenn die Einrichtungen der Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften nach deren Selbstverständnis ihrem Zweck und ihrer Aufgabe entsprechend berufen sind, ein Stück des Auftrags der Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft wahrzunehmen und zu erfüllen (vgl. BVerfGE 70, 138 (162); 57, 220 (242); 53, 366 (391); 46, 73 (85f.)). Dabei sind die Begriffe der Ordnung und Verwaltung weit auszulegen. Dazu gehören etwa karitative Tätigkeiten, das kirchliche Dienst-und Arbeitsrecht, aber auch die Verwaltung des eigenen Vermögens. Nimmt eine Kirche, eine ihr zugeordnete Einrichtung oder eine Weltanschauungsgemeinschaft am privaten Rechtsverkehr teil, ist zunächst zu beurteilen, ob die in Frage stehende Tätigkeit zu ihren eigenen Angelegenheiten gehört oder nicht. Dabei ist das dem Tun zugrunde liegende Selbstverständnis der Kirche oder Weltanschauungsgemeinschaft entscheidend. Ist das Rechtsgeschäft karitativer Natur, so liegt die Bejahung der eigenen Angelegenheit nahe. Ist von einer eigenen Angelegenheit auszugehen, so ist das kirchliche Selbstbestimmungsrecht zwar nur in den Schranken der für alle geltenden Gesetze gewährleistet. Darunter fallen aber nur die Gesetze, die für die jeweilige Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft dieselbe Bedeutung haben wie für jedermann (BVerfGE 66, 1, 20). Dabei kommt dem Selbstverständnis der Gemeinschaft wiederum besonderes Gewicht zu (BVerfGE 66, 1, 22).
Auch bei Nummer 4 handelt es sich um ein Regelbeispiel, das den Bereich des religiös oder weltanschaulich motivierten Handelns nicht abschließend normiert. Von dem Wortlaut des Regelbeispiels nicht erfasste sonstige religiös oder weltanschaulich motivierte Ungleichbehandlungen können daher im Einzelfall ebenfalls sachliche Gründe im Sinne des § 21 Satz 1 darstellen.
Dies bedeutet aber nicht, dass jedes religiöse oder weltanschauliche Motiv eine an sich nach dem Antidiskriminierungsgesetz verbotene Differenzierung rechtfertigt. Artikel 4 Abs. 1 GG schützt das Recht des Einzelnen, sein gesamtes Verhalten an den Lehren seines Glaubens auszurichten und dieser Überzeugung gemäß zu handeln, beispielsweise auch bei Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit. Der Metzger etwa, dem gesetzlich verboten wird, Fleisch von geschächteten Tieren zu verkaufen, kann seinen Beruf nicht mehr den islamischen Regeln entsprechend ausüben. Ein Verbot, Kundinnen ohne Kopftuch zu benachteiligen, würde dementsprechend nur dann den grundrechtlichen Schutzbereich betreffen, wenn sich der Metzger auf einen Glaubenssatz berufen könnte, der es ihm verbietet, Fleisch an Frauen zu verkaufen, die kein Kopftuch tragen. Den Metzger träfe insoweit die Darlegungslast (vgl. BVerwGE 94, 82 ff.). Er müsste ernsthaft darlegen können, dass das Betreiben einer islamischen Metzgerei nicht nur die Einhaltung bestimmter Regeln bei der Schlachtung der Tiere, sondern auch eine bestimmte Auswahl der Kundschaft erfordert. Dabei genügte nicht die Berufung auf behauptete Glaubensinhalte und Glaubensgebote; vielmehr müsste ein Gewissenskonflikt als Konsequenz aus dem Zwang, der eigenen Glaubensüberzeugung zuwider zu handeln, konkret, substantiiert und objektiv nachvollziehbar dargelegt werden (vgl. BVerwGE 94, 82 ff.).