Zu § 22 – Ansprüche

Die Vorschrift regelt Ansprüche bzw. Rechtsfolgen nach einem Verstoß gegen das zivilrechtliche Benachteiligungsverbot. Soweit § 22 keine besonderen Vorschriften enthält, gelten die einschlägigen allgemeinen Bestimmungen des Bürgerlichen Rechts, insbesondere des Bürgerlichen Gesetzbuchs, denn die §§ 20 ff sind, wenngleich sondergesetzlich geregelt, Bestandteil der einheitlichen Privatrechtsordnung.

Absatz 1 regelt die auf Beseitigung und Unterlassung gerichteten Primäransprüche, Absatz 3 die Sekundäransprüche (Ersatz materieller Schäden sowie Entschädigung für Nichtvermögensschäden). Absatz 2 konkretisiert den Anspruch auf Abschluss eines Vertrages, wenn dieser bei einer Vertragsverweigerung ohne Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot zustande gekommen wäre. Die Absätze 4 und 5 stellen klar, dass Ansprüche aus unerlaubter Handlung unberührt bleiben und Vereinbarungen, die dem Benachteiligungsverbot widersprechen, unbeachtlich sind

Damit genügt § 22 den Anforderungen, die Art. 15 der Antirassismus-Richtlinie 2000/43/EG und Art. 13 der Gleichbehandlungs-Richtlinie wegen des Geschlechts außerhalb der Arbeitswelt .../.../EG [noch nicht erlassen, Entwurf vom 6. Oktober 2004] aufstellen: Hiernach entscheiden die Mitgliedstaaten der Europäischen Union über die Rechtsfolgen von Verstößen gegen das Benachteiligungsverbot aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft sowie wegen des Geschlechts. Die Sanktionen müssen hierbei wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Diese Anforderungen beruhen auf der Rechtsprechung des EuGH für Beschäftigung und Beruf, wonach eine Entschädigung im angemessenen Verhältnis zum erlittenen Schaden stehen und über einen symbolischen Schadensersatz hinausgehen muss (EuGH Rs. 14/83 vom 10. April 1984 – v. Colson u. Kamann). Mit „Abschreckung“ ist also nicht die Forderung nach dem „Strafcharakter“ des Schadensersatzes verbunden.

Die in §22 vorgesehenen Ansprüche leisten – im Einklang mit allgemeinen Prinzipien des Schadensersatzrechts – volle Kompensation der entstandenen Vermögens- und Nichtvermögensschäden und genügen damit diesen Anforderungen: Absatz 1 regelt, wie erwähnt, Primäransprüche auf Unterlassung und Beseitigung der Beeinträchtigung. Absatz 2 stellt klar, dass ein Anspruch auf Abschluss eines Vertrages in Betracht kommt, sofern die Benachteiligung ursächlich für die Vertragsverweigerung war: Das ist eine sehr einschneidende „Sanktion“, die dem Benachteiligten eine große Rechtsmacht verleiht. Die Rechtsordnung verpflichtet den Benachteiligenden nämlich, den Vertrag dennoch zu schließen, wenn der Benachteiligte dies verlangt. Absatz 3 schließlich garantiert die Kompensation der Vermögensschäden und einen angemessenen Ausgleich für Nichtvermögensschäden.