4. Zu Artikel 25 Abs. 1 Nr. 6 (§ 355 Abs. 3 BGB),
4. Zu Artikel 25 Abs. 3 Nr. 1 (Artikel 229 § 8 Abs. 2
4. Zu Artikel 25 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB)

In das Gesetz ist eine Regelung einzustellen, die die Nachholung einer versäumten Widerrufsbelehrung auf Dauer in allen Fällen ohne Einhaltung der Form des § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB zulässt.

Begründung
Der Wegfall der Befristung des Widerrufsrechts in § 355 Abs. 3 BGB ist bei Haustürgeschäften zwingend erforderlich. Die Befristung der Widerrufsfrist wäre allerdings im Übrigen im Interesse der Rechtssicherheit durchaus sinnvoll. Der Gedanke der Rechtssicherheit war für die Bundesregierung im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz so wichtig, dass sie diese Befristung hier neu eingeführt hat. Zuzugeben ist allerdings, dass eine einheitliche Regelung aus systematischen Gründen vorzuziehen ist.

Problematisch war in der Vergangenheit häufig, dass der notwendige Inhalt von Widerrufsbelehrungen unklar sein konnte, der Unternehmer also nie völlig sicher sein konnte, ob er zutreffend belehrt und die Widerrufsfrist zu laufen begonnen hatte. Das Bundesministerium der Justiz beabsichtigt, auf der Grundlage der Ermächtigung des Artikels 245 EGBGB Muster fürWiderrufsbelehrungen vorzugeben, bei deren Verwendung der Unternehmer sicher sein kann, ordnungsgemäß belehrt zu haben. Ein Verordnungsentwurf wird derzeit mit den Ländern abgestimmt. Nach Erlass der Verordnung ist davon aus- zugehen, dass der Unternehmer im Wesentlichen sicher gehen kann, ordnungsgemäß zu belehren und die Widerrufsfrist in Lauf zu setzen.

Eine Widerrufsbelehrung kann aber auch in Zukunft aus verschiedenen Gründen unterblieben oder fehlerhaft erteilt worden sein, ohne dass dem Unternehmer ein erheblicher Vorwurf zu machen wäre. Dies führt nach dem in dem Gesetzentwurf vorgesehenen Recht aber dazu, dass das Geschäft, auch nachdem es vollkommen abgewickelt ist, dauerhaft widerrufbar bleibt, weil das Widerrufsrecht als Gestaltungsrecht keiner Verjährung unterliegt.

Auch 30 Jahre nach vollständiger Abwicklung eines Geschäftes könnten demnach die Erbeserben den Widerruf erklären. Dies erscheint unbefriedigend.

Vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts waren in den Gesetzen jeweils Höchstfristen für das Widerrufsrecht vorgesehen. Die Regelung in § 2 HaustürgeschäfteWG könnte zwar wegen der Vorgaben der Haustürwiderrufsrichtlinie nach Maßgabe der Entscheidung des EuGH vom 13. Dezember 2001 (Rechtssache C – 481/99) nicht wieder hergestellt werden. Möglich wäre aber die Wiederherstellung der Höchstfristen von vier Monaten in § 3 Abs. 1 Satz 3 FernAbsG, von einem Jahr nach Abgabe der auf Abschluss des Kreditvertrages gerichtetenWillenserklärung nach § 7 Abs. 2 VerbrKrG (soweit kein Haustürgeschäft vorliegt). Auch in dem in Beratung befindlichen Vorschlag für eine Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen ist ein Ende der Widerrufsfrist für den Zeitpunkt vorgesehen, in dem der Vertrag vollständig abgewickelt ist.

Wenn, wie im Gesetzbeschluss darauf verzichtet werden soll, überhaupt zeitlich einen Schlusspunkt für die Möglichkeit des Widerrufs vorzusehen, sollte dem Unternehmer wenigstens die Möglichkeit eingeräumt werden, die Belehrung effektiv nachzuholen, und die Widerrufsfrist in Lauf zu setzen. Dies ist vor allem in zweifelhaften Fällen von Bedeutung.

Grundsätzlich ist zwar die Widerrufsbelehrung noch nach jetzigem Recht jederzeit nachholbar. Sie bedarf jedoch zur Wirksamkeit der Unterschrift des Verbrauchers nach § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB. Hierzu wird der Verbraucher regelmäßig aber nicht mehr bereit sein. Der Unternehmer muss deshalb abweichend von Artikel 25 Abs. 3 Nr. 1, Artikel 229 § 8 Abs. 2 Satz 2 EGBGB des Entwurfs dauerhaft die Möglichkeit eröffnet werden, die Widerrufsbelehrung ohne die Form des § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB nachzuholen.

Dies kann nicht als Wertungswiderspruch gewertet werden. Richtig ist zwar, dass dann ein Unternehmer, der die Belehrung über das Widerrufsrecht unterlassen hat, die Belehrung ohne Beachtung der Form des § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB nachholen könnte. Dies stellt aber keine Privilegierung eines Rechtsbruchs dar, weil eine nachträgliche Widerrufsbelehrung beim Verbraucher besondere Aufmerksamkeit erregen wird, zumal sie weiterhin der Textform bedarf und zum Zwecke der Beweisbarkeit zuzustellen sein wird. Um den Aufmerksamkeitszweck zu erhöhen kann außerdem vorgesehen werden, dass die Belehrung in diesen Fällen mit keiner weiteren Erklärung verbunden werden darf.

Auf die Unterschrift wird bereits bisher bei Belehrungen über das Widerrufsrecht im Fernabsatz verzichtet (vgl. § 312d Abs. 2 Halbsatz 2 BGB). Im vorliegenden Gesetzesbeschluss werden entsrechende weitere Ausnahmen eingeführt (vgl. Artikel 25 Abs. 1 Nr. 16 und 17).

Es könnte demzufolge etwa folgende Regelung vorgesehen werden: An § 355 Abs. 3 BGB wird über Artikel 25 Abs. 1 Nr. 6 hinaus folgender weiterer Satz angeführt: „Wird eine versäumte Widerrufsbelehrung nachgeholt, ist § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht anzuwenden, wenn die Belehrung mit keiner weiteren Erklärung verbunden ist.“

Artikel 25 Abs. 3 Nr. 1, Artikel 229 § 8 Abs. 2 EGBGB, ist dann zu streichen.

Die europäischen Richtlinien sehen eine Unterschrift des Verbrauchers unter die Widerrufsbelehrung nicht vor. Sie stehen einer solchen Regelung also nicht entgegen.