Zu Artikel 1 Nr. 2 (§ 84a Abs. 1 Satz 1 AMG)
In Artikel 1 Nr. 2 § 84a Abs. 1 Satz 1 sind die Wörter „den Schaden verursacht hat,“ durch die Wörter „nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet ist, den Schaden zu verursachen,“ zu ersetzen.

Begründung
Mit dem Auskunftsanspruch soll der Geschädigte in die Lage versetzt werden, von dem pharmazeutischen Unternehmer alle notwendigen Fakten zu erlangen, die er zur Darlegung und zum Nachweis der anspruchsbegründenden Tatsachen für den Schadensersatzanspruch nach § 84 Abs. 1 AMG braucht. Da § 84 Abs. 2 AMG-E dem Arzneimittelanwender den Nachweis der Kausalität durch eine Vermutung erleichtert, die bereits dann eingreift, wenn das Arzneimittel nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet ist, den Schaden zu verursachen, genügt insoweit schon die Darlegung und im Streitfall der Beweis, dass das Arzneimittel nach den Umständen des Einzelfalls dazu geeignet war, den eingetretenen Schaden zu verursachen. Dieser Beweiserleichterung sollten die Voraussetzungen der Auskunftspflicht in § 84a AMG-E Rechnung tragen. Einer Auskunftspflicht bedarf es nicht mehr, wenn bereits die konkrete Möglichkeit der Schadensverursachung durch das Arzneimittel feststeht. Die Auskunftspflicht sollte deshalb bereits früher eingreifen, damit der Arzneimittelanwender in die Lage versetzt wird, die im Rahmen des § 84 Abs. 2 Satz 1 AMG-E anspruchsbegründenden Tatsachen in Erfahrung zu bringen. Aus diesem Grund sollte sich die durch Tatsachen belegte Annahme in § 84a Abs. 1 Satz 1 AMG-E nicht auf die Verursachung des Schadens, sondern auf die im Einzelfall gegebene Eignung des Arzneimittels, den Schaden zu verursachen, beziehen.

Zu Artikel 1 Nr. 2 (§ 84a Abs. 1 Satz 1 AMG)
In Artikel 1 Nr. 2 § 84a Abs. 1 Satz 1 sind die Wörter „es sei denn, dies ist zur Feststellung, ob ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 84 besteht, nicht erforderlich“ durch die Wörter „soweit dies zur Feststellung, ob ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 84 besteht, erforderlich ist“ zu ersetzen.

Begründung
Der Gesetzentwurf sieht im Gegensatz zu dem in der 13. Legislaturperiode vorgelegten Vorgängerentwurf eine Umkehr der Beweislast für die Erforderlichkeit der Auskunft zu Lasten des Pharmaunternehmers vor. Eine solche Beweislastumkehr ist jedoch missbrauchsanfällig und entspricht auch nicht den Parallelregelungen in § 8 UmweltHG und § 35 GenTG.

Der Auskunftsanspruch dient der Vorprüfung, ob ein Schadensersatzanspruch des Geschädigten gegen den Unternehmer Aussicht auf Erfolg hat. Das Merkmal der „Erforderlichkeit“ soll die Bezogenheit des Auskunftsanspruchs auf die Haftung sicherstellen. Der Auskunftsanspruch wird daher auf ein sachdienliches Maß begrenzt.

Dies ist nicht nur prozessökonomisch, sondern soll auch sicherstellen, dass der Auskunftsanspruch nicht missbraucht wird, um Informationen für die Durchsetzung ganz anderer Zwecke zu sammeln. Diese Eingrenzung ist zwingend geboten, ohne sie drohen den Pharmaunternehmen Ausforschungsanfragen, die erheblichen Zeit- und Verwaltungsaufwand erfordern, ohne dass berechtigte Ansprüche dahinter stehen. Die Beweislast für den Nachweis der Erforderlichkeit dem Geschädigten aufzuerlegen, ist für diesen auch nicht unzumutbar, da der Schaden in seiner Sphäre liegt und er den Nachweis, dass die Auskunft erforderlich ist, auf Grund der Sachnähe leichter führen kann als der Pharmaunternehmer den Gegenbeweis.

Zu Artikel 1 Nr. 2 (§ 84a Abs. 1 Satz 3 AMG)
In Artikel 1 Nr. 2 § 84a Abs. 1 ist Satz 3 durch folgende Sätze zu ersetzen:
„Soweit nicht die Angelegenheit nur geringe Bedeutung hat, hat der pharmazeutische Unternehmer auf Verlangen an Eides statt zu versichern, dass er die Angaben nach bestem Wissen so vollständig gemacht hat, als er dazu im Stande sei. § 261 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend. Weigert sich der pharmazeutische Unternehmer, die in der Auskunft enthaltenen Angaben an Eides statt zu versichern, wird vermutet, dass das Arzneimittel zur Verursachung des Schadens geeignet ist.“

Begründung
Der Bundesrat hält die Bezugnahme auf die §§ 259 bis 261 BGB für nicht geeignet, dem Geschädigten in angemessener Zeit zu einer vollständigen und nach bestem Wissen des Unternehmers erteilten Auskunft zu verhelfen. Der Geschädigte wird in der Regel gerade nicht in der Lage sein, hinreichende Gründe darzulegen, die zu der Annahme berechtigen, dass die Auskunft unrichtig und/oder unvollständig erteilt ist, was bei gehöriger Sorgfalt hätte vermieden werden können (vgl. BGHZ 89, 140). Weigert sich sodann der Unternehmer, seine Angaben eidesstattlich zu versichern, müsste der Geschädigte den Klageweg beschreiten und im Prozess die Voraussetzungen für die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung dartun. Wegen dieser Schwierigkeiten bei der Erzwingung einer richtigen und vollständigen Auskunft verbessert die vorgesehene Regelung die Lage des Arzneimittelgeschädigten für die Prüfung und Darlegung eines Schadensersatzanspruchs nur scheinbar. Dieses Ziel ist vielmehr dadurch zu erreichen, dem Unternehmer die Verpflichtung zur Ableistung der eidesstattlichen Versicherung ohne die einschränkenden Voraussetzungen in § 259 Abs. 2 und § 260 Abs. 2 BGB aufzuerlegen und an dessen Weigerung zur Ableistung der eidesstattlichen Versicherung beweisrechtliche Nachteile zu knüpfen. Dem Unternehmer bleibt die Möglichkeit, die in diesen Fällen zu seinen Lasten ergänzend zur Vermutung des Ursachenzusammenhangs nach § 84 Abs. 2 AMG-E eingreifende Eignungsvermutung zu widerlegen oder, wenn er die insoweit erforderlichen Tatsachen nicht offen legen und unter Beweis stellen will, den Anspruchsteller durch Erfüllung des Schadensersatzanspruchs klaglos zu stellen. Eine solche Vermutungsregelung ist zur Ergänzung der in § 84 Abs. 2 AMG-E vorgesehenen Regelung sinnvoll und auch erforderlich, soweit der Geschädigte auf vollständige und zutreffende Auskunft angewiesen ist, um als Voraussetzung für die Geltendmachung eines Anspruchs nach § 84 Abs. 1 AMG-E die Schadensgeeignetheit prüfen und darlegen zu können.

Zu Artikel 1 Nr. 2 (§ 84a Abs. 1 Satz 4, Abs. 2 Satz 2 AMG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob an Stelle der Ausnahmetatbestände in § 84a Abs. 1 Satz 4 und Abs. 2 Satz 2 AMG-E jeweils eine Abwägungsklausel einzufügen ist, nach der zwischen dem Auskunftsinteresse des Geschädigten und dem Geheimhaltungsinteresse des pharmazeutischen Unternehmers oder eines Dritten abgewogen werden muss.

Begründung
Der Auskunftsanspruch des Geschädigten nach § 84a Abs. 1 Satz 1, 2 und Abs. 2 Satz 1 AMG-E kann auf Grund der Ausnahmetatbestände in § 84a Abs. 1 Satz 4 und Abs. 2 Satz 2 AMG-E wegen Geheimhaltungsinteressen des pharmazeutischen Unternehmers oder Dritter ausgeschlossen sein. Es ist eine missbräuchliche Handhabung zu befürchten, da es dem Pharmazieunternehmer nicht schwer fallen wird, unter Hinweis auf die Konkurrenz und hohe Entwicklungskosten ein auskunftsausschließendes Geheimhaltungsinteresse erfolgreich ins Feld zu führen und damit den Anspruch des Geschädigten leer laufen zu lassen. Die Begründung führt auch nicht näher aus, welche schutzwürdigen Interessen Dritter von dieser Vorschrift erfasst sein sollen. Die gegeneinander abzuwägenden Interessen sollten im Gesetz selbst verdeutlicht werden.

Die Ausschlusstatbestände in § 84a Abs. 1 Satz 4 und Abs. 2 Satz 2 AMG-E stellen keinen sachgerechten Interessenausgleich her. Stattdessen sollte eine Abwägungsklausel eingefügt werden, nach der zwischen dem Auskunftsinteresse und dem Geheimhaltungsinteresse abgewogen werden muss. In diesem Fall wäre die Gefahr einer missbräuchlichen Berufung auf ein Geheimhaltungsinteresse nicht groß, da im Einzelfall letztlich die Gerichte darüber zu entscheiden hätten.

Zu Artikel 1 Nr. 2 (§ 84a Abs. 3 – neu – AMG)

In Artikel 1 Nr. 2 ist § 84a folgender Absatz 3 anzufügen: „(3) Für die Auskunftsansprüche nach den Absätzen 1 und 2 ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.“

Begründung
Bei dem Auskunftsanspruch gegen die Behörde nach § 84a Abs. 2 AMG-E handelt es sich um eine Vorschrift des öffentlichen Rechts (Bundesratsdrucksache 742/01, S. 49). Er wäre daher grundsätzlich vor den Verwaltungsgerichten durchzusetzen (§ 40 Abs. 1 VwGO).

Dies ist jedoch nicht prozessökonomisch. Der Geschädigte müsste dann zur Erlangung einer vollständigen Auskunft zwei parallele Verfahren führen, obwohl weitgehend die gleichen Anspruchsvoraussetzungen zu prüfen sind. Unternehmer und Behörde könnten auch nicht als Streitgenossen verklagt werden. Dies hätte zur Folge, dass der gleiche Sachverhalt, insbesondere der Ausnahmetatbestand des § 84a Abs. 1 Satz 4 AMG-E, von verschiedenen Gerichten möglicherweise unterschiedlich beurteilt wird. Die Zuweisung des Auskunftsanspruchs gegen die Behörde aus § 84a Abs. 2 AMG-E an die Verwaltungsgerichte ist auch nicht aus anderen Gründen zwingend erforderlich. Schon der Wortlaut des § 84a Abs. 2 Satz 1 AMG-E spricht für einen einheitlichen materiell-rechtlichen Anspruch, der die zivilrechtliche Haftung des Unternehmers zu realisieren hilft. Auch dürften die ordentlichen Gerichte in der Regel sachnäher und daher berufener sein, die Voraussetzungen des § 84a Abs. 2 AMG-E in Verbindung mit § 84a Abs. 1 und § 84 AMG-E zu beurteilen.

Um die dargestellten Schwierigkeiten bei der Rechtsverfolgung zu vermeiden, ist für die gerichtliche Durchsetzung des Auskunftsanspruch aus § 84a AMG-E einheitlich der ordentliche Rechtsweg vorzusehen. Hinsichtlich des Absatzes 1 handelt es sich insoweit allerdings nur um eine deklaratorische Regelung. Mit der gemeinsamen Nennung beider Absätze soll der einheitliche Charakter der beiden Auskunftsansprüche unterstrichen werden.

Zu Artikel 1 Nr. 2 (§ 84a AMG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob es nicht doch sachgerecht ist, auch dem vom Geschädigten nach § 84a Abs. 1 AMG-E auf Auskunft in Anspruch genommenen pharmazeutischen Unternehmer einen Auskunftsanspruch gegen den Geschädigten zu gewähren.

Begründung
Der Bundesrat ist der Auffassung, dass auch dem pharmazeutischen Unternehmer ein Anspruch auf alle relevanten Informationen gegenüber dem Geschädigten zustehen sollte (Offenlegungsverpflichtung des potenziell Geschädigten; vgl. auch § 10 UmweltHG). Auf Grund der Kausalitätsvermutung des § 84 Abs. 2 AMG-E sowie der Auskunftsansprüche des Geschädigten nach § 84a AMG-E handelt es sich um ein Gebot der Waffengleichheit, auch dem in Anspruch genommenen pharmazeutischen Unternehmer die Möglichkeit zu gewähren, an relevante Informationen im Haftungsprozess zu gelangen. Dies gilt insbesondere, da sich der überwiegende Teil des wesentlichen Schadensablaufs in der Sphäre des Geschädigten abgespielt hat. Insoweit unterscheidet sich die Haftung nach dem Arzneimittelgesetz auch von anderen Haftungskonstellationen. Ohne die entsprechenden Auskünfte des Geschädigten hätte der in Anspruch genommene Unternehmer keine realistische Chance, die in § 84 Abs. 2 AMG-E vermutete Kausalität zu erschüttern. Die Kausalitätsvermutung würde sich dann in eine bedenkliche Kausalitätsfiktion verwandeln.

Die von der Gesetzesbegründung gegen einen solchen Auskunftsanspruch angeführten Argumente (Bundesratsdrucksache 742/01, S. 49 f.) vermögen nicht zu überzeugen:
Der Hinweis auf die prozessuale Darlegungslast des Geschädigten nach § 84 Abs. 2 AMG-E übersieht, dass der Unternehmer zur Erschütterung der zu seinen Lasten in § 84 Abs. 2 Satz 1 und 2 AMG-E vermuteten Kausalität „andere Umstände“ im Sinne des § 84 Abs. 2 Satz 3 AMG-E darlegen und beweisen muss. Diese anderen Umstände gehören nicht zur anspruchsbegründenden Darlegungslast des Geschädigten.

Dem pharmazeutischen Unternehmer sind diese Umstände aber regelmäßig nicht bekannt, wenn sie sich in der Sphäre des Geschädigten ereignet haben. Dies gilt beispielsweise für die Einnahme weiterer Arzneimittel, die wegen ihres hohen Indikationsanspruchs schädliche Wirkungen als vertretbar erscheinen lassen. Damit der vom Geschädigten in Anspruch genommene pharmazeutische Unternehmer seine gesetzlich vorgesehenen Rechte auch tatsächlich wahrnehmen kann, ist er auf eine entsprechende Auskunft des Geschädigten angewiesen.

Ein Konflikt mit dem Persönlichkeitsrecht des Geschädigten (vgl. Bundesratsdrucksache 742/01, S. 50) besteht nicht. Ein eigener Auskunftsanspruch des pharmazeutischen Unternehmers besteht nur, soweit er vom Geschädigten in Anspruch genommen wird. Im Übrigen geht auch die Gesetzesbegründung davon aus, dass der Geschädigte aus prozessualen Gründen die erforderlichen Informationen offen legen muss.