Gemeinsame Voraussetzung für die Gewährung von Schmerzensgeld ist eine Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung. Die Aufzählung orientiert sich an den im bisherigen § 847 Abs. 1 BGB aufgezählten Rechtsgütern. Die Ergänzung um die sexuelle Selbstbestimmung war notwendig, um die Rechtsfolgen aus § 847 Abs. 2 BGB zu bewahren. Außerdem soll durch die ausdrückliche Erwähnung der sexuellen Selbstbestimmung die Bedeutung unterstrichen werden, die der Gesetzgeber diesem Rechtsgut beimisst.
Dass Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht ausdrücklich in die Aufzählung der Schmerzensgeldansprüche auslösenden Rechtsgutsverletzungen aufgenommen sind, steht auch künftig einer Geldentschädigung bei nach § 823 BGB erheblichen Persönlichkeitsrechtsverletzungen nicht entgegen. Nachdem zunächst die Entschädigung in Geld als Rechtsfolge haftungsrechtlich relevanter Persönlichkeitsrechtverletzungen aus einer Rechtsanalogie zu § 847 BGB abgeleitet worden war, geht die Rechtsprechung inzwischen davon aus, dass es sich bei dem Anspruch auf Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts um ein vom Schmerzensgeld nach § 847 BGB zu unterscheidendes Recht handele, das auf den Schutzauftrag aus Artikel 1 und 2 Abs. 1 GG zurückgehe (BGHZ 35, 363, 367 f.; 39, 124, 130 ff.; 128, 1, 15). Ist dieser Anspruch damit von den §§ 847, 253 BGB geltenden Rechts unabhängig, können Änderungen dieser Vorschriften ihn auch nicht tangieren. Ob anknüpfend an entsprechende frühere Initiativen eine einfachgesetzliche Klarstellung sinnvoll ist, kann hier dahinstehen. Jedenfalls könnte sie sich nicht auf die Anordnung einer Geldentschädigung als Rechtsfolge einer Persönlichkeitsrechtsverletzung beschränken, sondern müsste mit einer ausdrücklichen und umfassenden Regelung des zivilrechtlichen Schutzes des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einhergehen. Dies kann im Zusammenhang mit diesem Gesetz nicht geleistet werden.
Liegt eine Verletzung der in § 253 Abs. 2 BGB genannten Rechtsgüter vor, besteht – unabhängig davon, ob eine verschuldensabhängige oder eine verschuldensunabhängige, eine vertragliche oder eine außervertragliche Haftung zugrunde liegt – ein Schmerzensgeldanspruch. Dieser Anspruch greift zudem – abgesehen von der Vorsatzhaftung (Nummer 1) – bei all diesen Haftungsgründen unter derselben Voraussetzung ein: Der durch die Verletzung der genannten Rechtsgüter verursachte Schaden muss unter Berücksichtigung seiner Art und Dauer nicht unerheblich sein (Nummer 2).
Insoweit unterscheidet sich die neue Regelung grundlegend von dem in der 13. Legislaturperiode vorgelegten Entwurf: Er dehnte den Schmerzensgeldanspruch nur auf die (verschuldensunabhängige) Gefährdungshaftung, nicht aber auch auf die Vertragshaftung aus. Er enthielt überdies mit der Begrenzung des Anspruchs bei Gefährdungshaftung auf schwer wiegende und dauerhafte Beschädigungen eine außerordentlich hohe und deshalb vielfach als für den Opferschutz unzureichend kritisierte Schwelle. Und schließlich enthielt er mit der unbeschränkten Vorsatzhaftung und der auf nicht geringfügige Schäden beschränkten Fahrlässigkeitshaftung eine Schwellenvielfalt, die seinerzeit als schwer überschaubar und der Verfahrensökonomie zuwiderlaufend gerügt worden ist.
Die neue Regelung trägt dieser Kritik damit Rechnung, dass sie eine einheitliche Schwelle vorsieht, die deutlich niedriger ansetzt, als dies seinerzeit für Gefährdungshaftungen vorgesehen war: Schmerzensgeld wird nur noch davon abhängig gemacht, dass der Schaden unter Berücksichtigung von Art und Dauer nicht unerheblich ist (Nummer 2). Diese Lösung geht im Wesentlichen auf einen Vorschlag des für Schadensersatzrecht zuständigen VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs gegenüber dem Entwurf eines 2. Schadensersatzrechtsänderungsgesetztes aus der 13. Legislaturperiode zurück. Soweit die hier gewählte Formulierung von diesem Vorschlag abweicht und statt einer „erheblichen Beeinträchtigung“ einen „nicht unerheblichen Schaden“ fordert, wird damit eine im Schadensersatzrecht bereits bekannte Schwelle, nämlich diejenige aus § 84 AMG aufgegriffen. Zudem soll damit Fehlinterpretationen in Richtung auf eine besonders hohe Erheblichkeitsschwelle vorgebeugt werden. Gegenüber dem früheren Entwurf war vereinzelt ein Verzicht auf jegliche Schwelle gefordert worden. Dieser Forderung zu folgen, erscheint indes nicht angezeigt: Eine Erheblichkeitsschwelle ist mit Blick auf die Kosten, die durch die Ausweitung des Schmerzensgeldes auf Fälle der Gefährdungshaftung und der Vertragshaftung entstehen werden, notwendig, um zu vermeiden, dass die Versichertengemeinschaft mit deutlichen Prämienerhöhungen belastet würde. Sie rechtfertigt sich weiterhin unter dem Gesichtspunkt, dass die verfügbaren Mittel mehr als bisher auf die Fälle schwererer Verletzungen konzentriert werden sollen. Insoweit befindet sich der Entwurf auch in Übereinstimmung mit einer Tendenz der Rechtsprechung, die bereits nach der bestehenden Gesetzeslage auf der Grundlage des Gedankens der „Billigkeit“ in § 847 BGB im Einzelfall für geringfügige Personenschäden kein Schmerzensgeld zugebilligt hat (vgl. BGH NJW 1992, 1043 f.).
Eine Ausnahme besteht allerdings für die Vorsatzhaftung, für die auf eine Erheblichkeitsschwelle verzichtet wird (Nummer 1). Bei der Vorsatzhaftung steht neben der Ausgleichsfunktion die Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes derart im Vordergrund, dass ein Schmerzensgeld auch bei der Herbeiführung nur unerheblicher Schäden erforderlich erscheint, so dass es insoweit bei der bestehenden Rechtslage verbleibt.
Die beiden wesentlichen Parameter, nach denen zu beurteilen ist, ob ein Schaden „nicht unerheblich“ im Sinne von § 253 Abs. 2 BGB ist, gibt der Entwurf mit „Art und Dauer“ selbst vor. Beide Merkmale sind gesondert zu prüfen und sollen in die Gesamtbeurteilung („unter Berücksichtigung“) einfließen, ob ein Schaden als „nicht unerheblich“ anzusehen ist. Sie sind jedoch nicht als kumulative Voraussetzungen in dem Sinne zu verstehen, dass ein Schaden sowohl mit Blick auf seine Schwere als auch mit Blick auf seine Dauer als nicht unerheblich anzusehen ist. Es ist also nicht erforderlich, dass die Erheblichkeitsschwelle sowohl durch die Schwere als auch durch die Dauer des Schadens überschritten wird. Es ist auch nicht erforderlich, dass es sich um einen dauerhaften Schaden handelt. Abgestellt werden soll vielmehr auf eine wertende Betrachtung beider Merkmale zusammen. Ein Schmerzensgeld kann also auch dann in Betracht kommen, wenn ein Schaden nur von kürzerer Dauer, aber seiner Art nach schwer ist. Umgekehrt sind auch Fälle denkbar, in denen ein Schaden so lange andauert, dass an die Art des Schadens nur geringere Anforderungen zu stellen sind.
Zu den Schäden, die unter Berücksichtigung ihrer Art und Dauer unerheblich sind, zählen einmal die Bagatellverletzungen, für die die Rechtsprechung bereits jetzt von einem Schmerzensgeld absieht. Dies sind Verletzungen, die einen geringen, nur vorübergehenden Einfluss auf das Allgemeinbefinden haben, wie z. B. Kopfschmerzen oder Schleimhautreizungen (vgl. BGH NJW 1992, 1043 f.). Darüber hinaus dürften im Regelfall auch leichtere oberflächliche Weichteilverletzungen, wie Schürfwunden, Schnittwunden und Prellungen, sowie leichtere Verletzungen des Bewegungsapparates, wie Zerrungen und Stauchungen, als unerheblich einzustufen sein. Schließlich dürften auch nicht objektivierbare leichte HWS-Verletzungen ersten Grades regelmäßig unterhalb dieser Erheblichkeitsschwelle bleiben. Von Seiten des Gesetzgebers wäre es nicht angebracht, eine feste Summe vorzugeben, bis zu der von einem nicht unerheblichen Schaden auszugehen ist. Die Bestimmung eines angemessenen Schmerzensgeldes ist originäre Aufgabe der Gerichte, die hierbei die besonderen Umstände jedes Einzelfalles berücksichtigen müssen, was das Gesetz durch eine entsprechend flexible Formulierung sicherstellen muss. Bei der Konzeption des Entwurfs wurde jedoch davon ausgegangen, dass solche Schäden unterhalb der Erheblichkeitsschwelle bleiben dürften, die bisher mit Schmerzensgeldern unter 1 000 DM abgefunden wurden.