Zu Artikel 4 Nr. 1a
Die schweren Unfälle, an denen LKW- oderWohnwagengespanne beteiligt sind, machen deutlich, dass mit der Verwendung von Anhängern häufig eine Erhöhung der von einem Kraftfahrzeug ausgehenden Betriebsgefahr verbunden ist. In zunehmendem Maße sind zudem Kraftfahrzeugunfälle von Zugfahrzeugen mit Anhängern zu beobachten, bei denen den Geschädigten zur Identifizierung des Schädigers nur das Kennzeichen des Anhängers bekannt ist, das sich vom Kennzeichen des Zugfahrzeugs jedoch unterscheidet. Halter und Versicherer des Anhängers berufen sich in der Regel darauf, dass sie nach § 7 StVG weder zur Mitteilung noch zur Identifizierung des Zugfahrzeugs verpflichtet seien, verweisen aber in den hier bekannt gewordenen Fällen auf die Haftung des Fahrers und Halters des dem Geschädigten unbekannten Zugfahrzeugs. Die Verkehrsopferhilfe behandelt diese Fälle als Schäden durch nicht ermittelte Fahrzeuge nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 PflVG mit den sich aus § 12 Abs. 2 PflVG ergebenden Einschränkungen, denen zufolge Schmerzensgeld nur in besonderen Härtefällen geleistet wird und keine Leistungspflicht für Sachschäden am Fahrzeug des Ersatzberechtigten besteht.

Mit der vorgeschlagenen Regelung wird deshalb eine Haftung auch des Halters des Anhängers für Unfälle beim Betrieb des Gespanns eingeführt. Er haftet neben dem Halter des Zugfahrzeugs. Ausgeschlossen ist seine Haftung wie diejenige des Zugfahrzeughalters in den Fällen höherer Gewalt (§ 7 Abs. 2 StVG) (vgl. dazu unten Begründung zu Artikel 4 Nr. 1b), wenn der Anhänger unbefugt benutzt wird (§ 7 Abs. 3 StVG) (vgl. dazu unten Begründung zu Artikel 4 Nr. 1c), wenn er mit einem unter 20 Stundenkilometer fahrenden Zugfahrzeug verbunden ist (§ 8 Nr. 1 StVG), wenn eine beim Betrieb des Kraftfahrzeugs tätige Person verletzt wird (§ 8 Nr. 2 StVG) oder wenn eine beförderte Sache beschädigt wird (§ 8 Nr. 3 StVG) (vgl. dazu unten Begründung zu Artikel 4 Nr. 2). Begrenzt wird auch seine Haftung durch die Haftungshöchstbeträge der §§ 12 ff. StVG. Neben der Haftung des Anhängerhalters nach dem StVG kommt – ebenso wie für den Kraftfahrzeughalter – eine Haftung nach allgemeinen Vorschriften in Betracht (§ 16 StVG).

Auch wenn der Schaden in solchen Fällen nicht oder nicht ausschließlich durch den Anhänger verursacht wird, ist eine Gefährdungshaftung des Anhängerhalters sachgerecht, da der Anhänger zusammen mit dem Zugfahrzeug eine Einheit bildet, die eine gegenüber dem Zugfahrzeug erhöhte Betriebsgefahr aufweist. Die Regelung belastet den Halter des Anhängers auch nicht unverhältnismäßig. Er hat im Regelfall Einfluss auf die Auswahl des Zugfahrzeugs und dessen Führer, steht regelmäßig in vertraglichen Beziehungen zu dessen Halter und trägt zu der erhöhten Betriebsgefahr des Gespanns bei. Ist der Schaden ausschließlich durch das Zugfahrzeug oder dessen Führer verursacht worden, sichern ihm die insoweit ergänzten §§ 17 Abs. 2 und 18 Abs. 3 StVG (vgl. dazu unten Begründung zu Artikel 4 Nr. 8 und 9) ein Rückgriffsrecht im Innenverhältnis. Letztendlich soll in solchen Fällen der Halter des Anhängers nicht den Schaden tragen, der durch das Zugfahrzeug oder dessen Führer verursacht wurde und in denen sich die Betriebsgefahr des Anhängers nicht realisiert hat. Damit ist auch gewährleistet, dass der Geschädigte, dem nur eine Identifizierung des Anhängers, nicht aber des Zugfahrzeugs möglich ist, die Gefährdungshaftungsansprüche vollumfänglich durchsetzen kann: Er kann auf den Anhängerhalter zugreifen, der unter dem Druck der eigenen vollen Haftung im Außenverhältnis öfter als bisher dazu bereit sein dürfte, den Halter des Zugfahrzeugs preiszugeben.

Die vorgeschlagene Änderung erfordert eine Anpassung von § 3 Kraftfahrzeug-Pflichtversicherungsverordnung. Die Bundesregierung wird rechtzeitig vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eine entsprechende Änderungsverordnung vorlegen.