Zu Artikel 4 Nr. 3
Nach der derzeitigen Rechtslage schließt § 8a StVG die in einem Kraftfahrzeug unentgeltlich, nicht geschäftsmäßig beförderten Mitfahrer von Gefährdungshaftungsansprüchen nach § 7 StVG aus. Dieser Ausschluss kann nur aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift erklärt werden (vgl. dazu Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 3. Aufl., § 8a StVG): Das Gesetz über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen aus dem Jahr 1909 sah zunächst überhaupt keine Haftung für Insassen vor. Im Jahr 1939 wurde dann die Gefährdungshaftung auf Insassen ausgedehnt, die im öffentlichen Verkehr befördert wurden, und 1957 schließlich auf entgeltlich und geschäftsmäßig Beförderte. Die Gruppe der unentgeltlich und nicht geschäftsmäßig beförderten Insassen steht jedoch bis heute außerhalb des Schutzes der Gefährdungshaftung des StVG, obwohl die Gefährdungshaftung des Bahnbetriebsunternehmers nach dem Haftpflichtgesetz und die Gefährdungshaftung des Luftfrachtführers nach dem Luftverkehrsgesetz solche Einschränkungen der Insassenhaftung nicht kennen. Die internationale Rechtsentwicklung geht dahin, grundsätzlich allen Fahrzeuginsassen einen Ersatz für die von ihnen erlittenen Körperschäden zu gewähren (vgl. v. Bar, Gemeineuropäisches Deliktsrecht, Band II, Rdnr. 385). Auch auf nationaler Ebene wird seit längerem gefordert, die Unterscheidung zwischen entgeltlich und unentgeltlich beförderten Insassen aufzugeben (vgl. Müller, VersR 1995, 489, 492 m. w. N.). Der Verkehrsgerichtstag 1995 hat eine entsprechende Empfehlung ausgesprochen. Ihr folgt der Entwurf und beseitigt die bestehende Haftungslücke für unentgeltlich und nicht geschäftsmäßig beförderte Mitfahrer.

Der Neuregelung kann nicht entgegengehalten werden, dass der unentgeltlich beförderte Mitfahrer freiwillig eine Gefahr auf sich nehme und deshalb keinen Schutz verdiene. Denn den Unterschied gegenüber dem entgeltlich und geschäftsmäßig Beförderten, der gleichfalls freiwillig mitfährt, kann dieses Argument nicht erklären. Auch dass die Gefährdungshaftung dem entgeltlich Beförderten als Gegenleistung für das Entgelt diene (so aber BGHZ 80, 303, 306 f.) überzeugt letztendlich nicht. Denn der entgeltlich Beförderte zahlt das Entgelt für die Beförderung und nicht für die Gefährdungshaftung des Beförderers und der unentgeltlich Beförderte weiß vielleicht nicht einmal, dass er sich dem Risiko einer Fahrt ohne Haftung aussetzt. Entscheidend ist, dass sich auch bei der Verletzung eines unentgeltlich und nicht geschäftsmäßig beförderten Insassen die typische Betriebsgefahr eines Kraftfahrzeugs verwirklicht, für die der diese Gefahr setzende Kraftfahrzeughalter auch haften sollte (vgl. Kötz, in: Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts Bd. II (1981) S. 1813).

Das bisher nach Absatz 2 bestehende Verbot, die Haftung für Personenschäden im Falle einer entgeltlichen, geschäftsmäßigen Personenbeförderung auszuschließen oder zu beschränken, bleibt auch nach der Neufassung der Vorschrift als nunmehr alleiniger Regelungsinhalt des § 8a StVG bestehen. Da entgegenstehende Vereinbarungen bereits nach § 134 BGB nichtig sind, kann § 8a Abs. 2 Satz 2 StVG in der bisher geltenden Fassung entfallen. Außerhalb einer entgeltlichen, geschäftsmäßigen Personenbeförderung ist ein Haftungsausschluss durch die Parteien nach wie vor zulässig. Insoweit besteht kein Grund, in die Privatautonomie einzugreifen, zumal für einen solchen Ausschluss gerade bei einer unentgeltlichen, nicht geschäftsmäßigen Personenbeförderung ein besonderes Bedürfnis bestehen kann.

An der schon jetzt bestehenden Möglichkeit, die Haftung für Sachschäden zu beschränken oder auszuschließen, ändert sich nichts.