A. Allgemeine Begründung

I. Ziel des Gesetzes

Mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz sollen zwei EG-Richtlinien in deutsches Recht umgesetzt und zugleich das Schuldrecht in wesentlichen Teilen modernisiert werden. Der Umsetzung bedarf die Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABl. EG Nr. L 171 S. 12 – im folgenden: Verbrauchsgüterkaufrichtlinie); diese Richtlinie ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2001 umzusetzen. Außerdem muss die Richtlinie 2000/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. Juni 2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (ABl. EG Nr. L 200 S. 35) umgesetzt werden; die Frist hierfür läuft bis zum 7. August 2002.

Daneben werden die Artikel 10, 11 und 18 der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt ("Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr, ABl. EG Nr. L 178 S. 1) umgesetzt, die für Verträge, welche unter Nutzung von Diensten der Informationsgesellschaft geschlossen werden, besondere vorvertragliche Informationspflichten bestimmen sowie eine Ausdehnung der Unterlassungsklagenrichtlinie (Richtlinie 98/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 1998 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen, ABl. EG Nr. L 166 S. 51) vorsehen. Diese Verpflichtung ist bis zum 17. Januar 2002 zu erfüllen.

Die durch diese Richtlinien notwendig werdenden gesetzgeberischen Maßnahmen können sich nicht auf eine reine Richtlinienumsetzung beschränken. Denn die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie greift einen beträchtlichen Teil der Vorschläge auf, die die vom Bundesministerium der Justiz eingesetzte Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts in ihrem Abschlussbericht aus dem Jahre 1991 unterbreitet hat. Mit der Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie gelangt daher auch die Frage einer Modernisierung des Schuldrechts entsprechend diesen Vorschlägen zwingend auf die Tagesordnung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die durch die Richtlinie geforderten Umsetzungsmaßnahmen eng mit weiteren, von ihr nicht unmittelbar erfassten Bereichen des Schuld- und Verjährungsrechts verwoben sind: Beide Richtlinien zwingen praktisch dazu, das deutsche Schuld- und Verjährungsrecht umfassend zu modernisieren. Die Vorschläge der Schuldrechtskommission, die in der fachöffentlichen und rechtspolitischen Diskussion seit 1991 ein außerordentlich positives Echo gefunden haben, bilden hierfür eine verlässliche Grundlage.

Eine Schuldrechtsmodernisierung wäre nicht vollständig, wenn sie nicht auch die inzwischen sehr unübersichtlich gewordene Zahl von Verbraucherschutzvorschriften im Umfeld des Bürgerlichen Gesetzbuchs bereinigen und dort integrieren würde; damit wird zugleich die Bedeutung des Bürgerlichen Gesetzbuchs als zentrale zivilrechtliche Kodifikation wiederhergestellt und gestärkt.

II. Inhalt der Richtlinien und Umsetzungsbedarf

1. Verbrauchsgüterkaufrichtlinie

a) Verbrauchsgüterkauf

Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie hat keine Vollharmonisierung des Kaufrechts zum Ziel. Harmonisiert werden sollen lediglich einige wesentliche Aspekte des Kaufrechts für Mobiliarkaufverträge zwischen professionellen Verkäufern und privaten Käufern. Nicht harmonisiert werden damit insbesondere folgende Bereiche:

- Kaufverträge über Immobilien

- Kaufverträge zwischen Kaufleuten und Gewerbetreibenden

- Kaufverträge zwischen privaten Verkäufern und mit professionellen Käufern.

Ferner werden auch einige Arten von Kaufverträgen ausgenommen, die private mit professionellen Verkäufern schließen. Dies sind Verträge über die Lieferung von Strom, Gas und Wasser sowie Käufe im Rahmen der Zwangsvollstreckung. Bei der Umsetzung können die Mitgliedstaaten ferner Kaufverträge über gebrauchte Güter ausnehmen, die in einer öffentlichen Versteigerung verkauft werden. Inhaltlich erreicht die Richtlinie schon eine recht weitgehende Harmonisierung des Kaufrechts, wenngleich sie nicht vollständig ist. Harmonisiert werden: - Sachmängelbegriff

- Gewährleistungsrechte ohne Schadensersatz

- Gewährleistungsfrist für Gewährleistungsrechte ohne Schadensersatz

- Rügepflicht

- Formalanforderungen an vertragsbegleitende Garantien.

Harmonisiert wird nicht nur das Kaufrecht, sondern auch das Werkvertragsrecht für neu hergestellte oder zu erzeugende bewegliche Sachen. Dies folgt aus Artikel 1 Abs. 4 der Richtlinie.

b) Zwingender Charakter

Eines der hervorstechendsten Merkmale des nationalen deutschen, aber z.B. auch des UN-Kaufrechts oder des früheren Einheitlichen Kaufgesetzes ist die Dispositionsfreiheit der Parteien. Das nationale deutsche Kaufrecht ist ebenso wie seine internationalen Pendants ein Regelungsmodell, von dem die Parteien einvernehmlich im konkreten Vertrag abweichen können. Diese Möglichkeit wird durch die Richtlinie für den Verbrauchsgüterkauf abgeschnitten. Die Richtlinie harmonisiert die wesentlichen Aspekte des Kaufrechtes auf einem Mindeststandard, den die Mitgliedstaaten über-, aber nicht unterschreiten können. Auch den Parteien des konkreten Kaufvertrages ist es im Prinzip nicht möglich, von diesen Mindeststandardvorschriften abzuweichen. Eine Ausnahme ist nur vorgesehen für gebrauchte Güter. Hier können die Parteien eine Reduzierung der Gewährleistungsfrist auf ein Jahr und eine Begrenzung der Gewährleistungsrechte vorsehen. Dagegen ist weder bei neuen noch bei gebrauchten Gütern ein Gewährleistungsausschluss möglich. Das führt zu einer Veränderung des Steuerungssystems im nationalen deutschen Kaufrecht. Während die Steuerung der Vertragsgerechtigkeit bisher weitestgehend durch § 9 des AGB-Gesetzes geleistet wurde, wird diese Steuerungsfunktion künftig wieder verstärkt in das materielle Kaufrecht zurückverlagert, das im Verbraucherkaufrecht jedenfalls nicht mehr der Parteidisposition unterliegt.

c) Sachmängelbegriff

Nach Artikel 2 Abs. 1 der Richtlinie muss die verkaufte Sache den Zustand aufweisen, den die Parteien verabredet haben. Haben sie nichts vereinbart, gilt die Sache als vertragsgemäß, wenn sie einem Modell oder einer Beschreibung des Verkäufers entspricht, wenn sie die vom Käufer gewünschten Eigenschaften aufweist, wenn sie für den vertragsgemäßen Gebrauch taugt, wenn sie die Eigenschaften aufweist, die man üblicherweise von einer Sache gleicher Art und Güte erwarten kann. Dies entspricht im großen und ganzen dem in der Rechtsprechung entwickelten sog. subjektiven Fehlerbegriff und bedeutet in der Sache keine Änderung gegenüber dem nationalen Recht. In dieser Form neu ist allerdings ein Element in Artikel 2 Abs. 2 Buchstabe d der Richtlinie. Dort wird festgelegt, dass die Tauglichkeit des verkauften Gutes für den gewöhnlichen Gebrauch auch daran zu messen ist, ob das Gut von öffentlichen Aussagen des Herstellers insbesondere in Werbung und Etikettierung über konkrete Produkteigenschaften abweicht. Damit werden keineswegs etwa alle möglichen blumigen Werbeaussagen zu einem Sachmangel. Zu einem Sachmangel führt danach nur die Abweichung von Herstelleraussagen, die sich zu konkreten Eigenschaften des Produktes äußern. Musterbeispiel hierfür sind die Aussagen des Herstellers über den Kraftstoffverbrauch, die schon längst vor der Richtlinie zu einer sehr umfangreichen nationalen deutschen Rechtsprechung geführt haben (BGH, NJW 1996, 1337, 1338; 1997, 2590). Die nationale deutsche Rechtsprechung ist bei der Annahme einer zugesicherten Eigenschaft und der daraus folgenden Schadensersatzhaftung in solchen Fällen sehr zurückhaltend. Anders ist das aber bei der Frage des Sachmangels. Hier wird im Prinzip nur noch darüber diskutiert, wie groß die Abweichung des tatsächlichen Kraftstoffverbrauchs von dem herstellerseitig angegebenen sein muß, um einen Sachmangel darstellen zu können.

Auf den ersten Blick sehr bekannt ist auch die Regelung des Artikel 2 Abs. 3 der Richtlinie, wonach sich der Verbraucher gegenüber dem Verkäufer nicht auf Mängel berufen kann, die er vor Vertragsschluss kannte oder über deren Vorhandensein er vernünftigerweise nicht im unklaren sein konnte. Die Vorschrift wird künftig allerdings eine viel stärkere Bedeutung erfahren als die vergleichbare Regelung in § 460. Diese Vorschrift spielt vor allem bei gebrauchten und beschädigten Waren, die verbilligt abgegeben werden, eine Rolle. In Deutschland kommt sie meist deshalb nicht zum Tragen, weil hier auch durch Allgemeine Geschäftsbedingungen die Gewährleistung ganz oder teilweise ausgeschlossen werden kann. Künftig wird das nach Artikel 6 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie nicht mehr möglich sein. Deshalb wird Artikel 2 Abs. 3 künftig die Funktion zufallen, diesen an sich nicht möglichen Gewährleistungsausschluss für gebrauchte Güter funktionell zu ersetzen.

d) Gewährleistungsrechte

Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch sind die klassischen Gewährleistungsrechte des Käufers bei Fehlerhaftigkeit der Kaufsache die Wandlung und die Minderung. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass die meisten heute verkauften Sachen in der Terminologie des BGB Gattungssachen darstellen, für welche das Bürgerliche Gesetzbuch schon von Anfang an als einen ebenfalls klassischen Rechtsbehelf die Ersatzlieferung vorsah (§ 480 Abs. 1). Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch stehen Wandlung und Minderung und - bei Gattungssachen - Ersatzlieferung zur freien Wahl des Käufers. Diese Rechte sind aber abdingbar. In der deutschen Vertragspraxis ist es deshalb üblich, dass bei hochwertigen Gütern die Ersatzlieferung ganz ausgeschlossen und Wandlung und Minderung nur zugelassen werden, wenn ein Nachbesserungsversuch gescheitert ist. Bei Massenprodukten wird üblicherweise uneingeschränkt nur das gesetzliche Recht auf Ersatzlieferung gewährt; Wandlung und Minderung kann der Verkäufer dagegen regelmäßig nur verlangen, wenn eine Ersatzlieferung gescheitert ist. Nach Artikel 3 Abs. 3 der Richtlinie stehen die vier Gewährleistungsrechte dem Käufer nicht uneingeschränkt, sondern nur stufenweise zur Verfügung. Im Falle eines Mangels kann der Käufer zunächst nur zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung wählen. Die Wahl ist aber nur scheinbar frei; in der Sache steht dem Käufer im Falle eines Mangels grundsätzlich nur ein Anspruch auf Nachbesserung, ein Anspruch auf Ersatzlieferung nur im Ausnahmefall zu. Dies folgt daraus, dass Ersatzlieferung und Nachbesserung nur gewählt werden können, wenn sie verhältnismäßig sind. Und das sind Ersatzlieferung und Nachbesserung nur, wenn sie im Vergleich zu dem anderen Rechtsbehelf die ökonomischere Alternative darstellen. Bei hochwertigen Gütern wird die Nachbesserung regelmäßig ökonomischer sein als die Ersatzlieferung; bei nicht hochwertigen Massenprodukten ist es in der Regel umgekehrt. Mit diesem Regelungsmodell unterscheidet sich die Richtlinie bei den Rechtsbehelfen stark vom Bürgerlichen Gesetzbuch.

e) Gewährleistungsfristen

Die markanteste und gravierendste Änderung ist die Regelung über die Frist. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass Artikel 5 Abs. 1 zwei ganz unterschiedliche Fristen regelt. Dies geht auf die Rechtslage in den anderen Mitgliedstaaten zurück. In den meisten anderen Kaufrechten Europas wird nämlich zwischen einer Frist, in welcher der Mangel auftreten muss, und einer Frist unterschieden, die der gewährleistungsberechtigte Käufer zur Entscheidung darüber erhält, ob er Klage erhebt oder nicht. Das deutsche Recht kennt eine besondere Frist für das Auftreten des Mangels nicht. Faktisch wird sie allerdings durch die Gewährleistungsfrist mit abgedeckt, weil niemand eine Klage wegen eines Mangels erheben wird, der vor Ablauf dieser Frist nicht aufgetreten ist. In Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie wird jetzt auch eine Verjährungsfrist nach deutschem Vorbild zugelassen, die ebenfalls zwei Jahre beträgt und mit Lieferung beginnt. Die Gewährleistungsfrist wird also insgesamt auf zwei Jahre verlängert. Diese Gewährleistungsfrist ist nur beim Kauf gebrauchter Güter verkürzbar.

f) Beweislastumkehr

Im deutschen Recht so nicht bekannt ist die Beweislastumkehr für die ersten sechs Monate nach Lieferung der Kaufsache gemäß Artikel 5 Abs. 3 der Richtlinie. Weist der Käufer nach, dass die Sache einen Fehler hat und dass dieser Fehler innerhalb der ersten sechs Monate aufgetreten ist, dann soll widerleglich vermutet werden, dass der Fehler bereits bei Lieferung der Kaufsache vorhanden war. Dies gilt aber nur dann, wenn die Beweislastumkehr nicht mit der Natur der Kaufsache oder der Vertragswidrigkeit in Widerspruch steht. Eine solche Beweislastumkehr kennt das deutsche Recht bislang nicht.

g) Viehkauf

Die Richtlinie erfasst auch Teilbereiche des Viehkaufs. Der Viehkauf zeichnet sich nach § 481 durch eine besonders starke Verengung der Gewährleistungsrechte aus. Während bei lebenden Tieren im allgemeinen die normalen Gewährleistungsrechte gelten, sieht das Bürgerliche Gesetzbuch bei bestimmten in § 481 genannten Tierarten für den Käufer besonders harte und seine Rechte einschränkende Vorschriften vor. Ein Fehler des Tieres zählt nur dann als Mangel im Rechtssinne, wenn es sich um einen Hauptmangel im Sinne der Viehhauptmängelverordnung handelt. Diese Vorschriften werden durch die Richtlinie dann berührt, wenn ein Verbraucher ein derartiges Tier von einem professionellen Verkäufer kauft. Der praktisch häufigste Fall wird der Kauf von Reitpferden und von Schafen sein, die als "lebende Rasenmäher" erworben werden. Hier hat der Kunde nach deutschem Recht normalerweise nur dann Gewährleistungsrechte, wenn er sich nachweisbar zusichern läßt, dass das Tier nicht nur keine Hauptmängel, sondern auch keine sonstigen Mängel aufweist. Das ist nach der Richtlinie nicht mehr möglich. Danch muss die reguläre Gewährleistung auch ohne Zusicherung etwa dann eingreifen, wenn das Pferd lahmt oder durchtrennte Sehnen hat oder wenn das Schaf eine Krankheit hat, die nicht in der Hauptmängelverordnung aufgeführt ist. Die Viehkaufregeln müssen deshalb jedenfalls für Verbrauchsgüterkaufverträge aufgehoben werden. Dies gibt Veranlassung, diese Regelung ganz aufzuheben.

h) Herstellergarantien

Die Richtlinie regelt nicht, welchen Inhalt die Garantie eines Herstellers hat. Sie stellt in Artikel 6 aber sicher, dass der Hersteller durch das Versprechen einer Garantie den Kunden nicht in die Irre führt. Zu beobachten ist nämlich, dass die gesetzlichen Gewährleistungsrechte auch in Deutschland oft als Garantie bezeichnet werden, was bei dem Kunden den falschen Eindruck erweckt, als erhalte er besonders günstige Konditionen. Deshalb soll der Kunde in den Garantiebedingungen darauf hingewiesen werden, dass ihm gesetzliche Gewährleistungsrechte zustehen. Die Garantie soll einfach verständlich sein. Er soll auch die Möglichkeit haben, den Inhalt der Garantien zur Kenntnis zu nehmen, bevor er die Sache kauft. Entspricht die Garantie diesen Anforderungen nicht, bleibt sie wirksam, Artikel 6 Abs. 4; der Hersteller kann aber mit den Instrumenten des UWG belangt werden.

2. Richtlinie zur Bekämpfung des Zahlungsverzugs im Geschäftsverkehr

Demgegenüber ist der Umsetzungsbedarf bei der Richtlinie zur Bekämpfung des Zahlungsverzugs im Geschäftsverkehr gering.

a) Eintritt des Verzugs

Nach Artikel 3 der Richtlinie tritt – in der deutschen Terminologie – Verzug spätestens 30 Tage nach Erhalt einer Rechnung oder einer vergleichbaren Zahlungsaufforderung ein. Diese Regelung ist für Geldforderungen in § 284 Abs. 3 geregelt, der durch das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vom 30. März 2000 (BGBl. I S. 330) eingefügt worden ist. Sie bedarf zwar noch technischer Korrekturen. Zur Umsetzung der Richtlinie genügt diese Regelung aber.

b) Verzugszins

Der Verzugszins für Geldforderungen beträgt nach Artikel 3 der Richtlinie 7 Prozentpunkte über dem Zinssatz für Hauptrefinanzierungsgeschäfte der Europäischen Zentralbank am ersten Bankgeschäftstag eines jeden Kalenderhalbjahres. Demgegenüber beträgt der Verzugszins in Deutschland nach dem geltenden § 288 Abs. 1 Satz 1 seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Beschleunigung fälliger Zahlung 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Dieser bleibt nicht nur bei der Marge hinter den europäischen Anforderungen zurück. Dies gilt auch für die Bezugsgröße. Die europäische Bezugsgröße liegt ca. 1 Prozentpunkt über dem Basiszinssatz. Der sich hieraus ergebende Anpassungsbedarf besteht allerdings nicht generell, sondern nur für Rechtsgeschäfte zwischen Unternehmern oder zwischen Unternehmern und juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtlichen Sondervermögen.

c) Anerkennung des Eigentumsvorbehalts

Nach Artikel 4 der Richtlinie haben die Mitgliedstaaten den einfachen Eigentumsvorbehalt anzuerkennen. Dies ist in Deutschland umfassend der Fall. Umsetzungsbedarf besteht nicht.

d) Schnelltitulierung

Nach Artikel 5 der Richtlinie haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass der Gläubiger einer unstreitigen und unbestritten bleibenden Forderung innerhalb von 90 Tagen einen Titel erhält. Dies ist durch das deutsche Mahnverfahren, das Vorbild für diese Regelung war, und durch das Versäumnisverfahren sichergestellt.

3. Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr

Artikel 10, 11 und 18 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr sind vollständig in das deutsche Recht umzusetzen.

a) Vorvertragliche Informationspflichten

Artikel 10 der Richtlinie regelt bestimmte Informationspflichten des Unternehmers, der sich zum Absatz seiner Waren und Dienstleistungen eines Dienstes der Informationsgesellschaft bedient, gegenüber seinem – künftigen - Vertragspartner. Hierzu gehört auch, dass er diesem gemäß Artikel 10 Abs. 3 der Richtlinie die Vertragsbedingungen einschließlich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen so zur Verfügung stellen muss, dass der Kunde diese speichern und wieder abrufen kann.

Zwar sind einige der in Artikel 10 aufgeführten vorvertraglichen Informationspflichten bereits dem deutschen Recht bekannt, weil sie auch im Fernabsatzgesetz enthalten sind. Die Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr hat jedoch einen vom Fernabsatzgesetz abweichenden Anwendungsbereich, insbesondere ist sie nicht auf Rechtsbeziehungen zwischen Unternehmern und Verbrauchern beschränkt, sondern findet vielmehr auch und gerade auf reine Unternehmerbeziehungen Anwendung. Es ist daher eine horizontale Regelung erforderlich

b) Abgabe einer elektronischen Bestellung

Artikel 11 der Richtlinie regelt nicht die Frage des Zustandekommens eines Vertrages auf elektronischem Weg; dieses richtet sich vielmehr weiterhin nach den allgemeinen Regeln des nationalen Rechts. Die Richtlinie bestimmt in Artikel 11 nur besondere Pflichten des Unternehmers, der die Bestellung entgegennimmt. So hat er nach Absatz 2 technische Mittel zur Eingabefehlererkennung und –beseitigung vor Abgabe der Bestellung zur Verfügung zu stellen. Nach Absatz 1 muss er der anderen Partei den Eingang der Bestellung unverzüglich bestätigen, damit die andere Partei Gewißheut bekommt, dass ihre Bestellung beim Adressaten angekommen ist. Eine ausdrückliche Umsetzung von Artikel 11 Abs. 1, 2. Spiegelstrich, ist nicht erforderlich; hierfür reichen die allgemeinen Regeln aus.

c) Unterlassungsklage

Gemäß Artikel 18 Abs. 2 wird die Richlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr in den Anhang der Richtlinie 98/27/EG über Unterlassungsklagen aufgenommen, welcher deren Anwendungsbereich konkretisiert. Als Regelungen, die im Sinne der Unterlassungsklagenrichtlinie die Kollektivinteressen der Verbraucher schützen, sind hier die Artikel 5, 10 und 11 anzusehen, weil diese besondere, auf den elektronischen Geschäftsverkehr bezogene Informationspflichten vorsehen und die Informationspflicht – neben dem Widerrufsrecht - eines der klassischen Verbraucherschutzinstrumente auf EG-Ebene darstellt. Zwar ist die deutsche Umsetzungsregelung zur Unterlassungsklagenrichtlinie in § 22 AGBG (jetzt § 2 Unterlassungsklagengesetz – UklaG) offen ("insbesondere") formuliert, so dass eine ausdrückliche Umsetzung von Artikel 18. Aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit sollen die maßgeblichen Vorschriften der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr jedoch ausdrücklich ausgenommen werden.

III. Zusatzproblem: Mängel des geltenden Schuld- und Verjährungsrechts

a) Allgemeines Leistungsstörungsrecht

Das Leistungsstörungsrecht betrifft Fragen, die zu den wichtigsten des Schuldrechts gehören. Ob es um Kauf- oder Werkverträge, um Reiseverträge oder Leasingverträge, um Verlagsverträge, Gesellschaftsverträge oder Kreditsicherungsvereinbarungen geht - überall muss das Schuldrecht eine Antwort auf die Frage geben, welche Ansprüche einer Vertragspartei zustehen, wenn der andere Teil den Vertrag gar nicht, nicht vollständig, nicht richtig, nicht rechtzeitig, nicht am rechten Ort oder auf sonstige Weise fehlerhaft erfüllt hat. Um so ernster ist es zu nehmen, dass nach allgemeiner Ansicht die Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs über das Leistungsstörungsrecht in wichtigen Teilen nicht als gelungen bezeichnet werden können. Im folgenden soll gezeigt werden, worin die wesentlichen Mängel des Leistungsstörungsrechts bestehen und dass auch die Rechtsprechung mit den ihr zu Gebote stehenden Mitteln diese Mängel nicht auf überzeugende Weise hat beseitigen können. Ferner soll ein Blick auf das für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft getretene Recht der internationalen Warenkaufverträge zeigen, dass dort ein Regelungsmodell verwirklicht worden ist, das auch für eine Neuregelung des Leistungsstörungsrechts im innerstaatlichen Bereich nutzbar gemacht werden kann.

Unmöglichkeit der Leistung als zentrales Merkmal des geltenden Leistungsstörungsrechts

Im Mittelpunkt des geltenden Leistungsstörungsrechts sieht der Begriff der "Unmöglichkeit der Leistung". Damit wird ein Fall zum Ausgangspunkt der gesetzlichen Regelung gewählt, der nicht nur selten auftritt, sondern überhaupt nur bei ganz bestimmten Schuldverhältnissen auftreten kann, so etwa beim Spezieskauf, wenn das verkaufte Einzelstück zerstört wird oder bei Dienst- und Werkverträgen, wenn die Erbringung der geschuldeten Dienst- oder Werkleistung "unmöglich" wird, etwa weil der Schuldner erkrankt oder sein Betrieb behördlich geschlossen oder durch ein Feuer vernichtet wird. Dadurch, dass § 306 einen Vertrag als nichtig bezeichnet, der auf eine von Anfang an "objektiv" unmögliche Leistung gerichtet ist, wird es weiterhin erforderlich, zwischen anfänglicher und nachträglicher und ferner zwischen objektiver Unmöglichkeit und "subjektivem" Unvermögen zu differenzieren; hinzu kommt noch die Unterscheidung zwischen vollständiger und teilweiser und zwischen endgültiger und vorübergehender Unmöglichkeit und schließlich in allen genannten Fällen die weitere Unterscheidung danach, ob die Unmöglichkeit oder das Unvermögen nur vom Schuldner, nur vom Gläubiger, von beiden Vertragsparteien oder von keiner von ihnen zu vertreten ist.

Einig ist man sich heute darüber, dass die Regelung des § 306 missglückt ist. In den Fällen, in denen die in dieser Vorschrift angeordnete Nichtigkeitsfolge und die Beschränkung der Haftung des Schuldners auf das negative Interesse (§ 307) als unangemessen erscheinen und auch nicht der Sonderfall des Verkaufs einer nichtexistenten Forderung vorliegt (§ 437), liest die Rechtsprechung aus den Umständen des Falles heraus, dass der Schuldner eine Garantie für die Erbringbarkeit der von ihm versprochenen Leistung übernommen hat. Hinzu kommt, dass eine Regelung des anfänglichen "subjektiven" Unvermögens überhaupt fehlt und die inzwischen von der Rechtsprechung nachgeschobene Lösung dieses Falltyps auch heute noch im Schrifttum lebhaft umstritten ist. Auffällig ist ferner, dass die "vorübergehende" Unmöglichkeit nur insoweit geregelt ist, als es sich um eine anfängliche und objektive Unmöglichkeit handelt (§ 308), nicht hingegen insoweit, als die Unmöglichkeit erst nachträglich eintritt oder zwar von Anfang an vorliegt, aber nur für den konkreten Schuldner, nicht für andere Schuldner in gleicher Lage gegeben ist. Die Unterscheidung zwischen den verschiedenen Arten der Unmöglichkeit und des Unvermögens - beide Begriffe werden nirgends definiert und sind wohl auch gar nicht definierbar - bildet eine ständige Quelle von Abgrenzungsstreitigkeiten, deren befriedigende Lösung daran scheitert, dass eine plausible rechtspolitische Rechtfertigung der unterschiedlichen Rechtsfolgen, die je nach der getroffenen Wahl eintreten, nicht erkennbar ist (vgl. dazu auch Huber, Gutachten S. 757 f.).

Ergänzung des geltenden Rechts durch Richterrecht

Die Rechtsinstitute der positiven Forderungsverletzung, des Verschuldens bei Vertragsanbahnung und des Wegfalls der Geschäftsgrundlage sind jedem Juristen geläufige Beispiele dafür, dass die Rechtsprechung das geschriebene Leistungsstörungsrecht auf breiter Front ergänzt und weiterentwickelt hat. Hierher gehört auch die Kündigung aus wichtigem Grund, die in §§ 554a, 626, 723 für einzelne Vertragstypen geregelt ist, von der Rechtsprechung aber auch sonst zugelassen wird, sofern das Vertragsverhältnis der Parteien sich als ein Dauerschuldverhältnis darstellt. Zwar kann es nicht die Aufgabe des Gesetzgebers sein, jede von der Rechtsprechung entwickelte Regel in Gesetzesform zu gießen. Wohl aber stellt sich die Frage, ob dies nicht jedenfalls dort geboten ist, wo das in Rede stehende Richterrecht für die Entscheidung praktischer Fragen in der täglichen Rechtsanwendung von grundlegender Bedeutung ist und eine befriedigende gesetzliche Regelung möglich erscheint.

Das Rechtsinstitut der positiven Forderungsverletzung belegt besonders deutlich, dass das kodifizierte Leistungsstörungsrecht in sehr wichtigen Bereichen der praktischen Rechtsanwendung unvollkommen ist. Rechtsprechung und Schrifttum weisen diesem Rechtsinstitut zwei Aufgaben zu, die durchaus unterschiedliche Regelungsprogramme betreffen. Zum einen wird die positive Forderungsverletzung auf Fälle angewandt, in denen zwar weder Unmöglichkeit der Leistung noch Leistungsverzug vorliegen, der Schuldner aber die ihm obliegende Leistung "schlecht", also in anderer als der vertragsmäßig geschuldeten Weise erbracht oder sonstige vertragliche Pflichten verletzt und dadurch dem Gläubiger einen Schaden zugefügt hat. Zum anderen ermöglicht dieses Rechtsinstitut, dass der vertragstreue Teil bei einer wesentlichen Vertragsverletzung Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Vertrags verlangen oder vom Vertrage zurücktreten kann. So liegt es z. B., wenn der Schuldner die Erfüllung des Vertrags ernsthaft oder endgültig verweigert oder wenn er sich in anderer Weise vertragswidrig verhalten hat und dadurch die (weitere) ordnungsmäßige Erfüllung des Vertrags ernstlich gefährdet erscheint. Hier erweitert die positive Forderungsverletzung die Voraussetzungen, unter denen gemäß §§ 325, 326 ein Gläubiger vom Vertrag Abstand nehmen oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen kann.

Das Nebeneinander von gesetzlich geregelten und umgeschriebenen, von der Rechtsprechung entwickelten Ansprüchen wegen Leistungsstörung könnte vielleicht hingenommen werden, wenn diese Ansprüche gegeneinander klar abgegrenzt werden könnten und die unterschiedlichen Rechtsfolgen, zu denen sie führen, eine einleuchtende rechtspolitische Grundlage hätten. So verhält es sich indessen keineswegs. Insbesondere ist es die Konkurrenz zwischen den (geschriebenen) Gewährleistungsansprüchen und den (umgeschriebenen) Ansprüchen aus positiver Forderungsverletzung, die in der gerichtlichen Praxis zu mancherlei Unklarheiten und Ungereimtheiten geführt hat. Sie haben ihren Grund im wesentlichen darin, dass für Schadensersatzansprüche, die gemäß §§ 463, 635 wegen der Lieferung fehlerhafter Waren oder der Erbringung einer fehlerhaften Werkleistung geltend gemacht werden, eine relativ klare, wenn auch für Kauf- und Werkverträge durchaus unterschiedliche gesetzliche Regelung gegeben ist.

An einer solchen Regelung fehlt es, soweit es um Ansprüche aus positiver Forderungsverletzung geht. Zweifelhaft kann deshalb nicht nur sein, ob überhaupt neben den Ansprüchen aus §§ 463, 635 ein Anspruch aus positiver Forderungsverletzung zulässig ist. Zweifelhaft kann auch sein, ob und wie man Ansprüche aus positiver Forderungsverletzung - ihre Zulässigkeit unterstellt - nach ihren Voraussetzungen, nach dem Umfang des zu ersetzenden Schadens und nach den für sie geltenden Verjährungsfristen "modifizieren" muss, um allzu offensichtliche Widersprüche zu den gesetzlich geregelten Ansprüchen zu vermeiden.

So haftet ein Verkäufer gemäß § 463 auf Schadensersatz nur dann, wenn der verkauften Ware eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder er den Käufer über die Beschaffenheit der Ware arglistig getäuscht hat. Aus einer positiven Forderungsverletzung lassen sich Schadensersatzansprüche des Käufers hingegen schon dann herleiten, wenn der Fehler der Ware auf bloßer Fahrlässigkeit des Verkäufers beruht. Hier kann man schon gute Gründe dafür finden, dass neben den Schadensersatzansprüchen aus § 463 kein Platz für Ansprüche aus positiver Forderungsverletzung bleibt. Die Rechtsprechung entscheidet zwar seit langer Zeit anders. Den Wertungswidersprüchen, die sich daraus ergeben, hat sie jedoch dadurch Rechnung zu tragen versucht, dass sie einerseits den Begriff des "Mangelfolgeschadens" entwickelt hat und den Verkäufer aus positiver Forderungsverletzung nicht auf Ersatz des "eigentlichen Mangelschadens", sondern nur auf Ersatz der "Mangelfolgeschäden" haften lässt und dass sie andererseits die Verjährungsfrist des § 477 auf Ansprüche aus positiver Forderungsverletzung überträgt.

Beide Einschränkungen sollen freilich nur dann gelten, wenn sich das Verschulden des Verkäufers, auf das es für seine Haftung aus positiver Forderungsverletzung ankommt, auf eine Eigenschaft der Kaufsache bezieht. Hat also der Verkäufer eine Betonbereitungsanlage geliefert, deren Mischdüse fehlerhaft ist, so haftet er, wenn er diesen Mangel bei der gebotenen Ablieferungsinspektion schuldhaft nicht entdeckt hat, auf Ersatz des dem Käufer dadurch entstehenden "Mangelfolgeschadens", sofern nicht die Verjährungsfrist des § 477 abgelaufen ist und der Verkäufer sich auf Verjährung berufen hat. Hat der Verkäufer es hingegen schuldhaft unterlassen, in seiner Betriebsanleitung einen Hinweis auf die richtige Wartung der Mischdüse zu geben, so kann der Käufer nicht nur den gesamten, ihm dadurch entstandenen Schaden ersetzt verlangen, sondern mit der Geltendmachung dieses Anspruchs auch noch dreißig Jahre warten, weil statt des § 477 in diesem Falle die Regelung des § 195 anzuwenden ist. Eine innere Rechtfertigung für diesen Unterschied ist nicht ersichtlich. Noch anders zieht die Rechtsprechung die Grenzlinie zwischen der Haftung des Werkunternehmers aus §§ 635, 638 einerseits und aus positiver Forderungsverletzung andererseits. Auch diese Grenzziehung ist mit vielen Unsicherheiten belastet.

Ähnliche, wenn auch weniger schwerwiegende Fragen ergeben sich bei der Haftung aus Verschulden bei Vertragsanbahnung. Mit ihr wird heute ein ganzes Bündel durchaus unterschiedlicher Fallgruppen gelöst. Sie reichen von der Verletzung vorvertraglicher Informations- und Hinweispflichten über die Haftung für die Folgen eines Unfalls, den jemand während der Führung von Vertragsverhandlungen durch eine Sorgfaltspflichtverletzung seines Vertragspartners erleidet, bis hin zur Prospekthaftung der Gründer und Initiatoren von Anlagegesellschaften. Auch hier kann es zu Abgrenzungsfragen kommen, so etwa dann, wenn der Verkäufer bei den Vertragsverhandlungen die gebotene Aufklärung über die Eigenschaften der Kaufsache schuldhaft unterlassen hat (vgl. BGHZ 60, 319) oder wenn er beim Verkauf eines Unternehmens unrichtige Angaben über dessen Reinertrag gemacht hat und die Rechtsprechung dem Käufer zwar Gewährleistungsansprüche versagt, ihm aber mit einem Anspruch aus Verschulden bei Vertragsanbahnung mit weit längerer Verjährungsfrist hilft (vgl. BGH, NJW 1977, 1538).

Gesetzlicher Rücktritt vom Vertrag

Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über den gesetzlichen Rücktritt vom Vertrag genügen in verschiedener Hinsicht nicht den praktischen Anforderungen.

Unbefriedigend ist zunächst der Grundsatz, nach dem Rücktritt und Schadensersatz einander ausschließen. Das bedeutet insbesondere, dass der Gläubiger, der gemäß §§ 325, 326 den Rücktritt vom Vertrag wirksam erklärt hat, nicht mehr Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Vertrags verlangen kann. Da diese Lösung nicht den praktischen Bedürfnissen entspricht, hat sie der Bundesgerichtshof z. B. durch die Annahme korrigiert, dass die Erklärung des Rücktritts, selbst wenn sie von einem Rechtsanwalt abgegeben ist, unklar und auslegungsbedürftig sei, sofern in ihr irgendwie erkennbar werde, dass Schadensersatzansprüche vorbehalten seien; in diesem Falle sei Rücktritt zwar erklärt, aber nicht wirklich gewollt (vgl. BGH NJW 1982, 1279, 1280). Hat der Gläubiger umgekehrt Schadensersatz verlangt, so kann er diesen Anspruch mit den Folgen eines Rücktritts kombinieren, indem er den Ersatzanspruch nach der Differenzmethode berechnet (vgl. dazu im einzelnen Huber, Gutachten S. 713 ff.).

Schwierigkeiten bereitet auch der in § 325 und in §§ 326, 285 festgeschriebene Grundsatz, dass ein Gläubiger vom Vertrag nur dann zurücktreten kann, wenn der Schuldner die Nichterfüllung zu vertreten hat. Dieses Erfordernis ist sinnvoll für einen Anspruch des Gläubigers auf Schadensersatz. Sein Recht zum Rücktritt vom Vertrag sollte hingegen allein davon abhängen, ob ihm nach den Umständen noch zugemutet werden kann, trotz des Ausbleibens der ihm gebührenden Leistung am Vertrag weiterhin festgehalten zu werden und die eigene Leistung weiterhin bereitzuhalten. Ist das nicht der Fall, so muss er auch dann zurücktreten können, wenn dem Schuldner aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, die Erbringung der geschuldeten Leistung zur Zeit unmöglich ist. In manchen Fällen gestattet das geltende Recht dem Gläubiger zwar einen Rücktritt unabhängig davon, ob der Schuldner die Nichterfüllung zu vertreten hat. So verhält es sich z. B. beim Fixgeschäft (§ 361), bei einem Rücktritt (= Wandelung), der gemäß § 462 auf einen Fehler der Kaufsache und bei einem Rücktritt (= Wandelung), der gemäß § 636 auf die nicht rechtzeitige Herstellung des Werks gestützt wird. In den übrigen Fällen muss aber die Rechtsprechung immer wieder auf Hilfskonstruktionen zurückgreifen, um ein vernünftiges Ergebnis zu erzielen (vgl. auch dazu Huber, Gutachten S. 702 f.).

Auch die Rechtsfolgen, zu denen die Erklärung des Rücktritts oder der Wandelung führt, haben in der Praxis viele Probleme aufgeworfen. Allgemein anerkannt ist, dass die Haftung nach § 347 für denjenigen zu streng ist, der von einem gesetzlichen Rücktritts- oder Wandelungsrecht Gebrauch gemacht hat. Während beim vertraglichen Rücktrittsrecht stets mit der Möglichkeit des Rücktritts gerechnet werden muss, kann der Berechtigte beim gesetzlichen Rücktritts- oder Wandelungsrecht von der Endgültigkeit seines Erwerbs ausgehen, solange er nicht weiß, dass die tatsächlichen Voraussetzungen eines Rücktritts- oder Wandelungsrechts gegeben sind. Vor Erlangung dieser Kenntnis ist die strenge Haftung aus § 347 nicht angebracht. Nicht überzeugend ist auch, dass nach der Regelung des § 350 die mit Übergabe der Sache auf den Käufer übergegangene Gefahr des zufälligen Untergangs im Fall des Rücktritts auf den Verkäufer zurückspringt.

Das Regelungsmodell des UN-Kaufrechts

Das Leistungsstörungsrecht des UN-Kaufrechts ist für den Bereich des internationalen Kaufs beweglicher Sachen seit dem 1. 1. 1991 geltendes innerstaatliches Recht. Seine Regeln vermeiden viele Mängel, die - wie dargestellt - dem Leistungsstörungsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs anhaften:

- Es kommt ohne Vorschriften aus, die an die Unmöglichkeit der Leistung anknüpfen. Verträge über Leistungen, die bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses objektiv unmöglich waren, sind abweichend von der Regel des § 306 wirksam. Die Unmöglichkeit der Leistung - handele es sich um anfängliche oder nachträgliche, objektive oder subjektive, zu vertretende oder nicht zu vertretende Unmöglichkeit - wird vom UN-Kaufrecht als einer der möglichen Fälle der Nichterfüllung des Vertrags von den dafür geltenden allgemeinen Vorschriften miterfasst (vgl. Artikel 45 ff., 61 ff. UN-Kaufrecht).

- Der Vorrang der Erfüllung ist nach dem UN-Kaufrecht dadurch sichergestellt, dass der Käufer zur Auflösung des Vertrags nur dann berechtigt ist, wenn entweder das vertragswidrige Verhalten des Verkäufers eine "wesentliche Vertragsverletzung" darstellt oder im Falle der Nichtleistung der Käufer dem Verkäufer erfolglos eine angemessene Nachfrist zur Erfüllung seiner Pflichten gesetzt hat (vgl. Artikel 47 Abs. 1, 49 Abs. 1 UN-Kaufrecht).

- Der Käufer verliert das Recht, Schadensersatz zu verlangen, nicht dadurch, dass er andere Rechtsbehelfe ausübt, insbesondere die Aufhebung des Vertrags erklärt (vgl. Artikel 45 Abs. 2 UN-Kaufrecht).

- Das Recht des Käufers zur Aufhebung des Vertrags setzt nicht voraus, dass der Verkäufer die Nichterfüllung seiner Pflichten zu vertreten hat oder dass sie ihm aus besonderen Gründen zuzurechnen ist. Anders liegt es nur in dem Ausnahmefall, in dem es der Käufer selbst ist, der durch sein Verhalten Nichterfüllbarkeit der Verkäuferpflichten verursacht hat (vgl. Artikel 49 Abs. 1, 79 Abs. 1, 80 UN-Kaufrecht).

Richtig ist, dass das Leistungsstörungsrecht des UN-Kaufrechts überwiegend zu den gleichen Ergebnissen führt, wie sie nach geltendem deutschen Recht im Zusammenwirken von gesetzlicher Regelung, Rechtsprechung und Vertragspraxis erzielt werden. Der entscheidende Unterschied besteht darin, dass das UN-Kaufrecht die Grundprinzipien, von denen sein Leistungsstörungsrecht geleitet ist, in klaren, verständlichen, widerspruchsfreien und rechtspolitisch einleuchtenden Regeln niedergelegt hat und dadurch der Praxis - insbesondere der Rechtsprechung - die Aufgabe wesentlich erleichtert wird zu erkennen, ob der konkrete, zur Beurteilung stehende Fall von dieser oder jener Regelung erfasst wird oder nicht. Zugleich werden die nicht einleuchtenden Ergebnisse vermieden, die sich im Rahmen des Bürgerlichen Gesetzbuchs für einige Teilbereiche ergeben haben. Das Konzept des UN-Kaufrechtes sollte deshalb bei der Reform des Leistungsstörungsrechts Beachtung finden und kann in vielen Regelungsbereichen als Vorbild dienen. Auch wäre es auf die Dauer misslich, wenn im geltenden deutschen Recht die Voraussetzungen und Folgen von Leistungsstörungen durch zwei ganz unterschiedliche Normensysteme geregelt würden.

b) Kauf- und Werkvertragsrecht

Im Kauf- und Werkvertragsrecht sind es in erster Linie die Vorschriften über die Gewährleistungsansprüche, die einer Überarbeitung bedürfen. Sie erscheint zum einen deshalb dringend erforderlich, weil das Verhältnis zwischen diesen Ansprüchen und den Ansprüchen, die dem Käufer oder Besteller nach allgemeinem Leistungsstörungsrecht zustehen, weithin ungeklärt ist und in der Praxis zu einer Fülle von Zweifelsfragen und nicht überzeugenden Ergebnissen geführt hat. Überarbeitungsbedürftig sind die Vorschriften - insbesondere über die Verkäuferhaftung - aber auch deshalb, weil sich die Produktionstechniken, Vertriebsformen und Absatzmodalitäten seit dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs wesentlich verändert haben. Neben Kaufverträge über Einzelstücke und Gattungssachen von verhältnismäßig einfacher Beschaffenheit und geringem Schadenspotential, mit denen die Verfasser des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorwiegend gerechnet haben, ist heute der Kauf von Waren getreten, die technisch kompliziert und deren Mängel bei Ablieferung daher nur schwer feststellbar sind, spät hervortreten und zu erheblichen Folgeschäden führen können. Dadurch ist das Bedürfnis entstanden, das Wandelungs- und Minderungsrecht des Käufers durch ein Nachbesserungsrecht des Käufers und ein Recht des Verkäufers zur "zweiten Andienung" zu ergänzen. Schließlich erscheint eine Überarbeitung der Vorschriften über die Gewährleistungsansprüche des Käufers auch deshalb angezeigt, weil diese Vorschriften sich erheblich von den funktionsgleichen Regeln des UN-Kaufrechts unterscheiden.

Das Gewährleistungsrecht als Gegenstand einer selbständigen Regelung

Die Gewährleistungsansprüche werden vom geltenden Recht nur insoweit mit dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht verzahnt, als es um die Haftung des Verkäufers und Werkunternehmers für Rechtsmängel geht (vgl. §§ 440 Abs. 1, 651 Abs. 1). Soweit es hingegen um Sachmängel geht, hat das Bürgerliche Gesetzbuch an eine aus dem römischen Recht stammende Tradition angeknüpft und in § § 459 ff., 633 ff. eine eigenständige Regelung getroffen, die - besonders im Kaufrecht - unverbunden neben dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht steht. Die fehlende Abstimmung zwischen diesen beiden Regelungskomplexen bildet seit dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs eine unerschöpfliche Quelle von Streitigkeiten. Die Rechtsprechung, die sich in zahlreichen Entscheidungen mit den dadurch aufgeworfenen Fragen hat beschäftigen müssen, ist heute nur für einen Spezialisten - und manchmal auch für ihn nicht mehr - übersehbar. Dies hat zu großer Rechtsunsicherheit, manchmal auch zu unverständlichen Entscheidungen geführt und jedenfalls einen Zustand geschaffen, der nicht nur im Schrifttum lebhaft kritisiert, sondern auch von manchen der Wirtschaft nahestehenden Verbänden nachdrücklich beanstandet worden ist und sogar den Bundesgerichtshof in einzelnen Fällen nach der ordnenden Hand des Gesetzgebers hat rufen lassen (vgl. z. B. BGHZ 77, 215, 223, wo unter Hinweis auf Artikel 39, 49 EKG eine Änderung des § 477 empfohlen wird).

Stellvertretend mag dies am Beispiel einer einzigen Streitfrage verdeutlicht werden, die seit Jahrzehnten diskutiert wird und einer allseits überzeugenden Lösung vermutlich gar nicht zugänglich ist: Es ist dies die Frage nach der richtigen Abgrenzung zwischen der Lieferung einer anderen als der verkauften Ware (aliud-Lieferung) und der Lieferung einer fehlerhaften Ware. Im ersteren Fall steht dem Käufer von Gattungssachen der allgemeine Erfüllungsanspruch zu; auch kann er, sofern die Lieferung der richtigen Ware unmöglich geworden oder trotz Nachfristsetzung unterblieben ist, die Rechte aus §§ 325 f. gegen den Verkäufer geltend machen. Auch im zweiten Fall kann der Käufer Nachlieferung verlangen, dies allerdings nur in der Frist des § 477; hat er die Waren angenommen, so stehen ihm in diesem Falle lediglich die Gewährleistungsansprüche aus §§ 480, 459 ff. zu, die ebenfalls in der kurzen Frist des § 477 verjähren. Dieser Unterschied hat dazu geführt, dass die Frage gestellt werden musste, ob für die Herstellung von Tornistern geliefertes Ziegenfell als "fehlerhaftes" Kalbfell (RG, JW 1917, 710), ob Winterweizen als "fehlerhafter" Sommerweizen (BGH, NJW 1968, 640), ob Inlandsschrott als "fehlerhafter" Importschrott (BGH, NJW 1969, 787) oder ob - so noch in jüngster Zeit BGH NJW 1989, 218 - mit Glykol versetzter und nur dadurch zur "Auslese" umgepanschter Wein als "fehlerhafter" Wein angesehen werden kann oder ob in allen diesen Fällen die gelieferte Ware im Vergleich zu der vertraglich kontrahierten ein "aliud" darstellt. Dass es auf diese Abgrenzung in entscheidender Weise ankommt, kann nur als Folge eines "Systemfehlers" angesehen, nicht hingegen als sinnvolle Konsequenz einer unterschiedlichen Interessenlage gerechtfertigt werden, weil in allen genannten Fällen der Verkäufer den Vertrag nicht richtig erfüllt hat, er also in allen Fällen auch den gleichen Ansprüchen des Käufers - wie immer sie geregelt sind - ausgesetzt sein sollte.

Ähnlich verhält es sich mit der Abgrenzung zwischen Rechts- und Sachmängeln. Liegt ein Rechtsmangel vor, so kann der Käufer die Beseitigung des Mangels verlangen und gemäß § 440 Abs. 1 dreißig Jahre lang die allgemeinen Ansprüche wegen Leistungsstörung geltend machen. Bei Sachmängeln gelten dagegen die Vorschriften der §§ 459 ff. und insbesondere die Verjährungsregelung des § 477. Dass Rechtsmängel und Sachmängel zu so unterschiedlichen Rechtsfolgen führen, mag nicht einleuchten, könnte aber vielleicht hingenommen werden, wenn die Abgrenzung zwischen den beiden Mangeltypen wenigstens klar wäre. So verhält es sich indessen nicht. Ist etwa das verkaufte Grundstück vertragswidrig mit einer Grunddienstbarkeit belastet, so liegt sicherlich ein Rechtsmangel vor. Um einen Sachmangel soll es sich aber handeln, wenn es mit einer öffentlich-rechtlichen Baubeschränkung belastet ist (BGH, NJW 1979, 2200). Kann der Staat vom jeweiligen Grundstückseigentümer auf Grund öffentlichen Rechts die Übereignung auf sich verlangen, so soll ein Rechtsmangel (BGH, NJW 1983, 275), hingegen ein Sachmangel vorliegen, wenn das Grundstück auf Grund öffentlichen Rechts nicht an jedermann vermietet werden kann (BGH, WM 1970, 162).

Schadensersatzansprüche bei mangelhafter Leistung

Vollends verworren erscheint das Bild der Schadensersatzhaftung des Verkäufers und Werkunternehmers.

Das Bürgerliche Gesetzbuch kennt eine Haftung des Verkäufers auf Schadensersatz nur im Rahmen des § 463, also nur dann, wenn der Verkäufer einen Fehler arglistig verschwiegen hat oder der Kaufsache eine Eigenschaft fehlt, deren Vorhandensein vom Verkäufer zugesichert war. Nach ständiger Rechtsprechung kann aber der Käufer, dem eine fehlerhafte Sache geliefert wurde, Schadensersatz vom Verkäufer auch dann verlangen, wenn zwar nicht die Voraussetzungen des § 463, wohl aber die Voraussetzungen einer positiven Forderungsverletzung gegeben sind, also der Verkäufer schuldhaft eine fehlerhafte Kaufsache geliefert oder über ihre Eigenschaften schuldhaft unrichtige Angaben gemacht oder richtige Angaben schuldhaft unterlassen hat. Ebenso entscheidet die Rechtsprechung im Werkvertragsrecht: Neben den Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 635 tritt auch dort der Schadensersatzanspruch aus positiver Forderungsverletzung.

Damit ergeben sich höchst verwirrende und bis heute nicht befriedigend gelöste Abgrenzungsprobleme. Was das Kaufrecht anbelangt, so soll aus positiver Forderungsverletzung nur derjenige Schaden ersetzt verlangt werden können, der nicht schon in der Fehlerhaftigkeit der Sache selbst liegt, sondern sich als "Mangelfolgeschaden" erst aus ihr ergibt. Hat also der Käufer die fehlerhafte Sache ausbessern lassen oder hat er sie so, wie sie ist, zu einem niedrigeren Preis weiterverkauft, so kann er den daraus sich ergebenden Nachteil als "eigentlichen Mangelschaden" nur ersetzt verlangen, wenn die Voraussetzungen des § 463 erfüllt sind. Hat er dagegen die fehlerhafte Ware in seinem Gewerbebetrieb verwendet und muss er deshalb seinen Kunden Schadensersatz leisten oder auf ihr Verlangen seine Arbeit nachbessern, so stellt der Nachteil, der darin liegt, einen "Mangelfolgeschaden" dar, dessen Ersatz er vom Verkäufer - sofern die dafür geforderten Voraussetzungen vorliegen - aus positiver Forderungsverletzung verlangen kann. Dass dieser Unterschied sich aus einer unterschiedlichen Interessenlage heraus plausibel begründen lässt, wird man schwerlich sagen können.

Weitere Schwierigkeiten ergeben sich aus dem Umstand, dass der Anspruch aus positiver Forderungsverletzung, da im Bürgerlichen Gesetzbuch nicht geregelt, grundsätzlich in der Dreißigjahresfrist des § 195 verjährt. Zwar nimmt die Rechtsprechung an, dass auf Ansprüche aus positiver Forderungsverletzung die Vorschrift des § 477 analog anzuwenden sei. Damit ergibt sich aber ein Abgrenzungsproblem in anderer Richtung: Die kurze Verjährungsfrist des § 477 kann nur auf solche Ansprüche aus positiver Forderungsverletzung übertragen werden, die mit den gesetzlich geregelten Gewährleistungsansprüchen funktionsverwandt sind, also auf ein Verschulden des Verkäufers gestützt werden, das sich auf Eigenschaften der gelieferten Ware bezieht. Hat also der Verkäufer statt Superbenzin schuldhaft Benzin minderer Qualität geliefert, so verjährt der Anspruch des Käufers auf Ersatz des an seinen Fahrzeugmotoren entstehenden "Mangelfolgeschadens" gemäß § 477 in 6 Monaten nach Ablieferung. Hat der Verkäufer hingegen Normalbenzin verkauft und geliefert, es jedoch schuldhaft in einen Tank gefüllt, dessen Inhalt als "Superbenzin" gekennzeichnet war, so kann der Käufer mit der Geltendmachung des gleichen Schadens an den Fahrzeugmotoren 30 Jahre warten. Denn hier hat der Verkäufer nicht schuldhaft fehlerhaftes Benzin geliefert, sondern schuldhaft richtiges Benzin in den falschen Tank abgefüllt, mithin eine sonstige vertragliche Sorgfaltspflicht verletzt und daher nach den allgemeinen Regeln Schadensersatz zu leisten (so BGHZ 107, 249).

Noch anders und kaum befriedigender wird die Grenzlinie zwischen Schadensersatzansprüchen aus § 635 und positiver Forderungsverletzung gezogen. Zwar unterscheiden sich die beiden Ansprüche nicht nach ihren Voraussetzungen, da auch § 635 verlangt, dass der Unternehmer den Mangel seines Werkes zu vertreten habe. Indessen ist die Rechtsprechung hier der Auffassung, dass - anders als im Kaufrecht - Schadensersatzansprüche wegen eines Werkmangels auch dann auf § 635 gestützt werden müssten, wenn Mangelfolgeschäden ersetzt verlangt würden, sofern diese Schäden mit dem Werkmangel "eng zusammenhängen". Für Ansprüche aus positiver Forderungsverletzung sei erst dann Raum, wenn es um "entfernte" Mangelfolgeschäden gehe; in diesem Falle beurteile sich die Verjährungsfrist nicht nach § 638, sondern nach § 195.

Hat also ein Architekt im Auftrag eines Bauherrn fehlerhafte Planungsunterlagen angefertigt, die zu Mängeln des danach errichteten Bauwerks geführt haben, so beurteilt sich der Ersatzanspruch des Bauherrn nach § 635 und, soweit es um die Verjährung geht, nach § 638. Hat jedoch der gleiche Architekt im Auftrag einer Bank ein fehlerhaftes Gutachten über den Wert eines zu beleihenden Grundstücks erstattet, so kann die Bank den Schaden, den sie durch den Ausfall des nicht ausreichend gesicherten Kredits erleidet, nach den Regeln über die positive Forderungsverletzung ersetzt verlangen; für diesen Anspruch gilt die Verjährungsfrist des § 195 (BGHZ 67, 1). Da somit die rechtliche Qualifikation des vom Besteller geltend gemachten Schadensersatzanspruchs über die Dauer der Verjährungsfrist entscheidet, bildet die Abgrenzung zwischen Mangelfolgeschäden, die mit dem Werkmangel "eng zusammenhängen", und solchen, die mit ihm nur "entfernt" etwas zu tun haben, ein Dauerthema der Rechtsprechung, zu dem Ströme wissenschaftlicher Tinte geflossen sind, ohne dass eine klare, plausible und vor allem praktikable Lösung in Sicht wäre.

Gewährleistungsfristen

Übereinstimmung besteht darin, dass die Gewährleistungsfristen des § 477 zu kurz sind. Nicht selten ist die Sechsmonatsfrist des § 477 Abs. 1 bereits abgelaufen, bevor der Käufer von dem Mangel der ihm gelieferten beweglichen Sache überhaupt Kenntnis erlangen konnte. Wer seine im Frühsommer preisgünstig gekauften Ski in den Weihnachtsferien erstmalig benutzt und dann einen Mangel der Sicherheitsbindung feststellt, kann daher seine Gewährleistungsansprüche gegen den Verkäufer wegen Fristablaufs nicht mehr durchsetzen. Auch dann, wenn der Käufer die fehlerhafte Ware sofort nach Lieferung verwendet, tritt der Mangel häufig erst nach Ablauf der Frist des § 477 Abs. 1 zutage, so etwa dann, wenn die vom Verkäufer gelieferten Spanplatten vom Käufer zwar sofort in einer Turnhalle verlegt werden, ihre mangelnde Biege- und Querzugsfähigkeit zu offenkundigen Schäden des Hallenbodens aber erst geführt hat, nachdem die Turnhalle mehrere Monate lang in Gebrauch war (vgl. BGHZ 77, 215). Zur Lösung der daraus sich ergebenden Schwierigkeiten hat man vorgeschlagen, bei verborgenen Mängeln den Lauf der Verjährungsfrist nicht schon mit der Ablieferung der Kaufsache, sondern erst in dem Zeitpunkt beginnen zu lassen, in dem der Fehler vom Käufer entdeckt worden ist oder entdeckt werden konnte. Angesichts des in der Tat eindeutigen Wortlauts des § 477 hat die Rechtsprechung sich jedoch gegen diese Lösung entschieden (vgl. BGHZ 77, 215, 221 f.). Sie hat statt dessen, um dem Käufer zu helfen, andere Wege beschnitten. So haben die Tatsachengerichte gelegentlich aus den Umständen des Falles eine konkludente Par-teivereinbarung über die Hinausschiebung des Beginns der Verjährung herausgelesen. Auch haben die Gerichte bei der Frage, ob eine fehlerhafte Sache oder ein aliud geliefert worden sei oder ob ein Sachmangel oder ein Rechtsmangel vorliege, sich manchmal deshalb für aliud-Lieferung oder einen Rechtsmangel entschieden, weil sich auf diese Weise die Anwendung der §§ 459ff. - und damit auch die Anwendung des § 477 - vermeiden ließ. Solche Überlegungen dürften vielfach auch Pate gestanden haben, wenn die Rechtsprechung den Verkäufer eines Unternehmens, der falsche Angaben über seinen Umsatz oder Gewinn gemacht hat, nicht aus dem Gesichtspunkt der Sachmängelhaftung, sondern aus Verschulden bei Vertragsanbahnung hat haften lassen. Ähnlich liegt es dort, wo die Rechtsprechung die fehlerhafte Beratung des Käufers über die Verwendungsmöglichkeilen der Kaufsache nicht als ein auf Sachmängel, sondern als ein auf sonstige Pflichtverletzungen bezogenes Verschulden des Verkäufers angesehen und auf diese Weise erreicht hat, dass die Ansprüche des Käufers nicht nach § 477, sondern nach § 195 verjähren. Schließlich hat der Bundesgerichthof in manchen Fällen einem Käufer, dessen Gewährleistungsansprüche verjährt waren, dadurch geholfen, dass er ihm Ansprüche gegen den Verkäufer aus unerlaubter Handlung eröffnete, die gemäß § 852 erst in drei Jahren nach Kenntnis verjähren. So soll der Käufer die Kosten, die ihm durch die Reparatur oder Wiederherstellung der fehlerhaft gelieferten Kaufsache entstehen, gemäß §§ 823 Abs. 1, 852 vom Verkäufer ersetzt verlangen können, sofern der Kaufsache nur ein "funktionell begrenzter" Mangel angehaftet und sich erst nach Belieferung des Käufers in die "im übrigen mangelfreien Teile" der Kaufsache "weitergefressen" habe (BGHZ 67, 3-9). Im Schrifttum ist kritisiert worden, dass durch die Zulassung deliktischer Ansprüche die wohlerwogene Risikoverteilung des Kaufrechts aus den Angeln gehoben werde. Der Bundesgerichtshof hat jedoch an seiner Rechtsprechung festgehalten und auf die Kritik dadurch reagiert, dass er zur Umschreibung der Schäden, die mit Hilfe des § 823 Abs. 1 liquidiert werden können, andere Kriterien entwickelt hat, die freilich ihrerseits nur wieder andere Abgrenzungsprobleme aufwerfen (vgl. z. B. BGH, NJW 1985, 2420),

Auch die für das Werkvertragsrecht geltenden Verjährungsfristen des § 638 haben zu manchen Unzuträglichkeiten geführt. Sie liegen darin, dass auch die in § 638 genannten Fristen teilweise zu kurz sind, ferner darin, dass die Unterscheidung zwischen "Arbeiten an einem Grundstück" und "Bauwerken" mit jeweils unterschiedlicher Verjährungsfrist sachlich nicht einleuchtet und vermeidbare Abgrenzungsprobleme schafft, vor allem aber darin, dass die Gewährleistungsfrist sich auf 1 Jahr seit Übergabe beläuft, wenn ein mangelhaftes Haus verkauft (§ 477) hingegen 5 Jahre seit Abnahme beträgt, wenn das Haus fehlerhaft errichtet ist (§ 638). Der Umstand, dass die Frist des § 477 offensichtlich zu kurz ist, hat die Rechtsprechung dazu veranlasst, die auf Mängel des Bauwerks gestützten Gewährleistungsansprüche auch dann nach § 638 verjähren zu lassen, wenn sie von einem Käufer geltend gemacht werden, sofern nur der Verkäufer sich in dem Vertrage (auch) zur Herstellung des Bauwerks verpflichtet hatte oder eine solche Verpflichtung wenigstens "aus dem Zusammenhang der einzelnen Vertragsbestimmungen sowie aus den gesamten Umständen" herausgelesen werden kann (BGH, NJW 1982, 2243). Die Verjährungsfristen des Werkvertragsrechts sollen selbst dann gelten, wenn der Verkäufer das Bauwerk zunächst für sich selbst errichtet hat, es nach seiner Fertigstellung sogar selbst für einige Monate bewohnt und es dann erst an einen Käufer verkauft hat (BGHZ 74, 204; BGH, NJW 1982, 2243), ebenso dann, wenn der Verkäufer einen Altbau in zwei Eigentumswohnungen aufteilt und dem Käufer der einen Wohnung in dem Vertrag die Durchführung von Umbauarbeiten versprochen hat (BGHZ 108, 164).

Aus alledem muss man den Schluss ziehen, dass die Regeln über die Verjährung der GewährIeistungsansprüche in §§ 477, 638 sich nicht bewährt haben. Um ihre unbilligen Konsequenzen zu vermeiden, hat die Rechtsprechung in vielen Fällen nach Auswegen und Umwegen gesucht, die zwar im Einzelfall eine vernünftige Lösung gestatten, aber schwierige Abgrenzungsprobleme zur Folge haben.

Kein Nacherfüllungsrecht des Käufers, kein Recht des Verkäufers zur "zweiten Andienung"

Die Gewährleistungsvorschriften des geltenden Rechts beruhen auf dem historischen Vorbild der Regeln, mit denen im römischen Recht dem Käufer ein Anspruch auf sofortige Rückzahlung oder Minderung des Kaufpreises eingeräumt wurde, wenn er auf offenem Markt Zugvieh oder Sklaven mit "unbehebbaren Mängeln" erworben hatte. Daher kennt das geltende Gewährleistungsrecht - mit einer Ausnahme beim Gattungskauf - weder ein Recht des Käufers auf Nacherfüllung noch eine Befugnis des Verkäufers, durch Nacherfüllung - ein Recht zur "zweiten Andienung" - die weiteren Rechtsbehelfe des Käufers abzuwenden.

Dies stimmt nicht mit dem allgemeinen Rechtsbewusstsein überein und widerspricht den Bedürfnissen des heutigen Handels mit industriellen Massengütern. Der Käufer, der eine mangelhafte Sache erhalten hat, hat nicht primär ein Interesse an der Rückgängigmachung des Kaufs oder an der Herabsetzung des Kaufpreises. Ihm muss es vor allem darum gehen, eine mangelfreie Sache zu bekommen. Dieses Interesse kann in den meisten Fällen - auch beim Stückkauf - durch Nachbesserung oder Lieferung einer anderen gleichartigen Sache befriedigt werden. Beim Gattungskauf entspricht auch die Neulieferung häufig nicht den Interessen des Käufers, weil der die Sache behalten will und Reparatur wünscht. Dem Käufer einer bereits fest installierten Maschine ist in der Regel mit Wandelung oder Minderung nicht gedient, sondern nur mit einer Reparatur an Ort und Stelle. Wenn der Käufer sofort zur Wandelung oder Minderung berechtigt ist, ohne dass der Verkäufer dies durch Nachbesserung oder Neulieferung abwenden kann, so entspricht das nicht den berechtigten Verkäuferinteressen und ist auch volkswirtschaftlich nicht sinnvoll.

Gleichwohl kennt das geltende Kaufvertragsrecht weder einen Anspruch des Käufers auf Nacherfüllung noch ein Recht des Verkäufers, die Gewährleistungsansprüche des Käufers durch Nacherfüllung abzuwenden. Die Rechtsprechung hat diese Lücke nur in seltenen Fällen schließen können, so etwa dann, wenn sie den Käufer unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verpflichtet hat, eine vom Verkäufer angebotene Nachbesserung anzunehmen (BGH WM 1971, 1382) oder wenn sie dem Käufer eines vom Verkäufer zu errichtenden Hauses im Falle von Baumängeln einen Anspruch auf Nachbesserung nach den Vorschriften des Werkvertragsrechts (§ 633 Abs. 2) gewährt hat. Im übrigen ist die geschilderte Gesetzeslücke von der Vertragspraxis geschlossen worden. Sie hat auf breiter Front Allgemeine Geschäftsbedingungen entwickelt, die das Recht des Käufers zur Rückgängigmachung des Kaufs oder Minderung des Kaufpreises durch ein Recht auf Nachbesserung oder Ersatzlieferung ersetzt haben. Dass dieser Vertragspraxis ein vernünftiges wirtschaftliches Bedürfnis beider Vertragsparteien zugrunde liegt, hat auch der Gesetzgeber anerkannt. In § 11 Nr. 10 Buchstabe b des AGB-Gesetzes hat er solche Klauseln gebilligt, sofern dem Käufer für den Fall des Fehlschlagens der Nachbesserung oder Ersatzlieferung ausdrücklich ein Recht zur Rückgängigmachung des Kaufvertrags oder Herabsetzung des Kaufpreises zugestanden wird. Auch bestimmt § 476a, dass in Fällen einer solchen Vereinbarung der zur Nachbesserung verpflichtete Verkäufer die dafür erforderlichen Aufwendungen selbst zu tragen hat; nach § 11 Nr. 10 Buchstabe c des AGB-Gesetzes kann sich der Verkäufer von dieser Verpflichtung durch AGB-Klauseln nicht freizeichnen. Da ein Recht des Käufers auf Nacherfüllung auch dann sinnvoll ist, wenn es - wie z. B. bei Bargeschäften des täglichen Lebens - zur Errichtung von Vertragsurkunden und damit zur Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag nicht kommt, empfiehlt es sich, eine entsprechende Regelung in das Kaufvertragsrecht aufzunehmen.

Das Regelungsmodell des UN-Kaufrechts

Die dargestellten Mängel des geltenden deutschen Kaufrechts werden durch die Regeln des UN-Kaufrechts vermieden:

- Dies wird in erster Linie dadurch erreicht, dass das UN-Kaufrecht kein eigenständiges Gewährleistungsrecht kennt. Vielmehr geht es von einem allgemeinen Begriff der Nichterfüllung des Vertrags aus und macht für die daraus sich ergebenden Rechtsfolgen grundsätzlich keine Unterscheidung danach, ob die Nichterfüllung in der Lieferung einer fehlerhaften Sache, in einem Rechtsmangel, in der Lieferung eines aliud oder in einer sonstigen Pflichtverletzung des Verkäufers liegt (vgl. Artikel 35, 45 ff. UN-Kaufrecht).

- Artikel 46 Abs. 3 UN-Kaufrecht gewährt dem Käufer einen Nachbesserungsanspruch, sofern dies dem Verkäufer unter Berücksichtigung aller Umstände zumutbar ist.

- Ein Nachbesserungs- oder Nachlieferungsrecht des Verkäufers ergibt sich nach dem UN-Kaufrecht aus dem Prinzip des Vorrangs der Erfüllung. Hat der Käufer eine Frist gesetzt, ist er verpflichtet, dem Verkäufer Gelegenheit zur Nacherfüllung seiner Pflichten und damit auch zur Nachbesserung einer mangelhaften Sache oder der Ersatzlieferung fehlerfreier Sachen zu geben (vgl. Artikel 47 Abs. 1, 49 Abs. 1 Buchstabe b UN-Kaufrecht).

c) Verjährungsrecht

Die Erfahrungen der Praxis haben gezeigt, dass die Verjährungsregeln des geltenden Rechts in vielen Punkten nicht den Bedürfnissen des heutigen Wirtschaftsverkehrs entsprechen. Die Systematik des geltenden Verjährungsrechts, die Ausgestaltung des Beginns, der Dauer und des Ablaufs der Verjährungsfristen sowie die Tatbestandsmerkmale einiger Verjährungsbestimmungen gelten nach einer weitverbreiteten Ansicht in Rechtsprechung und Literatur als überarbeitungsbedürftig. Dies gilt vor allem für die Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch, aber auch für die seiner Nebengesetze und zahlreicher anderer Rechtsvorschriften. Erhebliche praktische Schwierigkeiten ergeben sich vor allem daraus, dass die Vorschriften über die Verjährung kein in sich geschlossenes System darstellen und dass einzelne Vorschriften veraltet sind oder zu kurze oder zu lange Verjährungsfristen vorsehen.

Mängel im System des Verjährungsrechts

Das geltende Verjährungsrecht zeichnet sich durch eine außerordentliche Vielzahl unterschiedlicher Verjährungsfristen für gleiche oder ähnliche Tatbestände aus. Allein das Bürgerliche Gesetzbuch kennt Verjährungsfristen von sechs Wochen, sechs Monaten, einem, zwei, drei, vier, fünf und dreißig Jahren. Diese Vielfalt wäre hinnehmbar, wenn die Voraussetzungen, unter denen die eine oder andere Frist maßgeblich ist, klar und einleuchtend voneinander abgegrenzt wären. Das ist jedoch aus folgenden Gründen häufig nicht der Fall:

Die Mehrzahl der Verjährungsfristen knüpft an die Rechtsnatur des Anspruchs an. Das bedeutet, dass die für den geltend gemachten Anspruch maßgebliche Verjährungsfrist dadurch gefunden werden muss, dass der Anspruch rechtlich qualifiziert, also ermittelt wird, ob es sich um einen Anspruch aus Kaufvertrag oder Werkvertrag, aus Werkvertrag oder Dienstvertrag handelt und ob der Anspruch auf eine Nichterfüllung des Vertrags, auf die Lieferung einer mangelhaften Sache oder auf die Verletzung einer Nebenpflicht gestützt wird. Oft kann es aber - wie schon oben dargelegt - zweifelhaft sein, ob ein Kaufvertrag oder ein Werkvertrag vorliegt oder ob der Verkäufer schuldhaft eine fehlerhafte Sache geliefert oder zwar eine fehlerfreie Sache geliefert, den Käufer aber über ihre Verwendungsmöglichkeiten oder ihre richtige Nutzung oder Wartung schuldhaft schlecht beraten hat.

Erst recht kommt es dort zu Schwierigkeiten, wo der von den Parteien geschlossene Vertrag gesetzlich nicht geregelt, sondern als atypischer, typenkombinierter oder typenverschmolzener Vertrag anzusehen ist. So kann z. B. die schwierige und umstrittene Einordnung eines Automatenaufstellungsvertrags als Mietvertrag, partiarisches Rechtsverhältnis oder als Gesellschaftsvertrag erhebliche Konsequenzen für die maßgebliche Verjährungsfrist haben. Alles dies führt nicht nur zu schwierigen Abgrenzungsproblemen, sondern auch dazu, dass sich aus geringfügigen Unterschieden in der Gestaltung des Sachverhalts ganz verschiedene Verjährungsfristen ergeben, ohne dass dafür ein einleuchtender Grund angegeben werden könnte. Nicht selten drängt sich der Eindruck auf, dass der Richter zunächst diejenige Verjährungsfrist auswählt, die den zur Entscheidung stehenden Fall angemessen löst, und dann erst bei der rechtlichen Qualifizierung des geltend gemachten Anspruchs so zu Werke geht, dass das gewünschte Ergebnis erreicht werden kann.

Abgrenzungsschwierigkeiten gibt es auch bei den gewohnheitsrechtlich entwickelten Ansprüchen aus Verschulden bei Vertragsanbahnung, aus positiver Forderungsverletzung und wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage. In Ermangelung einer besonderen Verjährungsvorschrift greift hier grundsätzlich die regelmäßige Verjährungsfrist von dreißig Jahren ein (§ 195). Da diese Frist allgemein als für die genannten Ansprüche zu lang angesehen wird, hat sich die Rechtsprechung darum bemüht, den Anwendungsbereich des § 195 einzuschränken und die Verjährungsregeln, die an sich für andere Fälle gedacht sind, auf die genannten Ansprüche entsprechend anzuwenden. So sind nach Auffassung des Bundesgerichtshofs die kurzen Fristen der §§ 196, 197 für alle Ansprüche maßgeblich, die "wirtschaftlich die Stelle der in jenen Vorschriften aufgeführten Vergütungsansprüche einnehmen" (BGHZ 73, 266, 269). Daher verjähren alle Ansprüche - vertragliche und gesetzliche, ausdrücklich geregelte und gewohnheitsrechtlich entwickelte - nach § 196, sofern sie auf den "Ersatzwert des ursprünglich Bedungenen" abzielen, und ebenso soll die Verjährungsfrist des § 197 auch dann maßgeblich sein, wenn die auf Grund eines sittenwidrigen Ratenkreditvertrags gezahlten Zinsen aus ungerechtfertigter Bereicherung zurückverlangt werden (BGHZ 98, 174) oder der Vermieter Ersatzansprüche wegen verspäteter Rückgabe der Mietsache geltend macht, sei es, dass er sie auf § 557, sei es, dass er sie auf Verzug oder auf § 812 stützt (BGHZ 68, 307, 310).

Auf die verjährungsrechtlichen Probleme, die sich im Kauf- und Werkvertragsrecht aus dem Nebeneinander von Gewährleistungsansprüchen und Ansprüchen aus positiver Forderungsverletzung und aus Verschulden bei Vertragsanbahnung ergeben, ist bereits hingewiesen worden.

Steht die Rechtsnatur der geltend gemachten Ansprüche und damit die für sie maßgebliche Verjährungsfrist fest, so ergeben sich oft weitere Schwierigkeiten daraus, dass zweifelhaft sein kann, ob jeder der nebeneinander bestehenden Ansprüche nach der für ihn geltenden Frist verjährt. Dies ist zwar die allgemeine Grundregel. Sie wird aber durch zahlreiche Ausnahmen durchbrochen, diese Ausnahmen wiederum durch Gegenausnahmen. Verlangt etwa der Vermieter Schadensersatz vom Mieter wegen einer Beschädigung der vermieteten Sache, so gilt die Verjährungsfrist des § 558 auch insoweit, als der Anspruch des Vermieters auf § 823 gestützt werden kann. Hat hingegen der Unternehmer bestellereigenes Material beschädigt oder der Verkäufer durch Lieferung fehlerhafter Ware eine Eigentums- oder Gesundheitsverletzung des Käufers herbeigeführt, so verjähren die Schadensersatzansprüche des Bestellers oder Käufers, soweit sie aus unerlaubter Handlung hergeleitet werden können, "selbständig" nach § 852. Eine innere Rechtfertigung für diese Unterschiede ist kaum ersichtlich.

Mängel einzelner Vorschriften

Unabhängig von systematischen Bedenken am geltenden Verjährungsrecht sind einzelne Verjährungsfristen überarbeitungsbedürftig.

Die Tatbestandsmerkmale einiger Verjährungsvorschriften machen das Bedürfnis nach einer zeitgemäßen Gestaltung des Verjährungsrechts ganz offenkundig. Dies zeigt sich insbesondere bei § 196. Die in § 196 Abs. 1 Nr. 3, 9 und 10 bezeichneten Berufstypen der Lohnkutscher, Tagelöhner und Lehrmeister kommen in der Praxis nicht mehr vor. Die auf berufliche Leistungen abstellenden Regelungen in § 196 Abs. 1 Nr. 10, 12 und 13 sind inzwischen bedeutungslos, wenn nicht gar - wie bei den nunmehr unzulässigen Lehrgeldvereinbarungen - gegenstandslos geworden. Auch soweit § 196 noch eine praktische Bedeutung hat, erscheint die Regelung nicht immer verständlich. So erhellt der Wortlaut der Regelung kaum, dass § 196 Abs. 1 Nr. 9 die Lohnansprüche der Arbeiter, § 196 Abs. 1 Nr. 8 dagegen die Gehaltsansprüche der Angestellten betrifft. Darüber hinaus ist die Regelung des § 196 im ganzen nicht überzeugend, weil von ihr weder die Rechtsgeschäfte unter Privaten noch Ansprüche auf Sachleistungen erfasst werden.

Manche besonders kurze und besonders lange Verjährungsfristen des geltenden Rechts werden den Bedürfnissen des Rechtsverkehrs nicht gerecht:

- Zu kurze Fristen

Schon oben ist dargestellt worden, warum die Fristen für die Verjährung der kauf- und werkvertraglichen Gewährleistungsansprüche zu kurz sind. Sie bergen die Gefahr in sich, dass der Käufer oder der Besteller nicht selten einen berechtigten Anspruch einbüßt, ehe er von ihm Kenntnis erlangt hat. Dies tritt besonders häufig dort auf, wo ein zusammengesetztes oder weiterverarbeitetes Produkt geliefert wird, dessen Mängel typischerweise erst nach langer Zeit offen zutage treten. Aus diesen Gründen empfiehlt sich eine angemessene Verlängerung der Gewährleistungsfristen. Dabei muss auch den Belangen des Verkäufers und des Unternehmers Rechnung getragen werden, die beide ein schutzwürdiges Interesse daran haben, das Risiko künftiger Gewährleistungsansprüche abzuschätzen, es versicherungsmäßig abzudecken und sich gegen die Berechtigung solcher Ansprüche wirksam verteidigen zu können.

- Zu lange Fristen Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt dreißig Jahre. Sie erweist sich in vielen Fällen als zu lang. Zwar müssen Verjährungsfristen so bemessen sein, dass dem Berechtigten ein hinreichender zeitlicher Spielraum für die Geltendmachung seines Rechts verschafft wird. Eines Zeitraums von dreißig Jahren bedarf es dazu jedoch nur in Ausnahmefällen. In den Regelfällen müssen kürzere Fristen genügen, zumal nur sie den Verpflichteten davor schützen, dass er für unzumutbar lange Zeiträume vorsorglich Beweismittel aufbewahren und andere Maßnahmen zur Abwehr unbegründeter Ansprüche treffen muss. Auch zeigt ein Vergleich mit den Verjährungsregeln ausländischer Rechtsordnungen, dass sie, soweit solche Regeln in neueren Zivilgesetzbüchern oder in modernen Verjährungsgesetzen enthalten sind, mit wesentlich kürzeren Fristen auskommen. Überarbeitungsbedarf bei den Unterbrechungs- und Hemmungstatbeständen

Unstimmigkeiten weisen auch die Regelungen über die Hemmung und Unterbrechung der Verjährung auf:

Die Unterbrechungstatbestände des geltenden Verjährungsrechts enthalten nicht zu rechtfertigende Differenzierungen. Auch sieht das geltende Recht zahlreiche Fälle vor, in denen eine bestimmte Maßnahme die Verjährung unterbricht, ohne dass die daraus sich ergebende Folge - nämlich die Ingangsetzung einer neuen Verjährungsfrist - immer sachlich gerechtfertigt erscheint.

Die geltenden Unterbrechungsgründe mit Ausnahme des Anerkenntnisses und der Vollstreckungshandlung können als Hemmungstatbestände ausgestaltet werden. Dabei bietet sich die Gelegenheit, die bisher lückenhafte Regelung zu ergänzen und zu verallgemeinern.

Zunächst haben im geltenden Recht nicht alle prozessualen Maßnahmen, die die Verfolgung des Anspruchs zum Ziel haben, auf seine Verjährung Einfluss. Das gilt insbesondere für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, die nicht der Sicherung, sondern der Befriedigung des Anspruchs dient. Auch ein solcher Antrag sollte Hemmungswirkung erhalten.

Manche Hemmungsgründe können auf Rechtsgedanken zurückgeführt werden, die nicht nur für den jeweils geregelten Fall, sondern allgemeine Geltung erlangen sollten. So ist nicht einzusehen, dass nur im Anwendungsbereich der §§ 639 Abs. 2, 651g Abs. 2 Satz 3, 852 Abs. 2 Verhandlungen - z. B. über die Berechtigung von Gewährleistungs- oder Schadensersatzansprüchen - die Verjährung hemmen sollen.

Auch enthält § 477 Abs. 3 den verallgemeinerungsfähigen Rechtsgedanken, dass die Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung eines Anspruchs sich auch auf die Verjährung konkurrierender Ansprüche erstrecken sollte.

Gefahr einer weiteren Rechtszersplitterung

Der Umstand, dass die Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs - wie dargelegt - unzulänglich sind, hat dazu geführt, dass der Gesetzgeber beim Erlass neuer zivilrechtlicher Gesetze zur Regelung der dort sich stellenden Verjährungsfragen nicht einfach auf das Bürgerliche Gesetzbuch verweisen konnte, sondern sich veranlasst glaubte, eigenständige Verjährungsregeln zu schaffen. In über 80 Gesetzen finden sich daher mehr als 130 Verjährungsvorschriften, die nicht aufeinander abgestimmt sind und zu einem unübersichtlichen Neben- und Durcheinander verjährungsrechtlicher Vorschriften geführt haben. Eine grundlegende Umgestaltung der Verjährungsregeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs erscheint auch deshalb als dringend erforderlich, weil nur so eine Aussicht besteht, dass die geschilderte Entwicklung sich nicht fortsetzt.

IV. Verbraucherschutzgesetze außerhalb des Bürgerlichen Gesetzbuchs

Die zahlreichen neben dem Bürgerlichen Gesetzbuch entstandenen Verbraucherschutzgesetze modifizieren inhaltlich auch heute schon die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Angesprochen sind damit das Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften, das Verbraucherkreditgesetz, das Teilzeit-Wohnrechtegesetz und das Fernabsatzgesetz. Diese Gesetze heben den Grundsatz der Verbindlichkeit der Verträge für die Dauer der – inzwischen vereinheitlichten – Widerrufsfrist auf. Sie bestimmen zum Teil vorvertragliche Informationspflichten, die das Bürgerliche Gesetzbuch nicht kennt. Außerdem schränken sie teilweise den Grundsatz der Formfreiheit ein, indem sie nicht nur einen Schriftformzwang einführen, sondern auch unterschiedliche Anforderungen an den Inhalt der Verträge stellen. Bis zum Ablauf des 29. Juni 2000 definierten diese Gesetze ihre Schlüsselbegriff immer wieder neu. Auch waren die Fristen und Modalitäten der Ausübung des Widerrufsrechts und dessen Konstruktion immer wieder unterschiedlich geregelt. Das erschwerte den Überblick erheblich und ist mit dem Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro vom 27. Juni 2000 (BGBl. I S. 897) abgemildert worden, was Konstruktion und Einzelheiten des Widerrufs- und des Rückgaberechts angeht. Die Vielzahl von Sondergesetzen ist aber durch dieses Gesetz noch nicht beseitigt worden. Sie stellt nach wie vor ein wesentliches Hindernis für eine transparente Rechtsordnung dar. Zu nennen ist in diesem Zusammenhang auch das AGB-Gesetz. Dieses Gesetz bestimmt, wie weit die grundsätzliche Nachgiebigkeit des Schuldrechts des Bürgerlichen Gesetzbuchs reicht und wann Abweichungen hiervon unzulässig sind. Dies sollte im Bürgerlichen Gesetzbuch selbst geregelt werden.

V. Lösung: Verwirklichung der Vorschläge der Schuldrechtskommission und Integration der Verbraucherschutzgesetze in das Bürgerliche Gesetzbuch

1. Allgemeines Leistungsstörungsrecht

Pflichtverletzung als zentraler Begriff des Leistungsstörungsrechts

Im Mittelpunkt des allgemeinen Leistungsstörungsrechts steht künftig der Begriff der "Pflichtverletzung". Der einheitliche Grundtatbestand, auf dem die Rechte des Gläubigers wegen einer Leistungsstörung aufbauen, besteht in der Verletzung einer Pflicht. Dies gilt für die Schadensersatzansprüche des Gläubigers (§§ 280, 282) ebenso wie für sein Recht zum Rücktritt vom Vertrag (§ 323).

Das Merkmal der Pflichtverletzung verlangt nur den objektiven Verstoß gegen eine Pflicht; hingegen kommt es nicht darauf an, dass dem Schuldner die Pflichtverletzung vorgeworfen werden kann. Ebenso wenig ist es von Bedeutung, auf welchen Gründen die Pflichtverletzung beruht oder welche Folgen sie hat. Insbesondere ist es nicht entscheidend, ob die Pflichtverletzung darin liegt, dass dem Schuldner die Leistung von Anfang an unmöglich war oder dass sie ihm nachträglich unmöglich geworden ist. Anders als im geltenden Recht sind Unmöglichkeit und Verzug nicht mehr besondere und eigenständig geregelte Formen der Leistungsstörung. Zwar kann die Unmöglichkeit der Leistung für das Leistungsverweigerungsrecht des Schuldners gemäß § 275 von Bedeutung sein. Aber auch in dieser Vorschrift ist die Unmöglichkeit der Leistung nicht ausdrücklich genannt; sie stellt vielmehr nur einen der Fälle dar, in denen der Schuldner die geschuldete Sachleistung "nicht mit denjenigen Anstrengungen zu erbringen vermag, zu denen er nach Inhalt und Natur des Schuldverhältnisses verpflichtet ist". Was den Verzug anbelangt, so bildet auch er neben der Pflichtverletzung nur ein zusätzliches Erfordernis für den Anspruch des Gläubigers auf Ersatz des Verzögerungsschadens (§§ 280 Abs. 2 Satz 2, 283).

Das Leistungsstörungsrecht des Entwurfs beruht damit auf einer Weiterentwicklung und Verallgemeinerung der Grundsätze über die Haftung wegen positiver Forderungsverletzung. Wenn die Rechtsprechung als positive Forderungsverletzung alle Pflichtverletzungen ansieht, die weder Unmöglichkeit noch Verzug herbeiführen, so beruht dies auf der Erkenntnis, dass auch die Nichtleistung wegen Unmöglichkeit und der Verzug Pflichtverletzungen darstellen.

Die Anknüpfung an den Begriff der "Pflichtverletzung" entspricht dem UN-Kaufrecht. Zwar verwendet es in Artikel 45 Abs. 1, 61 Abs. 1 den Begriff der "Nichterfüllung" der vertraglichen Pflichten. Aber darin liegt nur ein verbaler, kein sachlicher Unterschied.

Fristsetzung sichert Vorrang des Erfüllungsanspruchs

Das - neben der Pflichtverletzung - zweite wesentliche Strukturmerkmal des neuen Leistungsstörungsrechts besteht darin, dass der Gläubiger dem Schuldner grundsätzlich eine angemessene Frist zur Erfüllung setzen muss, bevor er nach ergebnislosem Ablauf der Frist statt des Erfüllungsanspruchs weitergehende Rechte geltend machen kann (vgl. § 282). Das Erfordernis der Fristsetzung, das sein Vorbild im geltenden Recht in §§ 283, 326, 542 Abs. 1, 634, 635 hat, soll den Vorrang des Erfüllungsanpruchs sichern und damit allgemein die Aufgabe übernehmen, die im geltenden Recht von den einzelnen Leistungsstörungstatbeständen mit ihren unterschiedlichen Voraussetzungen nur unzulänglich erfüllt wird.

Umfassende Schadensersatzregelung

Der Entwurf regelt in § 280 die allgemeinen Voraussetzungen, unter denen der Gläubiger Schadensersatz verlangen kann, wenn der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt hat. Danach führt jede Pflichtverletzung zu einem Schadensersatzanspruch, es sei denn, der Schuldner hat die Pflichtverletzung nicht zu vertreten. Eine Unterscheidung nach der Art der verletzten Pflicht wird nicht gemacht. Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob der Schuldner eine Haupt- oder eine Nebenpflicht, eine Leistungs- oder eine Schutzpflicht verletzt hat, ebenso wenig darauf, ob er überhaupt nicht, nicht rechtzeitig oder am falschen Ort geleistet hat oder ob er eine ganz andere als die geschuldete Leistung oder eine Leistung erbracht hat, die nach Menge, Qualität und Art oder aus sonstigen Gründen hinter der vertraglich geschuldeten Leistung zurückbleibt.

Die Regelung des § 280 Abs. 1 schreibt damit zunächst die Gründe der positiven Forderungsverletzung im Gesetz fest. Sie geht aber darüber hinaus, da sie auch diejenigen Fälle erfasst, in denen nach geltendem Recht Ansprüche auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur beim Vorliegen besonderer Leistungsstörungstatbestände - insbesondere Unmöglichkeit oder Verzug - gegeben sind. Auch dann liegt nach dem Entwurf die Grundvoraussetzung für einen Schadensersatzanspruch des Gläubigers darin, dass der Schuldner die ihm nach dem Vertrage obliegende Leistung nicht erbracht und für die Schadensfolgen der darin liegenden Pflichtverletzung einzutreten hat, sofern er nicht beweisen kann, dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Der Vorrang der Erfüllung wird dadurch sichergestellt, dass in §§ 280 Abs. 2 Satz 1, 282 für diesen Fall das Erfordernis der Fristsetzung festgeschrieben ist; Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger grundsätzlich erst verlangen, wenn eine dem Gläubiger gesetzte angemessene Frist für die Leistung ergebnislos verstrichen ist.

Auch der Anspruch auf Ersatz des Verzögerungsschadens baut auf § 280 Abs. 1 auf; nach § 280 Abs. 2 Satz 2 ist aber weiterhin Verzug erforderlich.

Damit bringt der Entwurf eine klare und übersichtliche Schadensersatzregelung, welche die komplizierten gesetzlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs und die daneben entwickelte Rechtspraxis auffängt.

Vom Vertretenmüssen unabhängiges Rücktrittsrecht

§ 323 bringt nach dem Vorbild des UN-Kaufrechts ein vom Vertretenmüssen unabhängiges Rücktrittsrecht.

Voraussetzung für einen Rücktritt des Gläubigers ist zunächst, dass der Schuldner eine Pflicht aus einem gegenseitigem Vertrag verletzt hat. Der Vorrang der Erfüllung ist wiederum durch das Erfordernis der Fristsetzung sichergestellt. Verlangt wird, dass eine dem Schuldner zur Abhilfe gesetzte Frist oder eine Abmahnung ergebnislos geblieben sind.

Nach der Bedeutung der verletzten Pflicht oder der Schwere der Pflichtverletzung wird grundsätzlich nicht unterschieden. Nach ergebnisloser Fristsetzung oder Abmahnung erhält jede Pflichtverletzung regelmäßig einen Stellenwert, der ein Festhalten am Vertrage für den Gläubiger unzumutbar macht. § 323 Abs. 3 Nr. 1 sieht allerdings einen Ausschluss des Rücktritts vor, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.

Schadensersatz neben Rücktritt, Neuregelung der Rücktrittsfolgen

Im Unterschied zum geltenden Recht, aber im Einklang mit Artikel 45 Abs. 2 UN-Kaufrecht kann der Gläubiger gemäß § 325 auch dann, wenn er vom Vertrage zurückgetreten ist, nicht nur die Ansprüche aus dem Rückabwicklungsschuldverhältnis, sondern Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung des Vertrags geltend machen. Er kann also vom Vertrag zurücktreten und gleichzeitig die Mehrkosten aus einem Deckungsgeschäft oder den entgangenen Gewinn ersetzt verlangen; der Ersatz des Vertrauensschadens ist in § 325 ausdrücklich geregelt. Die Pflicht zum Schadensersatz entfällt, wenn der Schuldner die rücktrittsbegründende Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

Für Störungen, die im Fall des Rücktritts die Rückgewähr der empfangenen Leistungen hindern, sieht § 346 eine grundlegende Neuregelung vor. Sie versucht, die zahlreichen Streitfragen des geltenden Rechts zu vermeiden, verzichtet auf Ausschlusstatbestände und sieht für alle Störungsfälle ein grundsätzlich einheitliches Modell der Rückabwicklung dem Werte nach vor.

Regelung des Wegfalls der Geschäftsgrundlage

Der Entwurf enthält in § 307 eine Regelung des Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Einer detaillierten Regelung ist das Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage allerdings nicht zugänglich. Die vorgesehene Regelung will lediglich die von der Rechtsprechung entwickelten Leitlinien in allgemeiner Form im Gesetz niederlegen; ihre weitere Konkretisierung vor dem Hintergrund praktischer, zur Entscheidung stehender Fälle muss der Rechtsprechung überlassen bleiben. Auch auf eine offene Umschreibung durch Regelbeispiele wurde bewusst verzichtet.

Regelung der Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsanbahnung (culpa in contrahendo)

§ 241 Abs. 2 bestimmt, dass sich aus einem Schuldverhältnis für die Beteiligten auch Sorgfaltspflichten im Hinblick auf die Rechte und Rechtsgüter des anderen Teils ergeben können. In § 305 Abs. 2 heißt es sodann, dass solche Sorgfaltspflichten auch bereits im Vorfeld eines möglichen Vertragsschlusses entstehen können. Der Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzung solcher Pflichten ergibt sich schließlich aus § 280 Abs. 1. Die allgemeine Regelung über die Haftung auf Schadensersatz ist damit auch Anspruchsgrundlage für Ansprüche wegen Verschuldens bei Vertragsanbahnung.

Auch bei dieser Vorschrift wurde bewusst auf Regelbeispiele verzichtet. Die Rechtsprechung hierzu erscheint nicht gefestigt genug; die Regelung soll für eine Weiterentwicklung durch die Judikatur offen bleiben.

Regelung der Kündigung aus wichtigem Grund

Mit der Regelung der Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund in § 308 will der Entwurf die von der Rechtsprechung hierzu entwickelten allgemeinen Grundsätze in das Gesetz aufnehmen.

Aufhebung der §§ 306 bis 309

Der Entwurf sieht eine Aufhebung der bisherigen §§ 306 bis 309 vor. Die Anwendung des allgemeinen Leistungsstörungsrechts auf die Fälle anfänglicher Unmöglichkeit führt zu angemessenen Ergebnissen: Der Schuldner kann den Anspruch auf eine unmögliche Leistung durch die Einrede nach § 275 abwehren, wenn die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Der Gläubiger kann unter den Voraussetzungen der §§ 280, 282 Schadensersatz verlangen oder nach § 323 vom Vertrag zurücktreten und daneben nach § 325 Schadensersatz verlangen.

2. Kauf- und Werkvertragsrecht

Wegfall eines besonderen Gewährleistungsrechts beim Kauf

Die vorgesehene Neuregelung des Kaufvertragsrechts zielt vor allem darauf ab, die vom geltenden Recht vorgesehene eigenständige Regelung des Gewährleistungsrechts zu beseitigen und die Ansprüche des Käufers in das allgemeine Leistungsstörungsrecht einzufügen. Dadurch wird es möglich, die Unterscheidung des geltenden Rechts zwischen Sach- und Rechtsmängeln, zwischen Stückkauf und Gattungskauf sowie zwischen Kaufvertrag und Werkvertrag zu beseitigen oder beträchtlich zu verringern. Die Neukonzeption ermöglicht es zugleich, im Rahmen der Umgestaltung des Verjährungsrechts die Verjährung von Gewährleistungsansprüchen sachgerecht und überzeugend zu regeln.

Dieses Ziel wird dadurch erreicht, dass die Lieferung einer von Sachmängeln freien Kaufsache auch beim Stückkauf zu den Pflichten des Verkäufers gerechnet wird. § 433 Abs. 1 Satz 2 bestimmt deshalb, dass der Verkäufer die verkaufte Sache frei von Sachmängeln (und Rechtsmängeln) zu liefern hat. Die Lieferung einer Sache, die einen Sachmangel aufweist, stellt dann eine Pflichtverletzung dar, die grundsätzlich die gleichen Rechtsfolgen nach sich zieht wie im allgemeinen Leistungsstörungsrecht: nämlich Rücktritt gemäß § 323 und, soweit die Lieferung der fehlerhaften Sache vom Verkäufer zu vertreten ist, Schadensersatz gemäß §§ 280, 282. Damit entfällt die problematische Unterscheidung zwischen Mangelschäden und Mangelfolgeschäden. Die Eingliederung des Gewährleistungsrechts in das allgemeine Leistungsstörungsrecht führt dazu, dass an die Stelle des Ausdrucks "Wandelung" der Ausdruck "Rücktritt" treten muss; das ist auch aus sprachlichen Gründen zu begrüßen. Daneben soll allerdings das Recht auf Minderung als spezifischer Rechtsbehelf für den Kauf- und Werkvertrag erhalten bleiben; dieses Recht wird jedoch - ebenso wie das Rücktrittsrecht - zu einem Gestaltungsrecht umgeformt.

Die vorgesehene Regelung hat zur Folge, dass die Unterscheidung zwischen Stückkauf und Gattungskauf entfallen kann und dass es für die Ansprüche des Käufers keinen wesentlichen Unterschied mehr macht, ob die vom Verkäufer gelieferte Sache einen Sachmangel oder einen Rechtsmangel hat. Ebenso wenig hängt Entscheidendes davon ab, ob der Anspruch des Käufers eines Unternehmens auf Ersatz des Schadens, der ihm dadurch entstanden ist, dass er auf unrichtige Angaben des Verkäufers über Umsatz und Gewinn vertraut hat, auf culpa in contrahendo oder auf die Lieferung einer fehlerhaften Kaufsache gestützt wird. Denn in beiden Fällen beurteilen sich die Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs nach §§ 280, 282, und auch für die Verjährung des Anspruchs ist seine rechtliche Einordnung ohne Bedeutung.

Aus der Einfügung der Käuferrechte in das allgemeine Leistungsstörungsrecht ergibt sich weiterhin, dass es einer besonderen Regelung für die Schadensersatzansprüche des Käufers wegen des Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft und wegen arglistigen Verschweigens eines Fehlers nicht mehr bedarf. Beide Ansprüche gehen in dem allgemeinen Schadensersatzanspruch wegen einer vorn Verkäufer zu vertretenden Pflichtverletzung auf, der auch den Schadensersatzanspruch aus positiver Forderungsverletzung umfasst. Eine sachliche Änderung des geltenden Rechts ist damit nicht beabsichtigt. Die Erwägungen, auf die es nach geltendem Recht für die Annahme einer (ausdrücklich oder stillschweigend erklärten) Eigenschaftszusicherung ankommt, werden auch künftig anzustellen sein, und zwar dort, wo es um die Frage geht, ob der gemäß §§ 280, 282 auf Schadensersatz in Anspruch genommene Verkäufer die Lieferung der fehlerhaften Sache im Sinne des § 276 zu vertreten hat.

Nacherfüllungsanspruch des Käufers

Der Entwurf regelt den Anspruch des Käufers auf Nacherfüllung. Ist ihm eine Kaufsache geliefert worden, die fehlerhaft ist, so steht ihm - unabhängig davon, ob ein Stück- oder Gattungskauf oder ein Sach- oder Rechtsmangel vorliegt - ein Anspruch auf Nacherfüllung zu. Der Käufer kann wählen, ob er die Nacherfüllung in der Form der Beseitigung des Mangels durch den Verkäufer oder der Lieferung einer mangelfreien Sache verlangt. Ist die Nacherfüllung dem Verkäufer nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich, so kann er sie verweigern; in diesem Falle kann der Käufer nur die sonstigen Ansprüche geltend machen, die ihm im Falle einer Pflichtverletzung zustehen.

Macht der Käufer wegen des Fehlers der gelieferten Kaufsache einen Schadensersatzanspruch geltend oder will er deshalb vom Vertrage zurücktreten, so kann der Verkäufer diese Rechte dadurch abwenden, dass er seinerseits nacherfüllt. Das ergibt sich ohne weiteres daraus, dass die Rechte, die dem Käufer im Falle der Lieferung einer mangelhaften Kaufsache zustehen, in das allgemeine Leistungsstörungsrecht eingegliedert sind. Denn sowohl der Schadensersatzanspruch des Käufers als auch sein Rücktrittsrecht hängen gemäß §§ 280, 282, 323 grundsätzlich davon ab, dass er zuvor dem Verkäufer eine angemessene Frist für die Nacherbringung einer fehlerfreien Leistung gesetzt hat und diese Frist ohne Erfolg verstrichen ist.

Änderungen im Werkvertragsrecht

Schon nach geltendem Recht ist der Unternehmer zur Erbringung einer mangelfreien Leistung und, wenn die erbrachte Leistung fehlerhaft ist, zur Beseitigung des Mangels verpflichtet. Daher waren grundsätzliche Änderungen des Werkvertragsrechts nicht erforderlich. Die vorgesehenen Änderungen des Kaufvertragsrechts führen jedoch dazu, dass die rechtliche Regelung beider Vertragstypen einander stark angenähert und auch die Reihenfolge und innere Gliederung der gesetzlichen Vorschriften nach den gleichen Prinzipien geordnet werden können. Die genaue Abgrenzung der beiden Vertragstypen, die im geltenden Recht eine erhebliche Rolle spielt, verliert daher ihre Bedeutung. Ob ein Kaufvertrag über ein schon fertiggestelltes und vom Verkäufer bereits bewohntes Haus zum "Werkvertrag" umqualifiziert werden kann, spielt nach dem Entwurf schon deshalb künftig keine Rolle mehr, weil danach auch ein Käufer Nachbesserung verlangen und auch ein Verkäufer durch Mängelbeseitigung die weitergehenden Ansprüche des Käufers abwenden kann. Auch die Voraussetzungen, unter denen die Verjährungseinrede erhoben werden kann, sind für den Verkäufer, der ein Haus verkauft, und für den Unternehmer, der das Haus gebaut hat, identisch.

Wegfall von Vorschriften

Die Eingliederung der Gewährleistungsansprüche des Käufers und Bestellers in das allgemeine Leistungsstörungsrecht und die starke Annäherung der Regeln über das Kauf- und das Werkvertragsrecht haben schließlich dazu geführt, dass die Zahl der gesetzlichen Vorschriften erheblich verringert und ihre innere Ordnung wesentlich durchsichtiger und verständlicher ausgestaltet werden konnte.

3. Verjährungsrecht

Allgemeine Überlegungen

Bei der Neugestaltung des Verjährungsrechts hat sich der Entwurf zunächst von der Tatsache leiten lassen, dass mit der Festlegung der Dauer einer Verjährungsfrist zwar eine wichtige Entscheidung getroffen wird, eine Beurteilung der Angemessenheit dieser Frist aber nur dann möglich ist, wenn mitbedacht wird, wann die Frist zu laufen beginnt und welche Maßnahmen sie zu hemmen oder zu unterbrechen vermögen. Erst die Zusammenschau von Fristdauer, Fristbeginn, Fristende, Fristhemmung und Fristunterbrechung ermöglicht es festzustellen, ob die Interessen von Gläubiger und Schuldner gerecht gegeneinander abgewogen sind.

Was die Interessen des Gläubigers anbelangt, war es das Ziel zu gewährleisten, dass ihm eine faire Chance eröffnet wird, seinen Anspruch geltend zu machen. Das bedeutet, dass ihm grundsätzlich hinreichend Gelegenheit gegeben werden muss, das Bestehen seiner Forderung zu erkennen, ihre Berechtigung zu prüfen, Beweismittel zusammenzutragen und die gerichtliche Durchsetzung der Forderung ins Werk zu setzen. Dieser Grundsatz kann nicht ausnahmslos durchgehalten werden. Es gibt Fallgestaltungen, in denen der Gläubiger die Verjährung seiner Forderung selbst dann hinnehmen muss, wenn er vor Ablauf der Verjährungsfrist nicht wusste, ja nicht einmal wissen konnte, dass ihm ein Anspruch zusteht. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn ihm ein vertraglicher Anspruch aus der Lieferung einer fehlerhaften Sache, aus der Errichtung eines fehlerhaften Werks oder aus der Leistung fehlerhafter Dienste zusteht.

Was die Interessen des Schuldners betrifft, so richten sie sich in erster Linie darauf, vor den Nachteilen geschützt zu werden, die der Ablauf von Zeit bei der Abwehr unbegründeter Ansprüche mit sich bringt. Der Schuldner kann Belege und Beweismittel nur für eine begrenzte Zeit aufbewahren. In Beweisnot kann er durch Zeitablauf auch deshalb geraten, weil Zeugen nicht mehr namhaft gemacht werden können, unerreichbar sind oder sich an die streitigen Vorgänge nicht mehr zu erinnern vermögen. Dies gilt namentlich dann, wenn das Vorliegen der Voraussetzungen, von denen der Anspruch des Gläubigers abhängt, vermutet wird und dem Schuldner der Gegenbeweis dafür obliegt, dass jene Voraussetzungen nicht gegeben seien. So braucht der Gläubiger, der einen vertraglichen Schadensersatzanspruch geltend macht, nur darzutun, dass es zu einer objektiven Pflichtverletzung gekommen ist; gemäß dem bisherigen § 282 ist es dann Sache des Schuldners zu beweisen, dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Ähnlich liegt es, wenn ein Anscheinsbeweis zu entkräften ist.

Das Verjährungsrecht muss den Schuldner aber nicht nur vor der Gefahr schützen, dass er durch Zeitablauf in Beweisnot gerät. Denn selbst wenn eine Beweisnot des Schuldners nicht vorliegt und der Anspruch des Gläubigers sachlich begründet ist, kann es den Schuldner hart treffen, wenn er trotz Ablaufs einer langen Zeit den Anspruch noch erfüllen muss. Es mag ein Zeitpunkt erreicht worden sein, in dem der Schuldner darauf vertrauen durfte, dass der Gläubiger auf seine Forderung nicht mehr zurückgreifen werde. Auch kann es unangemessen sein, vom Schuldner zu verlangen, dass er sich lange Zeit zur Erfüllung bereithält und entsprechende Vorsorgemaßnahmen trifft; dadurch kann er in seiner Dispositionsfreiheit unbillig eingeschränkt werden. Auch kann den Schuldner die Erfüllung des Anspruchs deshalb hart treffen, weil er infolge des Zeitablaufs Regressansprüche gegen Dritte verloren hat, sei es, weil der Regressschuldner nicht mehr aufgefunden werden kann oder zahlungsunfähig geworden ist, sei es auch, weil er sich seinerseits auf Verjährung der Regressforderung berufen kann.

Schließlich muss die Regelung des Verjährungsrechts auch der Rechtssicherheit dienen. Sie muss deshalb möglichst einfach und klar sein und muss nicht nur dem Gläubiger und dem Schuldner, sondern auch ihren Rechtsanwälten und den Gerichten praktikable Regeln an die Hand geben, mit denen sich verjährte von unverjährten Forderungen unterscheiden lassen. Es ist offensichtlich, dass ein Verjährungsrecht, dessen Regeln in diesem Sinne Berechenbarkeit und Voraussehbarkeit gewährleisten wollen, im Einzelfall zu Ergebnissen führen kann, die unbillig erscheinen mögen. Dem ließe sich nur dadurch entgegenwirken, dass im Interesse der Einzelfallgerechtigkeit kasuistische und differenzierende Regeln geschaffen werden, die verschiedene Ansprüche verschiedenen Verjährungsfristen unterstellen. Dafür würde jedoch - wie gerade die Erfahrungen mit dem geltenden Recht belegen - ein zu hoher Preis bezahlt, weil jede Abgrenzung zwischen verschiedenen Ansprüchen und den für sie maßgeblichen Verjährungsfristen praktische Probleme schafft, die nur dort in Kauf genommen werden sollten, wo dies aus besonders stichhaltigen Gründen unabweisbar erscheint.

Kenntnis oder Kennenmüssen grundsätzlich ohne Bedeutung für die Verjährung

Die Gutachter Peters und Zimmermann schlagen vor, grundsätzlich sämtliche Ansprüche in zwei Jahren verjähren zu lassen; dabei soll diese Frist grundsätzlich mit Fälligkeit des Anspruchs zu laufen beginnen. Nach ihrer Auffassung lässt ein Zeitraum von zwei Jahren dem Gläubiger hinreichende Zeit zu einer Prüfung der Frage, ob er seine Forderung mit gerichtlicher Hilfe durchsetzen soll oder nicht. In diese Prüfung eintreten und einen entsprechenden Entschluss fassen kann der Gläubiger erst dann, wenn er weiß, dass ihm ein Anspruch zustehen könnte. Daher wollen Peters und Zimmermann den Lauf der zweijährigen Verjährungsfrist zwar mit Anspruchsfälligkeit beginnen lassen, wollen aber den Fristlauf so lange als gehemmt ansehen, wie der Gläubiger nicht weiß, dass er einen Anspruch gegen den Schuldner haben könnte; dabei soll der Kenntnis des Gläubigers vom möglichen Bestehen seines Anspruchs die grobfahrlässige Unkenntnis gleichstehen. Sie schlagen daher eine besondere "Hemmung durch Unkenntnis des Berechtigten" vor.

Der Entwurf hat sich, insoweit den Vorschlägen der Schuldrechtskommission folgend, gegen einen derartigen kenntnisabhängigen Verjährungsbeginn entschieden. Dies würde dazu führen, dass es in der Praxis kaum noch auf die Dauer der Verjährungsfrist, sondern statt dessen wesentlich auf den Zeitpunkt ankäme, zu dem der Gläubiger von dem möglichen Bestehen seines Anspruchs Kenntnis erlangt hat oder ob seine Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruht. Dies hätte zur Folge, dass die Frage, ob die Verjährung eingetreten ist oder nicht, vom Schuldner nicht mehr auf Grund solcher Umstände beantwortet werden kann, von denen er weiß oder wissen kann. Vielmehr hinge die Verjährung wesentlich von Tatsachen aus dem internen Bereich des Gläubigers ab. Würde der Gläubiger bei den Verhandlungen mit dem Schuldner Informationen über verjährungsrechtlich relevante Tatsachen aus seinem Geschäftsbereich zurückhalten - eine keineswegs fernliegende Annahme - so würde der Schuldner die Verjährungseinrede "auf Verdacht" erheben müssen, um alsdann abzuwarten, ob die Beweisaufnahme zur Feststellung von Tatsachen führt, die den Schluss auf die Kenntnis oder grobfahrlässige Unkenntnis des Gläubigers zulassen. Aus diesen Gründen folgt der Entwurf dem Vorschlag von Peters und Zimmermann nicht.

Abweichende Sonderregelung für deliktische Ansprüche

Die Regelung des § 852 zur Verjährung deliktischer Anspüche hat sich im ganzen bewährt. Deswegen soll sie in ihrer Struktur beibehalten werden.

Ausnahmetatbestände

Schadensersatzansprüche, die auf die Verletzung besonders hochrangiger Rechtsgüter wie Freiheit, Körper, Leben oder Gesundheit gestützt werden, sollen nach dem Entwurf einer absoluten Verjährungsfrist von dreißig Jahren unterliegen. Allerdings soll die kenntnisabhängige Verjährungsfrist von drei Jahren auf alle, also auch auf vertragliche Ansprüche Anwendung finden (§ 200 Abs. 2). Auch für Herausgabeansprüche aus absoluten Rechten und ähnlichen Ansprüchen wird eine Verjährungsfrist von dreißig Jahren vorgesehen (§ 197 Abs. 1).

Verminderung der Unterbrechungs- und Ausweitung der Hemmungstatbestände

Der Entwurf sieht als Unterbrechungstatbestände nur noch die Vollstreckungshandlung und das Anerkenntnis vor (§ 201 Abs. 1). Im übrigen sollen die bisherigen Unterbrechungsgründe, insbesondere gerichtliche Maßnahmen wie die Klageerhebung oder die Zustellung eines Mahnbescheides, die Verjährung nur noch hemmen.

Die Hemmungstatbestände werden im Entwurf teilweise ausgedehnt und im übrigen ergänzt: So sollen über den Anwendungsbereich der bisherigen §§ 639 Abs. 2, 651g Abs. 2 Satz 3, 852 Abs. 2 hinaus Verhandlungen über einen Anspruch seine Verjährung allgemein hemmen (§ 210). Auch erkennt der Entwurf das Gesuch um Prozesskostenhilfe und den Antrag auf Erlass einer sog. Leistungsverfügung als Hemmungsgründe an (§ 203 Nr. 3 und 10).

4. Herstellerrückgriffshaftung

Obwohl die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie Kaufverträge zwischen Unternehmern ausnimmt, so entfaltet sie doch auf subtile Art eine gewisse Harmonisierungswirkung auch für das Verhältnis von Kaufleuten und Gewerbetreibenden untereinander. Sedes materiae ist Artikel 4. Diesem Artikel zufolge muss der gewerbliche Verkäufer, der einem Verbraucher eine bewegliche Sache verkauft, einen Rückgriff gegen seine Vorleute in der Lieferkette haben. Die Mitgliedstaaten haben nach dieser Vorschrift das Recht, die näheren Einzelheiten dieses Rückgriffsanspruchs frei zu regeln. In der Richtlinie wird lediglich bestimmt, dass es überhaupt einen Rückgriff geben muss.

Für das deutsche Recht könnte das bedeuten, dass die nationalen Kaufrechtsvorschriften im Verhältnis der Kaufleute und Gewerbetreibenden untereinander auch insoweit unverändert bleiben können, als es sich um einen Rückgriffsfall aus einem Verkauf eines Unternehmers an einen Verbraucher handelt. Hierdurch würde allerdings eine Gewährleistungslücke aufgerissen, die bisher nur im Zusammenhang mit § 638 bekannt ist. Es geht um den Rückgriff des Bauhandwerkers gegen seinen Lieferanten. Als Beispiel sei der Heizkessel genannt, der in einen Neubau eingebaut werden soll. Der Heizungsmonteur führt Arbeiten an einem Bauwerk aus und haftet nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch für eventuell auftretende Mängel, auch des Heizkessels, für die Dauer von fünf Jahren. Demgegenüber haftet der Hersteller, von dem er den Kessel aufgrund eines Kaufvertrages erworben hat nur für sechs Monate, § 477 Abs. 1 Satz 1. Die Differenz von 4,5 Jahren geht auch dann zu Lasten des Bauhandwerkers, wenn dieser dem Besteller nur deshalb Gewähr leisten muss, weil der Kessel schon bei dem Hersteller fehlerhaft zusammengebaut worden war – außerhalb jeglichen Einflussbereichs des Bauhandwerkers.

Ein vergleichbares Problem würde sich ergeben, wenn der deutsche Gesetzgeber Artikel 4 der Richtlinie in der Form umsetzt, dass er im Verhältnis der Gewerbetreibenden und Kaufleute untereinander auch beim Letztverkäuferrückgriff die nationalen Vorschriften uneingeschränkt aufrecht erhalten würde. In dem Falle nämlich würde der Letztverkäufer gegenüber dem Verbraucher für die Dauer von zwei Jahren haften, wohingegen seine Rückgriffshaftung gegenüber seinem Lieferanten lediglich einer Verjährungsfrist von sechs Monaten unterläge. Er würde also hier ein Gewährleistungsrisiko von 1,5 Jahren laufen. Dies wäre nicht zu vertreten.

Umgesetzt werden soll Artikel 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie deshalb dadurch, dass die Verjährungsfristen auch für Kaufverträge zwischen Unternehmern einheitlich auf drei Jahre angehoben werden. Dadurch wird in aller Regel in den Fällen, in denen ein Verbraucher wegen eines Mangels der gekauften Sache den Letztverkäufer in Anspruch nimmt, letzterer seine kaufvertraglichen Rechte gegenüber seinem Lieferanten (Großhändler oder Produzent) noch geltend machen können. Eine durch unterschiedliche Verjährungsfristen hervorgerufene "Gewährleistungsfalle" wird so vermieden. Es verbleiben lediglich die Fälle, in denen der Letztverkäufer die Sache einige Zeit gelagert hat. Dann wirkt sich nämlich der unterschiedliche Beginn der Verjährungsfristen aus. Gemäß § 198 Abs. 4 beginnt die Verjährung in dem Zeitpunkt, in dem die Sache dem Käufer zur Verfügung gestellt wird. Bei längeren Lagerzeiten bei dem Letztverkäufer fallen die insoweit maßgeblichen Zeitpunkte, in denen die Sache zum einen dem Letztverkäufer, zum anderen dem Verbraucher zur Verfügung gestellt wird, auseinander. Zunächst werden diese Fälle angesichts immer kürzerer Lagerzeiten im Handel nicht besonders häufig sein. Im übrigen hat es der Verkäufer selbst in der Hand, für einen möglichst raschen Weiterverkauf zu sorgen und so die Gewährleistungslücken klein zu halten. Auch sind besondere Vereinbarungen mit seinem Lieferanten über den Gewährleistungsfall möglich. In die Vertragsfreiheit soll bei Geschäften zwischen Unternehmern möglichst wenig eingegriffen werden. Schließlich ist mit dieser Lösung auch Artikel 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ausreichend umgesetzt, weil die nähere inhaltliche Ausgestaltung des Rückgriffs den Mitgliedstaaten überlassen ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Richtlinie in Artikel 5 Abs. 1 lediglich eine Gewährleistungsfrist von zwei Jahren vorgibt. Vor diesem Hintergrund gibt die Richtlinie für ihre Umsetzung auch nur während dieser Frist von zwei Jahren ab Lieferung an den Verbraucher die Schaffung eines Rückgriffsanspruchs vor. Dadurch, dass der Entwurf auch für das Verhältnis des Letztverkäufers zu seinem Lieferanten eine Verjährungsfrist von drei Jahren vorsieht, ist ein zusätzlicher Spielraum von einem Jahr geschaffen. Die Rückgriffsmöglichkeiten während des dritten Jahres sind von der Richtlinie nicht erfasst. Darüber hinaus wird mit der Neufassung des § 378 HGB in den Rückgriffsfällen ein Ausschluss der Rückgriffsansprüche des Letztverkäufers allein wegen der unterlassenen Rüge gemäß § 377 HGB weitgehend vermieden.

5. Integration der Verbraucherschutzgesetze

Die erwähnten Verbraucherschutzgesetze sollen in das Bürgerliche Gesetzbuch selbst aufgenommen werden. Dies bedeutet einen erheblichen Fortschritt an Transparenz und Verständlichkeit gegenüber einer Rechtsordnung, die ein und denselben Vertragstyp wie etwa den Darlehens- bzw. Kreditvertrag in verschiedenen Gesetzen regelt oder für bestimmte, im übrigen im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelte Geschäfte Widerrufsrechte vorsieht, deren Voraussetzungen und Rechtsfolgen außerhalb des Bürgerlichen Gesetzbuchs gesucht werden müssen. Dieses Bedürfnis hat der Gesetzgeber bereits mit dem Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro vom 27. Juni 2000 (BGBl. I S. 897) erkannt und dort auch schon teilweise aufgegriffen: In einem ersten Schritt hat der Gesetzgeber dort die Grundbegriffe ("Verbraucher" und "Unternehmer") vereinheitlicht und einheitliche Grundregelungen für das Widerrufs- und das Rückgaberecht geschaffen sowie die Konstruktion, Fristen, Modalitäten und Rechtsfolgen weitgehend vereinheitlicht. Diese Vorschriften sind in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt worden. Damit ist in der Sache der Weg einer Integration der Verbraucherschutzgesetze in das Bürgerliche Gesetzbuch vorgezeichnet.