Zu § 197 - Verjährung von Herausgabeansprüchen aus absoluten Rechten und ähnlichen Ansprüchen

Zu Absatz 1

Die lange Verjährungsfrist von 30 Jahren soll in einigen Fällen erhalten bleiben. Dieses sind:

Zu Nummer 1

Herausgabeansprüche aus Eigentum und beschränkt dinglichen Rechten sollen in 30 Jahren verjähren. Derartige Ansprüche zielen auf die Verwirklichung eines absoluten Rechts ab. Die Verjährung dieser Ansprüche in kurzen Fristen würde die Verwirklichung des Stammrechts in Frage stellen. Dem trägt der Entwurf dadurch Rechnung, dass die bisherige Verjährungsfrist von 30 Jahren für diese aus dem absoluten Recht fließenden Herausgabeansprüche erhalten bleiben soll. Dies soll jedoch nicht für Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche aus absoluten Rechten gelten. Es besteht kein praktisches Bedürfnis, die Verjährungsfrist für Unterlassungsansprüche bei 30 Jahren zu belassen, weil sie bei jeder Zuwiderhandlung neu entstehen. Von einer Einbeziehung der Beseitigungsansprüche in die 30-jährige Verjährungsfrist wurde ebenfalls abgesehen. Sie würde regelmäßig zu Abgrenzungsschwierigkeiten zum deliktischen Beseitigungsanspruch führen, der in drei oder zehn Jahren verjährt (vgl. dazu § 200).

Zu Nummer 2

Auch für Ansprüche aus dem Erb- und aus dem Familienrecht soll es bei der bisher geltenden Verjährungsfrist von 30 Jahren bleiben. Für diese Entscheidung des Entwurfs ist maßgebend, dass sich die maßgeblichen Verhältnisse mitunter erst lange Zeit nach der Anspruchsentstehung klären lassen (z. B. im Erbrecht infolge späten Auffindens eines Testaments).

Zu Nummern 3 bis 5

Ist ein Anspruch rechtskräftig festgestellt, kann es sowohl für den Gläubiger - insbesondere wenn der Schuldner zunächst nicht zahlungsfähig ist - als auch für den Schuldner von großer Bedeutung sein, wie lange aus dem Titel vollstreckt werden kann. Im geltenden Recht sieht deshalb § 218 Abs. 1 für rechtskräftig festgestellte Ansprüche (Satz 1, im Entwurf Nummer 3) und vergleichbare Titel (Satz 2, im Entwurf Nummern 4 und 5) eine 30-jährige Verjährungsfrist vor. Soweit sich die Feststellung auf regelmäßig wiederkehrende, erst künftig fällig werdende Leistungen bezieht, bleibt es nach dem geltenden § 218 Abs. 2 bei der kürzeren, d. h. vierjährigen Verjährungsfrist. Von den betroffenen Schuldnern wird teilweise beklagt, die Verjährungsfrist für rechtskräftig festgestellte Ansprüche von 30 Jahren sei zu lang, da es - möglicherweise unverschuldet - in finanzielle Not geratenen Schuldnern durch eine derart lange Vollstreckungsverjährung zeitlebens unmöglich gemacht werde, sich von Altschulden freizumachen und eine neue Existenz zu gründen. In diesem Zusammenhang wird auch die im Entwurf in § 201 beibehaltene Regelung des geltenden § 216 Abs. 1 erwähnt, wonach Vollstreckungshandlungen zur Unterbrechung der Verjährung - in der Terminologie des Entwurfs zum Neubeginn der Verjährung - führen. Deshalb ist in der Vergangenheit vorgeschlagen worden, die Verjährungsfrist für vollstreckungsfähige Titel herabzusetzen.

Der Entwurf sieht dennoch in den Nummern 3 bis 5 die unveränderte Übernahme des bisherigen § 218 Abs. 1 vor. Die Durchsetzung einer rechtskräftig festgestellten Forderung durch den Gläubiger ist nicht von ihm allein beherrschbar. Sie hängt entscheidend von den Möglichkeiten ab, die das vollstreckbare Vermögen des Schuldners ihm bietet. Die Verjährungsfrist muss deshalb so bemessen sein, dass der Gläubiger auch dann eine effektive Chance hat, seine Forderung durchzusetzen, wenn der Schuldner kein oder kein ausreichendes vollstreckungsfähiges Vermögen hat. Dazu reicht die neue Regelverjährung von 3 Jahren keineswegs aus. Hinzu kommt, dass ein Gläubiger, dem z. B. durch einen Unfall, eine Straftat oder wegen Hingabe eines Darlehens Ansprüche entstanden sind, ein berechtigtes Interesse daran haben kann, seine rechtskräftig festgestellten Ansprüche noch nach 10 oder 20 Jahren durchzusetzen, wenn sich die finanziellen Verhältnisse des Schuldners gebessert haben. Es wäre zwar denkbar, die Verjährung für rechtskräftig festgestellte Ansprüche z. B. nach dem Vorbild des Schweizer Rechts bei 10 Jahren anzusetzen. Das aber würde den Gläubiger dazu zwingen, intensiver auf den Schuldner durch Vollstreckungshandlungen einzuwirken. Dies liegt weder im Interesse des Schuldners noch im Interesse des Gläubigers und würde letztlich auch nur dazu führen, dass die ohnehin und in den neuen Ländern besonders knappen Vollstreckungsressourcen der Justiz unnötig intensiv in Anspruch genommen werden. Eine kürzere Verjährungsfrist würde deshalb auch dazu führen, dass der Gläubiger möglicherweise aussichtslose Vollstreckungsversuche zur Verjährungsunterbrechung unternimmt, deren Kosten letztlich wiederum dem Schuldner zur Last fielen.

Das Interesse eines finanziell in Not geratenen Schuldners, nach einer gewissen Zeit von Altschulden frei zu sein, um eine neue Existenz aufbauen zu können, kann nicht durch eine Verkürzung der Verjährungsfrist für rechtskräftig festgestellte Ansprüche gelöst werden. Dies ist vielmehr Aufgabe des Insolvenzrechts, das dem Schuldner die Möglichkeit einer Restschuldbefreiung einräumt und ihm damit einen Neuanfang eröffnet.

Auch der Umstand, dass der Schuldner, der Teilleistungen auf den rechtskräftigen Titel erbracht hat, in Beweisschwierigkeiten geraten kann, wenn 30 Jahre lang vollstreckt werden darf, gebietet keine Verkürzung der Verjährung. Denn es muss dem Schuldner zugemutet werden, insoweit für die Sicherung der Beweise zu sorgen.

Zu Absatz 2

Zu Satz 1

Bei Rückständen von regelmäßig wiederkehrenden Leistungen und Unterhaltsleistungen ist - unabhängig von ihrem Rechtsgrund - eine Verjährungsfrist von drei Jahren angemessen. Der Entwurf folgt damit dem Ansatz des Bürgerlichen Gesetzbuchs, das in § 197 in diesen Fällen ebenfalls eine kurze Verjährung (vier Jahre) vorsieht. Diese Regelung hat sich bewährt. Zur Anpassung an die auf drei Jahre verkürzte regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 Satz 1 sieht der Entwurf auch in den Fällen des § 197 Abs. 2 Satz 1 drei Jahre als Verjährungsfrist vor. Eine besondere Regelung ist neben § 195 Satz 1 erforderlich, obwohl bereits diese Bestimmung die dreijährige Verjährungsfrist als Regelfall normiert. Es gibt nämlich Sondervorschriften, die andernfalls in den Fällen des Satzes 1 zu einer anderen Verjährungsfrist führen würden. So würden etwa Unterhaltsleistungen ansonsten gemäß Absatz 1 Nr. 2 in 30 Jahren verjähren; auf eine Schadensersatzrente gemäß § 843 wäre § 200 anzuwenden. Einbezogen werden in Satz 1 allgemein Unterhaltsleistungen, obwohl Unterhalt nicht notwendigerweise als regelmäßig wiederkehrende Leistung geschuldet wird; aber die Interessenlage ist vergleichbar, da auch Unterhaltsleistungen gewöhnlich aus dem laufenden Einkommen des Schuldners zu tilgen sind. Es ist daher sachgerecht, die Regelung des Satzes 1 auch auf solche Unterhaltsleistungen zu erstrecken, die nicht regelmäßig wiederkehrend sind, z. B. Sonderbedarf. Insoweit gilt bisher: Nach einer Entscheidung des BGH vom 27. Januar 1988 (BGH Z 103, 160) unterliegt der Anspruch auf unterhaltsrechtlichen Sonderbedarf gemäß § 1613 Abs. 2 nicht der vierjährigen Verjährung von Unterhaltsansprüchen nach § 197 alt, sondern vielmehr der allgemeinen Verjährung in dreißig Jahren gemäß § 195 alt. Der BGH begründet diese Entscheidung insbesondere damit, dass es sich bei einem Anspruch auf Unterhalt wegen Sonderbedarfs nicht um den Anspruch auf eine wiederkehrende Leistung handelt, der für die verkürzte Verjährungsfrist in § 197 vorausgesetzt wird. Auch wenn die Entscheidung des BGH für das geltende Recht aus den dort bezeichneten Gründen für zutreffend erachtet wird, soll dieser Unterhaltsanspruch wegen Sonderbedarfs künftig nicht länger einer dreißigjährigen Verjährung unterliegen. Unterhalt - und dies gilt auch für den Sonderbedarf - stellt stets die Befriedigung aktueller Bedürfnisse dar. Eine jahrzehntelange Verjährungsfrist wirkt hier wenig sachgerecht. Daneben stellt § 1613 Abs. 2 ohnehin eine Ausnahmevorschrift dar, deren SonderfallCharakter nicht durch die mit 30 Jahren überlange Verjährung noch unterstrichen werden sollte.

Zu Satz 2

Absatz 2 Satz 2 entspricht dem bisherigen § 218 Abs. 2 und sieht die kürzere regelmäßige Verjährungsfrist vor, soweit sich die Feststellung auf regelmäßig wiederkehrende, erst künftig fällig werdende Leistungen bezieht.