Zu § 201 - Neubeginn der Verjährung

Vorbemerkung

Es gibt Ereignisse, die auf den Ablauf einer Verjährungsfrist einen Einfluss haben müssen. Dies ist dann der Fall, wenn der Schuldner durch sein eigenes Verhalten zu erkennen gibt, dass er den Anspruch als bestehend ansieht und nicht bestreiten will. Die Verjährung darf auch dann nicht weiterlaufen, wenn der Gläubiger aus anerkennenswerten Gründen gehindert ist, den Anspruch geltend zu machen. Schließlich muss sichergestellt werden, dass ein Anspruch nicht verjährt, nachdem der Gläubiger angemessene und unmissverständliche Schritte zur Durchsetzung des Anspruchs ergriffen hat. Das geltende Recht berücksichtigt dies in Fällen dieser Art entweder durch Unterbrechung der Verjährung (ein Neubeginn der Verjährung: § 217), eine Hemmung (die Nichteinrechnung bestimmter Zeiten in die Verjährungsfrist) oder eine Ablaufhemmung (die Verjährungsfrist läuft frühestens eine bestimmte Zeit nach Wegfall von Gründen ab, die der Geltendmachung des Anspruchs entgegenstehen: §§ 206, 207). Diese gesetzliche Systematik soll im Grundsatz beibehalten werden. Gegen sie werden, soweit ersichtlich, keine grundsätzlichen Bedenken erhoben; sie findet sich in ähnlicher Form in anderen verwandten Rechtsordnungen. Dabei sollen abweichend vom geltenden Recht (vgl. §§ 202 bis 207 einerseits und §§ 208 bis 217 andererseits) die stärker wirkende Unterbrechung der Verjährung vorab und die schwächer wirkende Hemmung in ihren verschiedenen Formen danach geregelt werden.

Zu Absatz 1

Zu Nummer 1

Wenn der Schuldner durch eigene Handlungen unmissverständlich klarstellt, dass er den Anspruch als bestehend ansieht, bedarf er des Schutzes der Verjährung nicht. Schutzbedürftig ist dagegen der Gläubiger, der möglicherweise im Vertrauen auf das Verhalten des Schuldners davon absieht, den Anspruch geltend zu machen. Dem kann dadurch Rechnung getragen werden, dass die Verjährung mit dem Anerkenntnis neu zu laufen beginnt. Für eine Hemmung der Verjährung eignet sich der Fall nicht, da die maßgebende Handlung des Schuldners häufig nur ganz geringe Zeit in Anspruch nimmt, so dass ein Zeitraum, für den der Ablauf der Verjährung gehemmt sein könnte, fehlt. Der geltende § 208 bestimmt deshalb für diesen Fall eine Unterbrechung der Verjährung.

Der Entwurf sieht vor, es insoweit in der Sache beim geltenden Recht zu belassen. Absatz 1 Nr. 1 übernimmt deshalb den bisherigen § 208 mit einer Änderung: Da nur das Anerkenntnis und in Absatz 1 Nr. 2 die Zwangsvollstreckung als Unterbrechungstatbestände geregelt werden, soll die Wirkung der Unterbrechung unter Einbeziehung des bisherigen § 217 in beiden Bestimmungen gleich mitgeregelt werden ("Die Verjährung beginnt erneut ...").

Ausdrücklich nicht übernimmt der Entwurf einen in der Reformdiskussion geäußerten Vorschlag, die Aufrechnung als Unterfall des Anerkenntnisses zu behandeln. Wer gegen einen gegen ihn geltend gemachten Anspruch aufrechnet, erkennt diesen in der Regel gerade nicht an, sondern bestreitet ihn (so OLG Celle, OLGZ 1970, 5, 6; im Ergebnis ebenso: BGHZ 58, 103, 105; OLG Koblenz, VersR 1981, 167, 168; MünchKomm/v. Feldmann § 208 Rn. 11 f.). Teilweise wird die einschränkende Ansicht vertreten, nur die Aufrechnung mit einer bestrittenen Forderung gegen eine unbestrittene sei kein Anerkenntnis der letzteren (Staudinger/Dilcher § 208 Rn. 6; Palandt/ Heinrichs § 208 Rn. 2; a. A. BGHZ 107, 395, 397). Auch nach dieser Ansicht wäre es nicht gerechtfertigt, die Aufrechnung allgemein als Fall des Anerkenntnisses zu werten. Die Frage, ob im Einzelfall einmal eine Aufrechnung als Anerkenntnis zu werten ist, kann der Rechtsprechung überlassen bleiben.

Zu Nummer 2

Dem Gläubiger muss es weiter möglich sein, die Verjährung eines titulierten Anspruchs zu verhindern. Hier bietet es sich an, die Verjährung im Falle der Zwangsvollstreckung neu laufen zu lassen, da der Gläubiger in einem förmlichen Verfahren zum Ausdruck bringt, dass er auf dem Anspruch besteht. Da dies der maßgebliche Gesichtspunkt ist und nicht die Dauer eines Zwangsvollstreckungsverfahrens, eignet sich der Fall ebenfalls nicht für die Hemmung. Der geltende § 209 Abs. 2 Nr. 5 sieht deshalb eine Unterbrechung der Verjährung durch Vornahme einer Vollstreckungshandlung oder einen Antrag auf Zwangsvollstreckung bei einem Gericht oder einer Behörde vor. Absatz 1 Nr. 2 übernimmt diese Bestimmung, wiederum mit der Besonderheit, dass die derzeit in § 217 enthaltene Wirkung der Unterbrechung gleich mit geregelt wird ("Die Verjährung beginnt erneut ...").

Des zweiten Halbsatzes des § 217 (". . .; eine neue Verjährung kann erst nach der Beendigung der Unterbrechung beginnen.") bedarf es hier ebenso wenig wie in § 204, da die Fälle der "gestreckten" Unterbrechung als Hemmungstatbestände ausgestaltet werden sollen. Hierzu gehört der Antrag auf Zwangsvollstreckung nicht. Er unterbricht schon nach geltendem Recht nur für den Augenblick der Anbringung des Antrags und nicht für die Dauer des sich etwa anschließenden Verfahrens (RGZ 128, 76, 80; BGH NJW 1979, 217; MünchKomm/v. Feldmann § 216 Rn. 1).

Zu den Absätzen 2 und 3

Zur Regelung der Frage, wann die nach Absatz 1 Nr. 2 eingetretene Unterbrechung der Verjährung wegen Mängeln der Zwangsvollstreckung oder Rücknahme des Antrags entfällt, sieht der Entwurf die unveränderte Übernahme der beiden Absätze des geltenden § 216 als § 201 Abs. 2 und 3 vor. Dabei soll die dem geltenden Recht eigene Unterscheidung erhalten bleiben, dass die Unterbrechung nur entfällt, wenn die Voraussetzungen für die Zwangsvollstreckung schlechthin fehlen und nicht schon dann, wenn die Vollstreckungsmaßnahme etwa wegen Unpfändbarkeit der Sache oder auf Grund einer Drittwiderspruchsklage aufgehoben wird (MünchKomm/ v. Feldmann § 216 Rn. 3; Palandt/Heinrichs § 216 Rn. 1).