Zu § 313 - Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit
§ 313 folgt im Wesentlichen § 11 des AGB-Gesetzes. Die Vorschrift wird allerdings in einer ganzen Reihe von Stellen technisch an die Veränderungen des Leistungsstörungsrechts angepasst. Außerdem sollen die in § 23 Abs. 2 des AGB-Gesetzes enthaltenen Abweichungen von einzelnen Nummern in die Nummern integriert werden. Im Einzelnen ist Folgendes zu bemerken:
Zu Nummern 1 bis 3
Nummern 1 bis 3 werden ohne Veränderungen wörtlich übernommen.
Zu Nummer 4
Hier liegt die Abweichung der Vermeidung des Begriffs Nachfrist. Sie ist technisch durch die Änderung des Leistungsstörungsrechts geboten, das künftig keine Nachfrist, sondern nur noch eine Frist für die Leistung kennt. Sachliche Änderungen ergeben sich dadurch aber nicht.
Zu Nummern 5 und 6
Nummern 5 und 6 werden wörtlich und ohne inhaltliche Änderungen übernommen.
Zu Nummer 7
In Nummer 7 wird zunächst eine durch die Änderung des
Leistungsstörungsrechts bedingte technische Änderung vorgenommen: Statt
Vertragsverletzung heißt es demnächst Pflichtverletzung, ohne dass sich hieraus
ein inhaltlicher Unterschied ergäbe. Der besonderen Erwähnung des Verschuldens
bei den Vertragsverhandlungen bedarf es nicht mehr, wie sich aus § 305 Abs. 2
ergibt.
Nummer 7 wird allerdings schon bisher nach § 23
Abs. 2 Nrn. 3 und 4 für bestimmte Bereiche eingeschränkt. Diese Einschränkungen
werden der besseren Übersichtlichkeit wegen in die Nummer eingefügt, wobei die
Entwicklung der Rechtsprechung berücksichtigt wird. Im Einzelnen ist Folgendes
zu bemerken:
- Nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 dürfen nach
Maßgabe des Personenbeförderungsgesetzes genehmigten Beförderungsbedingungen und
Tarifvorschriften der Straßenbahnen und O-Busse und Kraftfahrzeuge im
Linienverkehr von Nummer 7 abweichen, sofern sie dabei nicht die Vorschriften
der Verordnung über die allgemeinen Beförderungsbedingungen für den
Straßenbahn-, O-Bus- sowie den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen vom 27. Februar
1970 verletzen. Diese Ausnahme wird wörtlich in Nummer 7 integriert.
- Nach § 23 Abs. 2 Nr. 4 dürfen die Bedingungen für
staatliche genehmigte Lotterieverträge und Ausspielverträge von § 11 Nr. 7 des
AGB-Gesetzes abweichen und einen weitergehenden Haftungsausschluss vorsehen.
Zweck dieser Maßnahme war es seinerzeit, die Lotterie- und Ausspielunternehmen
aber auch die Mitspieler vor betrügerischen Manipulationen beim Vertragsschluss
zu schützen. Der Text der Vorschrift geht über diese Zielsetzung weit hinaus und
würde es grundsätzlich erlauben, für die Verträge insgesamt einen stärkeren
Haftungsausschluss vorzusehen. Die Rechtsprechung hat deshalb § 23 Abs. 2 Nr. 4
teleologisch reduziert und lässt entsprechende Haftungsbeschränkungen nur im
Rahmen der Zweckrichtung zu. Mit dieser Einschränkung wird § 23 Abs. 2 Nr. 4 des
AGB-Gesetzes in Nummer 7 integriert.
Im Ergebnis ergeben
sich also auch insoweit keine inhaltlichen Unterschiede zur bisherigen
Rechtslage.
Zu Nummern 8 und 9
Der bisherige § 11 Nr. 8 AGB-Gesetz sichert die Rechte
des Gläubigers aus §§ 325 und 326 BGB. In vorformulierten Verträgen bleibt das
Recht auf Rücktritt vom Vertrag vollen Umfangs erhalten; das Recht des
Gläubigers auf Schadensersatz kann in AGB nicht ausgeschlossen, aber bei
leichter Fahrlässigkeit begrenzt werden. Eine textliche Anpassung des § 11 Nr. 8
und 9 AGB-Gesetz und dementsprechend der Nummern 8 und 9 des § 313 an das
rechtliche Konzept des Entwurfs ist ohne inhaltliche Veränderung schon deshalb
nicht möglich, weil die beiden Bestimmungen lediglich Rechte aus den beiden
klassischen Leistungsstörungen Unmöglichkeit und Verzug zum (unmittelbaren)
Regelungsgegenstand haben, und weil eine allein diese Arten der
Leistungsstörungen umfassende Bestimmung nach dem Konzept des Entwurfs
ausscheidet. Die von den Nummern 8 und 9 AGB-Gesetz gesicherten Gläubigerrechte
schließen nunmehr also diejenigen aus der positiven Forderungsverletzung ein.
Der neue § 323 geht weit über die bisherigen §§ 325, 326
hinaus, indem jede Pflichtverletzung den Rücktritt grundsätzlich eröffnet, ohne
dass der vertragsbrüchige Teil die Pflichtverletzung zu vertreten hat. Die
Lösungsmöglichkeit bei Dauerschuldverhältnissen nach dem neuen § 308 ist
gleichfalls verschuldensunabhängig. Das in Nummer 8 Buchstabe a behandelte
Lösungsrecht muss deshalb, um den Regelungsgehalt der Bestimmung möglichst zu
bewahren, davon abhängig gemacht werden, dass der Verwender die
Pflichtverletzung zu vertreten hat. Aus demselben Grund ist dem Umstand Rechnung
zu tragen, dass §§ 325 und 326, auf die bisher inhaltlich abgehoben wird, die
vertraglichen Hauptleistungen betreffen. Der von § 11 Nr. 8 Buchstabe b
AGB-Gesetz geschützte Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung kehrt in
dem neuen § 325 Abs. 1 Satz 1 wieder. Dass diese Bestimmung den Schadensersatz
wegen Nichterfüllung (jetzt: "Nichtausführung") des Vertrags nur nach Rücktritt
gewährt, bedarf keiner Erwähnung. Der Änderungsvorschlag hat zur Folge, dass der
Anspruch auf Ersatz des Verzugsschadens nach den neuen §§ 280, 282 nicht in den
Schutzbereich der Nummer 8 Buchstabe b fällt (so aber bisher BGHZ 86, 284, 293 =
NJW 1983, 1322, 1324, a. A.: Ulmer/ Brandner/Hensen § 11 Nr. 8 AGB-Gesetz Rn.
12). Nummer 9 ergänzt Nummer 8 um die Regelung für den Fall des
Interessewegfalls bei Verzug mit einem Teil der vom Verwender geschuldeten
Leistung oder bei Teilunmöglichkeit. Beide Fallkonstellationen kehren -
natürlich auf der Grundlage des Begriffs "Pflichtverletzung" - in den neuen §§
282 Abs. 3, 308 Abs. 4 sowie 323 Abs. 1 Satz 4 wieder. Diese Änderungen sind in
den Nummern 8 und 9 des § 313 berücksichtigt. Darüberhinaus wird die Nummer 8 um
eine Ausnahme ergänzt. Diese Ausnahme entspricht dem bisherigen § 23 Abs. 2 Nr.
3, bei der im Rahmen der Verordnung vom 27. Februar 1970 in den
Beförderungsbedingungen für Straßenbahnen, O-Busse und Linienverkehr mit
Kraftfahrzeugen Abweichungen vorgesehen werden dürfen. Inhaltliche Änderungen
ergeben sich hierdurch nicht.
Zu Nummer 10
Die Neufassung von Nummer 10 ist bis auf Buchstabe f
dieser Nummer redaktioneller Art. Im Einzelnen:
Buchstabe e
Auswirkungen hat
die grundsätzliche Gleichstellung von Falsch- und Zuweniglieferung mit
Sachmängeln in dem neuen § 434 Abs. 3 auf den bisherigen § 11 Nr. 10 Buchstabe e
des AGB-Gesetzes. Wenn nach dieser Vorschrift in Kaufverträgen über neu
hergestellte Sachen Klauseln unwirksam sind, die für die Anzeige nicht
offensichtlicher Mängel eine kurze Ausschlussfrist bestimmen, so ergibt sich
daraus zugleich, dass solche Ausschlussfristen bei offensichtlichen Mängeln
grundsätzlich möglich sind. § 434 Abs. 3 bedeutet daher auch eine Erweiterung
des Anwendungsbereichs derartiger Klauseln.
Buchstabe f
Nach dem neuen §
212 sollen Verkürzungen der Verjährungsfristen regelmäßig zulässig sein.
Der geltende § 11 Nr. 10 Buchstabe f des AGB-Gesetzes
verbietet Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die bei
Verträgen über Lieferungen neu hergestellter Sachen und Leistungen die
"gesetzlichen Gewährleistungsfristen" verkürzt werden. Gemeint sind mit dieser
Formulierung die gesetzlichen Verjährungsfristen der §§ 477 und 638. Über ihren
Wortlaut hinaus finden die beiden Vorschriften nicht nur Anwendung auf Ansprüche
auf Wandelung, Minderung und Schadensersatz wegen des Mangels einer
zugesicherten Eigenschaft, sondern darüber hinaus auf alle Ansprüche des Käufers
oder Bestellers, die unmittelbar aus der Mangelhaftigkeit der Sache oder
Leistung hergeleitet werden (Staudinger/Schlosser § 11 Nr. 10 Buchstabe f
AGB-Gesetz Rn. 82 m. w. N.; Ulmer/Brandner/Hensen § 11 Nr. 10 Buchstabe f
AGB-Gesetz Rn. 78).
Der geltende § 11 Nr. 10 Buchstabe f
des AGB-Gesetzes verbietet nicht nur ausdrückliche Verjährungsverkürzungen,
sondern darüber hinaus alle Regelungen, die auch nur mittelbar auf eine
Verkürzung der in den §§ 477, 638 genannten Verjährungsfristen hinauslaufen.
Darunter fällt beispielsweise die Vorverlegung des Verjährungsbeginns oder die
Nichtberücksichtigung gesetzlicher Hemmungs- und Unterbrechungsgründe (BGH
NJW-RR 1987,144; NJW 1981, 867, 868). Eine Sonderregelung gilt lediglich für
Ausschlussfristen bei offensichtlichen Mängeln. § 11 Nr. 10 Buchstabe e des
AGB-Gesetzes verbietet nur bei nicht offensichtlichen Mängeln, dem anderen
Vertragsteil für die Anzeige eine Ausschlussfrist zu setzen, die kürzer ist als
die gesetzliche Verjährungsfrist. Daraus folgt, dass bei offensichtlichen
Mängeln die Ausschlussfrist auch kürzer sein kann und eine derartige mittelbare
Verkürzung der Verjährungsfrist nicht gegen § 11 Nr. 10 Buchstabe f des
AGB-Gesetzes verstößt (Ulmer/Brandner/Hensen § 11 Nr. 10 Buchstabe f AGB-Gesetz
Rn. 80). Das Verbot der Verjährungsverkürzung bezieht sich nach dem
ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes nur auf die Lieferung neu hergestellter
Sachen und Leistungen. Beim Verkauf gebrauchter Sachen ist deshalb eine
Verkürzung der Verjährungsfrist, darüber hinaus sogar ein völliger
Gewährleistungsausschluss grundsätzlich zulässig (Palandt/Heinrichs § 11 Nr. 10
Buchstabe f AGB-Gesetz Rn. 72).
Der Entwurf schlägt eine
Änderung der Verjährungsfristen für Gewährleistungsansprüche vor. An die Stelle
der kurzen Sechsmonatsfrist sowie der Einjahresfrist bei Grundstücksverkäufen
und Arbeiten an einem Grundstück soll eine Dreijahresfrist treten, die gemäß dem
neuen § 195 Satz 1 für sämtliche Ansprüche gilt. Die Fünfjahresfrist für
Werkmängel an Bauwerken soll beibehalten und auf Kaufverträge über neu
hergestellte Bauwerke sowie auf Gewährleistungsansprüche aus der Lieferung
fehlerhafter Baumaterialien ausgedehnt werden (§ 196 Abs. 1 und 2). Hat der
Unternehmer oder Verkäufer arglistig gehandelt, so soll die Verjährungsfrist
zehn Jahre (§ 195 Satz 2) betragen.
Der Entwurf trägt
der Verlängerung der beiden kürzeren Verjährungsfristen auf drei Jahre dadurch
Rechnung, dass er insoweit das uneingeschränkte Verbot einer formularmäßigen
Verjährungsverkürzung aufhebt und bei Ansprüchen wegen Verletzung einer
vertraglichen Pflicht nur noch eine Verkürzung auf weniger als ein Jahr
verbietet.
Durch die Regelung des § 11 Nr. 10 Buchstabe
f des AGB-Gesetzes sollte verhindert werden, dass der Vertragspartner durch AGB
in der Durchsetzung berechtigter Gewährleistungsansprüche unangemessen
beeinträchtigt wird. Eine formularmäßige Verkürzung der ohnehin recht knapp
bemessenen Sechsmonats- und Einjahresfristen war deshalb ausgeschlossen, weil
diese Fristen auf die Zeiträume abgestimmt waren, in denen Mängel
erfahrungsgemäß hervortreten und geltend gemacht werden können
(Staudinger/Schlosser § 11 Nr. 10 Buchstabe f AGB-Gesetz Rn. 80). Die
Verlängerung der Verjährungsfrist auf drei Jahre hat diese Interessenlage
geändert. Das Interesse des Klauselverwenders, möglichst bald Klarheit über den
Umfang möglicher Gewährleistungsansprüche zu erhalten, kann je nach Lage des
Falles eine formularmäßige Verkürzung der Verjährungsfristen auf weniger als
drei Jahre rechtfertigen. Besonders bei den Massengeschäften des täglichen
Lebens wird dies häufig der Fall sein. Allerdings ist auch hier zu prüfen, ob
der Umfang der Verkürzung nicht den Vertragspartner unangemessen benachteiligt
und deshalb gegen den bisherigen § 9 Abs. 1 des AGB-Gesetzes (jetzt § 311 Abs.
1) verstößt.
Zum Schutz des Vertragspartners war es
erforderlich, eine Untergrenze festzulegen, über die hinaus die dreijährige
Verjährungsfrist in keinem Fall durch AGB verkürzt werden kann. Dafür erschien
eine Frist von einem Jahr angemessen. Sie berücksichtigt, dass im Einzelfall
bereits früher die Sechsmonatsfrist nicht ausreichte, um
Gewährleistungsansprüche rechtzeitig geltend machen zu können.
Das eingeschränkte Verbot der Verjährungsverkürzung bezieht
sich nicht nur auf die eigentlichen Gewährleistungsansprüche, sondern auf alle
Ansprüche aus vertraglichen Leistungsstörungen, die aus der Mangelhaftigkeit
einer Sache oder Leistung hergeleitet werden. Sonstige Ansprüche wegen
Verletzung einer vertraglichen Pflicht, die hiermit nicht in Zusammenhang
stehen, werden von der neuen Nummer 10 Buchstabe f nicht erfasst. Das ergibt
sich aus der Überschrift "Sachmängelhaftung" in Nummer 10.
Unverändert bleibt das - freilich durch den bisherigen § 23
Abs. 2 Nr. 5 des AGB-Gesetzes eingeschränkte - Verbot der formularmäßigen
Verkürzung der Verjährungsfrist bei Bauwerksmängeln. Gerade bei neu errichteten
Bauwerken treten Mängel erfahrungsgemäß oft sehr spät auf. Dies war mit ein
Grund dafür, für derartige Ansprüche die fünfjährige Verjährungsfrist
beizubehalten und die Verjährungsregelung auch auf Gewährleistungsansprüche aus
dem Verkauf neu errichteter Bauwerke und aus der Lieferung mangelhafter
Baumaterialien zu erstrecken. Jede formularmäßige Verkürzung dieser
Verjährungsfristen würde den Vertragspartner unangemessen benachteiligen, weil
die Gefahr bestünde, dass berechtigte Mängelansprüche bereits verjährt wären,
bevor ein Mangel erstmals erkennbar wird.
Zu einer
ausdrücklichen Ausdehnung der Vorschrift auf andere Vertragsformen sieht der
Entwurf keinen Anlass. Die neue Nummer 10 Buchstabe f bezieht sich wie bisher §
11 Nr. 10 Buchstabe f des AGB-Gesetzes nur auf Verträge über die Lieferung neu
hergestellter Sachen und Leistungen. Damit ist auch klargestellt, dass (wie
bisher) weitergehende Verjährungsregelungen bei der Veräußerung gebrauchter
Sachen in AGB getroffen werden können.
Zu Nummer 11
Aufgabe des bisherigen Inhalts
§
11 Nr. 11 des AGB-Gesetzes findet in § 313 keine Entsprechung mehr. Die in der
bisherigen Vorschrift angesprochenen zugesicherten Eigenschaften sollen als
Rechtsinstitut im Zuge der Neufassung des allgemeinen Leistungsstörungsrechts
ersatzlos entfallen. Damit wird das bisherige Klauselverbot des § 11 Nr. 11 des
AGB-Gesetzes gegenstandslos.
Zum neuen Inhalt
Nummer 11
entspricht wörtlich § 11 Nr. 12 des AGB-Gesetzes. Allerdings wird dieser Nummer
eine Ausnahme angefügt. Sie ist nicht neu. Die Ausnahme entspricht vielmehr § 23
Abs. 2 Nr. 6 des AGB-Gesetzes, der wörtlich übernommen wird.
Zu Nummern 12 bis 15
Nummern 12 bis 15 entsprechen wörtlich § 11 Nr. 13 bis 16 des AGB-Gesetzes. Inhaltliche Änderungen ergeben sich nicht.