Zu § 325 - Rücktritt und Schadensersatz

Vorbemerkung

Zur Aufgabe des bisherigen Regelungsinhalts Nachdem die Unmöglichkeit als Unterfall der Leistungsstörung nunmehr in dem neuen Begriff der "Pflichtverletzung" enthalten und die Rechtsfolgen anderweitig geregelt ist (§§ 280, 282, 323, 325 neu), kann der bisherige § 325 aufgegeben und mit dem neuen § 325 belegt werden.

Zur neuen Vorschrift Nach geltendem Recht muss der Gläubiger nach §§ 325, 326, aber auch beim Fehlen zugesicherter Eigenschaften oder bei Werkmängeln zwischen Aufhebung des Vertrags (Rücktritt, Wandelung) und Schadensersatz wählen. Im Reisevertragsrecht kann dagegen wegen eines zu vertretenden Reisemangels neben der Aufhebung durch Kündigung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangt werden, § 651f Abs. 1. Die Alternativität von Schadensersatz und Rücktritt wird überwiegend als unbefriedigend bewertet, wenngleich eine Kombination der Rücktrittsfolgen mit Schadensersatz wegen Nichterfüllung in den Fällen der derzeitigen §§ 325, 326 im Ergebnis immer dann eintritt, wenn der Gläubiger sich für den Schadensersatzanspruch entscheidet und seinen Schaden nach der Differenzmethode berechnet. Er kann das jedenfalls dann tun, wenn er seine eigene Leistung noch nicht erbracht hat (s. MünchKomm/Emmerich § 325 Rn. 40 ff., 45). Eine Kombination von Vertragsaufhebung und Schadensersatz wird im praktischen Ergebnis aber auch dann erreicht, wenn der Gläubiger vorgeleistet hat und seine Leistungen in einer Geldzahlung bestanden sowie nach h. A. auch dann, wenn der Gläubiger eine Sachleistung erbracht hat, die noch nicht in das Eigentum des Schuldners übergegangen ist und deshalb ohne Rücktritt zurückverlangt werden kann (vgl. zu diesen Kombinationsfällen Huber, Gutachten S. 714 m. w. N.). Auch die neben der Wandelung zu ersetzenden "Vertragskosten" bedeuten eine teilweise Kumulierung von Rücktritt und Schadensersatz. Verlangt der Käufer nach den bisherigen §§ 463, 480 Abs. 2 den großen Schadensersatz und gibt dazu die Sache zurück, dann werden ebenfalls effektiv Wandelung und Schadensersatz kombiniert. Schwierigkeiten bereiten deshalb vor allem die Fälle, in denen der Gläubiger voreilig Rücktritt erklärt hat. Die Rechtsprechung hilft, indem sie großzügig solche Erklärungen als Schadensersatzverlangen deutet (vgl. BGH, NJW 1988, 2878). Die einheitlichen Kaufrechte lassen Kumulierung von Vertragsaufhebung und Schadensersatz uneingeschränkt zu (vgl., z. B. Artikel 75, 76 UN-Kaufrecht). Auch die meisten ausländischen Rechte sehen insoweit keine Schwierigkeiten (vgl. Treitel, International Encyclopedia of Comparative Law, Vol. VII, Chap. 16 No. 183ff., 184); im amerikanischen Recht, wo die angenommene logische Unvereinbarkeit von Vertragsauflösung und Schadensersatz einen gewissen Einfluss hatte, darf sie heute als aufgegeben gelten (vgl. Treitel a. a. 0. sowie Artikel 2 §§ 703, 711 1, 721 des amerikanischen Uniform Commercial Code).

Zu Absatz 1

Zu Satz 1

Der Entwurf lässt abweichend vom geltenden Recht in Absatz 1 Satz 1 die Kumulierung von Rücktritt und Schadensersatz ausdrücklich zu. Auf § 325 wird in § 280 Abs. 2 Satz 3 verwiesen. § 280 Abs. 2 Satz 3 soll sicherstellen, dass ein Anspruch auf Ersatz des Schadens aus der Nichtausführung des Vertrags, bei dem zugleich die Pflicht zur Gegenleistung entfällt, nur in Kombination mit einem Rücktritt verlangt werden kann. Unberührt bleiben die Möglichkeiten des Schadensersatzes ohne Aufhebung des Vertrags. Für Schadensersatz statt der Leistung gilt § 282.

Zu Satz 2

Der Ersatz vergeblicher Aufwendungen für einen nicht ausgeführten Vertrag kann im geltenden Recht Schwierigkeiten bereiten, da diese Aufwendungen an sich nicht durch die Pflichtverletzung des Schuldners verursacht worden sind, die einen Schadenersatzanspruch des Gläubigers nach § 325 oder § 326 auslöst. Denn diese Kosten wären unabhängig von der Vertragsverletzung und auch bei ordnungsgemäßer Erfüllung entstanden. Die Rechtsprechung behilft sich mit der Unterstellung, dass solche Aufwendungen als Kostenfaktor in die Kalkulation des Gläubigers eingegangen seien und jedenfalls bei einem Geschäft, bei dem die Kosten durch den Erlös gedeckt werden, mitvergütet worden wären. Wird das Geschäft nicht durchgeführt, dann sind sie deshalb, jedenfalls bei einem rentablen Geschäft, eine Art Mindestschaden. Für eine solche Deckung der Kosten durch die Gegenleistung und die daraus möglichen Erträge spreche eine - widerlegbare - Vermutung (sog. Rentabilitätsvermutung; vgl. Staudinger/Medicus § 249 Rn. 129 f.; BGH, ZIP 1991, 798 ff.). Folgerichtig wird Ersatz frustrierter Aufwendungen versagt, wenn der Gläubiger aus dem Geschäft keine materielle, kostendeckende Gegenleistung, sondern immaterielle Gewinne erhofft hatte (vgl. BGHZ 99, 182, 196 ff. und dazu Stoll, JZ 1987, 517 ff.) Nach geltendem Recht kann sich die Frage, ob vergebliche Aufwendungen als Schadensersatz wegen Nichterfüllung geltend gemacht werden können, nur stellen, wenn der Gläubiger Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach §§ 325, 326 verlangt. Auf Grund der nun durch den neuen § 325 eröffneten Möglichkeit einer Kumulierung von Rücktritt und Schadensersatz können die Fälle, in denen frustrierte Aufwendungen als Schaden ersetzt verlangt werden, häufiger auftreten. Der Entwurf geht davon aus, dass - über die Ergebnisse der Rechtsprechung hinausgehend - dem betroffenen Gläubiger stets die Möglichkeit zustehen soll, Ersatz seiner Aufwendungen unabhängig davon zu erlangen, ob sie auf Grund einer - vermuteten - "Rentabilität" des Vertrags jedenfalls als der kostendeckende Teil des entgangenen materiellen Ertrags aus dem Geschäft qualifiziert werden können oder nicht. Unsicherheiten und Zufälligkeiten in der Rentabilitätsberechnung und der Bewertung von Vorteilen aus dem Geschäft als materiell oder immateriell werden so vermieden. Auch erscheint es gerecht, dass diese Kosten von dem Teil zu tragen sind, der das Scheitern des Vertrags zu vertreten hat.

Der von Satz 2 gewährte Anspruch auf das negative Interesse ist nicht durch das positive Interesse begrenzt. Es geht nicht um eine Erklärungshaftung wie in §§ 122 Abs. 1 oder 179 Abs. 2, für die eine Beschränkung des Umfangs des Vertrauensschadens gerechtfertigt ist. Der Rücktrittsberechtigte soll im Falle eines vom Rücktrittsgegner zu verantwortenden Rücktrittsgrundes ohne Nachteile aus dem Vertrag herauskommen können.

Zu Absatz 2

Absatz 2 macht die Ansprüche des Absatzes 1 davon abhängig, dass der Schuldner den Rücktrittsgrund zu vertreten hat. Durch die Formulierung wird klargestellt, dass sich der Schuldner insoweit entlasten muss, die Darlegungs- und Beweislast bei ihm liegt.
Zu dem nach Absatz 1 Satz 2 zu ersetzenden Schaden gehören auch die Vertragskosten. Die besondere Erwähnung war daher entbehrlich. Da sich Absatz 2 auch auf Absatz 1 Satz 2 dieser Vorschrift bezieht, können die Vertragskosten jedoch nur verlangt werden, wenn der Rücktrittsgegner die rücktrittsauslösende Pflichtverletzung zu vertreten hat. Das weicht für den Fall der Wandelung vom geltenden Recht ab. In § 438 Abs. 3 und § 636 Abs. 3 ist deshalb ausdrücklich ein vom Vertretenmüssen unabhängiger Anspruch des Käufers auf die Vertragskosten vorgesehen. Als ersatzfähiger Schaden, der im Falle des Rücktritts geltend gemacht werden kann, soll auch die unverschuldete Beschädigung der zurückzugewährenden Sache gelten, sofern der Rücktrittsgrund selbst zu vertreten ist.