Zu § 434 - Sachmangel
Vorbemerkung
Wenn der Verkäufer gemäß § 433 Abs. 1 Satz 2 verpflichtet ist, dem Käufer die Sache frei von Sachmängeln zu verschaffen, so muss im Gesetz geklärt werden, wann ein Sachmangel vorliegt. Bei jeder gesetzlichen Verpflichtung ist es zweckmäßig, dass sich der Inhalt der Pflicht möglichst klar aus dem Gesetz ablesen lässt. Für den Sachmangel gilt das in besonderer Weise. Zwar will der Entwurf die Rechtsfolgen für Sachmängel in das allgemeine Leistungsstörungsrecht einfügen, es sind jedoch einige Sonderregelungen vonnöten. Die Abgrenzung der Lieferung einer mangelhaften Sache von anderen Verletzungen vertraglicher Pflichten ist deshalb von Bedeutung. Nach geltendem Recht ist die Beschreibung des Sachmangels in § 459 durch eine Zweiteilung gekennzeichnet. Absatz 1 Satz 1 knüpft zunächst die Gewährleistung an Fehler, "die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder mindern". Darüber, ob der Begriff "Fehler" einen objektiven oder subjektiven Maßstab erfordert, enthält die Vorschrift keine ausdrückliche Aussage. Die Bedeutung von Parteivereinbarungen für den Sachmangel schlägt sich im Wortlaut nur in dem Merkmal "nach dem Vertrag vorausgesetzter Gebrauch" nieder. Als zweiten Anknüpfungspunkt für die Sachmängelgewährleistung nennt Absatz 2 die zugesicherten Eigenschaften. Bei diesem Merkmal ist zweifelsfrei, dass ein objektiver Maßstab nicht in Betracht kommt und allein die Parteivereinbarungen maßgeblich sind.
Die Unterscheidung zwischen Fehlern und dem Fehlen
zugesicherter Eigenschaften ist vor allem für die Rechtsfolgen von Bedeutung.
Während ein Fehler nur das Recht auf Wandelung und Minderung gibt (§ 462 alt),
führt das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft auch zum Schadensersatz (§ 463
Satz 1 alt). Außerdem ist ein in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltener
Gewährleistungsausschluss für zugesicherte Eigenschaften unwirksam (§ 11 Nr. 11
AGBG).
Eine weitere Unterscheidung zwischen Fehlern und
dem Fehlen zugesicherter Eigenschaften ergibt sich aus § 459 Abs. 1 Satz 2 alt.
Für den Fehler gilt eine Bagatellgrenze. Ist der Wert oder die Tauglichkeit nur
unerheblich gemindert, so führt das nicht zum Anspruch auf Wandelung oder
Minderung.
Artikel 2 Abs. 1 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie erfordert eine Neufassung des Sachmangelbegriffs. Die Bestimmung enthält mit der Bezugnahme auf die Vertragsmäßigkeit der Kaufsache den subjektiven Fehlerbegriff. Die Vorschrift unterscheidet auch nicht zwischen Fehlern und dem Fehlen zugesicherter Eigenschaften. Es kommt allein darauf an, ob die gelieferte Kaufsache "dem Kaufvertrag gemäß" ist. Zwar gilt auch diese Vorschrift der Richtlinie nur für den Verbrauchsgüterkauf. Dies sollte bei der Umsetzung jedoch nicht zu einem gespaltenen Fehlerbegriff je nach der Einordnung eines Geschäfts als Verbrauchsgüterkauf oder als sonstiger Kauf führen. Die Frage, wann eine Kaufsache einen Sachmangel aufweist, sollte eine Rechtsordnung vielmehr allgemein beantworten. Im übrigen können sich andernfalls Probleme bei dem Regress ergeben, den Artikel 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie vorsieht, wenn in einer Absatzkette im Verhältnis zwischen Händler und Verbraucher eine Sache als mangelhaft, im Verhältnis Hersteller und Händler dagegen hinsichtlich desselben Umstandes wegen eines anderen Fehlerbegriffs als mangelfrei anzusehen ist. Es kommt hinzu, dass das geltende Recht in mehrfacher Hinsicht Mängel aufweist:
Der Wortlaut des derzeitigen § 459 Abs. 1 Satz 1 scheint dafür zu sprechen, dass unter "Fehler" ein Merkmal der Kaufsache verstanden werden soll, das an objektiven, von den Vereinbarungen der Partei unabhängigen Kriterien gemessen werden kann. Eine solche Auslegung würde objektiv feststellbare, gegeneinander abgegrenzte Gattungen von Sachen voraussetzen. Da eine solche Abgrenzung in der Realität nicht möglich ist, wendet die Rechtsprechung in Übereinstimmung mit der ganz h. L. einen subjektiven Fehlerbegriff an (Nachweise bei Staudinger/Honsell § 459 Rn. l0 ff. und Soergel/Huber Rn. 39 ff. vor § 459): Danach kommt es in erster Linie auf die Vereinbarungen der Parteien über die Beschaffenheit der Kaufsache an. Nur wenn solche Vereinbarungen, auch konkludente, nicht feststellbar sind, ist die gewöhnliche Beschaffenheit maßgebend.
Der subjektive Fehlerbegriff mit seinen von der Praxis angewendeten Ausformungen im einzelnen bereitet zwar für sich genommen keine Probleme. Um so größere Schwierigkeiten ergeben sich aber bei der Abgrenzung zwischen der (einfachen) Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne von § 459 Abs. 1 Satz 1 alt und der Zusicherung von Eigenschaften gemäß Absatz 2 dieser Vorschrift. Die Unterschiede in den Rechtsfolgen sind gravierend, während die Sachverhalte, die zu derart unterschiedlichen Rechtsfolgen führen, nicht in nachvollziehbarer Weise unterscheidbar sind. Die Anwendung des § 459 Abs. 2 wird dadurch weithin zum Wertungsvorgang im Hinblick auf die Rechtsfolge. Darunter leidet die Vorhersehbarkeit gerichtlicher Entscheidungsergebnisse in nur schwer erträglichem Maße.
Ein weiteres Problem stellen die Falschlieferung (aliud) und die Zuweniglieferung dar. Beide Formen der nicht vertragsmäßigen Lieferung fasst die höchstrichterliche Rechtsprechung gegenwärtig nicht unter den Begriff des Fehlers. Das hat zur Konsequenz, dass sie nicht der Sachmängelgewährleistung unterfallen (BGH, NJW 1968, 640), sondern nach den Bestimmungen der §§ 323 ff. zu lösen sind, so dass insbesondere die kurze Verjährung des § 477 alt nicht eingreift. In der Literatur ist die Behandlung der aliud-Lieferung streitig (ausführliche Darstellung bei Soergel/Huber Rn. 86 ff. vor § 459). Auch die Zuweniglieferung wird in der Regel nicht als Sachmangel eingeordnet, sondern als teilweise Nichterfüllung.
Anders ist gegenwärtig die Situation beim beiderseitigen Handelskauf. Falsch- und Zuweniglieferung lösen nicht nur gemäß § 378 HGB die Untersuchungs- und Rügeobliegenheit des § 377 HGB aus, sondern unterliegen nach der Rechtsprechung - jedenfalls beim Gattungskauf - auch dem Gewährleistungsrecht (RGZ 86, 90). Insbesondere die Unterscheidung zwischen mangelhafter Lieferung und aliud-Lieferung, die wegen der Konsequenzen für die Verjährungsfrist von erheblicher Bedeutung ist, bereitet in der Praxis die größten Schwierigkeiten. Es fehlt an einem überzeugenden Maßstab, und die Entscheidung wird häufig im Hinblick auf die Angemessenheit der Rechtsfolgen für den konkreten Fall getroffen, wobei es oft geradezu beliebig erscheint, ob eine Abweichung von der Sollbeschaffenheit als Qualitätsabweichung oder als Gattungsunterschied definiert wird. Beim Handelskauf ist durch § 378 HGB das Problem auf die Abgrenzung zwischen genehmigungsfähigern und nicht genehmigungsfähigem aliud verlagert, ist hier aber ebenso schwer zu lösen. Wegen der Parallelregelung von aliud und Zuweniglieferung in § 378 HGB erstreckt sich die Schwierigkeit der Abgrenzung dort auch auf die Zuweniglieferung. Falsch- und Zuweniglieferung treten nicht nur beim Handelskauf in Erscheinung, sondern ebenso bei Kaufverträgen, die ausschließlich nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu beurteilen sind (Versandgeschäfte; BGH, NJW 1989, 218 - glykolhaltiger Wein).
Wenn die Rechtsprechung die Falsch- und die Zuweniglieferung nicht in die Sachmängelhaftung einbezieht, so ist das nicht nur auf das Verständnis des Begriffs "Fehler" zurückzuführen. Ein nicht minder wichtiger Grund ist darin zu sehen, dass mit dieser Auslegung die als zu kurz empfundene Verjährungsfrist des derzeitigen § 477 vermieden wird.
Ein weiteres Problem bereitet die Frage, ob Fehler nur solche Eigenschaften sein können, die der Kaufsache unmittelbar anhaften oder ob auch außerhalb der Sache liegende Umstände in Betracht kommen. Der Bundesgerichtshof hat auch Beziehungen der Sache zur Umwelt in den Fehlerbegriff einbezogen, die in der Beschaffenheit der Sache selbst ihren Grund haben, von ihr ausgehen, ihr für eine gewisse Dauer anhaften und nicht lediglich durch außerhalb der Sache liegende Umstände in Erscheinung treten; Voraussetzung soll jeweils sein, dass die Umstände nach der Verkehrsanschauung für die Brauchbarkeit und den Wert der Sache von Bedeutung sind (z.B. BGH, NJW 1985, 2472 f.). Die Frage spielt u. a. für Umsatz- und Ertragsangaben beim Unternehmenskauf eine Rolle (BGH, NJW 1977, 1538). Die Abgrenzung im einzelnen ist schwierig und unsicher. Nicht selten dürfte die Kürze der Verjährungsfristen Einfluss auf die Entscheidung im Einzelfall haben. Problematisch erscheint es auch, wenn der BGH außerhalb der Sache liegende Umstände, die er nicht zum Fehlerbegriff rechnet, als zusicherungsfähige Eigenschaften ansieht. Wenn auch der Sachmangel in anderen Rechtsordnungen im einzelnen recht verschieden behandelt wird, so stimmen doch alle darin überein, dass es letztlich auf die Beschaffenheitsvereinbarung im Vertrag ankommt und dass objektive Kriterien nur insoweit heranzuziehen sind, als Vereinbarungen fehlen. Dieser gemeinsamen Basis der Rechtsordnungen folgend hat Artikel 1 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie die Vertragsmäßigkeit des Verbrauchsguts und damit den subjektiven Fehlerbegriff als maßgeblichen Gesichtspunkt für die Mängelhaftung des Verkäufers gewählt. Dass neben die Haftung für Fehler eine Haftung für das Fehlen zugesicherter Eigenschaften tritt, hat das Bürgerliche Gesetzbuch ebenfalls mit vielen anderen Rechtsordnungen gemein (Einzelheiten bei Basedow, Die Reform des deutschen Kaufrechts, S. 44 ff.). Bei der Falschlieferung und Zuweniglieferung gibt es auch in anderen Rechtsordnungen vergleichbare Probleme (vgl. Basedow a. a. 0. S. 26 ff.). Die einheitlichen Kaufrechte (Artikel 33 EKG, Artikel 35 UN-Kaufrecht) verwenden den subjektiven Fehlerbegriff und beziehen dabei die Falschlieferung und die Zuweniglieferung mit ein. Eine gesonderte Regelung für zugesicherte Eigenschaften enthalten sie nicht. Der in Artikel 33 Abs. 2 EKG vorgesehene Ausschluss der Haftung für unerhebliche Mängel ist in das UN-Kaufrecht nicht übernommen worden. Das Gesetz über Wirtschaftsverträge (GW) der DDR stellte in den §§ 45 und 281 Abs. 1, die alle in dem Gesetz geregelten Vertragstypen, nicht nur den Kauf, betrafen, auf den Bestimmungszweck bzw. die festgelegten Merkmale ab und legte damit ebenfalls den subjektiven Fehlerbegriff zugrunde. Für die Erreichung des Vertragszwecks unerhebliche Abweichungen gaben dem Käufer keine Rechte wegen nicht qualitätsgerechter Leistung (§ 281 Abs. 1 Halbsatz 2). Eine Zuweniglieferung gab nach § 280 dem Gläubiger das Recht auf Minderung, Schadensersatz und - nach erfolgloser Fristsetzung - auf Rücktritt.
Das ZGB der DDR, das in den §§ 148 ff. die Sachmängelhaftung mit der Haltbarkeitsgarantie zusammengefasst hatte, stellte zwar in erster Linie auf die staatlichen Güte-, Sicherheits- und Schutzvorschriften ab, nannte aber daneben auch die vom Hersteller zugesicherten oder für den vorgesehenen Verwendungszweck erforderliche Gebrauchsfähigkeit und Beschaffenheit sowie vom Verkäufer oder Hersteller zugesicherte Eigenschaften und für einen vereinbarten besonderen Verwendungszweck vorausgesetzte Eigenschaften (§ 148 Abs. 1 und 2). Eine Regelung über die Zuweniglieferung fehlte.
Zu Absatz 1 Satz 1
Der Entwurf legt den subjektiven Fehlerbegriff zugrunde, indem in erster Linie darauf abgestellt wird, dass die Sache die vereinbarte Beschaffenheit hat. Es kommt also zunächst auf den Inhalt der getroffenen Vereinbarung an. Das entspricht Artikel 2 Abs. 1 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, dem zufolge die Kaufsache vertragsgemäß sein muss. Auch Erwägungsgrund (8) der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie verdeutlicht, dass primär die vertragliche Vereinbarung maßgeblich sein soll. Artikel 2 Abs. 2 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie enthält darüber hinaus widerlegliche Vermutungen der Vertragsmäßigkeit in bestimmten, dort näher beschriebenen Fällen.
Artikel 2 Abs. 2 Buchst. a) der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie enthält eine Vermutung der Vertragsmäßigkeit für den Fall, dass das Verbrauchsgut mit der vom Verkäufer gegebenen Beschreibung übereinstimmt und die Eigenschaften des Gutes besitzt, das der Verkäufer dem Verbraucher (Käufer) als Probe oder Muster vorgelegt hat. Dies wird durch § 434 Absatz 1 Satz 1 umgesetzt. Beschreibt der Verkäufer bei Vertragsschluss die verkaufte Sache in einer bestimmten Weise, so werden die Erklärungen des Verkäufers ohne weiteres zum Inhalt des Vertrages und damit einer Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des Satzes 1. Entspricht die später gelieferte Sache dem nicht, so ist sie nicht vertragsgemäß.
Dasselbe gilt im zweiten Fall des Artikel 2 Abs. 2 Buchst. a): Wenn ein Muster oder eine Probe vor oder bei dem Vertragsschluss nicht nur zu Werbezwecken vorgelegen hat, sondern zur Darstellung und Festlegung der Eigenschaften der Kaufsache, kann es nicht zweifelhaft sein, dass die Beschaffenheit des Musters oder der Probe als Beschaffenheit der verkauften Sache vereinbart worden ist und dass dementsprechend eine Abweichung von dem Muster oder der Probe in der Beschaffenheit einen Sachmangel darstellt. Der Entwurf enthält zwar nicht die Vermutungskonstruktion des Artikels 2 Abs. 2 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie. Die dort genannten Kriterien können jedoch auch dazu verwendet werden, die Anforderungen an die Vertragsmäßigkeit der Kaufsache zu bestimmen, wie sich aus Erwägungsgrund (8) ergibt. Eine wörtliche Übernahme dieser Vermutung in das deutsche Recht ist nicht erforderlich. Die Richtlinie sieht diese Vermutung als eine - wenn auch eher unbedeutende - technische Erleichterung für den Verkäufer vor. Sie würde sich aber konstruktiv nur schwer in das deutsche Kaufrecht einfügen lassen, das solche Vermutungen nicht kennt. Der Verzicht hierauf ist eher käufergünstig und schon deshalb zulässig.
Im übrigen kann für die Umschreibung des Sachmangels auf eine Unterscheidung zwischen Fehlern und dem Fehlen zugesicherter Eigenschaften verzichtet werden, wenn maßgeblich auf die Vereinbarung der Parteien abgestellt wird und nicht auf außerhalb des Willens der Vertragsparteien liegende "objektive" Merkmale. Der Begriff "Beschaffenheit" soll nicht definiert werden. Insbesondere soll nicht entschieden werden, ob er nur Eigenschaften umfasst, die der Kaufsache unmittelbar physisch anhaften oder ob auch Umstände heranzuziehen sind, die außerhalb der Sache selbst liegen. Die Einbeziehung der Sachmängelhaftung in das allgemeine Leistungsstörungsrecht mit der weitgehenden Übereinstimmung in den Rechtsfolgen und die Neuregelung des Verjährungsrechts nehmen der bisherigen Rechtsprechung einen Großteil ihrer Bedeutung.
Die Vorschrift nennt als Zeitpunkt, in dem die Mangelfreiheit gegeben sein muss, den Gefahrübergang. Das entspricht geltendem Gewährleistungsrecht, vgl. § 459 Abs. 1 Satz 1. Die Schuldrechtskommission hatte dagegen auf eine Festlegung des maßgeblichen Zeitpunktes verzichten wollen und zur Begründung ausgeführt, die Festlegung des Zeitpunktes in § 459 Abs. 1 Satz 1 alt sei im Hinblick darauf notwendig, dass die Mangelfreiheit nicht als Bestandteil der Leistungspflicht ausgestaltet sei, weil sich andernfalls der maßgebliche Zeitpunkt nicht feststellen lasse. Wenn dagegen eine Pflicht zur mangelfreien Leistung geschaffen werde, sei in Zukunft eine solche Festlegung für Sachmängel der Kaufsache ebenso wenig notwendig wie gegenwärtig für den Rechtsmangel in § 434 und den Sachmangel beim Werkvertrag in § 633 Abs. 1. Der Verzicht auf eine Festlegung, so die Schuldrechtskommission weiter, werde nicht zu anderen Ergebnissen führen, als sie aus der geltenden Regelung folgen: Vor dem Gefahrübergang habe der Verkäufer seine Leistungspflicht noch nicht erfüllt; gehe die Gefahr vor der Übergabe auf den Käufer über und sei die Sache beim Gefahrübergang frei von Sachmängeln, entstehe aber später ein Sachmangel, ohne dass der Verkäufer dies zu vertreten habe, so habe sich damit eine Gefahr verwirklicht, die der Käufer auf Grund der Bestimmung über den vorzeitigen Gefahrübergang zu tragen habe. Der schon in dem derzeitigen § 434 verwendete Begriff "verschaffen", der nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt oder auf eine bestimmte Handlung des Verkäufers Bezug nehme, eigne sich ebenso im Hinblick auf die Freiheit von Sachmängeln.
Trotz dieser überzeugenden Ausführungen soll allein aus Klarstellungsgründen auf die ausdrückliche Nennung des maßgeblichen Zeitpunktes jedenfalls bei Sachmängeln nicht verzichtet werden. Andernfalls könnte dies als eine nicht gewollte sachliche Änderung missverstanden werden. Mit Artikel 3 Abs. 1 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, der die "Lieferung des Verbrauchsgutes" als maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Vertragswidrigkeit und damit der Mängelhaftung des Verkäufers vorsieht, ist dies vereinbar. Der Gefahrübergang tritt in aller Regel gemäß § 444 Satz 1 mit der Übergabe der Sache ein. Das ist der Zeitpunkt, in dem auch die "Lieferung" der Sache anzunehmen ist. Allerdings lässt § 444 Satz 3 die Gefahr auch mit dem Annahmeverzug des Käufers übergehen, ohne dass die Sache übergeben wurde. Aber zum einen bedeutet die Verwendung des Begriffes "Lieferung" in der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie nicht, dass nicht mehr an den Gefahrübergang angeknüpft werden könnte, wie aus dem Erwägungsgrund (14) folgt. Vielmehr müssen die Mitgliedstaaten ihre Vorschriften über den Gefahrübergang nicht deshalb ändern, weil die Richtlinie auf die "Lieferung" abstellt. Schon deshalb kann es bei dem bisherigen Rechtszustand bleiben. Zum anderen regelt die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie die Rechtsfolgen des Annahmeverzuges nicht, sondern überlässt dies den Mitgliedstaaten, die deshalb insoweit nicht gebunden sind. Damit sind innerstaatliche Regelungen weiter möglich, die in Sonderfällen einen Gefahrübergang auch ohne Übergabe bzw. Lieferung der Sache eintreten lassen, wie zum Beispiel § 444 S. 3 (Gefahrübergang auch mit Annahmeverzug).
Die von Huber (Gutachten S. 866) als § 459 Abs. 2 vorgeschlagene Vorschrift, nach der der Verkäufer für Mängel, die nach dem Gefahrübergang eintreten, nur haftet, wenn sie auf einem Umstand beruhen, den er zu vertreten hat, erscheint nicht erforderlich. Eine solche Haftung, die nur auf der Verletzung einer vertraglichen Pflicht des Verkäufers beruhen kann, ergibt sich auch ohne besondere Regelung aus den Vorschriften des allgemeinen Leistungsstörungsrechts.
Zu Absatz 1 Satz 2
Nach Absatz 1 soll es in erster Linie auf die
getroffenen Vereinbarungen über die Beschaffenheit ankommen. In der
Vertragspraxis wird jedoch keineswegs in jedem Kaufvertrag die Beschaffenheit
vereinbart. Je alltäglicher ein Geschäft ist, um so häufiger fehlt es an einer
Vereinbarung oder gar einer vollständigen Vereinbarung über die Beschaffenheit
der Sache im einzelnen. Häufig richten sich die Vorstellungen der Parteien
nicht auf einzelne Merkmale der Beschaffenheit, sondern darauf, dass die Sache
für einen bestimmten Verwendungszweck tauglich sein soll. Dies wird in Satz 2
Nr. 1 mit der "nach dem Vertrag vorausgesetzten Verwendung" umschrieben. Diese
Formulierung lehnt sich ohne inhaltliche Veränderung an die Fassung des
derzeitigen § 459 Abs. 1 Satz 1 an. Ob es sich dabei um eine vertragliche
Vereinbarung handelt (Soergel/Huber § 459 Rn. 41 f.; Staudinger/Honsell § 459
Rn. 26) oder ob es um Vorstellungen der Parteien im Vorfeld des Vertrags geht
(Larenz, Schuldrecht BT § 41 1 a S. 41), will der Entwurf nicht entscheiden. Die
Formulierung macht jedenfalls deutlich, dass eine konkludente Übereinstimmung
der Parteien ausreicht. Dies dient auch der Umsetzung von Artikel 2 Abs. 2
Buchst. b) der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie. Danach wird die Vertragsmäßigkeit
vermutet, wenn das Verbrauchsgut sich für einen bestimmten vom Verbraucher
angestrebten Zweck eignet, den der Verbraucher dem Käufer bei Vertragsschluss
zur Kenntnis gebracht und dem der Verkäufer zugestimmt hat. In diesen Fällen
wird zwar häufig eine "vereinbarte Beschaffenheit" der Kaufsache im Sinne des §
434 Abs. 1 Satz 1 anzunehmen sein. Für die eventl. verbleibenden
Fallkonstellationen, in denen von einer vertraglich vereinbarten Beschaffenheit
nicht ausgegangen werden kann, die Parteien aber dennoch eine bestimmte
Verwendung der Kaufsache bei Vertragsschluss vorausgesetzt haben, kann auf §
434 Abs. 2 Nr. 1 zurückgegriffen werden.
Nur wenn weder
die Beschaffenheit vereinbart ist, noch die Parteien eine bestimmte Verwendung
vorausgesetzt haben, kommt es darauf an, ob sich die Sache für die gewöhnliche
Verwendung eignet, Absatz 2 Satz 2 Nr. 2. Damit wird Artikel 2 Abs. 2 Buchst. c)
der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie umgesetzt, dem zufolge Vertragsmäßigkeit der
Kaufsache anzunehmen ist, wenn sie sich für Zwecke eignet, für die Güter der
gleichen Art gewöhnlich gebraucht werden.
Darüber hinaus bestimmt Absatz 2 Satz 2 Nr. 2, dass die Sache in diesen Fällen eines Fehlens bestimmter Vorstellungen der Parteien über die Verwendung der Sache eine Beschaffenheit aufweisen muss, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Damit wird der erste Teil des Artikels 2 Abs. 2 Buchst. d) der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie umgesetzt. Dabei fasst der Begriff der "Beschaffenheit" als maßgeblicher Anknüpfungspunkt auch in Satz 1 die Ausdrücke "Qualität und Leistungen" zusammen, die die Richtlinie verwendet. Satz 2 Nr. 2 enthält ferner nicht die zusätzliche Beschränkung auf solche Beschaffenheitsmerkmale, die der Käufer "vernünftigerweise" erwarten kann. Dies erscheint nicht erforderlich: Welche Beschaffenheit erwartet werden kann, bestimmt sich nach dem Erwartungshorizont eines Durchschnittskäufers. Der dem Bürgerlichen Gesetzbuch fremde Begriff "vernünftigerweise" soll nicht verwendet werden. Er umschreibt nur, was ohnehin zu prüfen ist, nämlich wie ein durchschnittlicher, "vernünftiger" Käufer die Werbeaussagen in Bezug auf das Vorhandensein konkreter Eigenschaften auffassen durfte.
Der Vergleichsmaßstab sind "Sachen der gleichen Art". Dies wird vor allem bei gebrauchten Sachen zu berücksichtigen sein. Ein gebrauchter PKW etwa ist nicht von "der gleichen Art" wie ein Neuwagen desselben Typs, darf mit diesem also nicht verglichen werden. Vielmehr kommt es darauf an, welche Eigenschaften der Durchschnittskäufer anhand der "Art der Sache" erwarten kann. Das ist z. B. bei einem Neuwagen naturgemäß anders als bei einem gebrauchten Fahrzeug. Bei letzterem wird etwa das Alter und die Laufleistung die berechtigten Erwartungen des Käufers wesentlich beeinflussen, Umstände, die bei einem Neuwagen keine Rolle spielen können.
Zu Absatz 1 Satz 3
Satz 3 dient als Ergänzung des Satzes 2 Nr. 2 der Umsetzung des Teils von Artikel 2 Abs. 2 Buchst. d) der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, der in Satz 2 Nr. 2 noch nicht enthalten ist. Dies bezieht sich auf die Umstände, die die Erwartungen des Käufers beeinflussen können. Artikel 2 Abs. 2 Buchst. d) sieht insoweit mit bestimmten Einschränkungen eine Haftung des Verkäufers für öffentliche Äußerungen, insbesondere Werbeaussagen, über konkrete Eigenschaften der Kaufsache vor. Werbeaussagen des Verkäufers selbst werden in aller Regel im Rahmen des Verkaufsgesprächs jedenfalls dann in Bezug genommen, wenn sie konkrete Eigenschaften der Kaufsache betreffen, die die Kaufentscheidung beeinflussen können. In diesen Fällen wird regelmäßig eine entsprechende Beschaffenheitsvereinbarung anzunehmen sein. Eine Abweichung der tatsächlichen Beschaffenheit der gelieferten Sache begründet dann schon einen Sachmangel gemäß Satz 1.
Die von der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie und dem Entwurf vorgesehene Bezugnahme auf Werbeaussagen und andere öffentliche Äußerungen hat deshalb Bedeutung vor allem bei Erklärungen Dritter, insbesondere des Herstellers. Diese können zwar auch zu einer entsprechenden Beschaffenheitsvereinbarung im Verhältnis Verkäufer - Käufer führen. Derartiges wird man jedoch nicht immer ohne weiteres annehmen können. Dennoch muss derjenige, der seiner Kaufentscheidung derartige öffentliche Äußerungen zugrundelegt, auf die inhaltliche Richtigkeit vertrauen können. Der Verkäufer wird hierdurch nicht in unzumutbarer Weise in seiner Rechtsposition beeinträchtigt: Zum einen profitiert auch er von der Werbung durch Dritte, weil sie auch seinen Absatz fördert und Werbeaussagen kaufentscheidend sein können. Zum anderen sind nur öffentliche Äußerungen über "konkrete Eigenschaften" der Kaufsache rechtlich von Bedeutung, also nicht reißerische Anpreisungen allgemeiner Art ohne Bezugnahme auf nachprüfbare Aussagen über die Beschaffenheit der Sache. Der Schutz vor unzutreffenden Werbeaussagen ist zwar in erster Linie ein Anliegen des Verbraucherschutzes. Dennoch sieht der Entwurf davon ab, den Fehlerbegriff insoweit auf den Verbrauchsgüterkauf zu beschränken. Bereits oben wurde ausgeführt, dass ein einheitlicher Fehlerbegriff wünschenswert ist. Im übrigen sind auch außerhalb des Verbrauchsgüterkaufs Fälle denkbar, in denen die Kaufentscheidung durch unzutreffende Werbeaussagen beeinflusst wird. Dann ist eine Haftung des Verkäufers aus denselben Gründen wie beim Verbraucherkauf gerechtfertigt. Im einzelnen übernimmt Satz 3 mit geringen Umformulierungen den Wortlaut des Artikels 2 Abs. 2 Buchst. d) der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, unter Einbeziehung der Ausnahmen in Artikel 2 Abs. 4. Ein Sachmangel liegt nach Satz 2 Nr. 2 i. V. m. Satz 3 deshalb auch dann vor, wenn die Sache nicht die Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers oder eines Dritten insbesondere in der Werbung oder bei der Etikettierung über konkrete Eigenschaften der Sache erwarten kann. Die Richtlinie spricht von Äußerungen des Verkäufers, des Herstellers oder dessen Vertreters. Mit der Bezugnahme auf § 4 Abs. 1 und 2 des Produkthaftungsgesetzes wird der dortige Herstellerbegriff für maßgeblich erklärt. Dieser entspricht der Definition des Herstellers in Artikel 1 Abs. 2 Buchst. d) der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie. Damit wird im übrigen auch verdeutlicht, dass der "Hersteller" hier in einem anderen Sinne als im Werkvertragsrecht gemeint ist. Dort bezeichnet der Entwurf mit Hersteller den bisher "Unternehmer" genannten Vertragspartner des Bestellers, weil der "Unternehmer" nunmehr in einem anderen Sinne definiert ist (§ 14). Der Entwurf übernimmt im übrigen nicht die Bezeichnung des "Vertreters" des Herstellers aus der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie. Es geht nicht um die Stellvertretung bei der Abgabe von Willenserklärungen (§§ 164 ff.), sondern um Hilfspersonen, die für den Hersteller bei Äußerungen über Tatsachen (Eigenschaften der Sache) eingeschaltet werden. Der Entwurf sieht hierfür deshalb den Ausdruck "Gehilfe" vor. Der letzte Teil von Absatz 1 Satz 3 enthält die Ausnahmen des Artikel 2 Abs. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie. Letzterer bestimmt ausdrücklich, dass der Verkäufer die ihn entlastenden Umstände nachweisen muss. Dies kommt in dem Entwurf durch die Formulierung als Ausnahme ("es sei denn") zum Ausdruck: die Beweislast für diese Ausnahmen von der Haftung des Verkäufers trägt dieser selbst.
Zu Absatz 2 Satz 1
Absatz 2 setzt Artikel 2 Abs. 5 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie um. Er stellt Montagefehler ausdrücklich einem Sachmangel gleich. Satz 1 betrifft die Montage durch den Verkäufer. Gedacht ist vor allem an die Fälle, in denen eine zunächst mangelfreie Sache geliefert wird, die nur dadurch mangelhaft wird, dass der Verkäufer sie sodann unsachgemäß montiert bzw. bei dem Käufer aufstellt (z. B. Beschädigung einer Waschmaschine infolge fehlerhaften Wasseranschlusses durch den Verkäufer, wodurch Wasser in Teile der Maschine eindringt, die eigentlich trocken bleiben sollten). Der Kauf einer Sache mit Montageverpflichtung wird auch bisher bereits dem Kaufrecht unterstellt, jedenfalls soweit nicht davon gesprochen werden kann, dass die Montage den Schwerpunkt der vertraglich geschuldeten Leistung bildet (z. B. BGH, NJW 1998, 3197, 3198). Absatz 2 Satz 1 greift dies auf und stellt klar, dass auch bei Mängeln der Sache infolge fehlerhafter Arbeit des Verkäufers bei der vertraglich geschuldeten Montage das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht anzuwenden ist. Darüber hinaus sieht Absatz 2 Satz 1 es aber auch als Sachmangel an, wenn allein die Montage selbst fehlerhaft ist, ohne dass dies zu einer Funktionsbeeinträchtigung der Sache führt. Die Vorschrift erfasst damit auch etwa den Fall, dass bei einer vom Verkäufer einzubauenden Küche einzelne Schränke unsachgemäß, z. B. schief, an der Wand angebracht werden, auch wenn die Schränke als solche ohne weiteres genutzt werden können und diese Montage nicht zu Qualitätsmängeln wie z. B. Rissen oder Kratzern geführt hat. Die Möglichkeiten des Käufers in einem solchen Fall ergeben sich deshalb aus dem Kaufrecht, ohne dass es auf die dogmatische Einordnung des Vertrages als Kauf- oder Werkvertrag oder als gemischter Vertrag ankäme.
Zu Absatz 2 Satz 2
Satz 2 dehnt den Gedanken des Satzes 1 - dem Artikel 2 Abs. 5 S. 2 Verbrauchsgüterkaufrichtlinie folgend - auf den Fall der unsachgemäßen Montage durch den Käufer aus, die durch eine mangelhafte Montageanleitung verursacht worden ist. Voraussetzung ist, dass die Sache zur Montage durch den Käufer bestimmt ist. Damit wird den zunehmenden Kaufgeschäften, insbesondere über Möbel, Rechnung getragen, die den Zusammenbau der Kaufsache durch den Käufer vorsehen. Wenngleich auch bei dieser Bestimmung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie insbesondere Gesichtspunkte des Verbraucherschutzes eine Rolle gespielt haben, erscheint es gerechtfertigt, den Gedanken auf sämtliche Kaufverträge auszudehnen. Auch außerhalb von Verbraucherverträgen sind ähnliche Konstellationen denkbar. Im übrigen enthält die Neuregelung die auch außerhalb des Verbraucherkaufs wünschenswerte Klarstellung, dass auch ein Sachmangel infolge Montagefehlern des Käufers nach Gewährleistungsrecht und nicht nach sonstigem Leistungsstörungsrecht zu beurteilen ist.
Zu Absatz 3
Absatz 2 stellt die Falschlieferung und die Zuweniglieferung ausdrücklich einem Sachmangel gleich. Die sich dadurch ergebenden Rechtsfolgen erscheinen sachgerecht. Im Falle der Falschlieferung wird der Anspruch auf Nacherfüllung (§ 437) in der Regel nur in der Form der Lieferung einer mangelfreien anderen Sache in Betracht kommen. Beim Gattungskauf unterscheidet sich dieser Anspruch - mit Ausnahme der Unverhältnismäßigkeitsklausel des § 437 Abs. 3 - nicht wesentlich von dem primären Erfüllungsanspruch, der ohne die Einbeziehung in das Sachmängelrecht in Betracht käme.
Wird beim Stückkauf ein Identitätsaliud geliefert, so
kommt neben dem Erfüllungsanspruch auf Lieferung der gekauften Sache ein davon
verschiedener Nachlieferungsanspruch nicht in Betracht. Beim
Qualifikationsaliud ist Nacherfüllung durch Lieferung einer anderen Sache, die
die vereinbarte Qualifikation hat, durchaus denkbar und sinnvoll.
Der Nachbesserungsanspruch wird beim aliud in der Regel
ausscheiden, ist aber doch nicht gänzlich undenkbar, etwa wenn eine Maschine
durch Einbau eines zusätzlichen Aggregates zu einer Sache umgerüstet werden
kann, die einer anderen Gattung angehört.
Bei einer
Zuweniglieferung wird zumeist der primäre Erfüllungsanspruch hinsichtlich der
fehlenden Menge ausreichen. Wenn es aber z. B. bei Fliesen wegen möglicher
Farbabweichungen darauf ankommt, dass die Gesamtlieferung aus einer Partie
stammt, ist die Nacherfüllung durch völlige Neulieferung in der nunmehr
richtigen Menge die geeignete Rechtsfolge.
Wenn bei der Falsch- oder Zuweniglieferung der Nacherfüllungsanspruch nicht in jedem Fall und nicht in beiderlei Form Platz greift, so spricht das nicht dagegen, diese Abweichungen von der Leistungspflicht als Sachmangel zu behandeln. Auch beim Sachmangel im engeren Sinne kommen Fälle vor, in denen weder Nachbesserung noch Neulieferung möglich sind. Ist im Falle einer Zuweniglieferung trotz Fristsetzung die Restmenge nicht geliefert worden und will der Käufer gleichwohl beim Vertrag stehen bleiben, so ist die Minderung (§ 439) eine angemessene Konsequenz aus der Leistungsstörung. Das kann auch für die aliud-Lieferung gelten, wenn die gelieferte Sache von geringerem Wert als die gekaufte, aber für den Käufer verwertbar ist. Nicht unerhebliche Unterschiede zwischen der Anwendung des Sachmängelrechts und des allgemeinen Leistungsstörungsrechts ergeben sich hinsichtlich der Verjährung. Die Gleichstellung erscheint aber auch in dieser Hinsicht durchaus sachgerecht, weil die Interessenlage von Käufer und Verkäufer bei Falsch- und Zuweniglieferung nicht grundsätzlich anders ist als beim Sachmangel im engeren Sinne. Voraussetzung für die Gleichstellung von Falsch- und Zuweniglieferung mit Sachmängeln ist, dass der Verkäufer die Leistung als Erfüllung seiner Pflicht erbringt. Für den Käufer muss erkennbar dieser Zusammenhang zwischen Leistung und Verpflichtung bestehen, und es darf sich nicht um eine Teilleistung oder eine Leistung auf Grund einer anderen Verbindlichkeit handeln. Auch wenn der Verkäufer mit einer Lieferung seine Verpflichtung erfüllen will und dies für den Käufer erkennbar ist, können mit dem letzten Halbsatz solche Erfüllungsversuche aus der Sachmängelhaftung herausgehalten werden, die - als praktisch kaum vorkommende - Extremabweichungen objektiv zu der geschuldeten Leistung keinen hinreichenden Bezug mehr haben.
Der Entwurf will indes nicht so weit gehen, die Unterscheidung zwischen genehmigungsfähigen und nicht genehmigungsfähigen Abweichungen aus § 378 HGB zu übernehmen. Zum einen liegt der Grund für die Ausgrenzung der nicht genehmigungsfähigen Abweichung in der den Käufer stark belastenden Untersuchungs- und Rügeobliegenheit. Zum anderen hat die Rechtsprechung die vom Gesetzgeber restriktiv gemeinte Ausnahmeregelung in einer Weise ausgedehnt, dass die Entscheidungsergebnisse kaum vorhersehbar sind (vgl. Staub/Brüggemann HGB § 378 Rn. 4). Die Handhabung durch die Rechtsprechung hat ihren Grund in der vielfach als zu kurz angesehenen Verjährungsfrist des bisherigen § 477. Wenn dagegen, wie im Entwurf vorgesehen, die Verjährungsregelung die Interessen beider Seiten in angemessener Weise zum Ausgleich bringt, besteht auch bei deutlicheren Abweichungen kein Grund, sie anders als Sachmängel im engeren Sinne zu behandeln, die ja ebenfalls von der Sollbeschaffenheit ganz erheblich abweichen können. § 459 Abs. 1 Satz 2 alt nimmt unerhebliche Fehler von der Gewährleistung aus. Absatz 2 dieser Vorschrift kennt aber keine entsprechende Einschränkung der Haftung für zugesicherte Eigenschaften; auch die Haftung für Rechtsmängel ist nicht entsprechend beschränkt. Die auf das gemeine Recht zurückgehende Begrenzung ("minima non curat praetor", Motive II S.225) soll nicht unverändert übernommen werden. Da die Unterscheidung zwischen Fehlern und dem Fehlen zugesicherter Eigenschaften nicht beibehalten werden soll, ist eine Änderung erforderlich. Die Erheblichkeitsschranke generell für Sachmängel einzuführen wäre nicht sachgerecht, weil die Haftung für Sachmängel dadurch geringer angesetzt würde, als das allgemein für Leistungspflichten vorgesehen ist. Wenn der Nacherfüllungsanspruch bei unerheblichen Mängeln entfiele, wäre der Erfüllungsanspruch des Käufers von vornherein und ohne Rechtfertigung entwertet. Es erscheint vielmehr angezeigt, nach Rechtsbehelfen zu differenzieren. In Übereinstimmung mit dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht (§ 323 Abs. 3 Nr. 1) soll der Rücktritt ausgeschlossen werden, wenn ein Mangel unerheblich ist, bezogen sowohl auf Sachmängel als auch auf Rechtsmängel. Eine Einschränkung der Rechte des Käufers bei einer geringfügigen Vertragswidrigkeit sieht Artikel 3 Abs. 6 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ebenfalls nur für den Anspruch auf Vertragsauflösung, also den Rücktritt vor. Der Anspruch auf Schadensersatz und das Minderungsrecht werden dagegen nach dem Entwurf auch durch einen unerheblichen Mangel ausgelöst. Eine solche Differenzierung ist angemessen, weil das Rücktrittsrecht die Interessen des Verkäufers stärker berührt als die Minderung. Den Schadensersatzanspruch auch bei unerheblichen Mängeln zu gewähren, ist gerechtfertigt, weil dieser Rechtsbehelf verschuldensabhängig ausgestaltet ist. Eine zusätzliche Regelung über die Beweislast ist im Hinblick auf Sachmängel trotz der im Vergleich zu dem derzeitigen § 459 Abs. 1 Satz 1 andersartigen Formulierung nicht erforderlich. Im geltenden Recht wird die Beweislast für das Vorhandensein von Sachmängeln von der Rechtsprechung und der h. L. nach § 363 beurteilt (BGH, NJW 1985, 2328, 2329; eingehende Nachweise bei Soergel/Huber § 459 Rn. 63 ff.). Zwar nennt diese Vorschrift nur die falsche und die unvollständige Leistung und nicht die mangelhafte Leistung. Aus der Entstehungsgeschichte ist jedoch abzuleiten, dass sie gerade den Fall des Sachmangels erfassen soll. Danach trifft ab Annahme als Erfüllung die Beweislast für Sachmängel den Käufer, bis zu diesem Zeitpunkt den Verkäufer. Bei dieser sachgerechten Regelung muss es bleiben. Dazu bedarf es nicht der von Huber (Gutachten S. 866, 872) als § 459 Abs. 4 vorgeschlagenen besonderen Beweislastvorschrift. § 363 in der von der Rechtsprechung und der h. L. vertretenen Interpretation reicht aus.