Zu § 441 - Kenntnis des Käufers
Die Vorschrift fasst die geltenden §§ 439, 460 inhaltlich teilweise abweichend zu einer Vorschrift zusammen und dient der Umsetzung der Artikel 2 Abs. 3 und 5 Abs. 2 Satz 1 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie.
Zu Absatz 1
Zu Satz 1
Absatz 1 Satz 1 sieht in seiner ersten Alternative einen Ausschluss der Gewährleistungsrechte des Käufers vor, wenn dieser den Mangel bei Vertragsschluss kennt. "Kenntnis" bedeutet positive Kenntnis vom Mangel. Während derzeit § 439 Abs. 1 für die Rechtsmängelhaftung auf die positive Kenntnis des Käufers abstellt, führt nach dem geltenden § 460 Satz 2 bei der Sachmängelhaftung auch grobe Fahrlässigkeit des Käufers hinsichtlich des Vorhandenseins eines Mangels zum Ausschluss der Haftung des Verkäufers. § 460 Satz 2 nimmt hiervon jedoch die Fälle aus, in denen der Verkäufer die Abwesenheit des Fehlers zugesichert oder den Fehler arglistig verschwiegen hat. Maßgeblich ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Der Entwurf sieht vor, § 460 Satz 2 zu streichen und §§ 439 Satz 1 und 460 Satz 1 sprachlich zu überarbeiten. Die Streichung des bisherigen § 460 Satz 2 ist allein deshalb erforderlich, weil die Unterscheidung zwischen Fehler und zugesicherter Eigenschaft aufgegeben wird. Die gesetzgeberische Wertung, nach der bei Zusicherung oder Arglist grobfahrlässige Unkenntnis des Mangels nicht zum Haftungsausschluss führt, ist ohne Zweifel richtig. Grobe Fahrlässigkeit liegt nach h. M. nur vor bei einer besonders schweren Vernachlässigung der im konkreten Fall erforderlichen Sorgfalt. Sie liegt in der Regel nicht vor, wenn der Käufer sich auf die Angaben des Verkäufers verlässt und keine Untersuchung der Sache vornimmt (Staudinger/ Honsell § 460 Rn. 7). Der Verkäufer hat den Beweis dafür zu erbringen, dass der Käufer den Fehler auf Grund grober Fahrlässigkeit nicht gekannt hat. Angesichts dieser Rechtslage ist es nicht verwunderlich, dass die praktische Bedeutung dieses Ausschlusstatbestandes gering ist. Nach Artikel 2 Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie liegt keine Vertragswidrigkeit, d. h. kein Mangel vor, wenn der Verbraucher (Käufer) zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses Kenntnis von der Vertragswidrigkeit hatte oder vernünftigerweise nicht in Unkenntnis darüber sein konnte. Der erste Fall stimmt mit Absatz 1, 1. Fall überein (keine Haftung des Verkäufers bei Kenntnis). Der zweite Fall lässt sich nach der Terminologie des Bürgerliche Gesetzbuch in dem Sinne einer Ausdehnung des Haftungsausschlusses auf grob fahrlässige Unkenntnis des Käufers von einem Mangel verstehen. Der Entwurf übernimmt diese Änderung in § 441 Abs. 1 Fall 2, insoweit abweichend von dem Vorschlag der Schuldrechtskommission, der einen Haftungsausschluss allein bei positiver Kenntnis vorgesehen hatte. Der Käufer ist zwar grundsätzlich nicht gehalten, die Kaufsache zu untersuchen. Damit wird es dem Käufer oft nicht zum Nachteil gereichen, wenn er einen Mangel zwar nicht kennt, ihn bei näherer Untersuchung der Sache jedoch hätte erkennen können. Die unterlassene Untersuchung kann den Rechtsverlust des Käufers solange nicht begründen, wie dieser hierzu nicht verpflichtet ist. Wie oben bereits angedeutet, kommt hinzu, dass gerade vor diesem Hintergrund für den Verkäufer der Beweis nur sehr schwer zu führen sein wird, dass die Unkenntnis des Käufers auf grober Fahrlässigkeit beruht. Andererseits kann es Situationen geben, in denen der Käufer auch ohne eine gesetzliche Untersuchungspflicht den Mangel hätte erkennen können. In solchen Fällen soll entsprechend der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ein Ausschluss eingreifen. Dies führt auch insoweit nicht zu unangemessenen Ergebnissen, als bei Rechtsmängeln ein gegenüber dem derzeitigen § 439 erweiterter Haftungsausschluss die Folge ist. In Anpassung an die Terminologie des Bürgerlichen Gesetzbuchs wird auch hier, ebenso wie bereits in § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 (vgl. auch die Begründung dazu), nicht das dem Bürgerlichen Gesetzbuch fremde Merkmal "vernünftigerweise" aus der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie übernommen. In der Sache entspricht dies der grob fahrlässigen Unkenntnis, die das Bürgerliche Gesetzbuch auch an anderer Stelle kennt, so z. B. in § 932 Abs. 2.
Zu Satz 2
Satz 2 sieht einen Ausschluss der Rechte des Käufers vor, wenn dieser den Mangel nicht innerhalb von zwei Monaten nach dessen Entdeckung dem Verkäufer anzeigt. Diese Regelung, die im Kaufrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs neu ist, beruht auf Artikel 5 Abs. 2 Satz 1 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie. Damit sollen die Nachteile des Verkäufers abgemildert werden, die dieser durch die deutliche Verlängerung der Verjährungsfrist für die Mangelansprüche des Käufers von sechs Monaten auf zwei Jahre erleidet. Mit der verlängerten Verjährungsfrist soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass heute mehr und mehr komplexe und langlebige Gebrauchsgüter verkauft werden, bei denen sich ein Mangel erst erhebliche Zeit nach Gefahrübergang zeigt. Tritt ein solcher Mangel aber auf, so ist ein berechtigtes Interesse des Verkäufers anzuerkennen, möglichst bald hiervon zu erfahren, um sich auf die Ansprüche des Käufers einrichten zu können. Dadurch wird auch die Gefahr verringert, dass ein unredlicher Käufer die als mangelhaft erkannte Kaufsache zunächst noch einige Zeit weiter benutzt, um dann durch Geltendmachung eines Nachlieferungsanspruchs kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist die gebrauchte gegen eine neue Sache "umzutauschen". Dem Interesse an einer schnellen Abwicklung eines einmal erkannten Mangels dient die Anzeigepflicht in Satz 2. Dabei wird nicht verkannt, dass der Verkäufer in vielen Fällen wohl nur schwer den genauen Zeitpunkt bestimmen kann, in dem der Käufer den Mangel entdeckt hat, weil sich die Entdeckung regelmäßig im ausschließlichen Einflussbereich des Käufers ereignen wird. Immerhin ist dies aber nicht immer so; zu denken ist etwa an die Fälle offenkundiger Mängel, in denen ein anerkennenswertes Interesse des Käufers an einem längeren Hinausschieben der Benachrichtigung des Verkäufers nicht erkennbar ist.
Zu Absatz 2
Die Vorschrift übernimmt den bisherigen § 439 Abs. 2 in einer überarbeiteten Fassung. Bei Grundstückskaufverträgen wird dem Käufer die Kenntnis der im Grundbuch eingetragenen Rechte durch den Notar vermittelt; diese Kenntnis darf in keinem Fall zum Anspruchsverlust führen. Der Entwurf sieht vor, den Anwendungsbereich des bisherigen § 439 Abs. 2 über die dort genannten Grundpfandrechte hinaus auf alle im Grundbuch eingetragenen Rechte (Dienstbarkeiten, Vorkaufsrechte, Reallasten) zu erstrecken. Auch wenn in Grundstückskaufverträgen die Frage der Übernahme im Grundbuch eingetragener Rechte ausdrücklich geregelt wird, ist es sachgerecht, eine umfassende Verpflichtung des Verkäufers zur Lastenfreistellung auch bei Kenntnis des Käufers gesetzlich zu begründen. Der ausdrücklichen Erwähnung der Vormerkung bedarf es nicht. Unabhängig vom Streit über das Wesen der Vormerkung entspricht es allgemeiner Meinung, dass die Vorschriften über Grundstücksrechte (z. B. § 894) auf die Vormerkung entsprechend anwendbar sind.