Zu § 474 - Beweislastumkehr

Die Vorschrift übernimmt die Vermutung aus Artikel 5 Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie. Es handelt sich um eine Umkehr der Beweislast zugunsten des Verbrauchers hinsichtlich der Mängel, die innerhalb von sechs Monaten nach der Lieferung offenbar werden. Nach allgemeinen Beweislastgrundsätzen muss der Käufer die Voraussetzungen seines Gewährleistungsanspruchs behaupten und beweisen. Dazu gehört auch, dass der Mangel bei Gefahrübergang vorhanden war und nicht erst später infolge des anschließenden (übermäßigen) Gebrauchs der Sache durch den Käufer entstanden ist. In diesem Zusammenhang stellt Artikel 3 Abs. 1 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie zwar für den Zeitpunkt der Vertragswidrigkeit auf die Lieferung ab. Die Mitgliedstaaten müssen wegen der Bezugnahmen auf den Zeitpunkt der Lieferung in der Richtlinie ihre Vorschriften über den Gefahrübergang nicht ändern, wie Erwägungsgrund (14) klarstellt. Demgemäß stellt § 434 Abs. 1 wie das bisherige Recht auch ausdrücklich auf den Gefahrübergang als maßgeblichen Zeitpunkt zur Beurteilung der Mangelfreiheit der Sache ab. Ein anderer Zeitpunkt kommt aus Sachgründen auch gar nicht in Betracht, wie in der Begründung zu § 434 näher ausgeführt ist. In aller Regel wird es sich dabei ohnehin um den Zeitpunkt der Lieferung der Sache handeln, da gemäß § 444 Satz 1 die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung mit der Übergabe der Sache auf den Käufer übergeht. Nur in den Fällen des § 444 Satz 3, der den Annahmeverzug der Übergabe gleichstellt, ist das anders. Mit dem Annahmeverzug überträgt das Gesetz dem Käufer die Verantwortung für die Sache, obwohl eine Übergabe noch nicht stattgefunden hat. Dann kann dieser Zeitpunkt aber auch im Zusammenhang der Beweislastumkehr des § 474 für den Beginn der sechsmonatigen Frist nicht ohne Bedeutung sein. Andernfalls könnte der Käufer durch seinen Annahmeverzug den Beginn der Frist zum Nachteil des Verkäufers beliebig hinauszögern. Mit den Vorgaben der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie steht die Regelung in § 474 in Einklang. Die Richtlinie regelt nämlich die Folgen des Annahmeverzuges des Käufers nicht, sondern überlässt dies den Mitgliedstaaten. Da Grundlage der Vorschrift die schlechteren Beweismöglichkeiten des Verbrauchers und die - jedenfalls in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Übergabe - ungleich besseren Erkenntnismöglichkeiten des Unternehmers sind und sie daher einen spezifisch verbraucherschützenden Charakter hat, empfiehlt es sich nicht, sie in die allgemeinen Vorschriften des Kaufrechts einzustellen, sondern ihren Anwendungsbereich auf den Verbrauchsgüterkauf zu beschränken. Die Vermutung gilt nach ihrem letzten Halbsatz nicht, wenn sie mit der Art des Gutes oder der Art des Mangels nicht vereinbar ist. Ersteres betrifft vor allem Sachen, deren Haltbarkeit nicht an sechs Monate heranreicht, etwa bei den meisten Lebensmitteln. Mit der Art des Mangels kann die Vermutung etwa bei einem technischen Defekt unvereinbar sein, wenn sich aus dessen Natur eindeutig folgern lässt, dass er nach Übergabe entstanden sein muss.