Zu § 633 - Sach- und Rechtsmangel

Zu Absatz 1

Absatz 1 entspricht der Regelung zum Kaufvertrag in § 433 Abs. 1 Satz 2. Hinsichtlich der Sachmängel soll sie den derzeitigen § 633 Abs. 1 ersetzen. Für Rechtsmängel enthält das Werkvertragsrecht bislang keine Bestimmung. Sie spielen beim Werkvertrag eine geringere Rolle als beim Kaufvertrag, insbesondere wenn der Werklieferungsvertrag außer Betracht gelassen wird. Aber auch beim Werkvertrag im engeren Sinne kommen Rechtsmängel vor, vor allem im Hinblick auf Rechte aus dem Bereich des Urheberrechts und des gewerblichen Rechtsschutzes. Insoweit werden gegenwärtig die §§ 434 ff. entsprechend angewendet. Wenn jedoch das Werkvertragsrecht insgesamt überarbeitet wird, ist es zweckmäßig, hier auch die Haftung für Rechtsmängel ausdrücklich zu regeln. Da die Unterschiede zwischen Kauf- und Werkvertrag sich nicht auf Sach- und Rechtsmängel auswirken, ist eine gleichartige Regelung wie im Kaufrecht möglich. Die zum Kaufvertrag dargestellten Überlegungen gelten auch hier. Da beim Werkvertrag die Sachmängelfreiheit schon gegenwärtig zu den Leistungspflichten des Herstellers gehört, tritt insofern keine Änderung gegenüber dem geltenden Recht ein.

Zu Absatz 2

Zu Satz 1

Satz 1 stimmt mit der Umschreibung des Sachmangels beim Kauf in § 434 Abs. 1 Satz 1 überein. Maßgeblich ist zunächst, ob das Werk die vereinbarte Beschaffenheit hat. So wie im geltenden Recht die entsprechende Definition des § 633 Abs. 1 derjenigen für den Kauf in § 459 Abs. 1 Satz 1 gleicht, soll auch in Zukunft zwischen den entsprechenden Regelungen für beide Vertragstypen kein Unterschied bestehen.

Zu Satz 2

Satz 2 erfasst den Fall, dass eine bestimmte Beschaffenheit nicht vertraglich vereinbart ist, und stellt hierfür auf die Eignung zunächst für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, dann für die gewöhnliche Verwendung ab. Dies entspricht dem Vorschlag der Schuldrechtskommission und dem Ausgangspunkt in § 434 Abs. 1 Satz 2 für das Kaufrecht. Letztgenannte Vorschrift enthält allerdings noch eine Ergänzung, die eine Haftung für Werbeaussagen des Verkäufers oder Herstellers mit einbezieht und auf Artikel 2 Abs. 2 Buchst. d) der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie zurückgeht. Dies wird für das Werkvertragsrecht nicht übernommen. Die Regelung ist auf den Verkauf von Massenwaren zugeschnitten, die typischerweise Gegenstand der Werbung insbesondere durch den Hersteller sind. Für Werkverträge spielt sie keine Rolle, insbesondere nachdem gemäß § 631 Abs. 2 bei der Lieferung herzustellender Sachen in sehr weitgehendem Umfang Kaufrecht und damit auch § 434 Abs. 1 Satz 2 anzuwenden ist. Einen von dem Hersteller als Vertragspartner verschiedenen Produzenten, der eine Werbung durchführen könnte, gibt es im Werkvertragsrecht nicht, da gerade die Herstellung selbst Vertragsgegenstand ist. Eine eventuelle Werbung durch den Hersteller selbst müsste sich an den Vertragspartner, den Besteller, richten. Soweit hier von konkreten Eigenschaften des Werks die Rede ist, wird regelmäßig eine Beschaffenheitsvereinbarung anzunehmen sein. Erwogen, im Ergebnis aber verworfen worden ist der Vorschlag von Weyers (Gutachten Bd. III S. 281), in die Vorschrift eine ausdrückliche Regelung des Inhalts einzustellen, dass grundsätzlich die anerkannten Regeln der Technik einzuhalten sein sollen. Dass, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist, die anerkannten Regeln der Technik einzuhalten sind, ist nicht zweifelhaft. Eine ausdrückliche Erwähnung bringt deshalb keinen Nutzen. Sie könnte andererseits zu dem Missverständnis verleiten, dass der Hersteller seine Leistungspflicht schon dann erfüllt hat, sobald nur diese Regeln eingehalten sind, auch wenn das Werk dadurch nicht die vertragsgemäße Beschaffenheit erlangt hat. Eine solche Risikoverteilung wäre nicht sachgerecht. Das Risiko, dass sich die anerkannten Regeln der Technik als unzulänglich erweisen, muss der sachnähere Hersteller tragen, nicht der Besteller.

Zu Satz 3

Satz 3 stellt eine Übereinstimmung zum Kaufrecht (§ 434 Abs. 3 ) auch hinsichtlich der Falschlieferung und der Zuweniglieferung her. Beide Erscheinungsformen spielen zwar beim Werkvertrag eine geringere Rolle als beim Kaufvertrag, sind aber auch hier nicht ohne Bedeutung.

Zu Absatz 3

Die Vorschrift übernimmt für den Werkvertrag die Beschreibung des Rechtsmangels aus § 435 Satz 1.

Zu Absatz 4

Absatz 4 betrifft die Frage, welche Rechtsfolgen die vorbehaltlose Abnahme einer als mangelhaft erkannten Werkleistung hat. Die Vorschrift bestimmt, dass der Besteller, der ein mangelhaftes Werk trotz Kenntnis vom Mangel abnimmt, sich seine Rechte wegen dieses Mangels bei der Abnahme vorbehalten muss, wenn er sie nicht verlieren will. Dies entspricht im Ansatz dem geltenden § 640 Abs. 2. Grund für die Vorschrift ist ein widersprüchliches Verhalten desjenigen, der einerseits ein Werk abnimmt, also als im wesentlichen vertragsgemäß billigt, obwohl er andererseits weiß, dass dies auf das Werk nicht zutrifft, bei Abnahme aber nichts davon sagt. An dieser Regelung soll insoweit nichts geändert werden. Absatz 4 unterscheidet sich vom geltenden Recht allerdings in der Rechtsfolge: Nach dem bisherigen § 640 Abs. 2 sind nur die Ansprüche aus §§ 633, 634 ausgeschlossen. Im Werkvertragsrecht gehen deshalb - anders als im geltenden Kaufrecht gemäß § 464 - im Falle der Kenntnis vom Mangel nur die Ansprüche auf Aufwendungsersatz, Wandelung und Minderung verloren. Der Anspruch auf Schadensersatz nach § 635 bleibt also bislang erhalten. Dieser gesetzlichen Lage hat der BGH stets entsprochen (vgl. etwa BGHZ 77, 134; 127, 378, 384). Gegenwärtig läuft § 640 Abs. 2 allerdings regelmäßig leer, weil das Verschuldenserfordernis des § 635 nahezu immer erfüllt ist. Das führt dazu, dass die von § 640 Abs. 2 ausgeschlossenen Ansprüche auf Minderung und Wandelung über den Schadensersatzanspruch aus § 635 wirtschaftlich wettgemacht zu werden pflegen. Das sollte nicht länger Gesetz sein. Vielmehr rechtfertigt der oben beschriebene Grundgedanke der Vorschrift hinsichtlich der Rechtsfolge keine Differenzierung zwischen einzelnen Gewährleistungsrechten. Die Schuldrechtskommission hatte vorgeschlagen, Absatz 4 nicht nur auf die Abnahme, sondern auf sämtliche Fälle einer Annahme als Erfüllung zu beziehen und damit auch die Fälle zu erfassen, in denen die Voraussetzungen des § 639 Abs. 2 Satz 1 für eine Abnahme des Werks nicht gegeben sind, das Werk aber dennoch nicht bloß fertiggestellt, sondern dem Besteller zu Erfüllungszwecken übergeben wird. Damit sollte ein Gleichlauf mit dem von der Kommission für das Kaufrecht vorgeschlagenen § 443 hergestellt werden, der den Fall der Annahme einer mangelhaften Kaufsache durch den Käufer in gleicher Weise regeln sollte. Dieser Vorschlag zum Kaufrecht ist indes in den Entwurf wegen Unvereinbarkeit mit der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie nicht übernommen worden. Die Interessenlage im Werkvertragsrecht rechtfertigt keine Abweichung von den hierauf bezogenen Ausführungen in der Begründung zu § 441. Lediglich die Abnahme als werkvertragsrechtliche Besonderheit soll besonders behandelt werden wegen der in ihr enthaltenen Billigung des Werks durch den Besteller als im wesentlichen vertragsgemäß, was sich nicht mit einem nicht offenbarten Wissen um Mängel verträgt. Kommt eine Abnahme nicht in Betracht, so ist für einen Ausschluss der Bestellerrechte wegen Ausbleibens der Mängelrüge schon begrifflich kein Raum, weil Absatz 4 von einem Sachverhalt ausgeht, bei dem der Besteller den Mangel kennt. Der Besteller hat also jeweils Gelegenheit zur Prüfung, ob das Werk die vertragsgemäße Beschaffenheit hat. Gerade das ist bei der bloßen Fertigstellung des Werks nicht der Fall. So verweist auch der bisherige § 646 in Ermangelung einer abnahmefähigen Werkleistung nicht auf § 640 Abs. 2.