Zu § 635 - Selbstvornahme
Vorbemerkung
Kommt der Hersteller dem Nacherfüllungsbegehren des Bestellers nicht nach oder schlägt die Nacherfüllung fehl, stellt sich die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Besteller den Mangel selbst beseitigen kann. Auch erscheint klärungsbedürftig, ob der Besteller die durch die Selbstbeseitigung entstehenden Kosten zunächst aufwenden muss oder ob er vom Hersteller einen Vorschuss verlangen kann. Im geltenden Recht bestimmt § 633 Abs. 3, dass der Besteller den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendung verlangen kann, wenn der Hersteller mit der Beseitigung des Mangels im Verzug ist. Das Ersatzvornahmerecht des Bestellers setzt Verzug des Herstellers mit der Mängelbeseitigung voraus. Notwendig ist also stets, dass der Hersteller dem Mängelbeseitigungsverlangen des Bestellers schuldhaft nicht nachgekommen ist. Dieses von einem Verschulden des Herstellers abhängige Selbstvornahmerecht ist nicht sachgerecht. Auch fehlt eine Regelung, ob der Besteller, der den Mangel selbst beseitigen will, vom Hersteller einen Vorschuss für die erforderlichen Aufwendungen verlangen kann. Der neue § 635 übernimmt den Regelungsgehalt des bisherigen § 633 Abs. 3, verzichtet aber auf das Erfordernis des Verzugs im Sinne einer schuldhaften Verzögerung der Mängelbeseitigung und ergänzt die Vorschrift um den Anspruch des Bestellers auf Vorschuss für die zur Beseitigung des Mangels erforderlichen Aufwendungen.
Zu Absatz 1
Absatz 1 sieht entsprechend dem geltenden Recht vor, dass der Besteller unter gewissen Voraussetzungen berechtigt ist, selbst den Mangel zu beseitigen und Ersatz der hierfür notwendigen Aufwendungen zu verlangen. An diesem Mängelbeseitigungsrecht, das für die Praxis von großer Bedeutung ist, hält der Entwurf weiter fest. Abweichend von dem derzeitigen § 633 Abs. 3 wird das Ersatzvornahmerecht des Bestellers aber nicht von dem Verzug des Herstellers mit der Mängelbeseitigung, sondern von dem erfolglosen Ablauf einer vom Besteller gesetzten angemessenen Frist abhängig gemacht. Bereits nach geltendem Recht kann Verzug des Herstellers mit der Mängelbeseitigung nur dann angenommen werden, wenn dem Hersteller nach Zugang der Mahnung eine angemessene Frist für die Behebung des Mangels eingeräumt wurde (vgl. MünchKomm/Soergel § 633 Rn. 143). Es ist daher sachgerecht, in Zukunft nicht mehr auf Verzug des Bestellers, sondern allein auf eine Fristsetzung abzustellen. Danach kommt es nicht mehr darauf an, ob die ausgebliebene Nacherfüllung vom Hersteller zu vertreten ist oder nicht. Dies kann der Besteller in aller Regel nicht beurteilen. Auf Grund der Unzuverlässigkeit des Herstellers wird er nicht mehr das Vertrauen haben, dass dieser die erforderliche Nachbesserung ordnungsgemäß ausführen wird. Der Besteller hat bereits dann ein berechtigtes Interesse, selbst den Mangel beseitigen zu lassen. Mit dem Erfordernis der Fristsetzung werden einheitliche Voraussetzungen für das Selbstvornahmerecht des Bestellers, den Rücktritt des Bestellers vom Vertrag und die Minderung des Werklohns durch den Besteller geschaffen (vgl. §§ 636, 637). Hat der Hersteller die Nacherfüllung verweigert, weil sie einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert (§ 634 Abs. 3), muss auch das Recht des Bestellers, den Mangel selbst zu beseitigen und vom Hersteller Ersatz unverhältnismäßig hoher Aufwendungen zu verlangen, ausgeschlossen sein. Dies bestimmt der letzte Halbsatz des Absatzes 1.
Zu Absatz 2
Zu Satz 1
Satz 1 verweist auf § 323 Abs. 2. In den dort genannten Ausnahmefällen setzt das Ersatzvornahmerecht des Bestellers deshalb nicht die Bestimmung und den Ablauf einer Frist voraus. Der Besteller braucht eine Frist zur Nacherfüllung danach nicht zu setzen, wenn sie offensichtlich erfolglos wäre, der Hersteller also zur Mängelbeseitigung nicht in der Lage ist. Einer Fristsetzung bedarf es auch dann nicht, wenn dem Werkvertrag ein Fixgeschäft zugrunde liegt, z. B. bei einem Vertrag über eine bis zu einem bestimmten Zeitpunkt fertigzustellende Autoreparatur. Schließlich bedarf es keiner Fristsetzung, wenn sie aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen entbehrlich erscheint.
Zu Satz 2
Zusätzlich sieht Satz 2 vor, dass eine Frist auch dann nicht bestimmt werden muss, wenn die Mängelbeseitigung fehlgeschlagen oder mit erheblichen Nachteilen für den Besteller verbunden ist. Dies entspricht der bereits im Kaufrecht zu § 438 Abs. 2 im Zusammenhang mit dem Ausschluss des Rücktrittsrechts erörterten Regelung.
Zu Absatz 3
Nach h. M. (vgl. BGHZ 47, 272; 68, 373, 378; Palandt/Sprau § 633 Rn. 9) kann der Besteller von dem Hersteller die Zahlung eines Vorschusses für die voraussichtlich entstehenden Mängelbeseitigungskosten verlangen. Dieser Vorschussanspruch soll in Anlehnung an § 669 ausdrücklich geregelt werden.